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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_675/2017  
 
 
Urteil vom 11. Dezember 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiberin Oswald. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Zimmermann, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 17. August 2017 (VBE.2017.138). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1966 geborene A.________, Mutter zweier 1992 und 1994 geborener Kinder, war bis Januar 2013 als Kassiererin bei B.________ angestellt (letzter effektiver Arbeitstag: 5. April 2012) und meldete sich am 3. September 2012 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Aargau (fortan: IV-Stelle) traf medizinische und erwerbliche Abklärungen, wobei sie u.a. bei PD Dr. med. C.________, Facharzt für Rheumatologie und Leitender Arzt an der Klinik für Rheumatologie des Spitals D.________, ein rheumatologisches Gutachten einholte (Expertise vom 23. Juni 2015). Zudem liess sie die Verhältnisse im Haushalt untersuchen (Abklärungsbericht vom 30. September 2015). Nachdem die Versicherte gegen den Vorbescheid vom 23. Dezember 2015 Einwände erhoben hatte, h olte die IV-Stelle bei PD Dr. med. C.________ ein rheumatologisches Verlaufsgutachten ein (Expertise vom 23. August 2016). Mit Verfügung vom 4. Januar 2017 sprach sie A.________ in Anwendung der gemischten Methode rückwirkend eine vom 1. April 2013 bis 31. Juli 2015 befristete ganze Rente zu (Invaliditätsgrad: 85 %). Gleichzeitig verneinte sie ab dem 1. August 2015 einen Rentenanspruch (Invaliditätsgrad: 22 %). 
 
B.   
Die von A.________ hiegegen gerichtete Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 17. August 2017 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, es seien ihr die "gesetzlich geschuldeten Leistungen", insbesondere eine unbefristete Rente, zuzusprechen. Eventualiter seien weitere Sachverhaltsabklärungen vorzunehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze zum Invaliditätsbegriff (Art. 7 f. ATSG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 IVG), zum Anspruch auf eine nach dem Grad der Invalidität abgestuften Invalidenrente (Art. 28 Abs. 2 IVG), zur Anwendbarkeit der revisionsrechtlichen Grundsätze bei der rückwirkenden Zusprache einer befristeten Invalidenrente (Art. 17 Abs. 1 ATSG i.V.m. Art. 88a IVV; BGE 121 V 264 E. 6b/dd S. 275 mit Hinweis) sowie zum Beweiswert von Arztberichten (BGE134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352; 135 V 465 E. 4.4 S. 470 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Korrekt sind auch die vorinstanzlichen Ausführungen zur Auswahl der Methode der Invaliditätsbemessung (Einkommensvergleich, Betätigungsvergleich oder gemischte Methode; vgl. BGE 125 V 146 E. 2c S. 150; 133 V 477 E. 6.3 S. 486 f.; 133 V 504 E. 3.3 S. 507 f.). 
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht erwog, die rheumatologischen Expertisen des PD Dr. med. C.________ vom 23. Juni 2015 bzw. vom 23. August 2016 erfüllten die Anforderungen an beweiskräftige medizinische Stellungnahmen. Dem Gutachter zufolge bestehe - nach einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % zwischen April 2012 und März 2015 aufgrund des Schweregrades der Polyarthritis - seit April 2015 eine medizinisch-theoretische Arbeitsfähigkeit von 50 % in einer angepassten, körperlich leichten Tätigkeit entsprechend den rheumatologischen Schonkriterien ("kein repetitives Heben, Stossen oder Ziehen von Lasten über 7.5-10 kg, keine repetitiv gebückt zu verrichtende Tätigkeitsanteile, keine repetitiv über den Kopf zu verrichtende Tätigkeiten, kein ausschliessliches Gehen oder Stehen oder gehäufte Notwendigkeit zur Treppenbenutzung sowie kein anhaltendes Sitzen"). Diese gutachterliche Einschätzung werde damit begründet, dass seit einer medikamentösen Umstellung im April 2015 eine Verbesserung bzw. Stabilisierung des rheumatologischen Gesundheitszustands eingetreten sei, die weiterhin Bestand habe.  
 
3.2. Zur Verwertbarkeit der medizinisch-theoretischen Restarbeitsfähigkeit hielt die Vorinstanz fest, die gutachterliche Einschätzung berücksichtige bereits einen allfällig fluktuierenden Krankheitsverlauf. Rechtsprechungsgemäss biete ein ausgeglichener Arbeitsmarkt genügend Stellen an, die dem Belastungsprofil der Beschwerdeführerin entsprächen.  
 
3.3. Bezüglich der erwerblichen Auswirkungen des Gesundheitsschadens erwog das kantonale Gericht, die Versicherte habe zwar im Fragebogen betreffend Erwerbstätigkeit und Haushalt im März 2013 angegeben, im Gesundheitsfall zu 100 % als Kassiererin zu arbeiten. I n der Haushaltsabklärung vom 22. September 2015 (Bericht vom 30. September 2015) habe sie dagegen erklärt, im Gesundheitsfall ein Pensum von 80 bis 100 % zu leisten, wobei sie angab, eine - ihr vor längerer Zeit angebotene - Vol lzeitanstellung habe sie zugunsten der Anstellung im Stundenlohn abgelehnt, da die Einsätze so planbarer und flexibler und der Verdienst besser gewesen seien; auch habe sie damit Nachtschichten vermeiden können. Den Akten zufolge habe sie ihr Pensum ab dem Jahr 2007, als ihre beiden Kinder 13 bzw. 15 Jahre alt waren, bis auf rund 80 % im Jahr 2011 erhöht. Bereits damals wäre aber, so die Vorinstanz, in Anbetracht des Alters der Kinder und deren möglicher Betreuung durch den lediglich körperlich eingeschränkten Ehegatten (IV-Rentner) eine weitere Steigerung des Pensums jederzeit möglich gewesen. Auch die finanzielle Situation der Familie, auf die sich die Versicherte berufe, habe sich zwischen 2007 und 2012 nicht wesentlich verändert, so dass nicht wahrscheinlich sei, dass aufgrund finanzieller Notwendigkeit eine weitere Pensumserhöhung erfolgt wäre. Insgesamt sei überwiegend wahrscheinlich, dass die Beschwerdeführerin ihr Arbeitspensum auch im Gesundheitsfall nicht über 90 % erweitert hätte und daneben im Aufgabenbereich tätig wäre. Die Bemessung des Invaliditätsgrads erfolge demnach anhand der gemischten Methode. Bei einer erwerblichen Einbusse von 34.39 % und einer Einschränkung im Aufgabenbereich von 40 % resultiere ein Invaliditätsgrad von 35 %.  
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerdeführerin rügt, ob eine medizinisch-theoretisch attestierte Restarbeitsfähigkeit noch verwertet werden könne, sei - entgegen dem kantonalen Gericht - nicht durch den medizinischen Gutachter, sondern durch den Rechtsanwender zu beurteilen. Indem die Vorinstanz keine konkret in Betracht fallenden Arbeitsstellen nannte, sei sie ihrer Untersuchungspflicht nicht nachgekommen und habe den Anspruch der Versicherten auf rechtliches Gehör (Begründungspflicht) verletzt. Da ihre verbliebene Einsatzfähigkeit aufgrund des sehr instabilen Gesundheitszustands und immer wieder vorkommender Ohnmachtsanfälle auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nicht wirtschaftlich verwertbar sei, hätte beim Einkommensvergleich kein Erwerbseinkommen berücksichtigt werden dürfen.  
Nach welchen Gesichtspunkten die Entscheidung über die Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit erfolgt, ist eine Rechtsfrage (vgl. etwa BGE 140 V 267 E. 2.4 S. 270 mit Hinweisen), was im Übrigen auch die Vorinstanz nicht verkannte. Rechtsprechungsgemäss ist in der Regel die Verwertbarkeit umso eingehender abzuklären und nachzuweisen, je restriktiver das medizinische Anforderungsprofil umschrieben ist (Urteil 9C_253/2017 vom 6. Juli 2017 E. 2.2.1 mit Hinweis). Unverwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit ist erst anzunehmen, wenn die zumutbare Tätigkeit nur in so eingeschränkter Form möglich wäre, dass sie der ausgeglichene Arbeitsmarkt (vgl. Art. 7 Abs. 1 und 16 ATSG) praktisch nicht kennen würde und das Finden einer entsprechenden Stelle daher von vorneherein als ausgeschlossen erschiene (BGE 138 V 457 E. 3.1 S. 459 f.; Urteil 9C_769/2016 vom 29. Juni 2017 E. 4.3 mit Hinweisen). Die Vorinstanz hat kein Bundesrecht verletzt, wenn sie erkannt hat, dass eine derartige Konstellation nicht vorliege, biete doch der ausgeglichene Arbeitsmarkt rechtsprechungsgemäss genügend Stellen an, welche dem Belastungsprofil der Beschwerdeführerin (vgl. E. 3.1 oben) entsprächen. Konkrete, näher umschriebene Einsatzmöglichkeiten im Sinne von Arbeitsgelegenheiten konnte und musste sie nicht aufzeigen (vgl. z.B. Urteile 9C_283/2017 vom 29. August 2017 E. 4.2.3; 9C_226/2017 vom 7. August 2017 E. 3.2; 9C_469/2016 vom 22. Dezember 2016 E. 6.3). 
Daran ändern auch die Vorbringen der Versicherten, ihr Gesundheitszustand sei völlig instabil, sie leide unter Ohnmachtsanfällen und ihre Anwesenheit sei in keiner Weise planbar, nichts: Die auf konkreter Würdigung der ärztlichen Berichte beruhende vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung, wonach im April 2015 eine Verbesserung bzw. Stabilisierung des Gesundheitszustands mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit eingetreten sei, ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (E. 1 vorne). Dass diese im konkreten Fall offensichtlich unrichtig oder willkürlich sei, wird nicht aufgezeigt. 
 
4.2. Schliesslich trägt die Beschwerdeführerin vor, sie wäre ohne gesundheitliche Einschränkung in einem Pensum von 100 % erwerbstätig, weshalb der Invaliditätsgrad nicht mittels der gemischten Methode, sondern mittels Einkommensvergleichs hätte festgelegt werden müssen. Dabei wiederholt sie ihre bereits vor der Vorinstanz präsentierte Sicht der Dinge, ohne sich mit den diesbezüglichen Erwägungen des kantonalen Gerichts auch nur im Ansatz auseinanderzusetzen. Damit vermag sie den - eingehend und überzeugend begründeten - (tatsächlichen) Schluss der Vorinstanz (E. 3.3. oben) nicht als willkürlich oder sonstwie bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen (vgl. E. 1).  
 
4.3. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde unbegründet.  
 
5.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, der GastroSocial Pensionskasse, Aarau, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 11. Dezember 2017 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Oswald