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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.278/2002/sch 
 
Urteil vom 11. September 2002 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler, 
Gerichtsschreiberin Diarra. 
 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Caterina Nägeli, Grossmünsterplatz 9, 8021 Zürich, 
 
gegen 
 
Regierungsrat des Kantons Zürich, 
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich, 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 
2. Abteilung, 2. Kammer, Militärstrasse 36, Postfach, 
8021 Zürich. 
 
Aufenthaltsbewilligung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 
18. April 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der libanesische Staatsangehörige X.________, geboren 1972, reiste am 17. Februar 1997 unter falschem Namen illegal in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch. Wegen Widerhandlung gegen die Einreisebestimmungen des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) bestrafte ihn das Bezirksamt Kreuzlingen am 2. Juni 1997 mit einer Busse von Fr. 300.--. 
 
Am 30. Juni 1997 wies das Bundesamt für Flüchtlinge das Asylgesuch rechtskräftig ab. Weil X.________ über keine gültigen Papiere verfügte, konnte er nicht ausgeschafft werden. Am 22. Januar 1998 wurde er verhaftet. Mit Urteil vom 17. August 1999 bestrafte ihn das Kantonsgericht St. Gallen als zweite Instanz wegen schwerer Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und wegen mehrfachen Konsums von Betäubungsmitteln mit 18 Monaten Gefängnis und ordnete eine Landesverweisung für die Dauer von zehn Jahren an. Die Strafe und die Massnahme wurden auf Bewährung aufgeschoben, wobei eine Probezeit von drei Jahren angesetzt wurde. 
B. 
X.________ verliess Ende Januar 2000 die Schweiz. Am 13. Februar 2000 reiste er erneut illegal ein und heiratete am 26. Februar 2000 die im Kanton Zürich niedergelassene kroatische Staatsangehörige X.________ (geb. 1971). Die Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich bewilligte ihm darauf den Aufenthalt zum Verbleib bei der Ehefrau. Letztere hat einen 1990 in der Schweiz geborenen Sohn. Nachdem die Direktion für Soziales und Sicherheit von der strafrechtlichen Verurteilung von X.________ Kenntnis erhalten hatte, verfügte sie am 14. Dezember 2000, dass die bis zum 25. Februar 2001 gültige Aufenthaltsbewilligung nicht verlängert werde und der Betroffene die Schweiz bis zum 31. März 2001 zu verlassen habe. 
 
Die dagegen beim Regierungsrat eingereichte Beschwerde blieb ohne Erfolg. Am 27. Februar 2001 verurteilte die Bezirksanwaltschaft Zürich X.________ wegen mehrfacher Widerhandlung gegen ausländerrechtliche Gesetzesbestimmungen zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 60 Tagen. Aus der Ehe ist am 24. Januar 2002 der Sohn A.________ hervorgegangen. Am 18. April 2002 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die gegen den Beschluss des Regierungsrats erhobene Beschwerde ab. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 3. Juni 2002 beantragt X.________ Aufhebung des Entscheids des Verwaltungsgerichts und Feststellung, dass die Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers zu Unrecht nicht verlängert wurde. Ferner ersucht er, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen und von der Erhebung eines Kostenvorschusses sei abzusehen. 
Mit Präsidialverfügung vom 17. Juni 2002 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
D. 
Die Staatskanzlei des Kantons Zürich - im Auftrag des Regierungsrats - und das Bundesamt für Ausländerfragen schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG schliesst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiete der Fremdenpolizei aus gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Gemäss Art. 4 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) entscheiden die zuständigen Behörden, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland, nach freiem Ermessen über die Bewilligung von Aufenthalt und Niederlassung. Es besteht damit grundsätzlich kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, es sei denn, der Ausländer oder seine in der Schweiz lebenden Angehörigen könnten sich auf eine Sondernorm des Bundesrechts oder eines Staatsvertrages berufen (BGE 127 II 161 E. 1a S. 164, 60 E. 1a S. 62 f., je mit Hinweisen). 
1.2 Gemäss Art. 17 Abs. 2 ANAG hat der Ehegatte eines Ausländers, der im Besitz der Niederlassungsbewilligung ist, Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, solange die Ehegatten zusammen wohnen. Der Beschwerdeführer ist mit einer niedergelassenen Ausländerin verheiratet und lebt mit seiner Ehefrau, deren Sohn und einem gemeinsamen Kind zusammen. Auf die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung besteht daher nach Art. 17 Abs. 2 ANAG ein grundsätzlicher Rechtsanspruch. Des Weitern ergibt sich nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch aus dem in Art. 8 EMRK garantierten Schutz des Familienlebens ein Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung für einen Ausländer, dessen nahe Angehörige, insbesondere dessen Ehegatte, ein gefestigtes Anwesenheitsrecht in der Schweiz haben, sofern die familiäre Beziehung tatsächlich gelebt wird und intakt ist (BGE 126 II 425 E. 2a S. 427, mit Hinweisen). Auch diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist daher einzutreten. 
1.3 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat jedoch - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt, ist das Bundesgericht an die Sachverhaltsfeststellung gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG). Wesentliche Fehler bei der Sachverhaltsfeststellung sind vorliegend nicht ersichtlich. Ob die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 60 Tagen auf einer oder zwei Widerhandlungen gegen die ausländerrechtlichen Bestimmungen beruht, ist von untergeordneter Bedeutung. Im Übrigen findet Art. 6 EMRK, auf den sich der Beschwerdeführer ausdrücklich beruft, auf fremdenpolizeiliche Streitigkeiten keine Anwendung (Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 7. April 1994, VPB 1994 (58) 99 S. 719; vgl. BGE 123 I 25). 
2. 
2.1 Gemäss Art. 17 Abs. 2 letzter Satz ANAG erlischt der Anspruch des Ausländers auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn er gegen die "öffentliche Ordnung" verstossen hat. Die Voraussetzung für ein Erlöschen des Anspruchs ist weniger streng als im Fall des ausländischen Ehegatten eines Schweizer Bürgers, bei dem gemäss Art. 7 Abs. 1 letzter Satz ANAG ein Ausweisungsgrund (Art. 10 ANAG) vorliegen muss und unter Beachtung der Kriterien von Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAV; SR 142.201) - Schwere des Verschuldens, Dauer der Anwesenheit, persönliche und familiäre Nachteile - eine Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 11 Abs. 3 ANAG stattzufinden hat. Zwar muss auch im Fall von Art. 17 Abs. 2 ANAG die Verweigerung der Bewilligung verhältnismässig sein; da aber bereits geringere öffentliche Interessen für ein Erlöschen des Anspruchs genügen, sind auch die entgegenstehenden privaten Interessen weniger stark zu gewichten als bei einer Ausweisung (BGE 120 Ib 129 E. 4a S. 130 f., mit Hinweisen). Eine vergleichbare Interessenabwägung setzt im Übrigen gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK auch ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens voraus (BGE 122 II 1 E. 2 S. 5 f., mit Hinweisen). 
2.2 Zu beachten ist ferner, dass strafrechtliche und fremdenpolizeiliche Fernhaltemassnahmen unterschiedliche Ziele verfolgen. Die strafrechtliche Landesverweisung ist vorab auf die Person des betreffenden Ausländers ausgerichtet. So ist für den Entscheid über den bedingten Vollzug der strafrechtlichen Landesverweisung die Prognose über ein künftiges Wohlverhalten des Ausländers in der Schweiz entscheidend. Für den Entscheid über die fremdenpolizeiliche Massnahme steht dagegen das allgemeine Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Vordergrund. Der konkreten Prognose über Wohlverhalten sowie dem Resozialisierungsgedanken des Strafrechts ist zwar im Rahmen der umfassenden fremdenpolizeilichen Interessenabwägung ebenfalls Rechnung zu tragen. Die beiden Umstände geben aber nicht den Ausschlag (BGE 125 II 105 E. 2c S. 109 f., mit Hinweisen). 
3. 
3.1 Der Beschwerdeführer ist wegen Betäubungsmitteldelikten zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt worden, was einen schweren Verstoss gegen die öffentliche Ordnung und überdies einen Ausweisungsgrund (Art. 10 Abs.1 lit. a ANAG) darstellt. Das öffentliche Interesse an der Fernhaltung ausländischer Drogenhändler wiegt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung schwer. Zusätzlich wurde der Beschwerdeführer wegen Widerhandlung gegen die fremdenpolizeilichen Einreisebestimmungen bestraft. 
3.2 In seiner Praxis zu Art. 7 ANAG hat das Bundesgericht die Grenze, von der an in der Regel dem mit einem Schweizer Bürger verheirateten Ausländer keine fremdenpolizeilichen Bewilligungen mehr erteilt werden, auf zwei Jahre Freiheitsstrafe festgesetzt (vgl. BGE 120 Ib 6 E. 4b S. 14, mit Hinweis). Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass für die Beurteilung der Verhältnismässigkeit im Rahmen von Art. 17 ANAG jeweils der gleiche Massstab gelten muss. Nachdem der Anspruch des ausländischen Ehegatten eines Schweizer Bürgers erlischt, wenn ein Ausweisungsgrund vorliegt (Art. 7 Abs. 1 Satz 3 ANAG), derjenige des ausländischen Ehegatten eines Ausländers mit Niederlassungsbewilligung hingegen bereits dann, wenn der Anspruchsberechtigte "gegen die öffentliche Ordnung verstossen hat" (Art. 17 Abs. 2 letzter Satz ANAG), können schon Strafen unterhalb der erwähnten Limite die Verweigerung oder Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung rechtfertigen. Die Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung für den ausländischen Ehepartner eines Schweizer Bürgers ist von Gesetzes wegen an strengere Voraussetzungen geknüpft als beim Ehegatten eines Ausländers mit Niederlassungsbewilligung (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2A.42/2001 vom 11. Mai 2001, E. 3a). 
3.3 Der Beschwerdeführer ist im Alter von 25 Jahren in die Schweiz eingereist. Seine Kindheit sowie die prägenden Jugendjahre hat er somit im Libanon verbracht, wo seine Eltern sowie seine vier Geschwister auch heute noch leben. Weniger als ein halbes Jahr nach seiner ersten Einreise war der Beschwerdeführer bereits im Drogenhandel tätig. Im Zeitpunkt der angefochtenen fremdenpolizeilichen Massnahme lebte er erst rund vier Jahre hier. Von einer Verwurzelung des Beschwerdeführers in der Schweiz kann somit nicht die Rede sein. Die Ehegattin ist im Alter von 18 Jahren in die Schweiz gelangt und lebt nun seit rund 13 Jahren hier. Sie leidet an Epilepsie, wobei der epileptologische Verlauf gemäss Bericht des Schweizerischen Epilepsie-Zentrums in Zürich vom 24. Mai 2002 als stabil bezeichnet wird, und bezieht eine Invalidenrente von 50 %. Dass die erforderliche medizinische Betreuung im Libanon nicht gewährleistet wäre, ist nicht belegt. Eine Übersiedelung in den Libanon wäre für die Ehegattin sowie für ihren in der Schweiz geborenen, zwölfjährigen Sohn zwar mit Schwierigkeiten verbunden. Es ist der Ehegattin indessen nicht völlig unzumutbar oder unmöglich, die Ehe in Kroatien bzw. Bosnien oder allenfalls im Libanon weiterzuführen. Für die Interessenabwägung fällt zudem ins Gewicht, dass die Eheleute nach der Straftat und der Verurteilung des Ehemannes heirateten. Die Ehefrau musste sich daher schon im Zeitpunkt der Heirat der mutmasslichen fremdenpolizeilichen Hindernisse bewusst sein und konnte folglich nicht damit rechnen, ihr zukünftiges Familienleben in der Schweiz zu verbringen. Mit der Heirat eines damals wegen Drogenhalndels rechtskräftig verurteilten Ausländers, gegen den zudem eine gerichtliche Landesverweisung für die Dauer von zehn Jahren ausgesprochen war, nahm sie vielmehr in Kauf, mit grosser Wahrscheinlichkeit entweder ohne ihren Ehemann in der Schweiz zu leben oder aber ihrem Ehemann ins Ausland folgen zu müssen. 
3.4 Zusammenfassend ergibt sich, dass der angefochtene Entscheid vor Bundesrecht sowie vor Art. 8 EMRK standhält. 
4. 
4.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen. 
4.2 Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Das Gesuch um Erlass der Kostenvorschusspflicht ist gegenstandslos, nachdem auf die Erhebung eines Kostenvorschusses verzichtet wurde. Ein weitergehendes Begehren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege hat der Beschwerdeführer nicht gestellt. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers wird bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr Rechnung getragen (Art. 153a OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 11. September 2002 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: