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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_917/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 9. Dezember 2016  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi, 
Gerichtsschreiber Briw. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Oskar Müller, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
2. A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Martin Heuberger, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Fahrlässige Körperverletzung; Vertrauensgrundsatz (Art. 26 SVG), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, vom 17. Mai 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Um von einem Parkplatz heraus auf einer Hauptstrasse links einspuren zu können, musste X.________ die rechte Fahrspur und eine daran links anschliessende, parallel geführte Einspurstrecke überqueren. Der Lenker eines Lieferwagens hielt auf der rechten Fahrspur bei stockendem Kolonnenverkehr an und gewährte ihm mit einem Handzeichen den Vortritt, worauf er die rechte Fahrspur überquerte und auf der [bestrittenen] "Einspurstrecke" mit einem herannahenden Motorrad kollidierte, dessen Lenker verletzt wurde. 
 
B.  
Das Bezirksgericht Lenzburg verurteilte X.________ am 12. Januar 2015 (auf Einsprache gegen einen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau vom 6. Dezember 2013) wegen fahrlässiger Körperverletzung (Art. 125 Abs. 1 StGB) zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 120.-- und widerrief einen vom Bezirksgericht Brugg am 30. März 2012 bedingt gewährten Vollzug einer Geldstrafe. 
Das Obergericht des Kantons Aargau bestätigte am 17. Mai 2016 auf Berufung von X.________ den Schuldspruch und betragsmässig die Geldstrafe, gewährte aber dafür den bedingten Strafvollzug, und bestätigte ebenfalls den Widerruf. 
 
C.  
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das obergerichtliche Urteil aufzuheben, ihn von Schuld und Strafe freizusprechen, die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens auf die Staatskasse zu nehmen, ihm eine angemessene Parteientschädigung zulasten des Kantons auszurichten und die Vorinstanz anzuweisen, die Kosten und Parteientschädigung des kantonalen Verfahrens neu zu verlegen. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Beschwerdeführer hält fest, es sei zu berücksichtigen, dass ohne aufschiebende Wirkung die im vorinstanzlichen Verfahren verfügten Kosten und Entschädigungen sofort fällig wären. Er belegt nicht, dass Vollzugsmassnahmen angeordnet wurden oder unmittelbar bevorstünden, und begründet keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 103 BGG (vgl. Urteil 6B_719/2016 vom 13. Okober 2016 E. 2 mit Hinweisen). Auf das Gesuch ist nicht einzutreten. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer macht geltend, das Urteil verletze infolge einer falschen Würdigung der Gegebenheiten den Vertrauensgrundsatz. 
 
2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Einspurstrecke beginne erst nach der Kollisionsstelle (Beschwerde S. 6). Die Sicherheitslinie verbiete, links an der Fahrzeugkolonne vorbeizufahren (S. 7). Nach der Vorinstanz stehe der "Vorwegweiser" ungefähr 20 m von der Einfahrt des Parkplatzes entfernt (S. 8). Die Zeugin sei auf der Höhe des Vorwegweisers gestanden, als sie plötzlich ein Motorrad habe vorbeifahren hören. Damit sei erstellt, dass der Beschwerdegegner vor Beginn der Einspurstrecke verboten überholt habe (S. 9).  
Die Vorinstanz hätte in dubio pro reo auf seine (des Beschwerdeführers) Darstellung abstellen müssen, dass der Beschwerdegegner geradeaus fahren wollte (S. 11). Die Annahme einer angepassten Geschwindigkeit sei nicht haltbar. In diesem Fall hätte er ihn von mehr als 20 m wahrnehmen können und müssen, da er einen besseren Blickwinkel auf die sehr grosse Lücke in der stehenden Kolonne hatte, und hätte eine Kollision verhindern können. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Zeugin nach dem Unfall angegeben habe, das Motorrad sei zügig links vorbeigefahren, und vor Gericht nur mehr oder weniger neutrale und keine präzisen Angaben machen konnte. 
Im Ergebnis sei davon auszugehen, dass er sich in erlaubter Weise mit der vorgegebenen Vorsicht in den Verkehr einfügte und nicht damit rechnen musste (Art. 26 SVG), dass ein Motorradfahrer verbotenerweise links an der stehenden Kolonne (Art. 47 Abs. 2 SVG) vorbeifahren werde (S. 12). 
 
2.2. Der Beschwerdeführer beruft sich auf ein bundesgerichtliches Urteil: Nach diesem fuhr ein Motorradlenker mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h links an einer Kolonne vorbei, ohne rechtzeitig zu bemerken, dass die vorderen Fahrzeuge der Kolonne stillstanden. Als ein Fahrzeug vor einem ihm den Vortritt gewährenden Personenwagen durchfuhr, kollidierte es mit dem Motorrad. Das Bundesgericht führte aus, wesentlich sei, dass der Motorradlenker gemäss Art. 47 Abs. 2 SVG seinen Platz in der Fahrzeugkolonne beizubehalten habe, wenn der Verkehr angehalten werde. Er habe nicht schon vor dem Beginn der Einspurstrecke die Kolonne verlassen und sich links an ihr vorbeibewegen dürfen. Mit diesem Fehlverhalten habe der Fahrzeuglenker nicht rechnen müssen (Urteil 6S.59/1992 vom 28. September 1992 E. 2 und E. 5).  
 
2.3. Die Vorinstanz führt aus, der Vorwegweiser (Nr. 4.38) mit Fahrstreifenaufteilung in Bahnhof (linker Fahrstreifen) bzw. Zürich/Wohlen und Staufen (rechter Fahrstreifen) stehe ungefähr 20 m von der breiten Einmündung des Parkplatzes entfernt. Auf der Höhe dieses Vorwegweisers habe der Beschwerdegegner links an der Fahrzeugkolonne vorbeifahren dürfen. Dass er die Sicherheitslinie überfahren hätte, werde zu Recht nicht behauptet und sei aufgrund der Breite der Fahrbahn auch nicht anzunehmen. Es sei nicht ersichtlich, dass er nicht links zum Bahnhof habe abbiegen wollen. Unbehelflich sei das Vorbringen, er sei nach der Zeugin ("fuhr das Motorrad plötzlich zügig an mir vorbei") nicht mit angepasster Geschwindigkeit unterwegs gewesen, denn dies widerspreche ihrer Präzisierung, dass er im Normaltempo unterwegs gewesen sei (Urteil S. 8).  
Der Beschwerdeführer sei angesichts der für ihn eingeschränkten Sicht zu besonderer Vorsicht verpflichtet gewesen, da er nicht sicher gewesen sein könne, dass die zu überquerende Fahrbahn vollständig frei war. "Er musste insbesondere bedenken, dass auf der Einspurstrecke im möglicherweise ganz oder teilweise verdeckten, sichttoten Bereich ein Motorfahrzeug oder ein Velo herannahen könnte" (Urteil S. 9). Nichts könne er daraus ableiten, dass der Lenker des Lieferwagens auf seinen Vortritt verzichtet und ihm ein Handzeichen gegeben habe. Der sich in den Verkehr einfügende ortskundige Beschwerdeführer habe damit rechnen müssen, dass ein Verkehrsteilnehmer zulässig am abremsenden oder stillstehenden Lieferwagen [vorbei] auf der Einspurstrecke Richtung Bahnhof fahren würde. Auch wenn er im Schritttempo in den Verkehr eingemündet sei, habe er nicht die sich aufgrund der unübersichtlichen und gefährlichen Verkehrssituation gebietende Vorsicht walten lassen und die Grenzen des erlaubten Risikos überschritten. Ein Mitverschulden des Beschwerdegegners, mit dem schlechthin nicht hätte gerechnet werden müssen und das alle anderen mitverursachenden Faktoren in den Hintergrund gedrängt hätte, sei nicht ersichtlich. Die Kollision wäre vermeidbar gewesen, wenn der Beschwerdeführer sich auf der Höhe des Lieferwagens vergewissert hätte, dass von links kein Fahrzeug auf der Einspurstrecke folge (Urteil S. 9 f.). 
Dieser Sachverhalt lasse sich nicht mit dem Urteil 6B_1020/2010 vom 14. Juni 2011 vergleichen; der Beschwerdegegner sei nicht mit übersetzter Geschwindigkeit gefahren. Der Beschwerdeführer könne sich auch nicht auf das Urteil 6S.59/1992 (oben E. 2.2) berufen; dort habe der Motorradfahrer unberechtigt eine stehende Fahrzeugkolonne links überholt und gegen Art. 47 Abs. 2 SVG verstossen. Anders als in jenem Urteil habe der Beschwerdegegner die Fahrzeugkolonne "nicht vor dem Beginn der Einspurstrecke verlassen und sich links an ihr vorbeibewegt, sondern er benutzte berechtigterweise die Einspurstrecke links der Autokolonne" (Urteil S. 10). 
 
2.4. Der Beschwerdeführer setzt sich mit der vorinstanzlichen Beurteilung seines Fahrverhaltens nicht auseinander (Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 97 Abs. 1 und 106 Abs. 2 BGG), sondern behauptet, dass er sich "mit der vorgegebenen Vorsicht in den Verkehr einfügte" (oben E. 2.1).  
Es bestimmt sich nach den einschlägigen bundesrechtlichen Normen, welche Tatsachen rechtlich relevant und entsprechend überhaupt Beweisthema sind (Urteil 4A_252/2016 vom 17. Oktober 2016 E. 2.2). Jene Tatsachen sind relevant, welche die Kollision determinieren. Zur korrekten Beurteilung dieses Sachverhalts nach Massgabe des Vertrauensgrundsatzes ist auch die Beurteilung der Fahrweise des Beschwerdegegners erforderlich (vgl. Urteil 6S.431/2006 vom 12. Dezember 2006 E. 5.2). Zunächst ist das Fahrmanöver des Beschwerdeführers zu beurteilen. 
 
2.5. Wer aus einem Parkplatz auf eine Hauptstrasse fährt, muss den Benützern dieser Strasse den Vortritt gewähren. Ist die Stelle unübersichtlich, so muss der Fahrzeugführer anhalten; wenn nötig, muss er eine Hilfsperson beiziehen, die das Fahrmanöver überwacht (Art. 15 Abs. 3 Verkehrsregelnverordnung [VRV; SR 741.11]). Wer zur Gewährung des Vortritts verpflichtet ist, darf den Vortrittsberechtigten in seiner Fahrt nicht behindern (Art. 14 Abs. 1 VRV).  
Eine gewisse Behinderung des Vortrittsberechtigten kann kaum vermieden werden, wenn die Sicht für einen Wartepflichtigen bei einer Einmündung so beschränkt wird, dass er zwangsläufig mit dem Vorderteil seines Wagens in die vortrittsbelastete Verkehrsfläche gelangt, bevor er von seinem Fahrersitz aus überhaupt Einblick in diese erhält. In solchen Situationen ist ein sehr vorsichtiges Hineintasten zulässig, wenn der Vortrittsberechtigte das ohne Sicht langsam einmündende Fahrzeug rechtzeitig genug sehen kann, um entweder selbst auszuweichen oder den Wartepflichtigen durch ein Signal zu warnen. Dabei darf grundsätzlich darauf vertraut werden, dass vortrittsberechtigte Fahrzeuge abbremsen oder sogar anhalten, wenn das einbiegende Fahrzeug aus genügend grosser Entfernung gesehen werden kann (Urteil 6B_309/2016 vom 10. November 2016 E. 4.1 mit Nachweisen). 
 
2.5.1. Auf den Vertrauensgrundsatz kann sich nur stützen, wer sich selbst verkehrsregelkonform verhalten hat. Wer gegen die Verkehrsregeln verstösst und dadurch eine unklare oder gefährliche Verkehrslage schafft, kann nicht erwarten, dass andere diese Gefahr durch erhöhte Vorsicht ausgleichen (BGE 125 IV 83 E. 2b S. 88).  
Der aus einem Parkfeld in eine Hauptstrasse einbiegende Fahrzeuglenker kann sich auf den Vertrauensgrundsatz nur berufen, wenn er sich ohne Behinderung eines Vortrittsberechtigten in den Verkehr einfügt, sodass ihm auch keine Vortrittsverletzung vorzuwerfen ist, wenn dennoch ein Vortrittsberechtigter in seiner Weiterfahrt behindert wird, weil dieser sich in einer nicht vorhersehbaren Weise verkehrsregelwidrig verhält (Urteil 6S.431/2006 vom 12. Dezember 2006 E. 4.5). Im Interesse der Verkehrssicherheit wird jedoch nicht leichthin anzunehmen sein, der Wartepflichtige habe nicht mit der Vorbeifahrt eines Vortrittsberchtigten bzw. mit dessen Behinderung rechnen müssen (BGE 120 IV 252 E. 2d/aa; 125 IV 83 E. 2c S. 88 [Linksabbiegen]). 
 
2.5.2. Vor dem Abbiegen nach links ist den entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen (Art. 36 Abs. 3 SVG). Die Vortrittsregel wird durch Art. 14 Abs. 1 VRV konkretisiert, wonach der Vortrittsbelastete den Vortrittsberechtigten in seiner Fahrt nicht behindern darf und mit Blick darauf seine Geschwindigkeit frühzeitig zu mässigen und wenn nötig vor Beginn der Verzweigung zu halten hat. Den Vortrittsberechtigten behindert grundsätzlich, wer ihn zu einem Verhalten veranlasst, zu dem er nicht verpflichtet ist und das er nicht will, ihm also die Möglichkeit nimmt, sich im Rahmen seiner Vortrittsberechtigung frei im Verkehr zu bewegen, namentlich wenn der Berechtigte gezwungen wird, seine Fahrtrichtung oder seine Geschwindigkeit brüsk zu ändern (Urteil 6B_1185/2014 vom 24. Februar 2015 E. 2.2). Diese Rechtsprechung gilt grundsätzlich, auch wenn zu berücksichtigen ist, dass das Zusammentreffen von Parkplatzausfahrten mit der Fahrbahn nicht als Verzweigung gilt (Art. 1 Abs. 8 VRV).  
Das Bundesgericht hatte in BGE 122 IV 133 einen Sachverhalt zu beurteilen, in welchem ein Lieferwagen, welcher der Vortrittsbelasteten die Vorfahrt gewähren wollte, dieser gleichzeitig die Sicht versperrte. Der Sorgfaltspflicht lässt sich mit einem langsamen Vortasten Genüge tun. Da die vortrittsbelastete Fahrzeugführerin nicht damit hatte rechnen müssen, dass ein Motorradfahrer mit übersetzter Geschwindigkeit und in Verletzung von Art. 47 Abs. 2 SVG die stehende Kolonne überholen würde, verletzte es nicht Bundesrecht, sie nicht gemäss Art. 125 StGB schuldig zu sprechen. 
Dabei ist zu beachten, dass dieses "sehr vorsichtige Hineintasten" (oben E. 2.5) in die vortrittsbelastete Verkehrsfläche nur zulässig ist, wenn ein Vortrittsberechtigter das ohne Sicht langsam einmündende Fahrzeug rechtzeitig genug sehen kann, um entweder selbst auszuweichen oder den Wartepflichtigen durch ein Signal zu warnen. In solchen Ausnahmesituationen trifft den Wartepflichtigen kein Vorwurf, wenn er sich entsprechend verhält und nötigenfalls augenblicklich anhalten kann (BGE 105 IV 339 E. 3). 
Hier liegt keine derartige Ausnahmesituation vor. Der Beschwerdeführer tastete sich nicht "sehr vorsichtig" in die vortrittsbelastete Verkehrsfläche. Er fuhr ohne Sicht hinein. Die Vorsichtspflicht (Art. 31 Abs. 1 SVG) hätte es erfordert, die ganze Strassenbreite im Blick zu erfassen und nicht allein das, was sich unmittelbar vor ihm auf seiner Fahrbahnhälfte ereignete (vgl. BGE 116 IV 230 E. 2), nämlich lediglich die Vortrittsgewährung durch den Lenker des Lieferwagens. 
 
2.5.3. Der Führer, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen will, darf andere Strassenbenützer nicht behindern; diese haben den Vortritt (Art. 36 Abs. 4 SVG sowie Art. 15 Abs. 3 VRV zur Ausfahrt aus Parkplätzen [oben E. 2.5]). Die Erheblichkeit einer Behinderung kann nicht davon abhängen, ob der Vortrittsberechtigte diese erwartet und sich darauf einstellt, dass sie sich verwirklichen könnte. Denn er darf grundsätzlich davon ausgehen, dass sein Recht beachtet werde, und muss das zur Abwendung der Gefahr Zumutbare erst vorkehren, wenn konkrete Anhaltspunkte erkennen lassen, dass der andere Verkehrsteilnehmer sich nicht richtig verhalten werde (BGE 114 IV 146 S. 148; Urteil 6B_453/2012 vom 19. Februar 2013 E. 2.2.2).  
Der Beschwerdeführer hatte keinen Sichtkontakt, weder zum Beschwerdegegner noch auf die Einspurstrecke (oben E. 2.3), und fügte sich auch nicht vorsichtig, "langsam", in den Verkehr ein (vgl. Urteil 6B_1020/2010 vom 14. Juni 2011 E. 4.2), sondern war auf das Handzeichen hin schlicht in die Verkehrsfläche hineingefahren, ohne das Vortrittsrecht des Beschwerdegegners, der sein Fahrmanöver nicht wahrnehmen konnte (vgl. unten E. 2.6.1), zu beachten. 
 
2.5.4. Im Rapport der Kantonspolizei Aargau vom 25. November 2012 wird die Aussage festgehalten: "Der Lenker des Lieferwagens hat Schuld. Ohne sein Handzeichen wäre ich nicht losgefahren" (S. 6; kantonale Akten, act. 15). Es liesse sich nicht mit Erfolg argumentieren, das Handzeichen unterbreche den Kausalzusammenhang des sorgfaltswidrigen Fahrmanövers. Das Übersehen des Motorrads durch den Lenker des Lieferwagens erwiese sich nicht als derart aussergewöhnlich, dass damit nicht hätte gerechnet werden müssen. Er konnte sich als der zur Sorgfalt Verpflichtete nicht auf ein Handzeichen verlassen und ohne Sicht in eine vortrittsbelastete Verkehrsfläche fahren (vgl. Urteil 6B_1185/2014 vom 24. Februar 2015 E. 2.6).  
Der Beschwerdeführer könnte sich auch nicht ohne weiteres mit einer allfälligen Verkehrsregelverletzung des Beschwerdegegners entlasten. Da keine Verschuldenskompensation gilt (Urteil 6B_335/2015 vom 27. August 2015 E. 1.5), können sich mehrere an einer Kollision beteiligte Fahrzeuglenker gleichzeitig einer Verkehrsregelverletzung schuldig machen (Urteil 6S.431/2006 vom 12. Dezember 2006 E. 5.3). 
 
2.5.5. Somit kann sich der Beschwerdeführer nicht auf Art. 26 SVG berufen. Diese allgemeinste Regel liegt ihrem Sinn nach zwar auch jeder Einzelregel zugrunde; für sich allein ist sie jedoch nur dann anwendbar, wenn das Verhalten eines Verkehrsbenützers von keiner andern Regel erfasst wird (BGE 91 IV 91 E. 1 S. 94; Urteil 6B_965/2014 vom 2. August 2016 E. 6).  
 
2.6. Die Einwendung, der vorinstanzliche Entscheid basiere auf einer unvollständigen und überdies willkürlichen Würdigung der tatsächlichen Gegebenheiten und führe infolge dessen zu einer Verletzung des aus Art. 26 SVG folgenden Vertrauensgrundsatzes in Verbindung mit Art. 47 Abs. 2 SVG, erweist sich als nicht stichhaltig.  
 
2.6.1. Wie sich aus der polizeilichen Abbildung zum Unfallhergang (act. 14) ablesen lässt, befindet sich der Vorwegweiser (act. 21) rund 20 m vor dem Kollisionspunkt (ebenso Urteil S. 8; der Beschwerdeführer behauptet eine Distanz von 18 m). Er bringt ebenfalls gestützt auf act. 14 vor, der Vorwegweiser stehe ca. 5,5 m vor Beginn der Sicherheitslinie (Beschwerde S. 8). Diese Angabe erscheint angesichts der Abbildung in act. 14 zuzutreffen. Die Vorinstanz führt insoweit wohl versehentlich oder zumindest nicht präzise aus, es sei zu beachten, "dass die Sicherheitslinie erst auf Höhe des Vorwegweisers und damit bei der Einspurstrecke beginnt" (Urteil S. 8). Da dieses allfällige Versehen für den Ausgang des Verfahrens nicht entscheidend ist (Art. 97 Abs. 1 BGG), ist darauf nicht weiter einzugehen.  
Die Sicherheitslinie endet an der Fluchtlinie, die vom linken Rand der Parkplatzausfahrt zur Fahrbahnmitte gezogen werden kann. An dieser Stelle befand sich der Kollisionspunkt. Auf der Höhe der Kollisionsstelle beträgt die Spurbreite 5,35 m (act. 16). Aus den Fotos der Unfallendlage (act. 22) ist ersichtlich, dass der Beschwerdegegner ohne weiteres und ohne Behinderung am Lieferwagen vorbeifahren konnte. Wie sich aus den Fotos (act. 22) weiter schliessen lässt, verdeckte der Lieferwagen die Sicht auf das hereinquerende Fahrzeug des Beschwerdeführers. Dieser macht nicht geltend, den Beschwerdegegner gesehen zu haben. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die zur Annahme berechtigen würden, der eine hätte den anderen vor der Kollision wahrgenommen. 
 
2.6.2. Die Vorinstanz führt aus, entscheidend sei, an welcher Stelle die Einspurstrecke beginne; sie beginne nicht erst bei der sichtbaren Trennung der Fahrspur in zwei Fahrstreifen mittels Leitlinien, sondern bereits auf der Höhe des Vorwegweisers (Urteil S. 7).  
Vorwegweiser (Art. 52 Abs. 1 Signalisationsverordnung; SSV, SR 741.21) stehen "innerorts 20-100 m vor der Verzweigung, spätestens aber beim Beginn der Einspurstrecke" (Art. 52 Abs. 2 SSV). "Vorwegweiser mit Fahrstreifenaufteilung auf Hauptstrassen (4.38) können beim Beginn einer Einspurstrecke verwendet werden" (Art. 52 Abs. 5 SSV). Angesichts des Wortlauts dieser Bestimmungen bedarf der tatsächliche örtliche Beginn der Einspurstrecke einer gerichtlichen Entscheidung. Das Bundesgericht übt Zurückhaltung bei der Würdigung örtlicher oder technischer Verhältnisse, worüber die lokalen Behörden in der Regel bessere Kenntnisse haben, insbesondere wenn die entscheidenden Fragen der Rechtsanwendung mit der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung verflochten sind (Urteil 1C_4/2014 vom 2. Mai 2014 E. 4.1). Da die in casu verwendeten Vorwegweiser "spätestens aber beim Beginn der Einspurstrecke" stehen, lässt sich die vorinstanzliche Entscheidung zum Beginn der Einspurstrecke ("auf der Höhe des Vorwegweisers") bei der örtlichen Verkehrsführung nicht als schlechterdings unhaltbar und damit als willkürlich qualifizieren. 
 
2.6.3. Eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung zur Wahrnehmung und Geschwindigkeit des Beschwerdegegners bzw. Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo bezüglich des behaupteten Geradeausfahrens anstelle des Einspurens zum Bahnhof (oben E. 2.1), belegt der Beschwerdeführer nicht aktengestützt und lässt sich nicht bejahen.  
 
2.7. Im Ergebnis ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner berechtigt auf einer Einspurstrecke fuhr und das hereinquerende Fahrzeug des Beschwerdeführers nicht wahrnehmen konnte, bevor er mit diesem kollidierte. Damit ist der entlastenden Argumentation des Beschwerdeführers die Grundlage entzogen. Der Beschwerdeführer kann sich angesichts seines gefährlichen Fahrmanövers mit erheblichen Vorsichtspflichtverletzungen nicht unter Berufung auf den Vertrauensgrundsatz in einer Weise entlasten, die im Sinne einer Unterbrechung des adäquaten Kausalzusammenhangs zur Aufhebung des Urteils führen müsste.  
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. Dezember 2016 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Briw