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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_228/2021  
 
 
Urteil vom 9. Juli 2021  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, nebenamtlicher Bundesrichter Kradolfer, 
Gerichtsschreiberin Keel Baumann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Karl Gehler, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. Februar 2021 (AB.2020.00049). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1951 geborene A.________ war der Ausgleichskasse des Kantons Zürich bis zur Einstellung seines Betriebes Ende 2014 als Selbständigerwerbender angeschlossen und als solcher beitragspflichtig. Am 1. Januar 2015 nahm er bei der B.________ AG eine unselbständige Erwerbstätigkeit auf. Gestützt auf seine Angaben sowie die Steuererklärungen von ihm und seiner Ehefrau für die Jahre 2015 und 2016 forderte die Ausgleichskasse von A.________ nach Massgabe des hälftigen ehelichen Vermögens und Renteneinkommens Akontobeiträge (AHV/IV/EO) für Nichterwerbstätige (einschliesslich Verwaltungskosten) von Fr. 19'900.90 für das Jahr 2015 und Fr. 3788.80 für die Monate Januar und Februar 2016 (Eintritt ins Rentenalter), zuzüglich Verzugszinsen (Verfügungen vom 14. September 2018). A.________ erhob Einsprache und machte geltend, er sei als Unselbständigerwerbender einzustufen und die Beiträge seien auf der Grundlage seines Erwerbseinkommens zu ermitteln. Die Ausgleichskasse hielt an ihrem Standpunkt fest (Einspracheentscheid vom 24. März 2020). 
 
B.  
Beschwerdeweise liess A.________ beantragen, der Einspracheentscheid sei aufzuheben. Er sei für die Beitragsjahre 2015 und 2016 (bis zur Pensionierung) als Unselbständigerwerbender einzustufen. Die Verfügungen vom 14. September 2018 betreffend die Nichterwerbstätigen-Akontobeiträge und die Verzugszinsen sowie die Rechnung betreffend die Nichterwerbstätigenbeiträge seien aufzuheben und durch Verfügungen, in welchen er als Erwerbstätiger qualifiziert werde, zu ersetzen. Eventualiter sei die Sache zur Neuverfügung im Sinne der Erwägungen an die Ausgleichskasse zurückzuweisen. Mit Urteil vom 5. Februar 2021 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde ab. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und das Rechtsbegehren stellen, das kantonale Urteil sei aufzuheben. Er sei für die Beitragsjahre 2015 und 2016 (bis zur Pensionierung) als Unselbständigerwerbender einzustufen. Die Sache sei zur Berechnung der Beiträge als Unselbständigerwerbender und zur Neuverfügung im Sinne der Erwägungen an die Kasse zurückzuweisen. 
Die Ausgleichskasse beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
Streitig ist die Beitragspflicht des Beschwerdeführers im Jahr 2015 sowie in den Monaten Januar und Februar 2016. 
 
3.  
Die Vorinstanz hat die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen zum Kreis der beitragspflichtigen Personen (Art. 3 Abs. 1 AHVG), zur Beitragspflicht der Erwerbstätigen (Art. 4 Abs. 1 AHVG) und der Nichterwerbstätigen (Art. 10 Abs. 1 und 3 AHVG in Verbindung mit Art. 28 AHVV) zutreffend wiedergegeben. Ebenfalls richtig dargelegt wurde, dass nach Art. 10 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 28bis Abs. 1 AHVV Personen, die nicht dauernd voll erwerbstätig sind (d.h. entweder nicht während mindestens neun Monaten pro Kalenderjahr [nicht dauernd] oder nicht während mindestens der halben üblichen Arbeitszeit [nicht voll]; vgl. dazu Rz. 2035 und 2039 der Wegleitung des BSV über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen [WSN] in der AHV, IV und EO; BGE 140 V 338 E. 1.2), die Beiträge wie Nichterwerbstätige leisten, wenn ihre Beiträge vom Erwerbseinkommen zusammen mit denen ihres Arbeitgebers in einem Kalenderjahr nicht mindestens der Hälfte des Beitrages nach Art. 28 AHVV entsprechen (Satz 1). Ihre Beiträge vom Erwerbseinkommen müssen auf jeden Fall den Mindestbeitrag nach Art. 28 AHVV erreichen (Satz 2). 
Richtig ist auch der im angefochtenen Urteil enthaltene Hinweis, dass nach der Rechtsprechung nicht die gesamte zeitliche Inanspruchnahme massgebend ist für die Beurteilung der Frage, ob dauernd volle Erwerbstätigkeit vorliegt, wenn nicht nur Erwerbsabsicht vorliegt, sondern eine Tätigkeit auch als gemeinnütziges Ehrenamt oder aus persönlichem Interesse ausgeübt wird; als Erwerbstätigkeit anzurechnen ist die tatsächlich geleistete Arbeit diesfalls einzig im Umfang der Erwerbsorientierung, welche in Form eines angemessenen Verhältnisses zwischen Leistung und Entgelt zum Ausdruck kommt (BGE 140 V 338 E. 2.2.3; Urteil 9C_699/2018 vom 25. März 2019 E. 3.2). Darauf wird verwiesen. 
 
4.  
 
4.1. Es steht fest und ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer im massgebenden Zeitraum - neben dem von ihm nach eigenen Angaben unentgeltlich ausgeübten Amt als Verwaltungspräsident - Geschäftsführer der B.________ AG war, für welche Tätigkeit er mit einem (Brutto-) Jahreslohn von Fr. 21'150.- entschädigt wurde.  
 
4.2. Die Vorinstanz erwog, dieses Jahreseinkommen entspreche unter Zugrundelegung des vom Beschwerdeführer geltend gemachten Pensums von 51 % einem Stundenlohn von rund Fr. 19.- und liege damit erheblich unter den in der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) für derartige Tätigkeiten ausgewiesenen statistischen Durchschnittslöhnen (sie verwies auf LSE 2016, Tabelle T 17 monatlicher Bruttolohn [Zentralwert] nach Berufsgruppen, Lebensalter und Geschlecht, Privater und öffentlicher Sektor, Ziff. 1 Führungskräfte). Zwischen der Geschäftsführertätigkeit und dem bezogenen Entgelt bestehe damit kein angemessenes Verhältnis. Mit Blick darauf sei auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer für einen monatlichen Lohn von Fr. 1762.50 in einem Pensum von 51 % als Geschäftsführer gearbeitet habe. Es sei vielmehr von einem deutlich niedrigeren Pensum auszugehen und damit auch davon, dass er nicht während mindestens der halben üblichen Arbeitszeit tätig gewesen sei. Selbst wenn man ein 51 %-Pensum annähme, fehlte es jedenfalls im Umfang des ausgeübten Pensums an einer plausiblen Erwerbsorientierung, weil das Verhältnis zwischen Leistung und Entgelt nicht angemessen sei. Da der Beschwerdeführer mithin nicht dauernd voll erwerbstätig gewesen sei, müsse gemäss Art. 28bis Abs. 1 AHVV eine Vergleichsrechnung vorgenommen werden: Die von ihm geleisteten Lohnbeiträge (einschliesslich Arbeitgeberbeiträge) von rund Fr. 1600.- erreichten bei Weitem nicht die Hälfte der Nichterwerbstätigenbeiträge von rund Fr. 20'000.- pro Jahr (2016 pro rata). Er habe deshalb Beiträge wie ein Nichterwerbstätiger zu bezahlen.  
 
4.3. Was in der Beschwerde dagegen vorgebracht wird, vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen.  
 
4.3.1. Nicht beigepflichtet werden kann dem Beschwerdeführer, soweit er den vorinstanzlichen Vergleich des von ihm bei der B.________ AG erzielten Lohnes mit dem in der LSE ausgewiesenen Durchschnittswert für rechtswidrig bzw. willkürlich hält. Vorab ist ihm entgegenzuhalten, dass der Beizug statistischer Werte zur Überprüfung der Plausibilität eines Lohnes ständiger Praxis entspricht und - anders als der Beschwerdeführer aus dem Urteil 9C_699/2018 vom 25. März 2019 E. 5.1 abzuleiten versucht - nicht auf die Fälle nachträglicher Lohnmeldungen beschränkt ist. Auch wenn sein Vorbringen zutrifft, wonach es sich bei der B.________ AG um eine kleine Firma handelte und die in der LSE ausgewiesenen Löhne auch viel grössere Unternehmen umfassen, ändert dies nichts daran, dass sich aus den statistischen Angaben doch Anhaltspunkte für das in etwa zu erwartende Lohnniveau ergeben. Selbst ohne Beizug der LSE ist indessen offensichtlich, dass ein Stundenlohn von Fr. 19.- einer Geschäftsführertätigkeit unabhängig von der Unternehmensgrösse in keiner Weise entspricht. Mit diesem Ansatz erreichte der Beschwerdeführer bei der B.________ AG, welche gemäss Handelsregisterauszug in den Bereichen Garten- und Bauarbeiten, Renovations- und Umgebungsarbeiten sowie Liegenschaftenverwaltung tätig war, nicht einmal den Mindestlohn eines ungelernten Gartenarbeitenden von Fr. 22.60 (gemäss dem in den Jahren 2015 und 2016 geltenden Gesamtarbeitsvertrag für die Grüne Branche, Lohnregulativ Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau [Anhang]). Die Feststellung des kantonalen Gerichts, wonach der Beschwerdeführer überwiegend wahrscheinlich in einem deutlich niedrigeren Pensum als 51 % und damit nicht während mindestens der halben üblichen Arbeitszeit tätig war, ist damit nicht offensichtlich unrichtig und für das Bundesgericht verbindlich.  
 
4.3.2. Unbehelflich sind sodann auch die beschwerdeführerischen Einwände gegen die weitere vorinstanzliche Feststellung, wonach bei der Annahme eines Pensums von 51 % jedenfalls nicht eine Erwerbsabsicht im selben Umfang angenommen werden könnte. Dass der Beschwerdeführer auf den erzielten Einkommen Steuern bezahlt hat, wie er vorbringt, vermag eine Erwerbsorientierung nur schon deshalb nicht zu begründen, weil diese kein Kriterium für die Steuerpflicht ist. Sodann trifft es auch nicht zu, dass ihm allein wegen seines hohen Vermögens eine Erwerbsabsicht im AHV-beitragsrechtlichen Sinne abgesprochen worden wäre, zu welchem Vorgehen das Gesetz keine Handhabe bieten würde (vgl. dazu SVR 2016 AHV Nr. 14 S. 40, 9C_168/2016 E. 4.1). Vielmehr hat die Vorinstanz - wie dies der Praxis entspricht (BGE 140 V 338 E. 2.2.3; Urteil 9C_699/2018 vom 25. März 2019 E. 3.2 und 5.1) - auf das konkrete Verhältnis zwischen Leistung und Lohn abgestellt, daraus auf eine nicht im Umfang von 51 % bestehende Erwerbsabsicht bzw. Erwerbstätigkeit geschlossen und deshalb nach Art. 28bis Abs. 1 AHVV die Vergleichsrechnung vorgenommen. Sein Vorbringen, die Bilanz- und Erfolgsrechnung per 31. Dezember 2015 zeige, dass die B.________ AG ihm keinen höheren Lohn habe bezahlen können, geht an der Sache vorbei, weil für die Beantwortung der Frage nach der Erwerbsorientierung, wie dargelegt, der Lohn mit der erbrachten Leistung und nicht etwa mit der finanziellen Lage der Arbeitgeberfirma zu vergleichen ist. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang erneut geltend macht, es würden "völlig realitätsfremde Durchschnittswerte" beigezogen, kann auf das in E. 4.3.1 Dargelegte verwiesen werden.  
 
4.3.3. Nicht ersichtlich ist schliesslich, weshalb der Beschwerdeführer Wert auf die Feststellung legt, dass er - entgegen den Behauptungen der Ausgleichskasse in den Schreiben vom 3. Mai und 23. Oktober 2017 - nie auf einer Weltreise gewesen sei. Denn sowohl die Verwaltung als auch die Vorinstanz erachteten für die Frage der Beitragspflicht als massgebend, dass der Beschwerdeführer nicht vollerwerbstätig war, womit der (im Zusammenhang mit einer längeren ferienbedingten Abwesenheit allenfalls in Betracht fallenden) alternativen Voraussetzung einer nicht dauernden (d.h. während weniger als neun Monate ausgeübten [Rz. 2035 WSN]) Erwerbstätigkeit keine Bedeutung zukam (vgl. E. 3 Abs. 1 hiervor).  
 
4.4. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzte, indem sie den Beschwerdeführer als nicht dauernd voll erwerbstätig qualifizierte (Art. 28bis AHVV in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 und 3 AHVG) und ihn gestützt auf Art. 28bis Abs. 1 AHVV verpflichtete, Beiträge wie ein Nichterwerbstätiger zu leisten (unter Anrechnung der Beiträge vom Erwerbseinkommen, Art. 28bis Abs. 2 in Verbindung mit Art. 30 AHVV und Art. 10 Abs. 3 in fine AHVG). Ausführungen zur unbestritten gebliebenen Höhe der im Übrigen erst auf provisorischer Grundlage festgesetzten Akontobeiträge (Art. 29 Abs. 7 in Verbindung mit Art. 24 Abs. 1 AHVV) erübrigen sich.  
 
5.  
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1600.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 9. Juli 2021 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann