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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.250/2004 /leb 
 
Urteil vom 9. Juli 2004 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Hungerbühler, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Müller, Merkli, 
Gerichtsschreiber Küng. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt 
Dr. Markus Raess, 
 
gegen 
 
Regierungsrat des Kantons Zürich, Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich, 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, Militärstrasse 36, Postfach, 8021 Zürich. 
 
Gegenstand 
Ausweisung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 
3. März 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die serbisch-montenegrinische Staatsangehörige X.________, geboren am **. ** 1979 in Dobri Dub (Jugoslawien), kam zusammen mit zwei jüngeren Geschwistern am 25. Juni 1995 im Rahmen eines Familiennachzuges in die Schweiz, wo ihr Vater bereits seit 1980 und ihre Mutter mit zwei älteren Geschwistern seit 1990 lebten. Sie wurde in die Niederlassungsbewilligung der Eltern einbezogen. Am 29. Oktober 1998 heiratete sie in ihrer Heimat Y.________, einen Landsmann, der am 6. Januar 1999 in die Schweiz einreiste und eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei der Ehefrau erhielt. Am 20. Februar 2001 wurde ihre Tochter Z.________ geboren. 
B. 
Am 30. Januar 2003 verurteilte das Bezirksgericht Zürich X.________ wegen mehrfacher qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Beteiligung an der Einfuhr von mehreren Kilogramm Heroin bzw. Kokain) zu drei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus. Am 18. Februar 2003 wurde sie unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren bedingt aus dem Strafvollzug entlassen. Seither wohnt sie bei den Eltern. 
 
Am 14. Januar 2004 sprach das Bezirksgericht Zürich ihren Ehemann Y.________, geboren 1978, des qualifizierten, banden- und gewerbsmässigen Drogenhandels schuldig und wies ihn in eine Arbeitserziehungsanstalt ein. 
C. 
Mit Beschluss vom 1. Oktober 2003 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich X.________ gestützt auf Art. 10 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) für die Dauer von zehn Jahren aus der Schweiz aus. 
 
Die von X.________ gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 3. März 2004 ab, soweit es darauf eintrat. 
D. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 29. April 2004 beantragt X.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich aufzuheben; vor dem Entscheid über die Ausweisung sei zur Frage ihrer Gefährdung im Heimatland ein Amtsbericht bei der Bezirksanwaltschaft Zürich einzuholen. 
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. 
 
Die Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich schliesst unter Hinweis auf die Entscheide der Vorinstanzen auf Abweisung der Beschwerde. 
 
Das Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung verweist auf die Ausführungen des angefochtenen Entscheides und stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen. 
E. 
Am 27. Mai 2004 verfügte der Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts, der Beschwerde werde aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Gegen fremdenpolizeiliche Ausweisungsverfügungen steht gemäss Art. 97 ff. OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen. Ein Ausschlussgrund im Sinne der Art. 99 bis 102 OG liegt nicht vor; insbesondere fällt die Ausweisung nicht unter die in Art. 100 Abs. 1 lit. b OG aufgeführten Verfügungen, sofern sie - wie vorliegend - gestützt auf Art. 10 ANAG ergangen ist (Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 [e contrario] OG). Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit zulässig. Die Beschwerdeführerin ist gemäss Art. 103 lit. a OG legitimiert; auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten. 
2. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat jedoch - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt, ist das Bundesgericht an die Sachverhaltsfeststellungen gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG). 
3. 
3.1 Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG kann ein Ausländer aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde. Die Ausweisung soll jedoch nur verfügt werden, wenn sie nach den gesamten Umständen angemessen erscheint (Art. 11 Abs. 3 ANAG). Hierbei sind vor allem die Schwere des Verschuldens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz und die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer, ANAV; SR 142.201). 
 
Ob die Ausweisung im Sinne der Art. 11 Abs. 3 ANAG und Art. 16 Abs. 3 ANAV "angemessen", d.h. verhältnismässig sei, ist eine Rechtsfrage, die vom Bundesgericht im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde frei überprüft werden kann (Art. 104 lit. a OG). Dem Bundesgericht ist es jedoch verwehrt, sein eigenes Ermessen - im Sinne einer Überprüfung der Zweckmässigkeit (Opportunität) der Ausweisung - an die Stelle desjenigen der zuständigen kantonalen Behörde zu setzen (BGE 125 II 521 E. 2a, mit Hinweisen). 
 
Die Prüfung der entscheidenden Frage der Verhältnismässigkeit ist gestützt auf die gesamten wesentlichen Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (BGE 125 II 521 E. 2b, mit Hinweisen). 
3.2 Die Beschwerdeführerin rügt, die von der Vorinstanz vorgenommene Interessenabwägung sei unverhältnismässig, zumal der massgebliche Sachverhalt ungenügend festgestellt worden sei. 
3.2.1 In diesem Zusammenhang macht sie namentlich geltend, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei dadurch verletzt worden, dass die Vorinstanz bei der Bezirksanwaltschaft, die erklärt habe, das Leben ihres Ehemannes sei gefährdet, keinen Amtsbericht zur Frage ihrer Gefährdung und der Gefährdung ihrer Familie bei einer Rückkehr nach Serbien eingeholt habe. Denn die Aussagen ihres Ehegatten, dem im Strafverfahren die Stellung eines Kronzeugen zugefallen sei, hätten dazu geführt, dass verschiedene "Clanmitglieder eines Drogenkartells" zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt worden seien. Die Weigerung, einen Amtsbericht einzuholen, führe zu einer Interessenabwägung, bei der wesentliche Umstände von vornherein ausser Acht gelassen würden. 
3.2.2 Die Vorinstanz hat dazu erwogen, es möge zutreffen, dass die Rückkehr der Beschwerdeführerin in die Bundesrepublik Jugoslawien wegen der eventuellen Vergeltung von Mitgliedern des Drogenkartells mit einer gewissen Gefährdung verbunden sei. Ihr Heimatort liege aber etwa 200 km entfernt von Podgorica, wo der besagte Clan sein Hauptquartier gehabt habe. Sie könne sich im Weiteren irgendwo in Serbien oder Montenegro niederlassen. Eine konkrete Gefährdung habe die Beschwerdeführerin nicht behauptet. Es könne zudem dahingestellt bleiben, ob die behauptete Gefahr in der Schweiz wesentlich kleiner wäre, denn ein Mitglied der Bande sei offenbar an einem Tötungsdelikt in der Schweiz beteiligt gewesen. 
3.2.3 Die Beschwerdeführerin verweist in diesem Zusammenhang auf Ausführungen des Bezirksanwalts anlässlich der gegen ihren Ehemann durchgeführten Hauptverhandlung vor Bezirksgericht. Danach habe der Bezirksanwalt zur Landesverweisung ausgeführt, das Leben ihres Ehemannes sei gefährdet. Diese Gefahr sei in der Schweiz geringer als im Heimatland, weshalb kein Antrag auf Landesverweisung gestellt werde. 
 
Aus der von ihr dazu angeführten Äusserung, die ausschliesslich ihren Ehemann betrifft, ergibt sich entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin weder eine "erhebliche" Gefährdung ihrer Person, noch eine "eindeutig" geringere potentielle Gefährdung in der Schweiz. Es ist unter diesen Umständen nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz in zulässiger antizipierter Beweiswürdigung auf die Einholung eines Amtsberichts verzichtet hat. Dies besonders auch deshalb, weil bei der fremdenpolizeilichen Ausweisung ein strengerer Massstab anzuwenden ist als bei einer strafrechtlichen Landesverweisung (vgl. BGE 125 II 105 E. 3b S. 112). Die Beschwerdeführerin vermag sodann auch keine konkreten Anhaltspunkte aufzuzeigen, die die von ihr geltend gemachte akute Gefahr für ihr Leben bei einer Rückkehr in ihr Heimatland belegen könnten oder zumindest glaubhaft erscheinen liessen. 
 
Es ist damit nicht ersichtlich, dass der rechtserhebliche Sachverhalt nicht hinreichend erstellt bzw. dessen Feststellung offensichtlich unrichtig oder unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen erfolgt wäre, weshalb er für das Bundesgericht verbindlich ist (Art. 105 Abs. 2 OG). 
3.2.4 Was die von der Beschwerdeführerin verlangte Honorierung kooperativer Straftäter betrifft, legt sie nicht dar, inwiefern sie selber im Strafverfahren als "Kronzeugin" aufgetreten wäre. Im Übrigen besteht schon auf Grund der von Straf- und fremdenpolizeilichem Verwaltungsverfahren verfolgten verschiedenen Zwecke keine Verpflichtung der Verwaltungsbehörden, von den Strafbehörden in dieser Hinsicht angestellte Überlegungen zu übernehmen. Die Vorinstanz hat zudem zu Recht erwähnt, das kooperative Aussageverhalten bzw. das Geständnis der Beschwerdeführerin sei im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt worden. 
3.2.5 Die Vorinstanz hat ansonsten im angefochtenen Entscheid mit sehr sorgfältiger und einlässlicher Begründung in Berücksichtigung aller nach Gesetz und Rechtsprechung massgeblichen Kriterien und in zutreffender Würdigung und Abwägung derselben dargelegt, dass die Ausweisung der Beschwerdeführerin weder Bundesrecht, noch Art. 8 EMRK (Schutz des Privat- und Familienlebens) verletzt. Es kann vollumfänglich auf diese Ausführungen, denen nichts weiter beizufügen ist, verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG). 
4. 
Die Beschwerde ist daher abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Angesichts der ausführlich begründeten und in jeder Hinsicht überzeugenden Interessenabwägung der Vorinstanz erschienen die Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin von vornherein als aussichtslos, weshalb ihr die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nicht gewährt werden kann (Art. 152 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 9. Juli 2004 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: