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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_711/2018  
 
 
Urteil vom 12. April 2019  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Parrino, 
Gerichtsschreiber Grünenfelder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Lotti Sigg, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 29. August 2018 (IV.2016.00929). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1972 geborene A.________, gelernter Maschinenzeichner, meldete sich im Februar 2009 unter Hinweis auf eine Depression, ein Burnout und eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich veranlasste bei Dr. med. B.________ ein psychiatrisches Gutachten vom 2. August 2009, holte eine interne fachärztliche Aktenbeurteilung ein und sprach A.________ ab 1. September 2009 rechtskräftig eine halbe Invalidenrente zu (Verfügung vom 19. Februar 2010). Am 12. Februar 2013 stellte dieser ein Erhöhungsgesuch und machte geltend, es bestehe nunmehr eine schwergradige, chronische, polymorph ausgestaltete und tiefgreifende psychische Erkrankung ohne begründete Aussicht auf Heilung oder substanzielle Besserung. Die Verwaltung liess A.________ bei der Gutachterstelle medaffairs AG, Basel, polydisziplinär abklären (Expertise vom 1. Juni 2015). Gestützt darauf bestätigte sie den bisherigen Rentenanspruch nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren mit Verfügung vom 1. Juli 2016. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 29. August 2018 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei ihm eine höhere Invalidenrente zuzusprechen; eventualiter sei die Sache zu weiteren medizinischen Abklärungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Das kantonale Gericht hat die einschlägigen Grundlagen zur Invalidität und Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 f. ATSG) und über die Revision von Invalidenrenten (Art. 17 Abs. 1 ATSG) - insbesondere was die Beurteilung eines im Wesentlichen unverändert gebliebenen Sachverhalts betrifft (vgl. BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10 f. mit Hinweisen) - zutreffend dargelegt. Korrekt sind auch die Ausführungen in Bezug auf den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352). Darauf wird verwiesen.  
 
2.2. Zu ergänzen ist, dass das Hinzutreten einer Diagnose alleine keinen Revisionsgrund oder eine hinreichende Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse darstellt, weil damit das quantitative Element der (erheblichen) Gesundheitsverschlechterung nicht zwingend ausgewiesen ist. Massgebend ist einzig, ob (und in welchem Ausmass) den medizinischen Akten eine (veränderte) Beeinträchtigung der Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit entnommen werden kann, und zwar unabhängig von der Diagnose und grundsätzlich unbesehen der Ätiologie (Urteil 9C_226/2016 vom 31. August 2016 E. 4.3.2 mit Hinweisen).  
 
3.   
Die Vorinstanz hat die Verfügung vom 1. Juli 2016 bestätigt und dem polydisziplinären Gutachten der medaffairs AG vom 1. Juni 2015 Beweiskraft zuerkannt. Sie hat erwogen, der psychiatrische Gutachter Dr. med. C.________ habe ausführlich diskutiert, weshalb er die von den anderen befassten Ärzten gestellten Diagnosen (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom [nachfolgend: ADS] im Erwachsenenalter [ICD-10 F90.0], schizotype Störung [ICD-10 F21.0], Asperger-Syndrom [ICD-10 F84.5]) nicht teile und stattdessen auf eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, emotional instabilen, neurotischen und narzisstischen Anteilen (ICD-10 F61.0) schliesse; diesbezüglich habe er dargelegt, dass der Störungsbeginn in die Adoleszenz des Versicherten falle, der Vorgutachter Dr. med. B.________ dieselbe Diagnose gestellt und sich diese bei der Begutachtung bestätigt habe. Vor diesem Hintergrund ist das kantonale Gericht zum Schluss gelangt, die geltend gemachte Verschlechterung erweise sich nicht als überwiegend wahrscheinlich. Vielmehr sei von einer zur Hauptsache unveränderten psychischen Störung auszugehen, die im Verlauf in diagnostischer Hinsicht lediglich unterschiedlich gefasst worden sei. 
 
4.  
 
4.1. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Kritik verfängt nicht, überzeugen doch die Ausführungen des psychiatrischen medaffairs-Experten Dr. med. C.________ in allen Teilen. Dieser hielt fest, seine Begutachtung sei weitgehend kongruent mit derjenigen des Dr. med. B.________ vom August 2009; auch bei der jetzigen Untersuchung finde man beim Versicherten schwere Beeinträchtigungen in der Selbstbehauptungsfähigkeit - was sich darin äussere, dass er mit Kritik nicht umgehen könne - und bezogen auf soziale Kontakte; in der Flexibilität, der Umstellungs-, Entscheidungs- und Durchhaltefähigkeit bestehe eine mittelgradige Einschränkung (vgl. medaffairs-Gutachten, S. 12). Führte Dr. med. C.________ weiter aus, die von ihm diagnostizierte kombinierte Persönlichkeitsstörung sollte mit einer ca. halbtägigen Arbeit vereinbar sein, so äusserte er sich - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - überdies nachvollziehbar zur Arbeitsfähigkeit. Inwieweit das Gutachten im entscheidenden Punkt unvollständig sein soll, ist unter diesen Umständen nicht erkennbar. Daran ändert insbesondere nichts, dass die medaffairs-Gutachter eine stationäre oder teilstationäre Verlaufsbeobachtung für angezeigt hielten. Denn offen blieb bei der Begutachtung einzig, ob beim Beschwerdeführer ein Asperger-Syndrom und/oder ein ADS sicher diagnostiziert werden können oder nicht. Nach Auffassung des psychiatrischen Experten seien diese Diagnosen nämlich bisher nur als "differenzialdiagnostische Möglichkeiten" diskutiert worden. Dass in diesem Zusammenhang überwiegend wahrscheinlich mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gerechnet werden müsste, geht aus der medaffairs-Expertise hingegen mit keinem Wort hervor und vermag der Versicherte auch nicht hinreichend zu substanziieren. Folglich ist mit dem kantonalen Gericht von einem rein diagnostisch begründeten Abklärungsbedarf auszugehen, welcher aus revisionsrechtlicher Sicht nicht relevant ist (vgl. E. 2.2).  
 
4.2. Wenn der Beschwerdeführer sodann erneut auf die abweichende psychiatrische Einschätzung der Dr. med. D.________, Psychiatrische Klinik E.________, (Berichte vom 20. Januar und 4. Oktober 2011) Bezug nimmt, kann ohne Weiteres auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden. Dem Unterschied zwischen Behandlungs- und Begutachtungsauftrag (vgl. dazu statt vieler: Urteil 9C_342/2018 vom 19. September 2018 E. 2 mit Hinweisen) muss im Übrigen auch hinsichtlich der im kantonalen Verfahren verurkundeten Aktennotiz über die telefonischen Angaben des behandelnden Psychiaters Dr. med. F.________ vom 7. Januar 2016 Rechnung getragen werden. Dies gilt umso mehr, als sich dessen Ausführungen weitgehend darauf beschränken, das medaffairs-Gutachten zu kritisieren, ohne den Schlussfolgerungen der medizinischen Experten fundierte eigene Erhebungen gegenüberzustellen. Eine diesbezügliche Rechtsverletzung fällt somit - anders als der Beschwerdeführer meint - jedenfalls ausser Betracht. Was schliesslich die Rüge betrifft, das Gutachten der medaffairs AG sei nicht beweistauglich, weil die Konsensbesprechung erst rund sieben Monate nach den Untersuchungen durch die einzelnen Experten stattgefunden habe, hat sich das kantonale Gericht auch damit bereits einlässlich auseinandergesetzt (vorinstanzliche Erwägung 6.3). Nähere Ausführungen dazu erübrigen sich. Auch anderweitig vermag der Beschwerdeführer nichts Entscheidendes gegen die im polydisziplinären Administrativgutachten vom 1. Juni 2015 enthaltenen Einschätzungen vorzubringen. Folglich durfte die Vorinstanz darauf abstellen, ohne Bundesrecht zu verletzen. Die Beschwerde ist unbegründet.  
 
5.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der unterliegende Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 12. April 2019 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder