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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_219/2008 /fun 
 
Urteil vom 10. Juni 2008 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz, 
Gerichtsschreiber Thönen. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Werner Greiner, 
 
gegen 
 
Bundesamt für Migration, Quellenweg 6, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 4. April 2008 
des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der aus der Türkei stammende, 1956 geborene X.________ gelangte Ende Dezember 1993 in die Schweiz. Sein Asylgesuch wurde vom damaligen Bundesamt für Flüchtlinge und danach von der Asylrekurskommission abgewiesen, und er wurde zur Ausreise aus der Schweiz bis zum 15. April 1995 verpflichtet. 
 
Am 26. Mai 1995 heiratete er eine Schweizer Bürgerin und erhielt in der Folge eine Aufenthaltsbewilligung im Kanton Zürich. Auf sein Gesuch um erleichterte Einbürgerung gemäss Art. 27 Bürgerrechtsgesetz (BüG, SR 141.0) hin wurde ihm am 12. April 2000 das Schweizer Bürgerrecht verliehen. 
 
Nachdem die Ehe mit der Schweizerin am 28. September 2000 in der Türkei geschieden wurde, verheiratete X.________ sich am 18. Dezember 2000, ebenfalls in der Türkei, mit seiner früheren türkischen Ehefrau. Er hat mit ihr aus erster Ehe einen gemeinsamen Sohn (geb. 1988). 
 
B. 
Mit Schreiben vom 22. August 2003 teilte das Bundesamt für Migration X.________ mit, es erwäge, die erleichterte Einbürgerung nichtig zu erklären. Im Verfahren konnte er Stellung nehmen, es wurde seine frühere Schweizer Ehefrau einvernommen und die Zustimmung des Heimatkantons zur Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung eingeholt. Mit Verfügung vom 16. Februar 2005 erklärte das Bundesamt für Migration die erleichterte Einbürgerung für nichtig. 
 
C. 
X.________ focht diese Verfügung an. Mit Urteil vom 4. April 2008 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab. 
 
D. 
X.________ führt mit Eingabe vom 9. Mai 2008 Beschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben, und ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
Das Bundesamt für Migration beantragt in der Vernehmlassung Beschwerdeabweisung. Das Bundesverwaltungsgericht hat auf eine Stellungnahme verzichtet. 
Mit Präsidialverfügung vom 26. Mai 2008 hat das Bundesgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Gemäss Art. 109 des Bundesgerichtsgesetzes (BGG, SR 173.110) entscheiden die Abteilungen des Bundesgerichts in Dreierbesetzung bei Einstimmigkeit über die Abweisung offensichtlich unbegründeter Beschwerden (Abs. 2 lit. a). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3). 
 
2. 
Von entscheidender Bedeutung ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die Frage, ob die Ehe während des gesamten Gesuchsverfahrens tatsächlich gelebt wurde, und falls ja, ob bei den Ehepartnern beidseits der ungebrochene Wille bestand, diese Ehe auf unbestimmte Zeit fortzuführen. Die Heirat mit der Schweizerin vom 26. Mai 1995 sei unmittelbar auf die letztinstanzliche Abweisung des Asylgesuchs vom 8. März 1995 und die Aufforderung, die Schweiz zu verlassen, erfolgt und habe bewirkt, dass dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe sein Gesuch um erleichterte Einbürgerung vom 14. Januar 1999 wenige Tage nach Ablauf der fünfjährigen Wohnsitzdauer in der Schweiz gestellt und am 24. März 2000 zusammen mit seiner Ehefrau die Erklärung abgegeben, wonach sie in einer intakten ehelichen Gemeinschaft leben würden. Am 28. September 2000, rund fünfeinhalb Monate nach der erleichterten Einbürgerung vom 12. April 2000, sei die Ehe in der Türkei geschieden worden. Am 18. Dezember 2000, zweieinhalb Monate nach der Scheidung, habe sich der Beschwerdeführer mit seiner ersten, türkischen Ehefrau wieder verheiratet, mit der er einen gemeinsamen Sohn habe. Aus dem Scheidungsurteil gehe hervor, dass die Schweizer Ehefrau des Beschwerdeführers, die als Klägerin auftrat, die Ehe seit längerer Zeit mit Unstimmigkeiten belastet sah und als unheilbar zerrüttet bezeichnete. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe der Klage ausdrücklich zugestimmt, die Ehe sei unheilbar zerrüttet, weshalb auch der Beschwerdeführer die Scheidung beantrage. Aufgrund dieser Eckdaten kam das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass der Beschwerdeführer mit seiner damaligen Schweizer Gattin bereits während des Gesuchsverfahrens nicht mehr in einer stabilen Gemeinschaft lebte. Den Einwänden des Beschwerdeführers, wonach die Beziehung aus seiner Sicht bis im Sommer 2000 intakt gewesen sei, hielt das Gericht entgegen, dass der Beschwerdeführer nach Aussagen seiner damaligen Ehefrau 1998 oder 1999 aus beruflichen Gründen auswärts ein Zimmer gemietet habe, dass sie sich praktisch nie gesehen und nur ab und zu telefoniert hätten, dass es kulturelle Schwierigkeiten gegeben und Gemeinsamkeiten gefehlt hätten. Daher sei der Schluss des Bundesamts für Migration rechtmässig, wonach der Beschwerdeführer schon damals keine eheliche Gemeinschaft im Sinne des Bürgerrechtsgesetzes geführt und dies im Einbürgerungsverfahren verheimlicht habe. 
 
3. 
Vor Bundesgericht kritisiert der Beschwerdeführer die Aussagen seiner früheren Ehefrau und deren gerichtliche Würdigung. Da die Frau Ehebruch begangen habe, habe sie die Gründe dafür beschönigend zu ihren Gunsten dargestellt. Sie habe gegenüber dem Beschwerdeführer bis Mitte 2000 nicht geltend gemacht, dass sie sich in der Ehe unwohl gefühlt habe. Seine Zustimmung zur Scheidungsklage sei aufgrund des Ehebruchs psychologisch verständlich. Nachvollziehbar sei auch die erneute Heirat mit seiner früheren (und heutigen) türkischen Ehefrau, denn er habe im Sommer 2000, nachdem er vom Ehebruch seiner damaligen Schweizer Gattin und ihrem Scheidungswunsch erfahren habe, die Ferien in der Türkei verbracht und sich seiner früheren Gattin wieder angenähert. 
 
4. 
Nach dem Bürgerrechtsgesetz setzt die erleichterte Einbürgerung namentlich voraus, dass der ausländische Bewerber insgesamt fünf Jahre in der Schweiz gewohnt hat, seit einem Jahr hier wohnt und seit drei Jahren in ehelicher Gemeinschaft mit einer Schweizer Bürgerin lebt (Art. 27 Abs. 1 BüG). 
 
Gemäss Art. 41 Abs. 1 BüG kann die erleichterte Einbürgerung vom Bundesamt mit Zustimmung der Behörde des Heimatkantons innert fünf Jahren nichtig erklärt werden, wenn sie durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen worden ist. 
 
Das Bundesverwaltungsgericht hat im angefochtenen Urteil den Fall des Beschwerdeführers einlässlich geprüft. Es hat sorgfältig begründet, weshalb die Nichtigerklärung der Einbürgerung rechtmässig ist. Die Wiedergabe der Rechtslage wie auch die Rechtsanwendung durch das Bundesverwaltungsgericht ist nicht zu beanstanden. Das Gericht ist aufgrund einer Mehrzahl von Hinweisen zulässigerweise zum Schluss gekommen, der Wille zu einer stabilen, auf Zukunft gerichteten ehelichen Gemeinschaft sei bereits im Zeitpunkt des Einbürgerungsverfahrens nicht intakt gewesen. Zum Beleg dafür wurden nicht nur die Aussagen der damaligen Ehefrau angeführt, sondern namentlich auch die Korrelation der Abweisung des Asylgesuchs mit der Heirat einer Schweizerin, der Zeitpunkt des Einbürgerungsbegehrens kurz nach Ablauf des Mindestaufenthalts in der Schweiz, die bald nach der Einbürgerung erfolgte Ehescheidung, die Begründung des Scheidungsurteils sowie die rasche Wiedervermählung mit der früheren türkischen Ehefrau und Mutter des gemeinsamen Sohnes. Die Kritik des Beschwerdeführers an den Aussagen der geschiedenen Schweizer Ehefrau und seine Erklärung betreffend die Wiederannäherung an seine erste, türkische Ehefrau vermögen das Gesamtbild nicht in Frage zu stellen. Der angefochtene Entscheid ist demnach zu bestätigen. 
 
5. 
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist abzuweisen, da die Beschwerde aussichtslos ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Demnach hat der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Migration und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 10. Juni 2008 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Féraud Thönen