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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_559/2017  
 
 
Urteil vom 10. Januar 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
 A.________, 
vertreten durch Advokatin Natalie Matiaska, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 18. Mai 2017 (725 15 258 / 134). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Deutschland, war als Mitarbeiter (Grenzgänger) der B.________ GmbH bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er am 19. August 2008 auf einer Treppe stürzte. Die Suva anerkannte ihre Leistungspflicht für die Folgen dieses Ereignisses und erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Sie sprach dem Versicherten mit Verfügung vom 9. Februar 2015 und Einspracheentscheid vom 21. Juni 2016 eine Integritätsentschädigung für eine Integritätseinbusse von 10 % und für die Zeit ab 1. März 2015 eine Rente bei einem Invaliditätsgrad von 67 % und einem versicherten Verdienst von Fr. 29'776.- zu. 
 
B.   
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 18. Mai 2017 in dem Sinne teilweise gut, als es in Abänderung des Einspracheentscheides den zur Berechnung der Rente massgebenden versicherten Verdienst auf Fr. 42'401.- festsetzte. 
 
C.   
Mit Beschwerde beantragt die Suva, es sei in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides ihr Einspracheentscheid vom 21. Juni 2016 zu bestätigen, eventuell sei die Sache an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit dieses nach Androhung einer reformatio in peius den versicherten Verdienst auf Fr. 23'443.25 herabsetze, subeventuell damit dieses den versicherten Verdienst neu festsetze. 
 
Während das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet, beantragt A.________ deren Abweisung. Gleichzeitig stellt der Beschwerdegegner ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
1.3. Gemäss Art. 99 Abs. 2 BGG sind neue Begehren vor Bundesgericht unzulässig. Soweit in der Beschwerde die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Feststellung eines tieferen als im Einspracheentscheid zugestandenen versicherten Verdienstes beantragt wird, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.  
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht zu Recht den für die Ausrichtung der Rentenleistungen der Unfallversicherung massgebenden versicherten Verdienst von Fr. 29'776.- auf Fr. 42'401.- erhöht hat. 
 
3.  
 
3.1. Die Renten der Unfallversicherung werden nach Art. 15 Abs. 1 UVG nach dem versicherten Verdienst bemessen. Als versicherter Verdienst gilt dabei gemäss Art. 15 Abs. 2 UVG der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn. Der Bundesrat erlässt in Anwendung von Art. 15 Abs. 3 lit. d UVG Bestimmungen über den versicherten Verdienst jener Versicherten, die unregelmässig beschäftigt sind.  
 
3.2. Gemäss Art. 22 Abs. 4 UVV in der hier anwendbaren, bis 31. Dezember 2016 in Kraft stehenden, Fassung gilt als Grundlage für die Bemessung der Renten der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bei einem oder mehreren Arbeitgebern bezogene Lohn, einschliesslich noch nicht ausbezahlter Lohnbestandteile, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Dauerte das Arbeitsverhältnis nicht das ganze Jahr, so wird der in dieser Zeit bezogene Lohn auf ein volles Jahr umgerechnet. Bei einer zum voraus befristeten Beschäftigung bleibt die Umrechnung auf die vorgesehene Dauer beschränkt.  
 
Das Bundesgericht hat in BGE 138 V 106 E. 5 S. 111 ff. festgehalten, ein im voraus befristetes Arbeitsverhältnis könne nicht in jedem Fall mit einer zum voraus befristeten Beschäftigung im Sinne von Art. 22 Abs. 4 Satz 3 UVV gleichgesetzt werden. Vielmehr ist bei der Bestimmung der Dauer, auf die in Anwendung dieser Bestimmung die Umrechnung beschränkt ist, die normale Dauer der Beschäftigung massgeblich. Diese richtet sich nach der bisherigen oder beabsichtigten künftigen Ausgestaltung der Erwerbsarbeitsbiographie. 
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht hat erwogen, der Versicherte gehöre zu jener Kategorie von Werkstätigen, die gewohnheitsmässig nur während eines Teils des Jahres in einem versicherungspflichtigen (schweizerischen) Betrieb arbeiten wollen. Er sei in den Jahren 2002 bis 2007 durchschnittlich während 9 Monaten im Jahr in der Schweiz erwerbstätig gewesen. Somit rechnete es zur Bestimmung des versicherten Verdienstes das bei der letzten Arbeitgeberin erzielte tatsächliche Gehalt auf eine Beschäftigungsdauer von 9 Monaten um und passte den so erzielten Wert in Anwendung von Art. 24 Abs. 2 UVV (Rentenbeginn mehr als fünf Jahre nach dem Unfall) der statistischen Nominallohnentwicklung an. Aus der vorinstanzlichen Berechnung resultierte ein versicherter Jahresverdienst von Fr. 42'401.-.  
 
4.2. Soweit die beschwerdeführende Suva zunächst geltend macht, die Vorinstanz habe den Versicherten zu Unrecht als "regelmässig" Beschäftigten qualifiziert, ist festzuhalten, dass das kantonale Gericht die Anwendbarkeit von Art. 22 Abs. 4 Satz 2 UVV verneint und es damit abgelehnt hat, den versicherten Verdienst durch Umrechnung des bei der letzten Arbeitgeberin erzielten Lohns auf ein Jahresgehalt zu bestimmen. Vielmehr qualifizierte es den Versicherten als befristet Beschäftigten im Sinne von Art. 22 Abs. 4 Satz 3 UVV (in Verbindung mit BGE 138 V 106 E. 5 S. 111 ff.). Die Suva bringt nichts vor, was diese Qualifikation als ungerechtfertigt erscheinen lassen würde. Somit ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz den versicherten Verdienst durch Umrechnung des bei der letzten Arbeitgeberin erzielten Lohnes auf die normale Beschäftigungsdauer im Sinne von BGE 138 V 106 E. 5 S. 111 ff. ermittelt hat.  
 
4.3. Aus der Erwerbsarbeitsbiographie des Versicherten schloss die Vorinstanz weiter, er sei in den Jahren 2002 bis 2007 durchschnittlich während neun Monaten pro Jahr bei einem schweizerischen Arbeitgeber beschäftigt gewesen, weshalb die normale Beschäftigungsdauer im Sinne von BGE 138 V 106 E. 5 S. 111 ff. auf neun Monate festzusetzen sei. Was die Beschwerdeführerin gegen diese Erwägung vorbringt, vermag nicht zu überzeugen. Es mag zwar zutreffen, dass der Versicherte in den Jahren 2002 bis 2007 im Durchschnitt lediglich 45,48 % des medianen Jahreslohnes (gemäss der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung [LSE]) eines ungelernten Arbeitnehmers im Baugewerbe erzielt hat. Daraus kann allerdings nicht der Schluss gezogen werden, er habe durchschnittlich lediglich 5,458 Monate (mithin 45,48 % von 12 Monaten) im Jahr tatsächlich gearbeitet. Die von der Suva präsentierte Rechnung würde nur dann zu einem aussagekräftigen Resultat führen, wenn nachgewiesen wäre, dass der Versicherte in diesen Jahren einen Stundenlohn in der Höhe des medianen Stundenlohns seiner Branche erzielt hätte; solches ist vorliegend weder anzunehmen noch erstellt.  
 
4.4. Es trifft im Weiteren ebenfalls zu, dass durch Umrechnung des bei bei der letzten Arbeitgeberin erzielten Gehalts auf eine normale Beschäftigungsdauer ein Verdienst resultiert, der wesentlich höher als die in den Jahren 2002 bis 2007 erzielten Jahresgehälter liegt. Dies wäre jedoch höchstens dann systemwidrig und als allfälliges Indiz auf eine fehlerhafte Bestimmung der normalen Beschäftigungsdauer zu werten, wenn sich ergäbe, dass der Stundenlohn bei der letzten Arbeitgeberin in etwa gleich hoch war wie bei den vorherigen Arbeitgebern. Solches wird indessen von der Suva nicht dargetan, so dass sich Weiterungen hiezu erübrigen.  
 
4.5. Was schliesslich die konkrete Durchführung der Berechnung betrifft, so ist diese jedenfalls nicht zu Ungunsten der Suva fehlerhaft: Bei einer Umrechnung des Stundengehalts des Versicherten auf ein Jahresgehalt nach der Formel "Jahresverdienst = Stundenlohn x Wochenarbeitszeit x 52 (vgl. für die analoge Fragestellung bei der Taggeld-Berechnung lit. b des Anhangs 2 zur UVV) " würde ein höherer als der von der Vorinstanz zugesprochene versicherte Verdienst resultieren. Somit ist der vom kantonalen Gericht auf Fr. 42'401.- festgesetzte versicherte Verdienst nicht zu beanstanden; die Beschwerde der Suva ist abzuweisen.  
 
5.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Als unterliegende Partei hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin hat dem Versicherten überdies eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Damit wird sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat die Rechtsvertreterin des Beschwerdegegners für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 10. Januar 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold