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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
7B.53/2005 /bnm 
 
Urteil vom 12. Mai 2005 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
 
Besetzung 
 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Marazzi, 
Gerichtsschreiber Schett. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Philip Stolkin, 
 
gegen 
 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Kantonsgerichts von Freiburg, place de 
l'Hôtel-de-Ville 2a, Postfach 56, 1702 Fribourg. 
 
Gegenstand 
Pfändung, 
 
SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Kantonsgerichts von Freiburg vom 17. März 2005. 
 
Die Kammer zieht in Erwägung: 
 
1. 
1.1 Das Betreibungsamt A.________ pfändete am 3. Dezember 2004 in der gegen X.________ gerichteten Betreibung Nr. ... den Personenwagen "Z.________"; dabei wurde der vom Schuldner angeführte Drittanspruch von Y.________ vorgemerkt. Die Pfändungsurkunde wurde am 11. Januar 2005 verschickt. Mit Schreiben vom 14. Januar 2005 bestritt die Gläubigerin den Drittanspruch, worauf das Betreibungsamt der Drittansprecherin am 19. Januar 2005 eine Frist von 20 Tagen setzte, um beim Gericht des Sensebezirks Klage auf Feststellung ihres Eigentums am Personenwagen Z.________ zu erheben. Am 16. Februar 2005 teilte das Betreibungsamt X.________ mit, die Drittansprecherin habe keine Klage erhoben, weshalb ihr Anspruch dahinfalle und das Fahrzeug somit gepfändet sei. 
1.2 Mit Beschwerde vom 18. Februar 2005 beantragte X.________, die Pfändung vom 16. Februar 2005 aufzuheben, da er den Personenwagen Z.________ als Kompetenzstück beanspruche. Mit Entscheid vom 17. März 2005 wies das Kantonsgericht Freiburg, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten war. 
X.________ hat die Sache mit Beschwerde vom 29. März 2005 an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen. Er beantragt unter anderem die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. Sodann ersucht er um aufschiebende Wirkung und um unentgeltliche Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren. 
1.3 Das Kantonsgericht Freiburg hat bei der Übersendung der Akten auf Stellungnahme verzichtet (Art. 80 OG). Die Gemeinde B.________ hat ebenfalls auf Vernehmlassung verzichtet. Das Betreibungsamt A.________ hat in seiner Stellungnahme vom 12. April 2005 beantragt, die Beschwerde abzuweisen. 
1.4 Mit Präsidialverfügung vom 4. April 2005 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
2. 
2.1 Von Bundesrechts wegen besteht kein Anspruch auf einen zweiten Schriftenwechsel (Heinz Pfleghard, in: Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Auflage, 1998, Hrsg. Geiser/Münch, RZ 5.88, S. 189). Der im Übrigen mit keinem Wort begründete Antrag des Beschwerdeführers ist somit unzulässig. 
2.2 Das Bundesgericht ist an die tatsächlichen Feststellungen der Aufsichtsbehörde gebunden, d.h. dass die im angefochtenen Entscheid angeführten Tatsachen verbindlich sind und mit der Beschwerde nach Art. 19 SchKG nicht infrage gestellt werden können (Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 81 OG; BGE 119 III 54 E. 2b S. 55; 124 III 286 E. 3b S. 288). Neue Tatsachen können vor Bundesgericht nicht angeführt werden (Art. 79 Abs. 1 OG). Das betrifft insbesondere das Arztzeugnis vom 20. April 2005. 
 
Ebenfalls nicht berücksichtigt werden können die Vorbringen in der Vernehmlassung des Betreibungsamtes (BGE 111 III 5 E. 2), dass für den Weg zu Fuss vom Wohnort des Schuldners bis zur nächsten Haltestelle in B.________ nur ca. 15 Minuten benötigt würden und dass der Fahrzeugwert nach Euro-Tax per 7. April 2005 Fr. 5976.-- betrage. 
3. 
3.1 Die Aufsichtsbehörde führt aus, die Pfändung des Personenwagens Z.________ sei am 3. Dezember 2004 im Beisein des Beschwerdeführers vollzogen worden. Die Pfändungsurkunde sei ihm am 11. Januar 2005 zugestellt worden. Die Beschwerde gegen die Pfändung sei somit verspätet. Das Schreiben des Betreibungsamtes vom 16. Februar 2005 stelle keine neue Pfändung dar; damit sei der Beschwerdeführer lediglich darüber informiert worden, dass der Drittanspruch entfallen sei und die Pfändung nicht mehr länger hemme. Bei gleichzeitigem Vorliegen von Kompetenz- und Dritteigentumsansprachen sei daher zuerst (im Beschwerdeverfahren) die Frage der Kompetenzqualität zu klären (BGE 84 III 33 E. 3 mit Hinweisen). Der Schuldner dürfe deshalb, auch wenn er einen Dritten als Eigentümer betrachte und dessen Anspruch anerkannt habe, mit dem Beschwerdeverfahren wegen allfälliger Unpfändbarkeit nicht zuwarten (BGE 71 III 97 f.). Insoweit sei auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
3.2 Die Vorinstanz fährt fort, sie könne auf die Beschwerde demnach nur noch eintreten, wenn es sich bei der angefochtenen Pfändung um eine nichtige Verfügung im Sinne von Art. 22 SchKG handle. Nichtigkeit liege nur im Falle der Rechtsverletzung vor, während Unangemessenheit keinen Nichtigkeitsgrund darstelle. Die Rechtsverletzung müsse insofern eine qualifizierte sein, als dass nur die Verletzung bestimmter Rechtssätze zur Nichtigkeit führe, nämlich der Verstoss gegen Vorschriften, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden seien (Art. 22 Abs. 1 Satz 1 SchKG). Die Bestimmungen über die Unpfändbarkeit gemäss Art. 92 Abs. 1 Ziff. 1 und 3 SchKG, auf die sich der Beschwerdeführer implizit berufe, seien auch im Interesse der Familie des Schuldners erlassen worden. Demnach sei eine Pfändung nichtig, wenn sie in Verletzung von Art. 92 SchKG unpfändbare Vermögenswerte beschlage, welche den Schuldner oder seine Angehörigen in eine unhaltbare Notlage bringen oder deren Menschenwürde verletzen würden. 
Privatfahrzeuge - führt die Vorinstanz weiter aus - seien grundsätzlich pfändbar, ausgenommen, wenn sie als Berufsmittel im Sinne von Art. 92 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG dienten. Eine Ausnahme bilde auch der einem Invaliden zum Privatgebrauch dienende Wagen, im Besonderen, wenn er dessen als Transportmittel zum Ort seiner medizinischen Behandlung oder zur Aufrechterhaltung seiner Kontakte mit der Aussenwelt bedürfe (BGE 108 III 60 ff.). Der Beschwerdeführer sei gemäss eigenen Angaben seit dem 4. April 2002 ohne Arbeit, so dass er den Personenwagen Z.________ nicht zur Berufsausübung verwende. Soweit er vorbringe, das Auto für die Fahrten nach C.________ zur IV-Abklärung zu benötigen, sei darauf hinzuweisen, dass die Busverbindung B._______ je nach Tageszeit eine Fahrzeit von 59 Minuten bzw. 1 Stunde und 11 Minuten betrage, während die Fahrzeit mit dem Auto gemäss Directories Swissroute 11/04 ebenfalls 59 Minuten betrage. Aus dem eingereichten Arztzeugnis gehe hervor, der Beschwerdeführer leide an einer urogenitalen chronischen Erkrankung, die ihm beim Gehen Schmerzen bereite. Der Arzt empfehle, sein Patient solle das Auto weiterhin benützen können, da er durch seine regelmässigen Besuche bei Anwalt, Sozialdienst, BastIV in C.________ und weiteren Amtsstellen häufig hin- und herfahren müsse. Die allfällige spätere Verwertung des Fahrzeugs werde daher zur Folge haben, dass der Beschwerdeführer gemäss seinen Angaben vom Wohnort rund 30 Minuten zu Fuss zurücklegen müsse, um Anschluss an den öffentlichen Verkehr zu haben. Dies sei in ländlichen Gegenden nichts Aussergewöhnliches und bringe ihn daher weder in eine unhaltbare Notlage, noch werde dadurch seine Menschenwürde verletzt. Ein Nichtigkeitsgrund liege nicht vor. 
3.3 Die Vorinstanz hat zu Recht gestützt auf BGE 71 III 97 ff. befunden, die Unpfändbarkeit eines Gegenstandes müsse bereits im Zeitpunkt der Pfändung geltend gemacht werden, auch wenn der betreffende Gegenstand von einem Dritten als Eigentum beansprucht werde. Dass die Aufsichtsbehörde wegen verspäteter Geltendmachung die Beschwerde nur noch unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeit beurteilt hat, ist somit nicht zu beanstanden. 
3.4 Der Beschwerdeführer wirft der Aufsichtsbehörde eine Verletzung von Art. 92 Abs. 1 Ziff. 1 und 3 SchKG vor. 
3.4.1 Unpfändbar im Sinne von Art. 92 SchKG ist das Automobil, das dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dient und unentbehrlich ist (Abs. 1 Ziff. 1) oder das für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig ist (Abs. 1 Ziff. 3). Kann der Schuldner öffentliche Verkehrsmittel benutzen, gilt ein Fahrzeug im Grundsatz weder als "unentbehrlich" (BGE 106 III 104 S. 107; 108 III 60 E. 3 S. 63) noch als "notwendig" (BGE 104 III 73 E. 2 S. 75; 110 III 17 E. 2b S. 18). 
Der Beschwerdeführer bringt in der Hauptsache vor, ein Fahrzeug sei für ihn wegen seiner Unterleibsschmerzen, die ihn beim Gehen behinderten, unentbehrlich. Er sei aber auch auf ein Automobil angewiesen, um die täglichen Einkäufe zu tätigen und Freunde zu besuchen. Selbst der Weg zur Bushaltestelle sei vor diesem Hintergrund nicht zuzumuten. Gemäss den tatsächlichen und für die Kammer verbindlichen Feststellungen der Aufsichtsbehörde (Art. 63 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 81 OG) ist der Beschwerdeführer nicht derart körperlich behindert, dass für ihn das gepfändete Fahrzeug als unentbehrlich angesehen werden muss (zur Unentbehrlichkeit eines Fahrzeugs für einen Invaliden: BGE 106 III 104 ff.). Das Bundesgericht hat in BGE 108 III 60 E. 3 S. 64 befunden, das elementare Bedürfnis, in die Stadt zu fahren, um Besorgungen zu machen und um andere Menschen zu treffen, könne ebenso gut mit Hilfe eines Taxis befriedigt werden. Auch wenn solche Fahrten nahezu täglich ausgeführt würden, seien die Kosten hierfür nicht grösser als diejenigen, die für einen eigenen Wagen anfielen, ganz zu schweigen von der Amortisation des Automobils. Die Vorinstanz hat somit kein Bundesrecht verletzt, indem sie die Pfändbarkeit des Personenwagens Z._______ bejaht hat. Entspricht der angefochtene Entscheid der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, kann von einem nichtigen Entscheid umso weniger die Rede sein. 
3.4.2 Der Beschwerdeführer will sein Auto als Berufswerkzeug im Sinne von Art. 92 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG beanspruchen. Die Vorinstanz übersehe den Umstand, wonach es sich bei Umschulungen und beruflichen Abklärungen um Versuche handle, den (IV-)Versicherten wieder in das Berufsleben zu integrieren. 
Wie erwähnt (E. 3.2 hiervor) ist der Beschwerdeführer seit dem 4. April 2002 ohne Erwerbseinkommen und wird mittlerweile von der Sozialhilfe unterstützt. Die erkennende Kammer hat im Urteil 7B.16/2005 vom 28. Februar 2005 entschieden, das Fahrzeug, das ein Arbeitsloser für eine künftige Stelle benötige, sei nur dann unpfändbar, wenn das Werkzeug bereits Kompetenzcharakter hatte und die Erwerbslosigkeit lediglich von kurzer Dauer sei (E. 2.2). Der Beschwerdeführer kann sich somit nicht auf Art. 92 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG berufen, und ein Nichtigkeitsgrund liegt nicht vor. 
4. 
Schliesslich rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 92 Abs. 2 SchKG. Nach dieser Bestimmung dürfen Gegenstände nicht gepfändet werden, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt. 
 
Zur Begründung wird ausgeführt, der Personenwagen Z.________, das um die 120'000 gefahrene Kilometer aufweise, sei kaum mehr zu verkaufen. Sein Wert liege unter 1000 Franken. Den Akten kann indessen entnommen werden (Form. 23; Fristansetzung zur Klage gemäss Art. 107 SchKG), dass das Betreibungsamt von einem Schätzungswert von Fr. 5000.-- ausgeht, wobei die Betreibungssumme knapp Fr. 3000.-- beträgt. Für das Bundesgericht ist dieser Wert verbindlich (Art. 63 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 81 OG), und der vom Beschwerdeführer bloss behauptete Schätzungspreis kann nicht gehört werden. Die Rüge geht somit fehl. 
5. 
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a SchKG und Art. 61 Abs. 2 lit. a GebV SchKG), und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG). 
Der Beschwerdeführer hat für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Verbeiständung ersucht. Das Gesuch muss abgewiesen werden, da die Beschwerde nach dem Ausgeführten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg haben konnte (Art. 152 Abs. 1 OG), weshalb nicht geprüft zu werden braucht, ob für die Beantwortung der im vorliegenden Beschwerdeverfahren aufgeworfenen Fragen der Beizug eines Rechtsanwaltes überhaupt notwendig war (dazu BGE 118 III 33 E. 2b S. 36; 122 I 10 E. 2c). 
Demnach erkennt die Kammer: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Beschwerdegegnerin, dem Betreibungsamt A.________ und der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Kantonsgerichts von Freiburg schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 12. Mai 2005 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: