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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4A_222/2007 /len 
 
Urteil vom 12. Juli 2007 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, 
Gerichtsschreiber Mazan. 
 
Parteien 
A.________, 
B.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Obergericht des Kantons Solothurn, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Mietstreitigkeit; unentgeltliche Rechtspflege, 
 
Beschwerde in Zivilsachen gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Solothurn, Zivilkammer, 
vom 15. Mai 2007. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Mietvertrag vom 26. Juni 2003 haben A.________ und B.________ (Beschwerdeführer) von C.________ per 1. Juli 2003 ein Einfamilienhaus gemietet. Mit Briefen vom 8. November 2004 und 17. November 2004 mahnte C.________ ausstehende Mietzinse. Am 2. Dezember 2004 stellte er den Beschwerdeführern die Zusammenstellung der Mietzins- und Nebenkostenausstände von insgesamt Fr. 10'405.05 zu und setzte ihnen unter Hinweis auf Art. 257d OR eine Zahlungsfrist von 30 Tagen. Mit Schreiben vom 5. Januar 2005 teilten die Beschwerdeführer C.________ mit, sie würden die geltendgemachten Mietzins- und Nebenkostenausstände bestreiten; sollte die Forderung zu Recht bestehen, so würden sie die Verrechnungseinrede erheben. Am 10. Januar 2005 kündigte C.________ das Mietverhältnis mit dem amtlichen Formular. 
B. 
Am 24. Januar 2005 reichten die Beschwerdeführer bei der Mietschlichtungsbehörde Olten-Gösgen Klage ein betreffend Anfechtung der Kündigung, eventuell Erstreckung des Mietverhältnisses. Mit Entscheid vom 14. April 2005 wies die Mietschlichtungsbehörde die Klage ab. 
Mit Klage vom 28. Juni 2005 beantragten die Beschwerdeführer dem Richteramt Olten-Gösgen im Wesentlichen, es sei festzustellen, dass sich der Beschwerdeführer 1 bezüglich der Leistung von Mietzinsen und Nebenkosten nicht in Zahlungsverzug befinde; demgemäss sei die angefochtene Kündigung aufzuheben, eventualiter das Mietverhältnis um vier Jahre zu erstrecken. Mit Urteil vom 14. September 2006 wies das Richteramt Olten-Gösgen sämtliche Begehren ab (Ziff. 1), auferlegte den Beschwerdeführern die Kosten, wobei sie zufolge unentgeltlicher Rechtspflege einstweilen auf die Staatskasse genommen wurden (Ziff. 2) und verpflichtete die Beschwerdeführer, C.________ eine Prozessentschädigung zu bezahlen (Ziff. 3). 
Gegen dieses Urteil erhoben die Beschwerdeführer Appellation ans Obergericht des Kantons Solothurn und beantragten für das Appellationsverfahren ebenfalls die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Mit Verfügung vom 15. Mai 2007 entzog der Referent des Obergerichts des Kantons Solothurn den Beschwerdeführern die bisher gewährte unentgeltliche Rechtspflege (Ziff. 1) und verpflichtete sie, für das Appellationsverfahren einen Kostenvorschuss von Fr. 2'500.-- zu bezahlen (Ziff. 2). 
C. 
Mit Beschwerde vom 12. Juni 2007 beantragen die Beschwerdeführer dem Bundesgericht im Wesentlichen, es sei die Verfügung des Referenten des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 15. Mai 2007 aufzuheben, und es sei den Beschwerdeführern im Appellationsverfahren die unentgeltliche Prozessführung weiterhin zu gewähren. Weiter beantragen die Beschwerdeführer auch für das Verfahren vor Bundesgericht die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Mit Verfügung vom 14. Juni 2007 erteilte der Präsident der I. zivilrechtlichen Abteilung der Beschwerde superprovisorisch die aufschiebende Wirkung. 
Auf die Einholung von Vernehmlassungen wurde verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Weil die angefochtene Verfügung nach dem Datum des Inkrafttretens des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG, SR 173.110), dem 1. Januar 2007 (AS 2006, 1242) ergangen ist, untersteht die Beschwerde dem neuen Recht (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
2. 
Der Referent des Obergerichts hat das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, die Verrechnungserklärung im Schreiben vom 5. Januar 2005, mit welchem die Forderung für ausstehende Mietzinse und Nebenkosten hätte getilgt werden sollen, sei zu wenig bestimmt gewesen. Der in diesem Schreiben enthaltene Hinweis auf Ansprüche "aus wertvermehrenden Aufwendungen am Mietobjekt" sei zu allgemein gehalten, weil damit weder die Verrechnungsforderung bezeichnet werde noch ersichtlich sei, welche konkreten Aufwendungen und Beträge gemeint seien. Auch der Hinweis auf eine Vereinbarung, "dass Mietzinsen und Nebenkosten mit Forderungen aus welchen Rechtstiteln auch immer verrechnet werden können", genüge nicht. Die Verrechnungswirkung sei daher nicht eingetreten. 
Die Beschwerdeführer kritisieren die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege im kantonalen Verfahren in verschiedener Hinsicht als verfassungswidrig. 
3. 
Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege ergibt sich als Minimalgarantie direkt aus Art. 29 Abs. 3 BV, soweit das kantonale Recht keine weitergehenden Ansprüche gewährt. Die Beschwerdeführer kritisieren sowohl eine Verletzung von Bundesverfassungsrecht (Art. 29 Abs. 3 BV) als auch von kantonalem Recht (Art. 18 Abs. 3 KV/SO und § 106 ZPO/SO). Allerdings machen sie nicht geltend, dass und inwiefern ihnen das kantonale Recht Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege über die Minimalgarantien der Bundesverfassung hinaus gewähren würde. Das Bundesgericht kann sich daher darauf beschränken zu prüfen, ob durch den angefochtenen Entscheid Art. 29 Abs. 3 BV verletzt wurde. 
3.1 Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Die Rüge einer bedürftigen Partei, ihr verfassungsmässiger Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege sei verletzt, prüft das Bundesgericht in rechtlicher Hinsicht frei, in tatsächlicher dagegen nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür (BGE 125 II 265 E. 4b S. 275, 124 I 304 E. 2c S. 306 f., je mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung ist ein Begehren dann aussichtslos, wenn die Gewinnchancen beträchtlich geringer als die Verlustgefahren sind und deshalb kaum mehr als ernsthaft bezeichnet werden können (BGE 131 I 113 E. 3.7.3 S. 122, 129 I 129 E. 2.2 S. 134, je mit Hinweisen). 
3.2 Umstritten ist die Frage, ob die Auffassung der Beschwerdeführer aussichtslos ist, dass mit ihrem Schreiben vom 5. Januar 2005 die Verrechnungswirkung herbeigeführt worden sei und damit die ausstehenden Mietzinse getilgt worden seien. 
3.2.1 Nach Art. 124 Abs. 1 OR muss der Schuldner dem Gläubiger zu erkennen geben, dass er von seinem Recht der Verrechnung Gebrauch machen will. Das Verrechnungsrecht wird durch einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärung des Verrechnenden ausgeübt. Mit der Verrechnung nimmt der Schuldner ein Gestaltungsrecht wahr, weshalb er dem Gläubiger seine Absicht klar und eindeutig kundtun muss. Aus der Erklärung selber oder aus den Umständen muss der Gegenstand der Verrechnung, d.h. die Verrechnungsforderung und die Hauptforderung, hervorgehen, damit die Verrechnungswirkung eintritt (Urteil 4C.228/2006 vom 30. Oktober 2006, E. 2.1, mit den dortigen Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur). 
3.2.2 In ihrem Schreiben vom 5. Januar 2005 nehmen die Beschwerdeführer zunächst Bezug auf die Verrechnung der Mietzinsforderung mit angeblichen Ansprüchen aus wertvermehrenden Aufwendungen ("Sollte deine Forderung zu Recht bestehen, so erheben wir die Verrechnungseinrede vorab mit Ansprüchen aus wertvermehrenden Aufwendungen am Mietobjekt"). Die Auffassung des Referenten des Obergerichtes, dass mit dieser Formulierung weder die Verrechnungsforderung bezeichnet werde noch den Umständen entnommen werden könne, welche Aufwendungen und Beträge gemeint seien, ist in der Beschwerde unwidersprochen geblieben. Soweit die Beschwerdeführer die Tilgung der Mietzinsforderung aufgrund einer Verrechnung mit Ansprüchen aus wertvermehrenden Aufwendungen begründen, ist ihr Standpunkt offensichtlich aussichtslos. 
3.2.3 Weiter verweisen die Beschwerdeführer auf das Schreiben vom 5. Januar 2005, wonach ein allfälliger Mietzinsausstand auch mit weiteren Forderungen verrechnet werden könne ("Im übrigen haben wir vereinbart, dass die Mietzinsen und Nebenkosten mit Forderungen aus welchem Rechtstitel auch immer verrechnet werden können"). Im Verfahren vor der ersten Instanz (Richteramt Olten-Gösgen) haben die Beschwerdeführer einerseits angebliche Provisionszahlungen zur Verrechnung gestellt; davon ist heute keine Rede mehr. Andrerseits machten die Beschwerdeführer geltend, im Zusammenhang mit Guthaben aus Arbeitsleistung sei die Verrechnung erklärt worden. Auch in diesem Zusammenhang durfte der Referent am Obergericht des Kantons Solothurn ohne Verfassungsverletzung festhalten, dass die konkrete Verrechnungsforderung nicht bezeichnet worden sei. Offenkundig ist mit der Formulierung "Forderungen aus welchem Rechtstitel auch immer" die konkrete Verrechnungsforderung nicht genannt worden. Hinzu kommt, dass sich die angeblichen Lohnforderungen des Beschwerdeführers 1, welche nach der Darstellung der Beschwerdeführer unter die Formulierung "Forderungen aus welchen Rechtstiteln auch immer" fallen sollen, gegen die D.________ GmbH und die E.________ GmbH richten. Da es sich bei diesen juristischen Personen um Dritte handelt, scheitert die Verrechnung von arbeits- und mietrechtlichen Ansprüchen bereits an der fehlenden Gegenseitigkeit (Art. 120 Abs. 1 OR). Daran ändert insbesondere der Hinweis auf ein Schreiben vom 22. Juni 2004 nichts, in welchem die Beschwerdeführer eine Vereinbarung der Verrechenbarkeit von arbeits- und mietvertraglichen Forderungen zu erkennen glauben. Effektiv haben die Parteien des Arbeitsverhältnisses mit diesem Schreiben eine Vereinbarung über die Erfüllungsmodalitäten der Lohnzahlung getroffen (Lohnauszahlung auf das Mietzinskonto UBS 232-535353.M1G). Dass der Vermieter C.________ hinsichtlich der Lohnforderung Schuldner des Beschwerdeführers 1 geworden sein soll, wird auch dadurch widerlegt, dass der Beschwerdeführer 1 wiederholt von der D.________ GmbH und der E.________ GmbH Lohnabrechnungen einforderte. 
3.3 Aus diesen Gründen durfte der Referent des Obergerichts ohne Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV annehmen, der Standpunkt der Beschwerdeführer sei aussichtslos, dass die Forderung des Vermieters wegen Mietzinsausständen zufolge Verrechnung mit Ansprüchen der Beschwerdeführer gegen den Vermieter getilgt worden sei. Der obergerichtliche Referent hat die unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit somit zu Recht verweigert. 
4. 
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen. Die Beschwerdeführer haben auch für das Verfahren vor Bundesgericht um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersucht. Nachdem sich ergeben hat, dass der Standpunkt der Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren aussichtslos ist, erweist sich auch die vorliegende Beschwerde aus den gleichen Gründen als aussichtslos, weshalb ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Verfahren vor Bundesgericht ebenfalls abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer unter solidarischer Haftbarkeit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Im Übrigen besteht kein Anlass, dem obsiegenden Gemeinwesen eine Entschädigung zuzusprechen, zumal auch keine Vernehmlassung eingereicht wurde (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 12. Juli 2007 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: