Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess {T 7} 
U 449/05 
 
Urteil vom 10. Juli 2006 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Seiler; Gerichtsschreiber Fessler 
 
Parteien 
M.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Marcus Andreas Sartorius, Bälliz 32, 3600 Thun, 
 
gegen 
 
Basler Versicherungs-Gesellschaft, Aeschengraben 21, 4051 Basel, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Oskar Müller, Wengistrasse 7, 8004 Zürich, 
 
betreffend H.________, 1934 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
(Entscheid vom 13. Oktober 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1934 geborene H.________ war bei der Basler Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Basler) obligatorisch unfallversichert, als er sich am 28. Oktober 1995 beim Sturz von einem Dach schwere Kopfverletzungen zuzog. Am 16. April 1996 trat H.________ ins Krankenheim G.________ (heute: Pflegeheim X.________) ein. Auf ein entsprechendes Gesuch des Krankenheims erklärte sich die Basler mit Schreiben vom 28. Mai 1996 bereit, die Heimkosten in der Höhe der Selbstkosten für die Pflegestufe schwer von aktuell Fr. 242.20 zu übernehmen «und zwar so lange wie Herr H.________ bei Ihnen weilt». 
 
Mit Verfügung vom 13. Mai 2003 stellte die Basler fest, H.________ habe seit 1. Februar 1997 Anspruch auf die maximale Hilflosenentschädigung, nicht aber auf die Übernahme der Kosten für den Aufenthalt im Pflegeheim X.________. Sie verrechne die erbrachten mit den geschuldeten Leistungen bis zum 30. Juni 2003. Auf die Rückforderung von Leistungen werde verzichtet. Mit Einspracheentscheid vom 10. August 2004 sprach die Basler H.________ ab 1. Juli 2003 Pflegekostenbeiträge von derzeit Fr. 3623.- im Monat zu. Die uneingeschränkte Übernahme der Pflegekosten auf Grund der ursprünglich erteilten Zusage vom 28. Mai 1996 lehnte sie ab. 
B. 
Die Beschwerde der Ehefrau M.________ des Versicherten wies die Sozialversicherungsrechtliche Abteilung des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern mit Entscheid vom 13. Oktober 2005 ab. 
C. 
M.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben und es seien ab 1. Juli 2003 weiterhin unbefristet sämtliche anfallenden Pflegekosten ihres Ehemannes im Pflegeheim X.________, zu bezahlen. 
 
Die Basler beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Es kann offen bleiben, ob die Ehefrau des Versicherten, um dessen Anspruch auf Pflegeleistungen der obligatorischen Unfallversicherung es hier geht, zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde in eigenem Namen berechtigt ist oder ob sie lediglich als Vertreterin ihres Ehemannes zu betrachten ist. 
2. 
In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass die Basler bis Ende Juni 2003 für die gesamten vom Krankenheim G.________ resp. vom Pflegeheim X.________ in Rechnung gestellten Pflegekosten des Versicherten aufgekommen ist. Seit 1. Juli 2003 leistet der Unfallversicherer lediglich noch Pflegekostenbeiträge (in der im Einspracheentscheid vom 10. August 2004 festgelegten Höhe von derzeit Fr. 3623.- im Monat). Dass gesetzlich nicht mehr geschuldet ist, steht nach den zutreffenden und insoweit unbestrittenen Erwägungen des kantonalen Gerichts ausser Frage. Ob es für diese Leistungsherabsetzung des Rückkommenstitels der Wiederwägung bedarf, wie die Vorinstanz annimmt, ist fraglich. Die Basler hat in der Verfügung vom 13. Mai 2003 ausdrücklich auf eine Rückforderung der unter Berücksichtigung der rückwirkend ab 1. Februar 1997 zugesprochenen Hilflosenentschädigung zu viel ausgerichteten Pflegeleistungen verzichtet (vgl. BGE 130 V 380). Dieser Punkt kann indessen offen bleiben. Unbestrittenermassen sind die Voraussetzungen der Wiedererwägung (vgl. dazu BGE 127 V 469 Erw. 2c mit Hinweisen) gegeben, und zwar sowohl in Bezug auf die Zusage der Basler vom 28. Mai 1996 gegenüber dem Krankenheim, die Heimkosten in der Höhe der Selbstkosten für die Pflegestufe schwer zu übernehmen «so lange wie Herr H.________ bei Ihnen weilt», als auch hinsichtlich der Bezahlung der jeweils in Rechnung gestellten Kosten. 
3. 
3.1 Das kantonale Gericht hat aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde auch geprüft, ob sich der Anspruch auf Bezahlung sämtlicher Pflegekosten unbefristet über den 30. Juni 2003 hinaus aus dem öffentlichrechtlichen Vertrauensschutz (vgl. dazu BGE 127 I 36 Erw. 3a, 121 V 66 Erw. 2a und b, je mit Hinweisen) ergebe. Es hat die Frage mit der Begründung verneint, die Ehefrau des Versicherten lege nicht dar, inwiefern sie im Vertrauen auf die Richtigkeit der schriftlichen Zusage der Basler vom 28. Mai 1996 gegenüber dem Krankenheim, «diese Kosten zu übernehmen und zwar so lange wie Herr H.________ bei Ihnen weilt», Dispositionen getroffen habe, die nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht werden könnten. 
3.2 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dagegen gehalten, der Versicherte halte sich seit April 1996 auf Grund der Kostenzusprache der Basler vom 28. Mai 1996 im Pflegeheim X.________ auf und gelte dort als intensiv pflegebedürftig. Ohne die vorbehaltlose Kostenübernahme durch den Unfallversicherer wäre er mit Sicherheit nicht in diesem Pflegeheim untergebracht worden oder nicht so lange dort geblieben. Der Kausalzusammenhang zwischen behördlicher Auskunft und nachteiliger Disposition resp. Unterlassung sei klar gegeben. Ohne die fehlerhafte Auskunft wäre der Versicherte mit Bestimmtheit in eine andere, KVG-konforme Pflegeanstalt untergebracht worden. Eine rückwirkende Verlegung nach bald zehnjährigem Aufenthalt in eine solche Anstalt sei der Natur der Sache nach unmöglich und für die Zukunft auf Grund seines schlechten Gesundheitszustandes völlig unzumutbar. Werden die Pflegekosten nicht mehr vollumfänglich von der obligatorischen Unfallversicherung übernommen, entstehe dem Versicherten und seiner Ehefrau ein finanzieller Nachteil, der nicht wieder rückgängig gemacht werden könne. Die weiteren Kriterien des öffentlichrechtlichen Vertrauensschutzes seien ebenfalls gegeben, sodass die Basler auch ab 1. Juli 2003 weiterhin unbefristet sämtliche Pflegekosten zu übernehmen habe. 
3.3 Es ist mit Blick darauf, dass dem Streit eine Leistungsherabsetzung mit Wirkung ex nunc et pro futuro zu Grunde liegt, fraglich, ob der öffentlichrechtliche Vertrauensschutz vorliegend überhaupt zum Zuge kommen kann (vgl. SVR 2004 IV Nr. 23 S. 69). Dieser Punkt kann indessen offen bleiben. Denn da die Basler auf eine Rückforderung verzichtet, ist für die Zeit bis zum Erlass der Verfügung vom 13. Mai 2003 gar kein Nachteil entstanden. Ein solcher könnte höchstens vorliegen, wenn der Versicherte im Vertrauen auf die Auskunft ins Pflegeheim eingetreten wäre und aus zwingenden Gründen nun nicht mehr in ein anderes Heim verlegt werden könnte, so dass für die Zukunft ein Schaden entstünde. Vorliegend fehlt es aber schon an der ersten Voraussetzung. Auf Grund der Akten war der Versicherte bereits im März 1996 im damaligen Krankenheim G.________ angemeldet (vgl. Bericht Neurologische Klinik und Poliklinik Spital Y.________ vom 22. März 1996). Der Eintritt dort am 16. April 1996 erfolgte somit nicht auf Grund der Leistungszusage des Unfallversicherers vom 28. Mai 1996. Zu beachten ist sodann, dass der Gesundheitszustand des Versicherten zwingend die stationäre Behandlung in einem Pflegeheim erforderte. Auch bei Wahl einer anderen der Pflege dienenden Einrichtung als das Krankenheim G.________ hätte sich somit die Frage der Kostenübernahme aus der obligatorischen Unfallversicherung gestellt. Es ist nicht anzunehmen und wird auch nicht geltend gemacht, die Basler hätte in einem solchen Fall nicht ebenfalls die Übernahme der gesamten Pflegekosten «so lange wie Herr H.________ bei Ihnen weilt» zugesagt. Die Frage des Vertrauensschutzes hätte sich dann in gleicher Weise gestellt. 
 
Somit besteht entweder kein Kausalzusammenhang zwischen der Zusage vom 28. Mai 1996 und der Wahl des Krankenheims G.________ (heute: Pflegeheim X.________), oder es fehlt am Nachweis einer im Vertrauen darauf erfolgten nicht oder nur schwer rückgängig zu machenden nachteiligen Disposition oder Unterlassung. Das kantonale Gericht hat daher zu Recht dem öffentlichrechtlichen Vertrauensschutz bei unrichtiger behördlicher Auskunft die Anwendung versagt. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, H.________ und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. 
Luzern, 10. Juli 2006 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: