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[AZA 3] 
1P.427/1999/mks 
 
          I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG  
          ********************************** 
 
9. Februar 2000  
 
Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der 
 
I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Nay,  
Bundesrichter Féraud und Gerichtsschreiber Steinmann. 
 
--------- 
 
In Sachen 
 
Schweizerische Volkspartei des Kantons Luzern (SVP),  
Postfach 14362, Luzern, Beschwerdeführerin, vertreten durch 
Rechtsanwalt Martin Müller, Huobmattstrasse 7, Postfach, 
Meggen 
 
gegen 
 
Grosser Rat des Kantons L u z e r n, vertreten durch  
Rechtskonsulent des Regierungsrates des Kantons Luzern, 
Bahnhofstrasse 15, Luzern, 
 
betreffend 
          Art. 4 aBV und § 96 StV/LU
    Beschluss Grosser Rat des Kantons Luzern betreffend 
    Sitzzuteilung in den ständigen Kommissionen in der 
          Legislaturperiode 1999 - 2003, 
hat sich ergeben: 
 
A.-  
Nach der Wahl des Grossen Rates des Kantons Luzern  
am 18. April 1999 galt es, im Hinblick auf die neue Legis- 
laturperiode 1999/2003 die ständigen Kommissionen des Gros- 
sen Rates zu besetzen. Auf Grund eines Entwurfes der Staats- 
kanzlei beschloss die Präsidentenkonferenz des Grossen Rates 
am 5. Mai 1999 eine Sitzverteilung für die Geschäftsprü- 
fungskommission (17 Mitglieder), die Redaktionskommission 
(5 Mitglieder) sowie die acht übrigen Kommissionen (je 
13 Mitglieder). Danach erhielt die Fraktion der Schweizeri- 
schen Volkspartei Luzern (SVP) in der Geschäftsprüfungs- 
kommission 3 Sitze, in der Redaktionskommission 1 Sitz, in 
sechs der übrigen acht Kommissionen je 2 Sitze und in zwei 
Kommissionen 3 Sitze. 
 
       In der Folge reichte die SVP-Fraktion ein Wieder- 
erwägungsgesuch ein und forderte in allen acht Kommissionen 
mit 13 Mitgliedern 3 Sitze. Die Präsidentenkommission lehnte 
dieses Ersuchen am 31. Mai 1999 ab und bestätigte die Sitz- 
verteilung. 
 
       Anlässlich der Grossratssitzung vom 15. Juni 1999 
wiederholte die SVP-Fraktion ihr Begehren. Der Grosse Rat 
lehnte dieses ab und bestellte die ständigen Kommissionen 
gemäss dem Vorschlag der Präsidentenkonferenz nach folgendem 
Schlüssel: 
 
          CVP   LPL   SVP    SP    GB Total 
Sitze 
         Kommis- 
         sionen 
 
         GPK      7    4      3      2      1 17 
         Finanzk. 5    3      3      1      1 13 
         Staatspol.5    4    2      1      1 13 
         Justiz   5    3      3      1      1 13 
         Erziehung 5    4    2      1      1 13 
         Wirtsch. 5    4      2      1      1 13 
         Raumplan. 6    3    2      1      1 13 
         Verkehr 6    3      2      1      1 13 
         Gesundheit5    3    2      2      1 13 
         Redaktion 1    1    1      1      1   5 
 
         Präsidien 4    3    2      1      - 10 
 
         Total 
         Sitze 126 
 
B.-  
Gegen diesen Beschluss des Grossen Rates hat die  
Schweizerische Volkspartei Luzern (SVP) beim Bundesgericht 
am 14. Juli 1999 staatsrechtliche Beschwerde erhoben und 
dessen Aufhebung verlangt. Sie beanstandet die Sitzvertei- 
lung in den acht Kommissionen mit 13 Mitgliedern. Sie stützt 
ihre Beschwerde auf Art. 84 Abs. 1 lit. a OG und macht eine 
Verletzung von § 96 der Staatsverfassung des Kantons Luzern 
(StV) sowie von Art. 4 der alten Bundesverfassung (aBV) 
wegen willkürlicher Anwendung von § 22 des Grossratsgeset- 
zes geltend. Sie beansprucht eine gleichmässige Besetzung 
der Kommission entsprechend ihren Mandaten und daher für 
alle Kommissionen mit 13 Mitgliedern 3 Sitze. Sie bemängelt 
als unbegründete Praxisänderung, dass die insgesamt zur 
Verfügung stehenden Kommissionssitze gesamthaft und nicht 
pro Kommission verteilt werden. 
 
       Der Grosse Rat beantragt mit ausführlicher Vernehm- 
lassung die Abweisung der Beschwerde. 
 
       Die Beschwerdeführerin hält in ihrer Beschwerde- 
ergänzung an ihren Anträgen und Rügen fest. Desgleichen 
bestätigt der Grosse Rat in der Vernehmlassungsergänzung 
seinen früheren Standpunkt. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:  
 
1.-  
Die Schweizerische Volkspartei Luzern führt staats-  
rechtliche Beschwerde wegen Verletzung von § 96 der Staats- 
verfassung des Kantons Luzern (StV) und wegen willkürlicher 
Anwendung des Gesetzes über die Organisation und Geschäfts- 
führung des Grossen Rates (Grossratsgesetz, GRG). Die ent- 
sprechenden Bestimmungen haben folgenden Wortlaut: 
 
    § 96 StV - Berücksichtigung der politischen Minderheiten 
 
    Bei der Bestellung des Regierungsrates, des Erziehungs- 
    rates, der Gerichte und der Kommissionen des Grossen 
    Rates ist auf die Vertretung der politischen Parteien 
    angemessen Rücksicht zu nehmen, ebenso bei der Bestel- 
    lung der Gemeinderäte und der Gemeindeausschüsse der 
    Einwohner- und Bürgergemeinden, in denen diese Behörden 
    nicht nach dem Verhältniswahlverfahren gewählt werden. 
 
    § 20a GRG - Wahl 
 
1  
Der Grosse Rat wählt zu Beginn der Amtsdauer aus  
      seiner Mitte die ständigen Kommissionen. 
 
2  
Nichtständige Kommissionen wählt er nach Bedarf.  
 
    § 22 GRG - Vertretung der Fraktionen 
 
1  
Die Fraktionen sollen in der Regel in den Kommissionen  
      im Verhältnis ihrer Mitgliederzahl vertreten sein. 
 
2  
Der Grosse Rat kann die Kommissionen in besondern  
      Fällen durch fraktionslose Mitglieder erweitern. 
 
3  
Bei der Wahl der Kommissionspräsidenten ist auf einen  
      angemessenen Wechsel unter den Fraktionen zu achten. 
 
       a) Der angefochtene Beschluss betrifft die Beset- 
zung der ständigen Kommissionen des Grossen Rates und stellt 
- anders als eine durch das Volk vorgenommene Wahl - eine 
sog. indirekte Wahl dar. Nach der Rechtsprechung ist im 
Grundsatz die staatsrechtliche Beschwerde im Sinne von 
Art. 84 Abs. 1 lit. a OG zulässig, soweit sich der Betrof- 
fene auf ein verfassungsmässiges Recht im Sinne von Art. 84 
Abs. 1 lit. a OG berufen kann und nach Art. 88 OG in recht- 
lich geschützten Interessen betroffen und daher zur Be- 
schwerde legitimiert ist (ZBl 92/1991 S. 260 E. 1, 95/1994 
S. 366 E. 1a, mit zahlreichen Hinweisen). 
 
       b) Nach der Rechtsprechung bildet § 96 StV eine 
Norm, auf die sich die politischen Minderheiten im Sinne 
eines verfassungsmässigen Rechtes berufen können. § 96 StV 
stellt nicht nur eine organisatorische Vorschrift für die 
Bestellung verschiedener Behörden dar, sondern hat die Be- 
deutung einer die politischen Minderheiten schützenden Norm. 
Die politischen Parteien sollen bei der Bestellung gewisser 
Behörden angemessen berücksichtigt werden, auch wenn die 
Norm keinen Anspruch darauf einräumt, dass unbedingt der von 
der Minderheitspartei vorgeschlagene Kandidat tatsächlich 
gewählt wird. Das Bundesgericht hat erkannt, dass diese Be- 
stimmung der Staatsverfassung justiziabel, praktikabel und 
durchsetzbar sei (ZBl 95/1994 S. 366 E. 1, 92/1991 S. 260 
E. 1). 
 
       Es besteht kein Anlass, auf diese Rechtsprechung 
zurückzukommen. § 96 StV räumt demnach den politischen Par- 
teien Ansprüche auf eine angemessene Vertretung in verschie- 
denen Behörden und Gremien ein. Dessen Verletzung kann daher 
mit staatsrechtlicher Beschwerde im Sinne von Art. 84 Abs. 1 
lit. a OG angefochten werden. 
 
       Im vorliegenden Fall stellt sich allerdings die 
Frage, ob sich die Beschwerdeführerin tatsächlich auf § 96 
StV berufen kann. Sie verfügt im Grossen Rat mit 120 Mit- 
gliedern (§ 45 StV in der Fassung vom 27. September 1998) 
über 22 Sitze (18,3% der Mandate) und bildet im Grossen Rat 
die drittgrösste Fraktion. Bei dieser Sachlage ist fraglich, 
ob die SVP eine politische Minderheit im Sinne des Margina- 
les von § 96 StV ist. Diese Bestimmung will in erster Linie 
eine Berücksichtigung der politischen Minderheiten garantie- 
ren. Im eigentlichen Text ist demgegenüber in neutraler und 
allgemeiner Weise von der Rücksichtnahme auf die politischen 
Parteien die Rede. Daraus ist zu schliessen, dass sich über 
eigentliche Minderheitsparteien auch andere Parteien auf 
§ 96 StV berufen können. Demnach kann die Beschwerdeführe- 
rin auch im vorliegenden Fall eine Verletzung von § 96 StV 
rügen. Sie ist von der Wahl in die ständigen Kommissionen 
im Sinne von Art. 88 OG betroffen. Bei dieser Sachlage kann 
sie zudem eine willkürliche Anwendung von § 22 GRG geltend 
machen. 
 
       c) Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung 
des Wahlbeschlusses des Grossen Rates in seiner Gesamtheit. 
Aus der Beschwerdebegründung geht indessen hervor, dass die 
Beschwerdeführerin die Besetzung der Geschäftsprüfungs- und 
der Redaktionskommission nicht beanstandet. Demnach ist im 
eigentlichen Sinn lediglich die Besetzung der acht 13 Mit- 
glieder umfassenden Kommissionen umstritten. 
 
2.-  
Die Beschwerdeführerin beanstandet in genereller  
Weise, dass sie in den Kommissionen untervertreten sei und 
die Kommissionen daher in Verletzung von § 96 StV bzw. von 
§ 22 GRG besetzt worden seien. Hierfür gilt es vorerst, die 
tatsächlichen Umstände sowie die angewendeten Normen und 
Kriterien der umstrittenen Wahl darzulegen. 
 
       a) Die 120 Sitze des Grossen Rates werden von den 
fünf Fraktionen wie folgt besetzt; fraktionslose Mitglieder 
gibt es zur Zeit nicht. 
 
         Parteien/    Sitze          Anteile der Mandate 
         Fraktionen          im Grossen Rat 
 
         CVP          48          40% 
         LPL          31          25,833% 
         SVP          22          18,333% 
         SP          12          10% 
         GB          7          5,883% 
 
       Insgesamt gab es zehn Kommissionen zu wählen. Davon 
umfassen die Geschäftsprüfungskommission 17 Sitze und die 
Redaktionskommission 5 Sitze. Alle übrigen acht Kommissionen 
weisen je 13 Mitglieder auf. Gesamthaft ergibt das die Zahl 
von 126 Kommissionssitzen. 
 
       Gestützt auf diese Zahlenverhältnisse errechnete 
sich der prozentuale Anspruch der Fraktionen auf Sitze in 
den Kommissionen bei einer Gesamtbetrachtung  aller Kommis-  
sionen wie folgt: 
 
         Parteien/    Rechnerischer Anteil 
         Fraktionen    in Sitzen 
 
         CVP          50,40 
         LPL          32,55 
         SVP          23,10 
         SP          12,60 
         GB          7,35 
 
       Der Grosse Rat gelangte zu folgender parteipoliti- 
scher Besetzung der Kommissionen. Dabei ging er bei einer 
Gesamtbetrachtung über alle Kommissionen von einem prozen- 
tualen Anspruch der Fraktionen aus und nahm gewisse Anpas- 
sungen und Rundungen vor. 
 
         Parteien/    Rechnerischer Sitze in   Rundung 
         Fraktionen    Sitzanteil    den Kom. 
 
         CVP          50,40         50         - 0,40 
         LPL          32,55         32         - 0,55 
         SVP          23,10         22         - 1,10 
         SP          12,60         12         - 0,60 
         GB          7,35          10         + 2,65 
       b) Für die konkrete Verteilung der Kommissionssitze 
haben verschiedene materielle Kriterien zusammengespielt. 
Ausgehend von einer proportionalen Vertretung der Parteien 
in den Kommissionen entsprechend ihrer Fraktionsstärke hat 
die Präsidentenkonferenz folgende Gesichtspunkte formuliert 
(Protokoll der Präsidentenkonferenz vom 31. Mai 1999; vgl. 
auch die vorläufige Fassung im Protokoll vom 5. Mai 1999) : 
 
         1.Jede Fraktion soll wenn möglich in allen stän- 
          digen Kommissionen vertreten sein. 
 
         2.Jedes Ratsmitglied soll die Möglichkeit haben, 
          in mindestens einer Kommission mitzuarbeiten. 
 
         3.Basis für die Berechnung des Vertretungsan- 
          spruchs der Fraktion ist die Gesamtzahl der zu 
          verteilenden Sitze in den ständigen Kommissionen 
          und die Fraktionsstärke. 
 
3.-  
Zur Hauptsache beanstandet die Beschwerdeführerin,  
dass die Verteilung der Kommissionssitze auf die einzelnen 
Fraktionen aus einer Gesamtbeurteilung auf Grund der Gesamt- 
zahl von 126 Kommissionssitzen für sämtliche ständigen Kom- 
missionen heraus vorgenommen wurde. Sie vertritt die Auffas- 
sung, in jeder einzelnen Kommission müssten die Fraktionen 
im Verhältnis ihrer Stärke vertreten sein. Das bedeute für 
die SVP-Fraktion, dass sie in allen acht Kommissionen mit 
13 Mitgliedern Anspruch auf 3 Sitze habe. Die vorgenommene 
Sitzverteilung erachtet die Beschwerdeführerin schliesslich 
als Verletzung elementarer Regeln der Arithmetik. 
 
       a) § 96 StV schreibt vor, dass bei der Bestellung 
der einzelnen Behörden und Gremien auf die Vertretung der 
politischen Parteien "angemessen Rücksicht" zu nehmen ist. 
Diese Vorschrift steht im Zusammenhang mit den Grundzügen 
des Proporzwahlsystems und dem damit verbundenen Grundsatz 
der Erfolgswertgleichheit bei Volkswahlen (vgl. BGE 125 I 21 
E. 3d/dd S. 33 und 125 I 289 E. 6 S. 295). Der in § 96 StV 
verwendete Ausdruck der angemessenen Rücksichtnahme bedeutet 
indessen nach der bisherigen Rechtsprechung nicht, dass aus 
der Kantonsverfassung ein Anspruch auf verhältnismässige, 
mathematisch exakte Vertretung etwa entsprechend der Sitz- 
zahl im Grossen Rat abgeleitet werden könne. Es könne weder 
eine entsprechende Berücksichtigung in jeder einzelnen Be- 
hörde erwartet noch verlangt werden, dass ein bestimmter 
Kandidat tatsächlich gewählt werde. Im Sinne einer Gesamt- 
betrachtung sei es auch zulässig, dass für die Beurteilung 
der angemessenen Berücksichtigung in einer Behörde oder 
einem Gremium auch auf die Vertretung in andern vergleich- 
baren Organen abgestellt wird. Dem Wahlkörper komme ein 
weiter Ermessensspielraum zu. Von einer Verletzung der 
Staatsverfassung könne erst gesprochen werden, wenn eine 
Partei systematisch und bei mehreren Gelegenheiten über- 
gangen oder benachteiligt werde (ZBl 95/1994 S. 366 E. 3, 
mit Hinweisen). In ähnlicher Weise umschreibt § 22 GRG den 
Anspruch der Fraktionen auf Berücksichtigung in den Kommis- 
sionen. Danach sollen die Fraktionen in der Regel in den 
Kommissionen im Verhältnis ihrer Mitgliederzahl vertreten 
sein. Die Wendung "in der Regel" deutet ebenfalls darauf 
hin, dass keine mathematisch exakte Repräsentation verlangt 
wird und dem Wahlkörper ein erheblicher Ermessensspielraum 
zusteht. 
 
       Sowohl aus der Staatsverfassung als auch aus dem 
Grossratsgesetz ergibt sich danach mit hinreichender Deut- 
lichkeit, dass mit der Berücksichtigung der politischen 
Parteien in den einzelnen Behörden und Gremien kein mathe- 
matisch exaktes Spiegelbild der Kräfte im Grossen Rat ver- 
langt wird. Derartiges wäre schon rein tatsächlich nicht 
möglich und ist rechtlich nicht verlangt. Zulässig ist zudem 
eine Gesamtsicht über eine Behörde oder ein Organ hinaus. 
Dementsprechend gross ist der Spielraum, der dem Wahlkörper 
zukommt. Weshalb dem Grossen Rat bei der Bestellung der 
ständigen Kommissionen kein Ermessen zukommen soll, wie die 
Beschwerdeführerin geltend macht, ist unerfindlich. 
 
       b) In Anbetracht dieser Normen, der Rechtsprechung 
zu § 96 StV sowie des weiten Spielraums hält es vor der Ver- 
fassung stand, dass der Grossrat bei der Bestellung der 
ständigen Kommissionen auf die Gesamtzahl der Kommissions- 
sitze abstellt und diese entsprechend auf die Fraktionen 
aufteilt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin war 
der Wahlkörper daher von Verfassungs wegen nicht gehalten, 
die acht ständigen 13-er Kommissionen in identischer Frak- 
tionsstärke zu besetzen. Er durfte die Zusammensetzung in 
den einzelnen Kommissionen variieren und aus einer Gesamt- 
sicht heraus Ausgleiche schaffen. Einem solchen Vorgehen 
stehen weder Wortlaut noch Sinn von § 96 StV und § 22 GRG 
entgegen. Gerade die Entstehung der angefochtenen Ordnung 
macht deutlich, wie sehr sich die Präsidentenkonferenz und 
der Grosse Rat darum bemühten, mit dem eingeschlagenen Weg 
eine angemessene und möglichst genaue Vertretung der Frak- 
tionen zu realisieren. Die Beschwerdeführerin bleibt denn 
auch den Beweis schuldig, wie sich ihr Anspruch auf 3 Sitze 
in allen 13-er Kommissionen mit dem Anspruch der andern Par- 
teien nach § 96 StV und § 22 GRG vertragen würde. 
 
       Demnach ist es von Verfassungs wegen nicht zu be- 
anstanden und ist mit § 22 GRG vereinbar, dass der Grosse 
Rat bei der Besetzung der ständigen Kommissionen auf die 
Gesamtzahl der Kommissionssitze abstellte und diese dann 
entsprechend auf die Fraktionen verteilte. Bei dieser Sach- 
lage geht die Rüge der fehlenden gesetzlichen Grundlage zum 
Vornherein fehl. 
 
       c) Die Beschwerdeführerin macht allerdings weiter 
geltend, diese Betrachtungsweise des Grossen Rates stehe im 
Widerspruch zur bisherigen Praxis und stelle eine Praxis- 
änderung dar, für die nachvollziehbare, ernsthafte und ob- 
jektive Gründe fehlten. Darin liege ein Verstoss gegen das 
Willkürverbot im Sinne von Art. 4 aBV
 
       Nach der Rechtsprechung zu Art. 4 aBV muss sich 
eine Praxisänderung auf ernsthafte und sachliche Gründe 
stützen können. Der Richter oder Rechtsanwender kann aller- 
dings nicht von Verfassungs wegen angehalten werden, an 
einer bisherigen Auffassung festzuhalten, wenn er zur Ein- 
sicht gelangt, dass eine andere Lösung dem Gesetz oder der 
Gerechtigkeit besser entspreche. Eine Praxisänderung ver- 
stösst daher nicht gegen Art. 4 aBV, wenn sie mit objektiven 
Umständen begründet werden kann und sich etwa auf eine bes- 
sere Einsicht über den verfolgten Gesetzeszweck, auf ver- 
änderte äussere Umstände oder Wandlungen von Anschauungen 
abstützen kann. Je gefestigter die bisherige Praxis ist, 
je besser ist die Praxisänderung zu begründen (BGE 122 I 57 
E. 3c/aa S. 59, 111 V 161 E. 5b S. 170, 108 Ia 122 E. 2a 
S. 125, mit Hinweisen;  Jörg Paul Müller, Grundrechte in der  
Schweiz, 3. Auflage 1999, S. 405 f.). 
 
       Im vorliegenden Fall können solche ernsthafte und 
sachliche Gründe ohne weiteres namhaft gemacht werden. Sie 
liegen im Wesentlichen darin, dass der Parlamentsbetrieb 
im Grossen Rat eine grundlegende Änderung erfahren hat. 
Der Grosse Rat ist mit der Änderung von § 45 Abs. 1 StV am 
27. September 1998 von 170 auf 120 Mitglieder reduziert 
worden. Im gleichen Zug ist das Grossratsgesetz und die 
Geschäftsordnung des Grossen Rates einer Überarbeitung 
unterzogen worden. Neu sollte die wesentliche Vorarbeit 
in (zehn) ständigen (Fach-) Kommissionen geleistet werden; 
nichtständige Kommissionen sollen nur noch nach Bedarf 
eingesetzt werden und die Ausnahme bilden. Auch wenn schon 
früher eine gewisse Anzahl von ständigen Kommissionen 
bestanden hat, wie die Beschwerdeführerin und der Grosse Rat 
in ihren Rechtsschriften ausführen, so zeigt sich doch, dass 
die Neuordnung eine wesentliche Änderung und Verwesentli- 
chung der Kommissionsarbeit mit sich gebracht hat. 
 
       Diese Neuordnung legt es durchaus nahe, den Par- 
teienproporz nicht so sehr auf die einzelne ständige Kommis- 
sion zu beziehen, sondern die Bestellung der Kommissionen 
aus einer Gesamtsicht heraus vorzunehmen. Diese Gesamtbe- 
trachtung erlaubt es, in vermehrter Weise dem Gedanken der 
anteilmässigen Vertretung aller Parteien Rechnung zu tragen 
und entsprechend den Kriterien der Präsidentenkonferenz und 
den Materialien zur Änderung von Grossratsgesetz und Ge- 
schäftsordnung zusätzlich zu ermöglichen, dass alle Frak- 
tionen in allen ständigen Kommissionen vertreten sind und 
wenn möglich jeder Parlamentarier die Möglichkeit der Mit- 
arbeit in einer ständigen Kommission erhält. Bei dieser 
Sachlage sind dem Grossen Rat beachtenswerte Gründe dafür 
anzuerkennen, dass er die ständigen Kommissionen mit einem 
Gesamtbeschluss bestellte und die Sitze aus einer Gesamt- 
sicht heraus auf die einzelnen Parteien verteilte. An dieser 
Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass die Präsi- 
dentenkonferenz die Zuteilungskriterien in seinem ersten 
Beschluss vom 5. Mai 1999 vorerst anders formulierte als 
anlässlich der Behandlung des Wiedererwägungsgesuches am 
31. Mai 1999. 
 
       Damit erweist sich die Rüge, der Grosse Rat habe in 
Verletzung von Art. 4 aBV seine Praxis geändert, als unbe- 
gründet. 
 
       d) Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin als 
Verstoss gegen § 96 StV und Art. 22 GRG, dass die Regeln der 
Arithmetik bei der Sitzverteilung verletzt worden seien und 
sie daher nicht angemessen berücksichtigt worden sei. 
 
       Diese Rüge erweist sich von vornherein als unbe- 
gründet. Zum einen verfügt der Grosse Rat bei der Anwen- 
dung der genannten Rechtsgrundlagen, wie dargelegt, über 
einen erheblichen Ermessensspielraum und braucht die Be- 
stellung seiner Kommissionen nicht den Kräfteverhältnissen 
entsprechend streng arithmetisch vorzunehmen. Zum andern 
zeigt die oben wiedergegebene Liste, dass bei der Sitzzu- 
teilung an die SVP der mathematisch ausgewiesene Anspruch 
von 23,10 Sitzen auf 22 Sitze reduziert worden ist. Reduk- 
tionen haben auch die andern Parteien in Kauf nehmen müs- 
sen, um der kleinsten Fraktion des Grünen Bündnisses den 
Einzug in jede ständige Kommission zu ermöglichen. Die 
Reduktion um 1,10 Sitz bei der SVP nimmt für sich genommen 
kein Ausmass an, das eine schwerwiegende und systematische 
Benachteiligung der Beschwerdeführerin im Sinne der oben 
wiedergegebenen Auslegung von § 96 StV darstellen würde. 
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Reduktion 
bei der Beschwerdeführerin am grössten ausgefallen ist. 
Denn die Aufstellung in E. 2a zeigt auch, dass die Abgabe 
eines Sitzes bei allen anderen Parteien (ausser dem Grünen 
Bündnis, das sonst nicht in allen zehn Kommissionen ver- 
treten wäre) zu einer grösseren Reduktion geführt hätte. 
Schliesslich darf im Gesamtzusammenhang berücksichtigt 
werden, dass der Beschwerdeführerin ein bzw. zwei weitere 
Sitze angeboten worden sind (Protokoll der Präsidenten- 
konferenz vom 31. Mai 1999), diese indessen auf einer 
Vertretung von 3 Sitzen in allen 13-er Kommissionen bzw. 
auf dem Kompromissvorschlag von 3 weitern Sitzen beharrte; 
auch in diesem Angebot der andern Parteien kommt zum Aus- 
druck, dass die SVP-Fraktion keineswegs diskriminierend 
übergangen worden ist. 
 
       Damit erweist sich die Beschwerde auch in diesem 
Punkte als unbegründet. 
 
4.-  
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen. Angesichts  
des besondern Charakters der vorliegenden Beschwerde, die 
einer Stimmrechtsbeschwerde nahe kommt, sind der Beschwer- 
deführerin trotz ihres Unterliegens keine Kosten aufzuer- 
legen (vgl. die unveröffentlichten Erwägungen in den Ur- 
teilen ZBl 95/1994 S. 366 und 92/1991 S. 260). Die Zu- 
sprechung einer Parteientschädigung fällt ausser Betracht 
(Art. 159 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.-  
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.  
 
2.-  
Es werden keine Kosten erhoben.  
 
3.-  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem  
Grossen Rat des Kantons Luzern schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
 
 
Lausanne, 9. Februar 2000 
 
           
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung  
                    
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS  
Der Präsident: 
 
                                         
Der Gerichtsschreiber: