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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2F_30/2020  
 
 
Urteil vom 9. März 2021  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Beusch, 
Gerichtsschreiber König. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Gesuchsteller, 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Nideröst, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, 
Neumühlequai 10, 8090 Zürich, 
Gesuchsgegner, 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 
Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung, 
 
Revisionsgesuch betreffend das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 2C_588/2019 vom 30. Januar 2020. 
 
 
Erwägungen:  
 
 
1.  
Mit Urteil 2C_588/2019 vom 30. Januar 2020 wies das Bundesgericht eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten des 1981 geborenen türkischen Staatsangehörigen A.________ gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 8. Mai 2019 betreffend Widerruf der Niederlassungsbewilligung/Wegweisung ab, soweit darauf einzutreten war. 
 
2.  
Mit Eingabe vom 30. November 2020 beantragt A.________ (nachfolgend: Gesuchsteller), unter revisionsweiser Aufhebung des bundesgerichtlichen Urteils vom 30. Januar 2020 sei ihm die Niederlassungsbewilligung zu belassen, eventualiter eine ausländerrechtliche Verwarnung auszusprechen, subeventualiter das Staatssekretariat für Migration (SEM) anzuweisen, seine vorläufige Aufnahme zu beantragen, und subsubeventualiter die Sache zur neuen Entscheidung an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zurückzuweisen. Zugleich beantragte er, seinem Revisionsgesuch sei aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. 
Das Migrationsamt des Kantons Zürich stellt den Antrag, auf das Revisionsgesuch sei nicht einzutreten; eventualiter sei es abzuweisen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich macht sinngemäss geltend, es liege kein Revisionsgrund vor. Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich verzichtet auf Vernehmlassung. 
Mit Präsidialverfügung vom 23. Dezember 2020 erteilte das Bundesgericht dem Revisionsgesuch antragsgemäss aufschiebende Wirkung. 
Der Gesuchsteller hält mit Eingabe vom 18. Januar 2021 an seinem Revisionsgesuch fest. 
 
3.  
Urteile des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Eine nochmalige Überprüfung der einem Urteil des Bundesgerichts zugrunde liegenden Streitsache ist grundsätzlich ausgeschlossen. 
 
3.1. Gemäss dem vom Gesuchsteller angerufenen Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG kann die Revision in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten verlangt werden, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte, unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind.  
Die Revision gestützt auf ein nachträglich neu entdecktes Beweismittel setzt unter anderem voraus, dass es bereits vor dem zu revidierenden Urteil bzw. schon zu einem Zeitpunkt, in dem es im Hauptverfahren prozessual zulässigerweise noch hätte eingebracht werden können, bestanden hat. Zudem wird verlangt, dass es der Revisionsgesuchsteller unverschuldet nicht im früheren Verfahren einreichen konnte (BGE 143 III 272 E. 2.2; Urteile 2F_22/2019 vom 5. Februar 2020 E. 2.1; 1F_44/2019 vom 9. September 2019 E. 2.3; 8F_9/2017 vom 15. Januar 2018 E. 1.2). 
Im bundesgerichtlichen Verfahren der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten dürfen (vorbestehende) neue Tatsachen und Beweismittel nur insoweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz hierzu Anlass gibt ("unechte" Noven gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG; vgl. Urteile 2C_456/2019 vom 3. September 2019 E. 1.3; 2C_786/2018 vom 27. Mai 2019 E. 2.3; 2C_349/2012 vom 18. März 2013 E. 2.2). Echte Noven, d.h. Tatsachen oder Beweismittel, die erst nach dem angefochtenen Urteil eingetreten oder entstanden sind, bleiben in diesem Verfahren in jedem Fall unberücksichtigt (BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 23 f.; 140 V 543 E. 3.2.2.2 S. 548; 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123; 135 I 221 E. 5.2.4 S. 229; 133 IV 342 E. 2.1 S. 343 f.). Im Verfahren der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten echte Noven bildende Beweismittel zählen mithin nicht zu den nachträglich neu entdeckten Beweismitteln, welche bereits zu einem Zeitpunkt bestanden haben, in welchem sie in diesem Verfahren prozessual zulässigerweise noch hätten eingebracht werden können, und damit eine mögliche Grundlage einer Revision sind (vgl. Urteil 1F_44/2019 vom 9. September 2019 E. 2.4). 
Dass es dem Revisionsgesuchsteller unmöglich war, Beweismittel bereits im früheren Verfahren beizubringen, ist nur mit Zurückhaltung anzunehmen. Entsprechend ist im Revisionsgesuch darzutun, dass die Beweismittel im früheren Verfahren trotz hinreichender Sorgfalt nicht beigebracht werden konnten (Urteile 1F_42/2019 vom 28. August 2019 E. 4; 2F_3/2019 vom 23. Juli 2019 E. 2.1; 4F_18/2017 vom 4. April 2018 E. 3.1.1; 4A_144/2010 vom 28. September 2010 E. 2.3). 
 
3.2. Vorliegend stützt der Gesuchsteller sein Revisionsgesuch in erster Linie auf ein Schreiben der Oberstaatsanwaltschaft U.________ vom 1. November 2019 sowie ein Schreiben des Rechtsanwaltes B.________ vom 4. September 2020. Er macht geltend, aus diesen Dokumenten ergäben sich konkrete Anhaltspunkte dafür, dass er im Fall seiner Rückkehr in die Türkei verschiedene, ernsthafte Nachteile (wie namentlich menschenunwürdige Bedingungen im Haft- und Strafvollzug) zu gewärtigen hätte.  
Die mit dem Revisionsgesuch ins Recht gelegten Schreiben der Oberstaatsanwaltschaft U.________ vom 1. November 2019 und des Rechtsanwaltes B.________ vom 4. September 2020 entstanden erst nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 8. Mai 2019. Sie bildeten demnach im Hauptverfahren der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Verfahren 2C_588/2019), in welchem dieses Urteil angefochten war, unzulässige echte Noven. Es handelt sich somit nicht um Beweismittel, die bereits zu einem Zeitpunkt bestanden, in welchem sie im erwähnten bundesgerichtlichen Hauptverfahren prozessual zulässigerweise noch hätten eingebracht werden können. Soweit der Gesuchsteller sein Gesuch auf diese Schreiben stützt, sind die Voraussetzungen des Revisionsgrundes von Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG somit von vornherein nicht erfüllt und ist das Revisionsgesuch demzufolge abzuweisen (vgl. E. 3.1 Abs. 3 hiervor sowie [zu einer vergleichbaren chronologischen Abfolge] auch Urteil 1F_44/2019 vom 9. September 2019 E. 2.4). 
 
3.3. Auf die mit der Eingabe vom 30. November 2020 eingereichte Verfügung des Staatssekretariates für Migration vom 27. März 2020, welche C.________, eine Cousine des Beschwerdeführers betrifft, kann sich das vorliegende Revisionsgesuch schon deshalb nicht stützen, weil dieses Beweismittel erst nach dem bundesgerichtlichen Urteil 2C_588/2019 vom 30. Januar 2020 entstanden ist (vgl. Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG sowie E. 3.1 hiervor).  
 
3.4. Soweit sich der Gesuchsteller sodann vorliegend auf Berichte der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 5. Dezember 2018 und 1. Februar 2019 sowie ein seine Cousine C.________ betreffendes Urteil des Schwurgerichts V.________ vom 20. Oktober 2015 beruft, legt er nicht in der erforderlichen Weise dar und ist auch nicht ersichtlich, dass es sich um Beweismittel handelt, welche er unverschuldet nicht im früheren Verfahren einbringen konnte. Insoweit ist der Gesuchsteller seiner Begründungsobliegenheit nicht nachgekommen und ist folglich auf sein Revisionsgesuch nicht einzutreten (vgl. auch Urteil 1F_42/2019 vom 28. August 2019 E. 4).  
 
3.5. Nicht einmal ansatzweise geltend gemacht wird vorliegend im Übrigen ein Revisionsgrund, soweit sich der Gesuchsteller darauf beschränkt, unabhängig von seinen Vorbringen im Zusammenhang mit den beiden genannten, nach dem Gesagten nicht zu berücksichtigenden Schreiben der Oberstaatsanwaltschaft U.________ vom 1. November 2019 und des Rechtsanwaltes B.________ vom 4. September 2020 an seiner Begründung der vom Bundesgericht mit seinem Urteil 2C_588/2019 vom 30. Januar 2020 als nicht stichhaltig gewürdigten Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten festzuhalten. Namentlich lässt sich im Vorbringen im Revisionsgesuch, dass dem öffentlichen Interesse der Gesamtwirtschaft am Verbleib des Gesuchstellers in der Schweiz zu wenig Rechnung getragen worden sein soll, keine Geltendmachung eines Revisionsgrundes erblicken.  
 
4.  
Nach dem Gesagten ist das Revisionsgesuch abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Da das Revisionsgesuch nicht gutgeheissen werden kann und es somit nicht zu einer neuen Beurteilung der Beschwerde kommt, welche Gegenstand des Verfahrens 2C_588/2019 bildete, erübrigt es sich, auf die Eventual-, Subeventual- und Subsubeventualanträge des Gesuchstellers einzugehen. 
Ergänzend ist aber darauf hinzuweisen, dass allfällige flüchtlings- und menschenrechtliche Gründe, die einem Wegweisungsvollzug entgegenstehen, bzw. Tatsachen oder Beweismittel, die für eine Verletzung von Art. 5 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG; SR 142.31) in Verbindung mit Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 (SR 0.142.30) (Non-Refoulement-Prinzip) bzw. Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) im Falle einer Wegweisung sprechen, noch im Rahmen des Wegweisungsvollzuges geltend gemacht werden können, soweit sie erst nach dem letzten Zeitpunkt eingetreten oder entstanden sind, in dem sie im Verfahren betreffend den Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Gesuchstellers prozessual zulässigerweise noch hätten eingebracht werden können (vgl. Urteile 2C_221/2020 vom 19. Juni 2020 E. 2; 2C_66/2012 vom 3. August 2012 E. 2). 
 
5.  
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (vgl. Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. März 2021 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: König