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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.759/2005 /gij 
 
Urteil vom 12. April 2006 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aeschlimann, Eusebio, 
Gerichtsschreiberin Schoder. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Konrad Willi, 
 
gegen 
 
- Y.________, 
- Z.________, 
Beschwerdegegner, 
Gemeinde Hinwil, vertreten durch 
Rechtsanwalt Heinz O. Haefele, 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, Militärstrasse 36, Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Gestaltungsplan, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 
3. Kammer, vom 5. Oktober 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.a Am 16. Juni 2004 setzte der Gemeinderat Hinwil den Quartierplan Oberdorf innerhalb der Kernzone von Wernetshausen fest. Das Gebiet wird im Norden durch die Bachtelstrasse, im Westen und im Osten durch die Frohberg- und die Balmstrasse und im Süden durch den Schwändibach begrenzt. Der Quartierplan sieht den Bau einer in die Bachtelstrasse mündenden Stichstrasse zur Erschliessung der noch nicht überbauten Grundstücke und Grundstücksteile vor. 
 
Am 22. Juni 2004 genehmigte die Gemeindeversammlung Hinwil für dasselbe Gebiet den öffentlichen Gestaltungsplan Oberdorf. Dieser legt hauptsächlich Baubereiche, Firstrichtungen und Firstkoten entlang der nach dem Quartierplan vorgesehenen Stichstrasse fest. 
 
Der Gemeinderat veröffentlichte den Gemeinderatsbeschluss vom 16. Juni 2004 und den Gemeindeversammlungsbeschluss vom 22. Juni 2004 im gleichen Inserat im kantonalen Amtsblatt vom 2. Juli 2004, wobei in der Publikation das jeweilige Beschlussdatum sowie die Behörde, welche den Entscheid fasste, verwechselt wurden. 
A.b Am 28. Juli 2004 erhob X.________ als Anstösser der Frohbergstrasse "Rekurs in Sachen Quartierplan Oberdorf" und verlangte die Rückweisung des Plans zur Überarbeitung in seinem Sinn. Die Baurekurskommission III des Kantons Zürich nahm das Rechtsmittel als gegen beide Beschlüsse gerichtet entgegen und wies es am 23. März 2005 ab, soweit sie darauf eintrat. 
A.c Dagegen legte X.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein und beantragte die Aufhebung des Rekursentscheids und die Rückweisung der Sache zur Ergänzung und neuen Entscheidung an die Vorinstanz, eventuell die Aufhebung des Rekursentscheids sowie der diesem zugrunde liegenden Beschlüsse bzw. deren Abänderung im näher bezeichneten Sinn. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, eröffnete für jedes Anfechtungsobjekt (Quartierplan, Gestaltungsplan) ein eigenes Verfahren, vereinigte diese aber sogleich. Mit Entscheid vom 5. Oktober 2005 wies es die Beschwerde sowohl bezüglich des Gestaltungs- als auch des Quartierplans ab. Bezüglich des Gestaltungsplans führte es zur Begründung an, mangels einer gültigen Rechtsmittelerklärung hätte kein Rekursverfahren gegen den Gestaltungsplan eröffnet werden dürfen. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Abweisung des Rekurses (recte: das Nichteintreten auf den Rekurs) gegen den Gestaltungsplan sei daher als unbegründet abzuweisen und auf die Einwände bezüglich des Gestaltungsplans nicht einzugehen. 
B. 
X.________ hat gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Gehörsanspruchs (Art. 29 Abs. 2 BV), des Verbots des überspitzten Formalismus (Art. 29 Abs. 1 BV) und des Willkürverbots (Art. 9 BV) erhoben. Der Beschwerdeführer beantragt, es sei der angefochtene Entscheid soweit aufzuheben, "als damit die Beschwerde gegen den Nichteintretensentscheid der kantonalen Baurekurskommission in Sachen öffentlicher Gestaltungsplan Oberdorf vom 23. März 2005 abgewiesen wurde. "Zudem beantragt er, der staatsrechtlichen Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
C. 
Die Gemeinde Hinwil beantragt die Beschwerdeabweisung. Das Verwaltungsgericht beantragt ebenfalls die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die privaten Beschwerdegegner haben auf Vernehmlassung verzichtet. 
D. 
Mit Verfügung vom 24. Februar 2006 hat der Präsident der I. Öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Sachurteilsvoraussetzungen sind vorliegend grundsätzlich erfüllt. Auf die Beschwerde ist somit - unter dem Vorbehalt genügend begründeter Rügen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG) - einzutreten. 
2. 
2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Verbots des überspitzten Formalismus (Art. 29 Abs. 1 BV), des Willkürverbots (Art. 9 BV) und des Gehörsanspruchs (Art. 29 Abs. 2 BV). Bezüglich des Quartierplans lässt er den Entscheid des Verwaltungsgerichts unangefochten. Bezüglich des Gestaltungsplans macht er geltend, das Gericht habe § 23 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen (Verwaltungsrechtspflegegesetz; VRG/ZH) überspitzt formalistisch angewendet, indem es den Standpunkt vertrete, er habe im Rekursverfahren vor der Baurekurskommission den Gestaltungsplan nicht angefochten. 
2.2 Das aus Art. 29 Abs. 1 BV und dem Grundsatz von Treu und Glauben fliessende Verbot des überspitzten Formalismus wendet sich gegen prozessuale Formenstrenge, die als exzessiv erscheint, durch kein schutzwürdiges Interesse gerechtfertigt ist, zum blossen Selbstzweck wird und die Verwirklichung des materiellen Rechts in unhaltbarer Weise erschwert oder gar verhindert. Das Bundesgericht prüft frei, ob eine solche Rechtsverweigerung vorliegt (BGE 127 I 31 E. 2a/bb S. 34; 121 I 177 E. 2b/aa S. 179, je mit Hinweisen). Das Verbot willkürlicher Anwendung kantonalen Verfahrensrechts und der Anspruch auf rechtliches Gehör haben in diesem Zusammenhang keine selbständige Bedeutung. 
2.3 Nach § 23 Abs. 1 VRG/ZH muss die Rekursschrift einen Antrag und dessen Begründung enthalten (Satz 1). Der angefochtene Entscheid ist beizulegen oder genau zu bezeichnen (Satz 2). Antrag und Begründung sind formelles Gültigkeitserfordernis jedes Rekurses. Aus dem Antrag - allenfalls unter Zuhilfenahme der Begründung - ergibt sich, in welcher Richtung das Anfechtungsobjekt zu überprüfen ist. Dem Wortlaut von § 23 VRG/ZH lässt sich nicht entnehmen, welchen inhaltlichen Anforderungen Antrag und Begründung zu genügen haben. Diese sind deshalb anhand von Sinn und Zweck der Vorschrift zu bestimmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zur vergleichbaren Bestimmung von Art. 52 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) muss in einer Rechtsmitteleingabe mindestens eine individualisierte Person erkenntlich ihren Willen zum Ausdruck bringen, als Rechtsmittelkläger aufzutreten und die Änderung einer bestimmten, sie betreffenden und mittels Anordnung geschaffenen Rechtslage anzustreben (BGE 117 Ia 126 E. 5c S. 131 f.; 112 Ib 634 E. 2b S. 636, je mit Hinweisen). Bei Laienbeschwerden gelten zwar grundsätzlich weniger strenge Anforderungen an die Rechtsmitteleingabe (vgl. Kölz/ Bosshart/Röhl, VRG - Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, N. 3). Das Erfordernis eines hinreichend klar zum Ausdruck gebrachten Anfechtungswillens muss aber auch bei von rechtsunkundigen Personen erhobenen Rechtsmitteln gelten. 
2.4 Gemäss dem angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichts habe der Beschwerdeführer seine Eingabe im Titel als "Rekurs in Sachen Quartierplan Oberdorf" bezeichnet. Im formellen Teil der Rekursbegründung habe er sein Anfechtungsinteresse damit begründet, dass er Anstösser des Quartierplangebiets und der Frohbergstrasse sei, welche durch den Quartierplan erheblich belastet werde. Inhaltlich habe er einerseits Verfahrensmängel im Planungsablauf, anderseits Mängel des Quartierplans gerügt, wobei er dem Quartierplan zum Teil fälschlicherweise den Inhalt des Gestaltungsplans (Gebäudelänge und -abstände, Gewässerbaulinie) unterstellt habe. Gemäss seinen Ausführungen in der Rekursschrift sei sich der Beschwerdeführer indessen sehr wohl bewusst gewesen, dass neben dem Quartierplan auch ein Gestaltungsplan festgesetzt worden war. Dennoch habe er sich lediglich gegen den Quartierplan gewandt. Auf den Gestaltungsplan habe er in der Rekursschrift nur am Rande Bezug genommen. Auch in seinen späteren Eingaben an die Baurekurskommission habe der Beschwerdeführer nur den Quartierplan genannt. Demzufolge hätte die Baurekurskommission mangels einer gültigen Rechtsmittelerklärung kein Rekursverfahren gegen den Gestaltungsplan eröffnen dürfen. 
2.5 
2.5.1 Zum einen macht der Beschwerdeführer geltend, sein gegen den Gestaltungsplan gerichteter Anfechtungswille ergebe sich daraus, dass er den Gewässerabstand Schwändibach und damit materielle Vorschriften des Gestaltungsplans beanstandet habe. 
 
Gemäss dem Entscheid der Baurekurskommission ist die Gewässerabstandslinie (recte: Gewässerbaulinie) weder Gegenstand des Quartierplans noch des Gestaltungsplans. Der Beschwerdeführer legt vor Bundesgericht nicht dar, inwiefern die Gewässerbaulinie Gegenstand des Gestaltungsplans und auf welche Änderung des Gestaltungsplans sein Rechtsmittelwille in diesem Punkt gerichtet sein soll. Die in der staatsrechtlichen Beschwerdeschrift zitierten Passagen aus der Rekursschrift lassen nicht mehr erkennen, als dass der Beschwerdeführer die Nichteinhaltung der Gewässerbaulinie kritisiert. Mangels einer rechtsgenüglichen Begründung ist auf die staatsrechtliche Beschwerde insoweit nicht einzutreten (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 
2.5.2 Zum andern bringt der Beschwerdeführer vor, sein Rechtsmittelwille habe sich gegen die nach dem Gestaltungsplan zugelassenen Gebäudelängen gerichtet. Dies ergebe sich aus seinen Ausführungen über die Unzulässigkeit der Gebäudelänge von 24 Metern in Ziffer 8 sowie in Ziffer 15 der Rekurseingabe. 
 
In Ziffer 8 der Rekursschrift (S. 13) äusserte sich der Beschwerdeführer folgendermassen: "Gemäss Quartierplan ist es somit möglich, die Gebäudeabstände um 5,50 m oder über 40 % gegenüber vergleichbarer Wohnzone zu reduzieren (Uebernutzung). Dieser Sachverhalt hat grosse Einwirkung auf den Bedarf an Fahrzeugabstellplätzen und widerspricht in erheblichem Masse den wohnhygienischen Verhältnissen und dem Ortsbildschutz nebst anderen Immissionen. Bei den an den Quartierplan anschliessenden Nachbargebäuden sind die Gebäudelängen alle unter 18 m. Die Einordnung mit Erscheinungsbild mit 24 m langen Bauklötzen ist somit grob verletzt." Ziffer 15 der Rekursschrift (S. 16) lautet: "Die Blocklängen im Quartierplangebiet sind aus den bereits genannten Gründen und gemäss Vorentscheid des ARV auf max. 18 m zu beschränken." Aus den zitierten Passagen geht hervor, dass der Beschwerdeführer die Gebäudelängen und -abstände kritisiert. Daraus lässt sich aber keine deutliche Absicht (vgl. BGE 117 Ia 126 E. 5d S. 133) erkennen, den - im Übrigen fälschlicherweise als Quartierplan bezeichneten - Gestaltungsplan anfechten zu wollen. So zeigte der Beschwerdeführer in keiner Weise auf, inwiefern er von der durch den Gestaltungsplan geschaffenen Rechtslage überhaupt betroffen sein soll. Auch ist nicht ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der Verwechslungen im Inseratetext des Amtsblatts zur Publikation der Beschlüsse über die Festsetzung des Quartierplans und des Gestaltungsplans bei der Abfassung der Rekursschrift Fehler unterlaufen wären. In Anbetracht dieser sowie der vom Verwaltungsgericht genannten Umstände, dass der Titel der Rekursschrift und die Rekursanträge sich nur auf den Quartierplan beziehen, die Kritik am Gestaltungsplan einen Nebenpunkt der insgesamt zwanzigseitigen Rekursschrift betrifft und auch in den späteren Eingaben des Beschwerdeführers lediglich der Quartierplan aufgeführt ist, wendete das Verwaltungsgericht § 23 Abs. 1 VRG/ZH nicht überspitzt formalistisch an, wenn es die Erkennbarkeit des gegen den Gestaltungsplan gerichteten Rechtsmittelwillens verneinte. In diesem Punkt ist die staatsrechtliche Beschwerde unbegründet. 
3. 
Nach dem Gesagten hält der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts vor der Verfassung stand und ist die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). Praxisgemäss ist der weniger als 10'000 Einwohner zählenden und durch einen Rechtsanwalt vertretenen Gemeinde Hinwil eine Parteientschädigung zuzusprechen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Der Beschwerdeführer hat die Gemeinde Hinwil für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Hinwil und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 12. April 2006 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: