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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_367/2022  
 
 
Urteil vom 10. November 2022  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Kiss, Niquille, 
Gerichtsschreiber Stähle. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ Anlagestiftung, 
vertreten durch Rechtsanwalt Reto Ziegler, Lavaterstrasse 66, 8002 Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. B.________ AG, 
2. C.________ AG, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Mieterausweisung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Handelsgerichts des Kantons Zürich, Einzelgericht, vom 8. August 2022 
(HE220054-O). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die D.________ AG als Vermieterin schloss mit der B.________ AG (Gesuchsgegnerin 1, Beschwerdegegnerin 1) als Mieterin im September 2016 verschiedene Mietverträge über ein Büro, Werkhallen, ein Lager und Parkplätze an der U.________strasse in V.________.  
Im Januar 2017 erwarb die A.________ Anlagestiftung (Gesuchstellerin, Beschwerdeführerin) diese Liegenschaft. Die Mietverhältnisse mit der Gesuchsgegnerin 1 gingen auf sie über (Art. 261 Abs. 1 OR). 
Im Juni und August 2017 sowie im April und Mai 2020 schlossen die Gesuchstellerin und die Gesuchsgegnerin 1 weitere Mietverträge betreffend Teile dieser Liegenschaft (Abstellfläche und Gewerbehalle). 
Der gesamte, monatlich im Voraus zu bezahlende Bruttomietzins für die Miete dieser Räumlichkeiten betrug ab dem 1. Oktober 2021 Fr. 17'924.21. 
 
A.b. Die C.________ AG (Gesuchsgegnerin 2, Beschwerdegegnerin 2) hält sich - so vermutet die Gesuchstellerin - (ebenfalls) in den Mietobjekten auf.  
 
A.c. Die Gesuchsgegnerin 1 geriet mit der Bezahlung eines Teils der Mietzinsen für die Monate Oktober und November 2021 im Betrag von Fr. 20'148.42 in Rückstand. Mit Schreiben vom 10. November 2021 (versandt am 11. November 2021, zugestellt am 15. November 2021) setzte die Gesuchstellerin der Gesuchsgegnerin 1 eine Zahlungsfrist von 30 Tagen zur Bezahlung des Ausstands von Fr. 20'148.42 und drohte ihr an, die Mietverhältnisse ausserordentlich zu kündigen, sollte dieser Betrag nicht innert Frist vollständig beglichen werden (nachfolgend: "erstes Mahnschreiben").  
In der Folge geriet die Gesuchsgegnerin 1 auch mit der Bezahlung des Mietzinses für den Monat Dezember 2021 in Höhe von Fr. 17'924.21 in Rückstand. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2021 (versandt am 14. Dezember 2021, zugestellt am 16. Dezember 2021) setzte die Gesuchstellerin der Gesuchsgegnerin 1 eine Zahlungsfrist von 30 Tagen zur Bezahlung des Ausstands von Fr. 17'924.21 und drohte ihr an, die Mietverhältnisse ausserordentlich zu kündigen, sollte dieser Betrag nicht innert Frist vollständig beglichen werden (nachfolgend: "zweites Mahnschreiben"). 
 
A.d. Mit amtlichen Formularen vom 29. März 2022 kündigte die Gesuchstellerin der Gesuchsgegnerin 1 die Mietverhältnisse per 30. April 2022.  
 
B.  
Mit Gesuch vom 24. Juni 2022 beantragte die Klägerin dem Handelsgericht des Kantons Zürich die Ausweisung der beiden Gesuchsgegnerinnen im Verfahren des Rechtsschutzes in klaren Fällen (Art. 257 ZPO). 
Die Gesuchsgegnerinnen liessen sich nicht vernehmen. 
Mit Verfügung vom 8. August 2022 trat das Handelsgericht auf das Ausweisungsgesuch nicht ein. 
 
C.  
Die Gesuchstellerin beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen, die Verfügung des Handelsgerichts sei aufzuheben. Sie erneuert das Ausweisungsbegehren. Eventualiter sei die Angelegenheit zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die Gesuchsgegnerinnen reichten keine Vernehmlassung ein. Das Handelsgericht verzichtete auf eine Stellungnahme zur Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die angefochtene Verfügung des Handelsgerichts ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer einzigen kantonalen Instanz im Sinne von Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in Zivilsachen offen, gemäss Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG unabhängig vom Streitwert (BGE 139 III 67 E. 1.2; siehe auch BGE 138 III 799 E. 1.1, 2 E. 1.2.2 S. 5). 
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 257 Abs. 1 ZPO gewährt das Gericht Rechtsschutz im summarischen Verfahren, wenn der Sachverhalt unbestritten oder sofort beweisbar ist (lit. a) und die Rechtslage klar ist (lit. b).  
Ein Sachverhalt ist dann sofort beweisbar, wenn er ohne zeitliche Verzögerung und ohne besonderen Aufwand nachgewiesen werden kann. Der Beweis ist - entsprechend Art. 254 Abs. 1 ZPO - in der Regel durch Urkunden zu erbringen. Ein klarer Fall ist in sachverhaltsmässiger Hinsicht dann zu verneinen, wenn die beklagte Partei substanziiert und schlüssig Einwendungen vorträgt, die in tatsächlicher Hinsicht nicht sofort widerlegt werden können und die geeignet sind, die bereits gebildete richterliche Überzeugung zu erschüttern (BGE 144 III 462 E. 3.1; 141 III 23 E. 3.2; 138 III 620 E. 5.1.1). 
Eine klare Rechtslage liegt vor, wenn sich die Rechtsfolge bei der Anwendung des Gesetzes unter Berücksichtigung der Lehre und Rechtsprechung ohne Weiteres ergibt und damit die Rechtsanwendung zu einem eindeutigen Ergebnis führt. Dagegen ist die Rechtslage in der Regel nicht klar, wenn die Anwendung einer Norm einen Ermessens- oder Billigkeitsentscheid des Gerichts mit wertender Berücksichtigung der gesamten Umstände erfordert (BGE 144 III 462 E. 3.1; 141 III 23 E. 3.2; 138 III 123 E. 2.1.2 mit Hinweisen). 
 
2.2. Gemäss Art. 153 Abs. 2 ZPO kann das Gericht von Amtes wegen Beweis erheben, wenn an der Richtigkeit einer nicht streitigen Tatsache erhebliche Zweifel bestehen.  
Die Zweifel müssen "erheblich", das heisst ernsthaft und von einer besonderen Intensität sein, andernfalls die Verhandlungsmaxime unterlaufen würde (siehe Urteil 5A_545/2021 vom 8. Februar 2022 E. 4.2). Die blosse Möglichkeit, dass es sich anders verhalten könnte als die Ansprecherin behauptet, begründet solche Zweifel selbstredend nicht. 
 
2.3. Ist die Mieterin nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand, so kann ihr die Vermieterin schriftlich eine Zahlungsfrist setzen und ihr androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Diese Frist beträgt mindestens zehn Tage, bei Wohn- und Geschäftsräumen mindestens 30 Tage (Art. 257d Abs. 1 OR). Bezahlt die Mieterin innert der gesetzten Frist nicht, so kann die Vermieterin fristlos, bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen (Art. 257d Abs. 2 OR).  
 
3.  
Das Handelsgericht trat auf das Ausweisungsgesuch in Bezug auf die Beschwerdegegnerin 1 aus zwei Gründen nicht ein: Es war erstens der Auffassung, dass der Sachverhalt nicht liquid sei, und zwar betreffend die Frage, ob die Beschwerdegegnerin 1 die ausstehenden Mietzinse innert der dreissigtägigen Zahlungsfrist nach Art. 257d Abs. 1 OR bezahlt habe. Die Beschwerdeführerin habe im Ausweisungsgesuch zwar behauptet, dass diese Mietzinszahlungen nicht erfolgt seien, doch scheine zweifelhaft, ob dies zutreffe (dazu Erwägung 4). Die Vorinstanz verneinte zweitens das Bestehen einer liquiden Rechtslage, da in rechtlicher Hinsicht unklar sei, ob die Beschwerdeführerin mit den Kündigungen zu lange zugewartet habe (dazu Erwägung 5). 
 
4.  
 
4.1. Das Handelsgericht wies zunächst darauf hin, dass die Beschwerdegegnerinnen keine Stellungnahme zum Ausweisungsgesuch eingereicht hätten. Folglich sei die Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdeführerin im Sinne von Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO unbestritten geblieben. Dem ist ohne Weiteres beizupflichten, zumal - wie sich aus den Akten ergibt - die Beschwerdegegnerinnen auf die Säumnisfolgen hingewiesen wurden.  
 
4.2. Indes - so führte die Vorinstanz weiter aus - dürfe auch im Verfahren nach Art. 257 ZPO nicht einfach auf einen unbestrittenen Sachverhalt abgestellt werden, wenn daran erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 153 Abs. 2 ZPO bestünden. Dies sei hier der Fall.  
Es ist richtig, dass auch im Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen die Regel von Art. 153 Abs. 2 ZPO grundsätzlich zu beachten ist (BGE 144 III 462 E. 3.2.1; Urteil 4A_376/2021 vom 7. Januar 2022 E. 4.2.1). Wie sich die Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO ("Sachverhalt unbestritten") und Art. 153 Abs. 2 ZPO ("erhebliche Zweifel an der Richtigkeit einer nicht streitigen Tatsache") im Einzelnen zueinander verhalten, kann vorliegend aber offenbleiben. Denn die Zweifel, welche die Vorinstanz hinsichtlich der gesuchstellerischen Sachverhaltsdarstellung äussert, sind unberechtigt oder jedenfalls nicht "erheblich" im Sinne von Art. 153 Abs. 2 ZPO
 
4.3. Die Beschwerdeführerin trug in ihrem Ausweisungsgesuch in Bezug auf das erste Mahnschreiben vom 10. November 2021 (Mahnung der Oktober- und November-Mietzinse) vor, dass "innert der angesetzten Zahlungsfrist [...] keine Zahlung" eingegangen sei.  
Das Handelsgericht zweifelt an der Richtigkeit dieser Aussage: Denn im zweiten Mahnschreiben vom 10. Dezember 2021 (Mahnung des Dezember-Mietzinses mit Fälligkeit am 1. Dezember 2021) werde erwähnt, dass "Zahlungen bis am 10. Dezember 2021 berücksichtigt" seien. "Daraus" ergebe sich, dass "die im Mahnschreiben vom 10. November 2021 erwähnten Mietzinsen bis am 10. Dezember 2021 bezahlt" worden seien. Dies widerspreche der Aussage der Beschwerdeführerin, wonach bezüglich der Oktober- und November-Mietzinse "innert der angesetzten Zahlungsfrist [...] keine Zahlung" eingegangen sei. 
Diese Erwägungen überzeugen nicht. Aus dem vom Handelsgericht zitierten zweiten Mahnschreiben vom 10. Dezember 2021 geht (deutlich) hervor, dass es sich allein auf den am 1. Dezember 2021 fällig gewordenen Dezember-Mietzins bezieht, der bis dahin (und auch später) nicht beglichen wurde. Aus der im Schreiben enthaltenen Wendung, "Zahlungen [seien] bis am 10. Dezember 2021" berücksichtigt, kann offensichtlich nicht geschlossen werden, dass Zahlungen für frühere Mietzinse geleistet worden wären, zumal in der Spalte "Ihre Zahlung" ausdrücklich der Betrag von Fr. 0.-- genannt ist. Hinzu kommt, dass das Mahnschreiben den expliziten Hinweis enthielt, "[a]llfällige frühere Fristansetzungen [würden] durch dieses Schreiben nicht ausser Kraft gesetzt". 
Das Mahnschreiben vom 10. Dezember 2021 widerspricht mithin der unbestritten gebliebenen Behauptung der Beschwerdeführerin nicht, die Beschwerdegegnerin 1 habe die Oktober- und November-Mietzinse innert Zahlungsfrist nicht bezahlt. Jedenfalls werden daran keine erheblichen Zweifel geweckt. Das Handelsgericht hätte auf diese Behauptung abstellen müssen (Art. 55 Abs. 1, Art. 150 Abs. 1 und Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO); der Sachverhalt erweist sich in diesem Punkt ohne Weiteres als liquid. 
 
4.4. Somit steht fest, dass die Beschwerdegegnerin 1 die ausstehenden Oktober- und November-Mietzinse nicht innert Zahlungsfrist bezahlt hat und die Beschwerdeführerin entsprechend gestützt auf Art. 257d Abs. 1 OR zu den Zahlungsverzugskündigungen berechtigt war. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdegegnerin 1 auch die ausstehenden Dezember-Mietzinse nicht innert Zahlungsfrist beglichen hat, wie dies die Beschwerdeführerin in ihrem Ausweisungsgesuch unwidersprochen ausführte, woran die Vorinstanz unter Hinweis auf eine am 6. Januar 2022 erfolgte "Teilzahlung" aber ebenfalls zweifelt.  
 
5.  
 
5.1. Das Handelsgericht hielt ferner dafür, dass die Rechtslage nicht klar zugunsten der Beschwerdeführerin spreche (Art. 257 Abs. 1 lit. b ZPO). Sie (die Beschwerdeführerin) habe die Kündigungen erst am 29. März 2022 ausgesprochen und damit zu lange zugewartet, seien die Zahlungsfristen doch schon Mitte Dezember 2021 (für den Oktober- und November-Mietzins) respektive Mitte Januar 2022 (für den Dezember-Mietzins) abgelaufen. Die Vorinstanz verwies in diesem Zusammenhang auf das bundesgerichtliche Urteil 4A_366/2008 vom 25. November 2008 E. 4, in dem eine mehr als drei Wochen nach dem Ende der Zahlungsfrist eröffnete Zahlungsverzugskündigung als treuwidrig beurteilt worden sei.  
 
5.2. Die Überlegungen des Handelsgerichts halten unter zwei Gesichtspunkten nicht vor Bundesrecht stand:  
 
5.2.1. Eine Zahlungsverzugskündigung, die den Anforderungen von Art. 257d OR entspricht, aber gegen Treu und Glauben verstösst, ist nach den Regeln von Art. 271 f. OR anfechtbar. Die Rechtsprechung lässt die Anfechtung einer Zahlungsverzugskündigung nur unter aussergewöhnlichen Umständen zu. Eine Fallgruppe stellt die - hier interessierende - Situation dar, in welcher die Vermieterin die Kündigung erst lange nach Ablauf der Zahlungsfrist ausspricht (im Einzelnen: BGE 140 III 591 E. 1; Urteile 4A_550/2020 vom 29. April 2021 E. 8.2; 4A_436/2018 vom 17. Januar 2019 E. 5.1; je mit Hinweisen).  
Die Anfechtung einer Kündigung wegen Verstosses gegen Treu und Glauben nach Art. 271 f. OR muss aber innerhalb der Verwirkungsfrist von Art. 273 OR erfolgen. Ist dies nicht geschehen, kann die Rüge, die Kündigung sei treuwidrig gewesen (qua zu langem Zuwarten), im Ausweisungsverfahren nicht mehr erhoben werden (BGE 133 III 175 E. 3; Urteil 4A_571/2020 vom 23. März 2021 E. 4.2, nicht publ. in: BGE 147 III 218, mit weiteren Hinweisen). Dass die Kündigungen in casu (rechtzeitig) angefochten worden wären, hat die Vorinstanz aber nicht festgestellt und ergibt sich auch nicht aus den Akten. 
Folglich hätte das Handelsgericht die Ausweisung nicht mit Verweis auf die Treuwidrigkeit der Kündigungen verweigern dürfen, zumal die säumigen Beschwerdegegnerinnen diesen Einwand im vorinstanzlichen Verfahren nicht erhoben haben. Die Rechtslage ist insoweit klar und die angefochtene Verfügung bereits aus diesem Grund aufzuheben. 
 
5.2.2. Abgesehen davon erscheint die Dauer des Zuwartens (zweieinhalb respektive dreieinhalb Monate nach Ablauf der Zahlungsfrist) im vorliegenden Fall auch nicht missbräuchlich. Wohl hat das Bundesgericht im vom Handelsgericht zitierten Urteil 4A_366/2008 vom 25. November 2008 E. 4 festgehalten, dass die dort streitige Kündigung knapp drei Wochen nach Ablauf der Zahlungsfrist erfolgt sei und mit Blick auf Treu und Glauben als an der Grenze des Zulässigen liege ("à la limite de ce qui peut être admis"). Wie das Bundesgericht aber bereits im Urteil 4A_641/2011 vom 27. Januar 2012 E. 8 klargestellt hat, lagen dem erstgenannten Urteil (4A_366/2008) besondere Verhältnisse zugrunde, so namentlich der Umstand, dass der Mieter den ausstehenden Mietzins am ersten Werktag nach Fristablauf doch noch beglich, worauf die Vermieterin drei Wochen lang untätig blieb und erst dann zur Kündigung schritt.  
Hier aber erfolgte eine vollständige Mietzinszahlung selbst nach Ablauf der Zahlungsfrist nicht (sondern, ausweislich der Darstellung im Ausweisungsbegehren, lediglich eine "deutlich zu geringe Teilzahlung" am 6. Januar 2022, und danach gingen überhaupt keine Zahlungen mehr ein). Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine Mieterin, welche mehrere Wochen nach Ablauf der Zahlungsfrist den Mietzins immer noch nicht geleistet hat, darauf vertrauen können soll, dass die Vermieterin auf eine Kündigung verzichte. Auch würde andernfalls eine Vermieterin sanktioniert, die in erster Linie im Interesse der Mieterin mit der Kündigung zugewartet hat, in der Hoffnung, die Mieterin würde allenfalls - wenn auch nach Fristablauf - doch noch zahlen. Ein Hinausschieben der Kündigung kommt daher im Regelfall nur dann als missbräuchlich in Betracht, wenn die Vermieterin in dieser Zeit vollständige Mietzinszahlungen der Mieterin vorbehaltlos entgegennimmt (vgl. DANIEL REUDT, in: Das schweizerische Mietrecht, 4. Aufl. 2018, N. 43 zu Art. 257d OR; ROGER WEBER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 7. Aufl. 2020, N. 7 zu Art. 257d OR). Dies ist vorliegend nicht geschehen. Im Gegenteil, hat die Beschwerdeführerin in ihrem Ausweisungsgesuch erklärt, dass die Beschwerdegegnerin 1 sämtliche Mietzinszahlungen eingestellt habe und derzeit (im Juni 2022) "ein Ausstand an Mietzinsen und mietzinsähnlichem Schadenersatz bis heute von total Fr. 125'269.47" bestehe. Unter diesen Umständen ist im Zuwarten der Vermieterin keine Missbräuchlichkeit zu sehen. Auch in dieser Hinsicht ist die Rechtslage klar. 
 
6.  
Andere Gründe für ihr Nichteintreten auf das Ausweisungsbegehren im Verfahren nach Art. 257 ZPO nennt die Vorinstanz nicht. Über die Räumungsfrist und die von der Beschwerdeführerin anbegehrten Vollstreckungsmassnahmen hat das Handelsgericht nicht befunden. Die Sache ist diesbezüglich an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
7.  
Was die Beschwerdegegnerin 2 anbelangt, führte die Beschwerdeführerin in ihrem Ausweisungsgesuch aus, dass sich diese - wohl gestützt auf ein unbewilligtes Untermietverhältnis - in den Mietobjekten aufhalte, ohne dazu obligatorisch oder dinglich berechtigt zu sein. Sie (die Beschwerdegegnerin 2) sei deshalb gestützt auf Art. 641 ZGB auszuweisen. 
Das Handelsgericht gab diesem Begehren unter Bezugnahme auf seine Erwägungen betreffend die Beschwerdegegnerin 1 nicht statt. Insbesondere erscheine unklar, "[o]b nun das Hauptmietverhältnis erloschen ist und sich die Gesuchsgegnerin 2 als Untermieterin deshalb ohne Berechtigung in der streitgegenständlichen Liegenschaft aufhält". 
Nachdem klar ist, dass die Kündigung der Mietverhältnisse mit der Beschwerdegegnerin 1 (in der Terminologie des Handelsgerichts: die Kündigung der "Hauptmietverhältnisse") rechtens war (Erwägungen 4-6), trägt die vorinstanzliche Begründung hinsichtlich der Beschwerdegegnerin 2 nicht mehr. Die Angelegenheit ist auch in diesem Punkt an das Handelsgericht zurückzuweisen, zur weiteren Prüfung der Voraussetzungen des Abwehranspruchs nach Art. 641 Abs. 2 ZGB (sowie allenfalls weiterer Anspruchsgrundlagen) und (beim Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen) gegebenenfalls zur Anordnung der Ausweisung. 
 
8.  
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Die angefochtene Verfügung ist aufzuheben. Die Sache ist zur weiteren Behandlung an die Vorinstanz zurückzuweisen, entsprechend dem Eventualantrag der Beschwerdeführerin (vgl. Art. 107 Abs. 2 Satz 1 BGG). 
Ausgangsgemäss werden die Beschwerdegegnerinnen unter solidarischer Haftbarkeit kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 5 sowie Art. 68 Abs. 1, 2 und 4 BGG). Daran ändert nichts, dass sie sich im Verfahren vor Bundesgericht nicht vernehmen liessen (siehe Urteil 4A_595/2019 vom 18. Februar 2020 E. 3.1 mit Hinweisen). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Die Verfügung des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 8. August 2022 wird aufgehoben. Die Sache wird zur weiteren Behandlung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden den Beschwerdegegnerinnen auferlegt, unter solidarischer Haftbarkeit. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerinnen haben die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen, unter solidarischer Haftbarkeit. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich, Einzelgericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. November 2022 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Hohl 
 
Der Gerichtsschreiber: Stähle