Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_34/2017   {T 0/2}  
   
   
 
 
 
Urteil vom 12. April 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Wirthlin, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Silvan Meier Rhein, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 14. November 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren 1963, war als Mitarbeiterin Reinigung bei der B.________ angestellt. Am 29. Oktober 2009 meldete sie sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Auskunft des Spitals C.________ litt sie unter einer chronischen therapieresistenten A34chillodynie beidseits mit persistierenden Schmerzen und protrahiertem Verlauf nach der Operation der rechten Ferse am 15. Dezember 2008. Sie stand zudem in Behandlung bei Dr. med. D.________, Rheumatologie FMH, und Dr. med. E.________, Innere Medizin FMH, wegen eines chronischen lumbospondylogenen und cervicocephalen Schmerzsyndroms und wurde psychiatrisch durch Dr. med. F.________ betreut. Wegen starker emotionaler Labilität, Instabilität, affektiver Reizbarkeit und mangelhafter Belastbarkeit habe sie immer wieder Probleme am Arbeitsplatz, und auch im häuslichen Rahmen bestehe eine Stimmungslabilität mit raschem Weinen und Umschlagen in heftigen Zorn. Seit der Fussoperation und der damit verbundenen Arbeitsunfähigkeit seit nunmehr einem Jahr seien die Konflikte am Arbeitsplatz weggefallen und sei sie diesbezüglich psychisch weniger belastet, indessen sei eine depressive Entwicklung wegen der anhaltenden Schmerzen eingetreten. Aktenkundig waren des Weiteren eine Adipositas sowie eine schlecht eingestellte Hypertonie. Die IV-Stelle des Kantons Zürich klärte die Situation im Haushalt ab (Bericht vom 30. April 2010). Sie ging davon aus, dass die Versicherte als Mutter dreier mittlerweile erwachsener Kinder wie vor dem Eintritt der Gesundheitsschädigung zu 74 Prozent im Beruf und zu 26 Prozent im Haushalt beschäftigt wäre. Mit Verfügung vom 26. August 2010 sprach sie A.________ ab dem 1. April 2010 eine Viertelsrente zu. 
Im Zuge eines von Amtes wegen eingeleiteten Revisionsverfahrens holte die IV-Stelle ein Gutachten des Zentrums für Arbeitsmedizin, Ergonomie und Hygiene AEH (mit Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit sowie psychiatrischer Beurteilung durch Dr. med. H.________) vom 28. Juli 2014 ein. Die Ärzte diagnostizierten eine chronische Achillodymie, ein chronisches lumbospondylogenes Schmerzsyndrom sowie eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, mit somatischen Symptomen (ICD-10 F33.01). In der angestammten Tätigkeit sei A.________ zu 100 Prozent arbeitsunfähig, in einer leichten wechselbelastenden Tätigkeit zu 70 Prozent arbeitsfähig. Mit Verfügung vom 30. September 2015 hob die IV-Stelle die ursprüngliche Rentenverfügung vom 26. August 2010 wiedererwägungsweise auf und stellte ihre Leistungen ein. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 14. November 2016 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei ihr weiterhin eine Viertelsrente auszurichten. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen). 
 
 
2.   
Das kantonale Gericht hat die für die Wiedererwägung nach Art. 53 Abs. 2 ATSG massgeblichen Grundsätze zutreffend dargelegt. Es wird darauf verwiesen. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die ursprüngliche Rentenzusprechung nicht zweifellos unrichtig gewesen sei. Mehrere Ärzte und mit ihnen auch der Regionale Ärztliche Dienst (RAD) hätten die Arbeitsfähigkeit damals auch bei sitzenden Tätigkeiten auf 50 Prozent eingeschätzt. Der Gesundheitszustand habe sich nicht verändert, sondern sei nun lediglich bei der aktuellen Begutachtung anders beurteilt worden. Eine Anpassung an die verschärfte Praxis bei depressiven Erkrankungen sei unzulässig. 
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht hat die der ursprünglichen Rentenzusprechung zugrunde liegenden Arztberichte eingehend dargestellt. Gestützt auf die Einschätzung des RAD vom 16. Februar 2010 mit dessen Hinweis auf den Bericht des behandelnden Hausarztes Dr. med. E.________ vom 12. Januar 2010 sei die IV-Stelle davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin in einer körperlich leichten, wechselbelastenden Tätigkeit ohne Kauern, Steigen auf Leitern und Gerüste und ohne längeres Gehen in unebenem Gelände zu 50 Prozent arbeitsfähig sei. Dr. med. E.________ habe indessen rein sitzende Tätigkeiten als zumutbar erachtet, ohne sich zum zeitlichen Rahmen zu äussern. Es lasse sich nicht nachvollziehen und finde auch in den weiteren damals vorliegenden Arztberichten keine Stütze, weshalb nach den Angaben des RAD auch in einer behinderungsangepassten Tätigkeit ab November 2009 lediglich eine 50-prozentige Arbeitsunfähigkeit bestehen soll. Die entscheidrelevante Frage, inwiefern sich die Fussproblematik der Beschwerdeführerin auf eine vorwiegend sitzende Tätigkeit auswirke, habe bei der Rentenzusprache niemand erörtert. Damit habe die Verwaltung den Sachverhalt unter Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes unvollständig abgeklärt, weshalb die Verfügung vom 26. August 2010 zweifellos unrichtig gewesen sei. Da die Berichtigung von erheblicher Bedeutung sei, sei die IV-Stelle befugt gewesen, wiedererwägungsweise darauf zurückzukommen.  
 
 
4.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass mehrere Ärzte eine 50-prozentige Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hätten, und bemängelt, dass die damaligen Abklärungen von Verwaltung und Vorinstanz nun erst im nachhinein und zu ihren Lasten als ungenügend erachtet würden. Die Einschätzung des RAD erscheine angesichts der damals vorliegenden Akten als vertretbar. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Insbesondere vermag die Beschwerdeführerin nicht zu entkräften, dass - abgesehen vom RAD - keiner der ärztlichen Berichte eine 50-prozentige Arbeitsunfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit bescheinigte. Auch der behandelnde Arzt des Spitals C.________, Dr. med. I.________, ging am 13. November 2009 davon aus, dass die Beschwerdeführerin mit Rücksicht allein auf die Fussproblematik in einer vorwiegend sitzenden Tätigkeit bis zu 100 Prozent arbeitsfähig wäre. Der Psychiater Dr. med. F.________ diagnostizierte am 4. Dezember 2009 eine rezidivierende depressive Störung bei emotional instabiler Persönlichkeit mit histrionischen Zügen sowie eine Schmerzstörung im Calcaneus-Bereich mit chronischem lumbospondylogenem Schmerzsyndrom und bescheinigte eine Arbeitsunfähigkeit von 30 bis 40 Prozent. Es erübrigt sich zu prüfen, ob darauf abgestellt werden konnte (zur Aufgabenteilung von rechtsanwendender Stelle und begutachtender Arztperson bei der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit als Grundlage für den Anspruch auf Invalidenrente: BGE 140 V 193). Auch bei einer 40-prozentigen Arbeitsunfähigkeit im erwerblichen Bereich resultierte kein Rentenanspruch. Die IV-Stelle ging davon aus, dass die Beschwerdeführerin zu 74 Prozent erwerbstätig und zu 26 Prozent im Haushalt beschäftigt gewesen wäre. Die Beeinträchtigung im Haushalt betrug 32 Prozent, gewichtet 8 Prozent, die Einbusse im erwerblichen Bereich beliefe sich nach den der Verfügung vom 26. August 2010 zugrunde gelegten Einkommenszahlen gewichtet auf 30 Prozent, was insgesamt zu einem Invaliditätsgrad von 38 Prozent führte. Es ist deshalb auch nicht weiter auf den Einwand einzugehen, dass Dr. med. H.________ anlässlich der aktuellen Begutachtung weiterhin von einer Arbeitsfähigkeit von 60 bis 70 Prozent ausgegangen sei (vgl. dazu auch E. 4.3).  
Lag zum Verfügungszeitpunkt keine Einschätzung der Leistungsfähigkeit in einer zumutbaren Verweistätigkeit vor und führte das psychische Leiden allein nicht zu einer rentenbegründenden Invalidität, hat die Vorinstanz die Rentenzusprechung praxisgemäss zu Recht als zweifellos unrichtig qualifiziert (in BGE 135 I 1 nicht publizierte E. 5.3 des Urteils 9C_342/2008 vom 20. November 2008). 
 
 
4.3. Zu prüfen bleibt nach der Aufhebung der ursprünglichen Rentenverfügung die Anspruchsberechtigung für die Zukunft. Das kantonale Gericht stützte sich dabei auf das AEH-Gutachten. Aus rein somatischer Sicht bestehe in einer leichten, überwiegend sitzenden Tätigkeit eine 75-prozentige Arbeitsfähigkeit. Es lägen keinerlei irgendwie verwertbaren Verlaufsdokumente vor und auch keine Hinweise auf eine radikuläre, Spinalkanal- oder bösartige Problematik, die weiterer Abklärung bedürften. Zufolge der mehrheitlich leichten depressiven Symptomatik sei die Beschwerdeführerin um höchstens 30 bis 40 Prozent eingeschränkt, wobei die AEH-Gutachter interdisziplinär insgesamt eine 70-prozentige Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit bescheinigten. Der psychiatrischen Einschätzung der Arbeitsfähigkeit ist das kantonale Gericht nicht gefolgt. Es hat vielmehr die bundesgerichtliche Praxis angewendet, wonach es leichten bis mittelgradigen depressiven Störungen an der vorausgesetzten Schwere des Leidens fehlt (BGE 139 V 547 E. 9.4 S. 568), seien sie im Auftreten rezidivierend oder episodisch, weshalb sie in der Regel invalidenversicherungsrechtlich zu keiner Einschränkung der Arbeitsfähigkeit führen (SVR 2016 IV Nr. 30 S. 90, 9C_539/2015 E. 4.1.3.1; Urteile 8C_344/2016 vom 23. Februar 2017 E. 5.2.2; 8C_566/2016 vom 12. Dezember 2016 E. 3.2.2; 8C_303/2016 vom 18. Juli 2016 E. 5). Eine Ausnahme anerkennt die Rechtsprechung dann, wenn sich ein solches Leiden als therapieresistent erwiesen hat. Das Bundesgericht hat sich zu diesem Kriterium erst neulich wieder geäussert. Nach gesicherter psychiatrischer Erfahrung seien Depressionen im Allgemeinen therapeutisch gut angehbar. Nur in der seltenen Konstellation einer Therapieresistenz sei die nach Art. 7 Abs. 2 Satz 2 ATSG verlangte objektive Unüberwindbarkeit gegeben (Urteil 8C_344/2016 vom 23. Februar 2017 E. 5.2.2 mit Hinweis auf BGE 141 V 281 E. 3.7.1 bis 3.7.3 S. 295 f.). Eine solche Therapieresistenz war für das kantonale Gericht nicht ausgewiesen. Entgegen dem Einwand der Beschwerdeführerin fehlte es deshalb nach der dargelegten Rechtsprechung bereits an der Unüberwindbarkeit als Voraussetzung einer Arbeits- beziehungsweise Erwerbsunfähigkeit und damit des Rentenanspruchs. Dementsprechend ist nicht erst im Rahmen eines späteren Revisionsverfahrens zu berücksichtigen, ob zwischenzeitlich der bei solchen Leiden zu erwartende Therapieerfolg eingetreten sei. Im Übrigen schloss das kantonale Gericht, dass selbst unter Annahme einer 70-prozentigen Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit nach der interdisziplinären Einschätzung - bei einem Anteil Erwerbstätigkeit von 74 Prozent und unveränderter Einschränkung im Haushaltsbereich von 32 Prozent, gewichtet 8 Prozent - kein rentenbegründender Invaliditätsgrad resultiere.  
 
4.4. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin vermögen keine offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellungen oder sonstige Bundesrechtsverletzungen zu begründen. Letzteres lässt sich auch nicht ersehen. Die Invalidenrente ist mit Verwaltung und Vorinstanz auf dem Wege der Wiedererwägung aufzuheben. Auch für die Zukunft besteht kein Rentenanspruch. Die vorinstanzlichen Feststellungen zur Anwendung der gemischten Methode, zu den erwerblichen Auswirkungen und zur zumutbaren Selbsteingliederung werden nicht beanstandet und geben keinen Anlass zu Weiterungen.  
 
5.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 12. April 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo