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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_740/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 10. Januar 2014  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichter Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Zähndler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Plüss, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau, Rechtsdienst, Bahnhofplatz 3C, 5001 Aarau.  
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 14. Juni 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
 X.________ (geb. 1982) stammt aus Serbien. Er gelangte 1988 als gut Sechsjähriger im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz und ist heute im Besitze einer Niederlassungsbewilligung. In den Jahren 2001 bis 2004 beging er diverse Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsrecht, darunter Fahren in angetrunkenem Zustand, worauf er fremdenpolizeilich verwarnt wurde. Im Jahr 2007 kam es zu einer weiteren Verurteilung wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand. Schliesslich verurteilte das Bezirksgericht Brugg X.________ am 23. Juni 2010 wegen mehrfacher, teilweise qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie wegen verschiedenen Strassenverkehrsdelikten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, wobei ihm für einen Anteil von zwei Jahren der bedingte Strafvollzug gewährt wurde, dies mit einer Probezeit von zwei Jahren. 
 
B.  
 
 Am 22. August 2011 widerrief das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau die Niederlassungsbewilligung von X.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Eine Einsprache gegen diesen Entscheid blieb erfolglos. Mit Urteil vom 14. Juni 2013 wies auch das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau eine Beschwerde von X.________ ab. 
 
C.  
 
 Am 26. August 2013 führt X.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen diesen Entscheid und beantragt, auf den Widerruf der Niederlassungsbewilligung und die Anordnung der Wegweisung sei zu verzichten. Er macht geltend, er habe seine Drogen- und Alkoholsucht überwunden. Seine Lebenspartnerin sei schwanger und das gemeinsame Kind werde voraussichtlich im Januar 2014 geboren werden. Er könne weder in Serbien noch im Kosovo (dem Heimatland seiner Partnerin) eine Zukunft für seine Familie aufbauen. 
Das Amt für Migration und Integration sowie das Bundesamt für Migration beantragen die Abweisung der Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid betreffend den Widerruf einer Niederlassungsbewilligung ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c [e contrario], Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG; BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Der Beschwerdeführer ist durch den vorinstanzlichen Entscheid ausserdem besonders berührt (Art. 89 Abs. 1 BGG) und damit zur Anfechtung beim Bundesgericht befugt. Auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist einzutreten (vgl. Urteil 2C_828/2011 vom 12. Oktober 2012 E. 1, nicht publ. in BGE 139 I 16).  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), soweit diese nicht offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich sind (vgl. BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62; 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252; 133 III 393 E. 7.1 S. 398) oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen. Zudem ist vom Beschwerdeführer aufzuzeigen, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).  
Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen ausserdem nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; dazu BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123 mit Hinweisen; BGE 133 IV 342 E. 2.1 S. 343 f.). 
 
2.  
 
 Der Beschwerdeführer erwähnt in seiner Beschwerde verschiedene Umstände, die sich den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen nicht entnehmen lassen und sich seines Erachtens zu seinen Gunsten auswirken müssten. Teils haben sich diese Gegebenheiten erst nach dem Zeitpunkt des angefochtenen Urteils ereignet, teils wurden sie vor der Vorinstanz nicht geltend gemacht. Dies trifft für die derzeitige berufliche Situation des Beschwerdeführers zu (neu gegründetes Einzelunternehmen, guter Geschäftsgang), aber auch für die bevorstehende Geburt eines Kindes und die geplante Verheiratung. Diese Umstände müssen im vorliegenden Verfahren unbeachtet bleiben: Soweit es sich nicht um vor Bundesgericht unzulässige, echte Noven handelt (Art. 99 Abs. 1 BGG), beruhen sie nicht auf einer offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG); dies wird in der Beschwerdeschrift nicht einmal behauptet. 
 
3.  
 
3.1. Nach Art. 63 Abs. 1 lit. a (in Verbindung mit Art. 62 lit. b) und Art. 63 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20) kann die Niederlassungsbewilligung auch nach einem - wie hier - länger als 15 Jahre dauernden ununterbrochenen und ordnungsgemässen Aufenthalt in der Schweiz widerrufen werden, wenn der Ausländer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Als längerfristig gilt nach der gefestigten Rechtsprechung eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr (BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 379 ff.). Diese Grenze gilt auch dann als erreicht, wenn die Freiheitsstrafe bloss bedingt oder teilbedingt ausgesprochen wurde (BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 18 f.; Urteil 2C_515/2009 vom 27. Januar 2010 E. 2.1).  
 
3.2. Wenn ein Ausländer durch sein Verhalten einen Widerrufsgrund gesetzt hat, bleibt zu prüfen, ob diese Massnahme auch als verhältnismässig erscheint. Dabei sind namentlich die Schwere des Verschuldens, der Grad der Integration sowie die dem Betroffenen drohenden Nachteile zu berücksichtigen (BGE 135 II 377 E. 4.3 ff. S. 381 ff.; vgl. auch Art. 96 Abs. 1 AuG). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu dieser gesetzlichen Regelung sind umso strengere Anforderungen an eine fremdenpolizeiliche Massnahme zu stellen, je länger ein Ausländer in der Schweiz anwesend war. Die Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, der sich schon seit langer Zeit hier aufhält, soll nur mit besonderer Zurückhaltung widerrufen werden; allerdings ist dies bei wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn er hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben im Land verbracht hat (vgl. BGE 139 I 16 E. 2.2 S. 19 ff.; Urteil 2C_562/2011 vom 21. November 2011 E. 3.3).  
Die Notwendigkeit einer Verhältnismässigkeitsprüfung ergibt sich auch aus Art. 8 Ziff. 2 EMRK: Danach ist ein Eingriff in das von Art. 8 Ziff. 1 EMRK geschützte Privat- und Familienleben nur dann statthaft, wenn er gesetzlich vorgesehen ist und eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung oder zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und Moral sowie der Rechte und Freiheiten anderer notwendig erscheint. Bei der Interessenabwägung im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK sind die Schwere des begangenen Delikts, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während dieser Periode, die Auswirkungen auf die primär betroffene Person sowie deren familiäre Situation zu berücksichtigen (BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381). 
 
4.  
 
 Die Vorinstanz hat zu Recht festgestellt, dass der Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG vorliegt. Der Widerrufsgrund gilt auch, wenn sich die ausländische Person seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss im Land aufgehalten hat (Art. 63 Abs. 2 AuG; vgl. E. 3.1 hiervor). Diesen Umstand bestreitet der Beschwerdeführer nicht. 
 
4.1. Das Verwaltungsgericht hat erwogen, aufgrund der ausgefällten Freiheitsstrafe sei von einem sehr grossen öffentlichen Interesse am Widerruf der Niederlassungsbewilligung auszugehen. Die Praxis bei Drogendelikten sei streng und es müsse zu Ungunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt werden, dass dieser bereits - fruchtlos - fremdenpolizeilich verwarnt worden sei. Da er bereits seit 23 Jahren hier lebe, habe er gewiss ein grosses privates Interesse, in der Schweiz bleiben zu können, auch wenn er ledig sei und keine Kinder habe. Allerdings müsste er kein stabiles Arbeitsumfeld aufgeben: seine Anstellung im Unternehmen seines Bruders habe er verloren und erst kürzlich eine neue Anstellung gefunden. Obwohl der Beschwerdeführer bereits seit früher Kindheit in der Schweiz lebe, sei eine Rückkehr nach Serbien, so die Vorinstanz, "nicht unmöglich", zumal ihm die dortigen Gepflogenheiten sowie die Sprache geläufig seien. Angesichts seiner langen Anwesenheit in der Schweiz stelle die Wegweisung zwar einen Eingriff in das Recht auf Privatleben nach Art. 8 EMRK dar, doch sei dieser durch ein überwiegendendes öffentliches Interesse gerechtfertigt, zumal von einer ernsthaften Heiratsabsicht keine Rede sein könne.  
 
4.2. Abgesehen von den unzulässigen, neuen sachverhaltlichen Vorbringen (E. 2 hiervor) setzt sich der Beschwerdeführer mit den Argumenten der Vorinstanz kaum auseinander. Er bringt einzig vor, er habe seine Drogen- und Alkoholsucht inzwischen überwunden und sei heute ein besserer Mensch und eine andere Persönlichkeit als früher, weshalb nicht von einem erhöhten öffentlichen Interesse am Widerruf der Niederlassungsbewilligung auszugehen sei. Dieser Einwand ist unbehelflich: Gewiss ist eine positive Persönlichkeitsentwicklung, verbunden mit einem deliktsfreien Verhalten während einer gewissen Zeitspanne, zugunsten des von einer Wegweisung bedrohten Ausländers zu würdigen. Vorliegend verhält es sich allerdings so, dass das Strafurteil gegen den Beschwerdeführer im Juni 2010, also bloss drei Jahre vor dem vorinstanzlichen Entscheid ergangen ist; davon hat er gut 10 Monate im Strafvollzug verbracht, nämlich vom Oktober 2011 bis September 2012. Zwischen seiner Entlassung und dem angefochtenen Urteil sind bloss 9 Monate verstrichen. Angesicht dieser relativ kurzen Periode hätte der Beschwerdeführer detailliert aufzeigen müssen, weshalb bezüglich einer Rückfallgefahr bereits jetzt von einer unter Wegweisungs-Gesichtspunkten massgeblichen Veränderung zum Guten auszugehen wäre. Da er dies unterlässt, ist es nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz vom Fortbestehen eines erheblichen Fernhalteinteresses ausgegangen ist.  
Der Beschwerdeführer bemängelt noch eine Missachtung seines Rechts auf Privat- und Familienleben (Art. 8 EMRK, Art. 13 BV). Auch in diesem Zusammenhang stützt er sich zur Begründung aber im Wesentlichen auf unzulässige Noven (Schwangerschaft seiner Partnerin, Heiratsabsicht). Weshalb der angefochtene Entscheid aufgrund des Sachverhalts, wie ihn die Vorinstanz verbindlich festgestellt hat, gegen die genannten Bestimmungen verstossen sollte, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. 
 
4.3. Angesichts der Schwere der letzten Verurteilung des Beschwerdeführers und seiner langjährigen und tendenziell schwerer werdenden Straffälligkeit ist mit der Vorinstanz grundsätzlich von einem erheblichen Fernhalteinteresse der Schweiz auszugehen. Wenn sie dieses höher gewichtet hat als die Interessen des Beschwerdeführers, in der Schweiz bleiben zu können, liegt darin keine Verletzung von Bundesrecht, denn dieser bringt keine erheblichen und prozessual zulässigen Gründe vor, die einen Verbleib in der Schweiz notwendig oder eine Rückkehr nach Serbien unmöglich oder unzumutbar erscheinen liessen. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung erweist sich insgesamt als zulässige und verhältnismässige Massnahme. Dies führt zur Abweisung der Beschwerde.  
 
5.  
 
 Dem Verfahrensausgang entsprechend, hat der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen werden nicht geschuldet (vgl. Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. Januar 2014 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Zähndler