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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess {T 7} 
U 315/05 
 
Urteil vom 11. September 2006 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Borella und Kernen; Gerichtsschreiber Scartazzini 
 
Parteien 
S.________, 1975, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Rudolf Strehler, Dorfstrasse 21, 8356 Ettenhausen, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, Weinfelden 
 
(Entscheid vom 11. Mai 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die 1975 geborene, bei der SUVA obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versicherte S.________ erlitt am 16. Oktober 2000 als Mitfahrerin in einem Personenwagen einen Verkehrsunfall. Die geklagten Beschwerden wurden als Schmerzen cervical und thoracal rechts (recte: links) beschrieben. Die Versicherte konnte ihre Tätigkeit ab dem 25. Oktober 2000 wieder vollumfänglich aufnehmen. In einer umfassenden EMG-Untersuchung vom 19. September 2001 konnte Dr. med. M.________ keine speziellen HWS-Auffälligkeiten feststellen, jedoch eine möglich posttraumatische Periarthropathie der linken Schulter. Nach einem dreimonatigen Aufenthalt in der Klinik X.________ anerkannte die SUVA ihre Leistungspflicht zufolge Rückfall ab Juli 2001, schloss den Fall jedoch auf den 31. Oktober 2002 ab. Dieser Entscheid vom 29. Oktober 2002 wurde nicht angefochten. 
 
Am 19. Dezember 2003 meldete Dr. med. I.________ bei der SUVA einen Rückfall an, wobei er zunehmende Nackenbeschwerden im Sinne eines posttraumatischen Cervicalsyndroms bei Status nach HWS-Distorsion diagnostizierte. Mit Verfügung vom 16. März 2004 hat die SUVA ihre Leistungspflicht für einen Rückfall mit der Begründung abgelehnt, das von Dr. med. I.________ als cervicogenes Schmerzsyndrom umschriebene Symptom sei ein völlig neues Beschwerdebild, welches weder initial nach dem Unfall noch im ersten Rückfall vorgekommen sei. Dies wurde mit Einspracheentscheid vom 28. Juni 2004 bestätigt. 
B. 
Dagegen liess S.________ Beschwerde erheben und folgende Rechtsbegehren stellen: 
"1. Es sei die Verfügung vom 16. März 2004 aufzuheben. 
2. Es sei festzustellen, dass die heutigen Beschwerden der Versicherten (Kopf- und Nackenschmerzen, Schmerzen in Schulter-/Armbereich links, Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit etc.) zum Unfallereignis vom 16. Oktober 2000 in einem natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang stehen. 
3. Es sei die Beschwerdebeklagte zu verpflichten, der Beschwerdeführerin mit Wirkung ab 25. November 2003 (Datum der Erstbehandlung vor der Rückfallmeldung) die entsprechenden Versicherungsleistungen (Taggeld beziehungsweise Rente, Heilungskosten und Integritätsentschädigung) zu gewähren; 
 
unter Entschädigungsfolge zu Lasten der Beschwerdegegnerin." 
Zudem wurde der Antrag gestellt, das Verfahren sei bis zum Vorliegen eines von der Invalidenversicherung angeordneten polydisziplinären Gutachtens zu sistieren. 
 
Mit Entscheid vom 11. Mai 2005 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau sowohl das gestellte Begehren um Sistierung als auch die Beschwerde ab. 
C. 
S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und unter Entschädigungsfolge beantragen, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, der Beschwerdeführerin mit Wirkung ab 1. Mai 2001 weiterhin die gesetzlichen Leistungen (Taggeld, Rente, Heilungskosten und Integritätsentschädigung) zu gewähren. Gleichzeitig wird erneut der Antrag gestellt, es sei das Verfahren bis zum Vorliegen des von der Invalidenversicherung veranlassten interdisziplinären Gutachtens zu sistieren. 
 
Die SUVA lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, während das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Streitig und zu prüfen ist unter dem Gesichtswinkel des in Art. 6 Abs. 1 UVG angelegten Anspruchserfordernisses der Kausalität, ob der Gesundheitszustand, wie ihn die Beschwerdeführerin geltend macht, in einem rechtserheblichen Kausalzusammenhang zum versicherten Unfall vom 16. Oktober 2000 steht und ob dieser bis längstens zum Erlass des Einspracheentscheides vom 28. Juni 2004, welcher die zeitliche Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildet (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweis; vgl. auch BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 169 Erw. 1, 356 Erw. 1, je mit Hinweisen), nach dem 31. Oktober 2002 (Fallabschluss nach Leistungsgewährung ab Juli 2001) erneut Anspruch auf Versicherungsleistungen gibt. Die zur Beurteilung der Frage der Kausalität rechtsprechungsgemäss erforderlichen Grundsätze und die massgeblichen Gesetzesbestimmungen hat das kantonale Gericht in allen Teilen zutreffend dargelegt. Schliesslich ist festzuhalten, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) nach den von der Rechtsprechung entwickelten intertemporalrechtlichen Regeln (BGE 130 V 446 f. Erw. 1.2 mit Hinweisen) auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar ist. 
2. 
In formeller Hinsicht beantragt die Beschwerdeführerin erneut, das Verfahren sei bis zum Vorliegen eines von der Invalidenversicherung veranlassten interdisziplinären Gutachtens zu sistieren. Eine Verfahrenssistierung ist aber nur ausnahmsweise zulässig, etwa wenn es darum geht, den Entscheid einer andern Behörde abzuwarten, der die Beurteilung einer entscheidenden Frage ermöglichen könnte (Art. 6 Abs. 1 BZP; BGE 130 V 95 Erw. 5). Wie das kantonale Gericht zutreffend entschieden hat, ist dieses Rechtsbegehren im vorliegenden Fall abzuweisen, da von einer Begutachtung der Invalidenversicherung keine kausalitätsbezogenen Aussagen zu erwarten sind. 
3. 
3.1 Im angefochtenen Entscheid hat das kantonale Gericht festgestellt, aus den Akten sei ersichtlich, dass bei der Beschwerdeführerin bereits vor dem Unfall sowohl eine schwerwiegende psychische Problematik als auch die geklagten Schmerzen im linken Arm- und Schulterbereich bestanden hatten. Die Leiden einer chronischen Periarthropatie, einer subakuten Bursitis und, als Hauptbeschwerde, eines Thoracic-outlet-Syndroms könnten von der HWS-Problematik klar abgegrenzt werden. Zu Recht sei die SUVA nachträglich zur Auffassung gelangt, bereits der erste Rückfall hätte keine Leistungspflicht mehr auslösen dürfen, wobei die Beschwerdeführerin denn auch die Einstellung der Leistungen auf den 31. Oktober 2002 nicht in Frage gestellt habe. Zudem habe Dr. med. I.________ in der zweiten Rückfallmeldung einen mit dem Unfallereignis bestehenden Kausalzusammenhang lediglich als möglich und nicht als überwiegend wahrscheinlich erachtet. Für das Vorliegen eines Schleudertraumas fehle es am notwendigen typischen Beschwerdebild, sodass zur Beurteilung des adäquaten Kausalzusammenhangs die Anwendung der Regeln gemäss BGE 117 V 359 ff. von vornherein ausser Betracht falle. Auch eine Leistungspflicht wegen psychischer Fehlentwicklung aufgrund der in BGE 115 V 133 ff. festgelegten Grundsätze sei auszuschliessen, da die psychischen Leiden ausgewiesenermassen bereits vor dem Unfall bestanden hatten und selbst bei Annahme eines mittelschweren Unfallereignisses kein einziges der notwendigen Zusatzkriterien erfüllt seien. 
3.2 Dagegen werden in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde in keiner Hinsicht stichhaltige Argumente vorgebracht, sodass der Betrachtungsweise der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden kann. Darin wird zwar geltend gemacht, die Schulter-/Nackenproblematik sei stets dominant gewesen, wenn auch mit unterschiedlichen Diagnosen versehen. Die Beschwerdeführerin habe unmittelbar nach dem Unfallereignis vom 16. Oktober 2000 an Schmerzen im Bereich Schulter links und Nacken gelitten. Diese Beschwerden seien durch die SUVA-Akten belegt und hätten auch während des Klinikaufenthaltes vom 13. Februar bis 8. Mai 2002 als myotendinotisches Schmerzsyndrom beschrieben im Vordergrund gestanden. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Entscheid sei der Zusammenhang zwischen Grund- und Rückfall somit gegeben. Unwesentlich sei der Umstand, dass die spezialärztlichen Abklärungen der HWS unauffällige Bilder ergeben haben, da es im Wesen eines Distorsionstraumas der HWS liege, dass die geklagten Beschwerden organisch nicht nachweisbar seien. Zwar sei auch eine psychische Problematik festzustellen. Diese sei jedoch nicht derart dominant, dass damit die körperlichen Beschwerden völlig in den Hintergrund gedrängt worden wären. Massgebend für die Adäquanzprüfung sei deshalb die Rechtsprechung gemäss BGE 117 V 359 ff., wobei die Mehrheit der danach erforderlichen Kriterien erfüllt sei. 
 
Nachdem die Beschwerdeführerin die Einstellung der Leistungen auf den 31. Oktober 2002 nicht in Frage gestellt hatte und Dr. med. I.________ in der zweiten Rückfallmeldung einen mit dem Unfallereignis bestehenden Kausalzusammenhang nicht als überwiegend wahrscheinlich erachtet hat, können die - wenn auch als dominant bezeichneten - Schulter-/Nackenproblematik sowie die adäquanzbezogenen Argumente der Beschwerdeführerin zu keinem anderen Ergebnis führen. Demzufolge hat das kantonale Gericht bei verneintem Vorliegen eines natürlichen Kausalzusammenhangs (vgl. BGE 129 V 181 Erw. 3.1, 406 Erw. 4.3.1, 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen) zwischen dem Unfallereignis vom 16. Oktober 2000 und dem am 19. Dezember 2003 gemeldeten Rückfall den ablehnenden Einspracheentscheid vom 28. Juni 2004 zu Recht bestätigt. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, als Versicherungsgericht, und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. 
Luzern, 11. September 2006 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Die Präsidentin der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: