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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_508/2008/bnm 
 
Urteil vom 12. Dezember 2008 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stephan Zimmerli, 
 
gegen 
 
Z._______ AG, 
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Ralph Sigg, 
 
Gegenstand 
Provisorische Rechtsöffnung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Justizkommission, vom 2. Juli 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit Vertrag vom 10. März 2006 verkaufte X.________ der Z._______ AG das gesamte Aktienkapital der Y._______ AG (60 Namenaktien mit Nennwert von je Fr. 1'000.--), die ihrerseits Mehrheitseigentümerin der S.________ AG war (1'088 von 1'200 Namenaktien mit Nennwert von je Fr. 1'000.--). Nebst dem Aktienpaket verkaufte X.________ der Z.________ auch seine Guthaben bei der Y.________ AG von Fr. 454'500.-- und bei der S.________ AG von Fr. 400'000.--. Der Kaufpreis betrug insgesamt Fr. 3'500'000.-- und war wie folgt zu bezahlen: Fr. 1,5 Mio. "durch Banküberweisung nach Vertragsunterzeichnung und definitiver Freigabe der Aktien durch die Bank T.________" sowie je Fr. 1 Mio. "durch Aktienhinterlage" per 31. Dezember 2006 bzw. per 31. Dezember 2007. 
 
In einer Zusatzvereinbarung vom gleichen Tag hielten die Parteien fest, der Kaufpreis für die Aktien der Y.________ AG betrage Fr. 2'646'000.-- und bleibe selbst bei einem Jahresverlust 2005 bis zu Fr. 1,5 Mio. unverändert. Ein allfällig übersteigender Betrag führe zu einer Kaufpreiskonzession und müsse zur Hälfte vom Verkäufer getragen werden. 
 
In einer weiteren Vereinbarung vom 13. März 2006 verpflichtete sich die Z.________, die jeweilige Restanz des Kaufpreises von Fr. 3,5 Mio. mit 5% zu verzinsen, wobei der Zins erstmals am 31. Mai 2006 und sodann jeweils auf Ende eines Quartals fällig werde. 
 
B. 
Mit Zahlungsbefehl Nr. 2 des Betreibungsamtes A.________ vom 11. Mai 2007 leitete X.________ gegen die Z.________ die Betreibung ein für Fr. 1'349'469.35 nebst Zins zu 5% seit 31. Mai 2006 und für Fr. 1'000'000.-- nebst Zins zu 5% seit 1. Januar 2007. 
 
Mit Verfügung vom 13. März 2008 erteilte der Einzelrichter am Kantonsgericht Zug für die verlangten Beträge provisorische Rechtsöffnung. 
 
Dagegen wies das Obergericht des Kantons Zug das Rechtsöffnungsbegehren mit Urteil vom 2. Juli 2008 ab. 
 
C. 
Gegen das obergerichtliche Urteil hat X.________ am 31. Juli 2008 Beschwerde in Zivilsachen erhoben mit den Begehren um dessen Aufhebung und Erteilung der Rechtsöffnung, eventualiter um Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Mit Präsidialverfügung vom 5. August 2008 wurde der Antrag auf aufschiebende Wirkung abgewiesen. In ihrer Vernehmlassung vom 17. September 2008 hat die Z.________ auf Abweisung der Beschwerde geschlossen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Der angefochtene Rechtsöffnungsentscheid ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid mit Fr. 30'000.-- übersteigendem Streitwert, gegen den grundsätzlich die Beschwerde in Zivilsachen ergriffen werden kann (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). 
 
Rechtsöffnungen sind keine vorsorglichen Massnahmen im Sinn von Art. 98 BGG, weshalb alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig sind und das Bundesgericht behauptete Rechtsverletzungen mit freier Kognition prüft (BGE 133 III 399 E. 1.5 S. 400). Indes ist es an die kantonalen Sachverhaltsfeststellungen gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann einzig vorgebracht werden, der Sachverhalt sei offensichtlich unrichtig festgestellt worden (Art. 97 Abs. 1 BGG), wobei "offensichtlich unrichtig" mit "willkürlich" gleichzusetzen ist (Botschaft, BBl 2001 IV 4338; 133 III 393 E. 7.1 S. 398). Diesbezüglich gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG), wie es für die frühere staatsrechtliche Beschwerde gegolten hat (BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). 
 
2. 
Die Beschwerdegegnerin hat das Vorliegen eines provisorischen Rechtsöffnungstitels im Sinn von Art. 82 Abs. 1 SchKG und die Höhe der darin ausgewiesenen Forderungen nie bestritten. Hingegen hat sie im kantonalen Verfahren nebst verschiedenen anderen Einwendungen im Sinn von Art. 82 Abs. 2 SchKG geltend gemacht, der Beschwerdeführer habe den Kaufvertrag nicht richtig erfüllt. Der Beschwerdeführer habe stets davon gesprochen, dass die von der Y.________ AG an der S.________ AG gehaltenen 1088 Namenaktien bei der Bank T.________ in einem Depot verwahrt würden, und er habe verheimlicht, dass sie in Wirklichkeit verpfändet gewesen seien. Sie habe die gesicherten Kredite von Fr. 2,9 Mio. ablösen müssen, damit die Bank T.________ bereit gewesen sei, von der Zwangsverwertung der Aktien abzusehen und diese herauszugeben. 
 
Das Obergericht hat dazu erwogen, im Kaufvertrag werde festgehalten, dass die Y.________ AG Eigentümerin von 1'088 Aktien der S.________ AG sei (Ziff. 2) und dass sie diese per Vertragsunterzeichnung besitze (Ziff. 4). Die Darstellung der Beschwerdegegnerin, dass darin eine Zusicherung des unbelasteten Eigentums enthalten sei, erweise sich nicht als haltlos und sei vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten worden. Was die Tatsache der Verpfändung anbelange, habe die Beschwerdegegnerin die Pfandverträge zwar erst im oberinstanzlichen Verfahren und damit verspätet beigebracht, aber bereits im erstinstanzlichen Verfahren habe sie ein Schreiben der Bank T.________ eingereicht, wonach die Aktien erst nach Ablösung sämtlicher bestehender Kredite ausgehändigt würden, weshalb die Einwendung der nicht gehörigen Vertragserfüllung nicht haltlos erscheine. 
 
Das Obergericht hat weiter erwogen, den Käufer träfen zwar verschiedene Prüfungs- und Rügepflichten; indes finde bei absichtlicher Täuschung durch den Verkäufer keine Beschränkung der Gewährleistung wegen versäumter Anzeige statt. Zur Darstellung der Beschwerdegegnerin, wonach sie der Bank T.________ für die Herausgabe der Aktien Fr. 2,9 Mio. habe bezahlen müssen, habe der Beschwerdeführer erstinstanzlich keine Stellung genommen; ferner habe er oberinstanzlich nicht bestritten, dass er bei Vertragsabschluss verschwiegen habe, dass sämtliche Aktien der S.________ AG an die Bank T.________ verpfändet und die Kredite fällig gestellt gewesen seien. Müsse aber von einer Zusicherung, dass die Aktien unbelastet seien, ausgegangen werden, sei eine absichtliche Täuschung glaubhaft, und es erscheine auch als glaubhaft, dass die Beschwerdegegnerin in Kenntnis der wahren Sachlage den Kaufvertrag nicht in dieser Form geschlossen hätte. 
 
3. 
Der Beschwerdeführer kritisiert zunächst die Annahme des Obergerichts, wonach der Beschwerdegegnerin im Kaufvertrag glaubhaft zugesichert worden sei, die Aktien seien unbelastet. 
 
3.1 In diesem Zusammenhang rügt der Beschwerdeführer zunächst eine offensichtlich unrichtige bzw. willkürliche Sachverhaltsfeststellung. Er macht geltend, das Obergericht habe die aktenkundige und in beiden Instanzen geltend gemachte Tatsache ausser Acht gelassen, dass die Beschwerdegegnerin nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Kaufvertrages "die Bücher der S.________ AG geprüft" und ihn von "jeglicher Gewährleistung" befreit habe. 
 
Normalerweise ist aus den "Büchern" einer Firma (gemeint sein dürften Bilanz und Erfolgsrechnung, allenfalls weitere Buchhaltungsunterlagen) nicht ersichtlich, ob deren Aktien durch den Inhaber verpfändet worden sind. Der abstrakte Verweis auf die Einsichtnahme in die Bücher geht deshalb an der Sache vorbei; wenn schon müsste der Beschwerdeführer aufzeigen, dass und inwiefern im konkreten Fall die Verpfändung eben doch aus den Büchern ersichtlich gewesen wäre. Ist dies aber nicht geschehen und ist der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin laut Vertrag Einsicht in die Bücher genommen hat, demzufolge für die Verpfändungsfrage nicht von Bedeutung, durften willkürfrei entsprechende Sachäusserungen seitens des Obergerichtes unterbleiben. 
 
3.2 In rechtlicher Hinsicht wirft der Beschwerdeführer dem Obergericht vor, den Begriff des Glaubhaftmachens im Sinn von Art. 82 Abs. 2 SchKG falsch verstanden bzw. angewandt zu haben. 
 
Bei der Annahme, es erscheine glaubhaft, dass die Eigenschaft der Lastenfreiheit der Aktien zugesichert worden sei, hat das Obergericht in erster Linie auf Ziff. 4 des Vertrages abgestellt, wo davon die Rede ist, dass die Aktien sich per Vertragsschluss im Besitz der Y.________ AG befänden. Mit dem verklausulierten Vorbringen, die Beschwerdegegnerin "hätte um die Verpfändung wissen müssen", weil im Kaufvertrag im Zusammenhang mit der Zahlung des Kaufpreises von einer "definitiven Freigabe der Aktien" durch die Bank T.________ die Rede sei, ist keine Rechtsverletzung darzutun, umso weniger als der Beschwerdeführer auch in der vorliegenden Beschwerde nicht behauptet, dass er die Gegenseite über die Verpfändung informiert habe. Mit der Wendung "definitive Freigabe der Aktien" kann sehr wohl auch die Herausgabe von Aktien, die sich unbelastet in einem Bankdepot befinden, gemeint sein, und darauf durfte die Beschwerdegegnerin aus Ziff. 4 des Vertrages, wonach die Y.________ AG im Besitz der Aktien der S.________ AG sei, schliessen, weil eine Verpfändung die Besitzübertragung an den Pfandnehmer voraussetzt (Art. 884 Abs. 1 und Art. 899 Abs. 2 ZGB). Das Obergericht konnte deshalb den Einwand der zugesicherten Lastenfreiheit ohne Verletzung von Bundesrecht als glaubhaft ansehen, zumal der Beschwerdeführer nicht aufzeigt, dass und inwiefern er seine Behauptung, der Vertrag sei nicht von ihm, sondern von der Gegenseite redigiert worden, bereits vor Obergericht erhoben hat, weshalb dieses Vorbringen neu und damit unzulässig ist (Art. 99 Abs. 1 BGG). Damit stösst das Argument, Verträge seien contra stipulatorem auszulegen, ins Leere. 
 
4. 
Der Beschwerdeführer kritisiert weiter die Annahme des Obergerichtes, die Beschwerdegegnerin sei absichtlich über einen Sachmangel getäuscht worden und es finde deshalb keine Beschränkung der Gewährleistung wegen versäumter Mängelrüge statt. 
 
4.1 Auch im Zusammenhang mit der Täuschung rügt der Beschwerdeführer zunächst eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung. Das Obergericht sei ohne nähere Abklärungen davon ausgegangen, dass er von der Verpfändung gewusst und daher die Käuferin absichtlich getäuscht habe. 
 
Der Beschwerdeführer war Alleinaktionär der Y.________, deren wesentliches Aktivum die Mehrheitsbeteiligung an der S.________ AG war. Anlass bzw. Hauptgegenstand des Kaufgeschäfts war denn auch die Übertragung der S.________ AG, wie sich aus dem Kaufvertrag und den Rechtsschriften ergibt. Weiter lässt sich dem Kaufvertrag entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Übernahme sowohl aus dem Verwaltungsrat der Y.________ AG als auch aus demjenigen der S.________ AG zurückgetreten ist. Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umfangs des Verpfändungsgeschäftes durfte das Obergericht davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer hierüber im Bild war; jedenfalls müsste er bei der konkreten Sachlage im Einzelnen aufzeigen, dass und inwiefern er im kantonalen Verfahren die betreffende Kenntnis bestritten und das Obergericht diese dennoch in willkürlicher Weise als gegeben erachtet hat. 
 
Für die weitere Sachverhaltsrüge, die Beschwerdegegnerin habe aufgrund ihrer Einsichtnahme in die Bücher der S.________ AG von der Verpfändung wissen müssen und habe deshalb gar nicht getäuscht werden können, kann auf die Ausführungen in E. 3.1 verwiesen werden. 
 
4.2 In rechtlicher Hinsicht wirft der Beschwerdeführer dem Obergericht vor, es sei von einer absichtlichen Täuschung im Sinn von Art. 28 OR ausgegangen, obwohl die Beschwerdegegnerin eine Vertragsanfechtung innert Jahresfrist (Art. 31 OR) unterlassen habe; der Vertrag sei damit genehmigt und gültig. Diese Ausführungen gehen indes an der Sache vorbei; das Obergericht hat nirgends von einer Vertragsanfechtung gesprochen, sondern die absichtliche Täuschung einzig im Zusammenhang mit der Frage erwähnt, ob die Sachgewährleistung allenfalls an der unterlassenen Mängelrüge scheitern könnte (Art. 201 Abs. 2 OR). Es verneinte die Verwirkung der Mängelrechte, indem es eine absichtliche Täuschung als glaubhaft ansah (Art. 203 OR i.V.m. Art. 82 Abs. 2 SchKG). Durfte aber das Obergericht davon ausgehen, die Zusicherung unbelasteten Aktieneigentums erscheine glaubhaft (dazu E. 3.2), so ist in Bezug auf die Annahme einer absichtlichen Täuschung keine Rechtsverletzung ersichtlich, ist doch eine zugesicherte Eigenschaft in der Regel vertragswesentlich und begründet eine diesbezügliche Irreführung - vorliegend durch die Vertragsklausel, die Y.________ AG sei per Vertragsschluss im Besitz der Aktien - eine absichtliche Täuschung (SCHÖNLE/HIGI, Zürcher Kommentar, N. 10 zu Art. 203 OR); jedenfalls müsste der Beschwerdeführer in der konkreten Situation darlegen, inwiefern es für die Beschwerdegegnerin ungeachtet der glaubhaft gemachten Zusicherung belanglos war, ob die Aktien frei verfügbar oder verpfändet seien. 
 
4.3 Dass das Fehlen einer im Sinn von Art. 197 Abs. 1 OR zugesicherten Eigenschaft auch bei Aktien grundsätzlich die Sachmängelhaftung auslösen kann (vgl. BGE 107 II 419 E. 1 S. 422), bestreitet der Beschwerdeführer nicht. Offenbar hat die Beschwerdegegnerin ihre Mängelrechte dahingehend ausgeübt, dass sie Minderung geltend gemacht hat; darauf weist der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde selbst hin (Ziff. 5.5.7 und 6.1.5), und insofern scheinen Einwendungen im Sinn von Art. 82 Abs. 2 SchKG jedenfalls glaubhaft. Der Beschwerdeführer ist somit auf den ordentlichen Prozessweg zu verweisen, wo über den in jeder Hinsicht umstrittenen Sachverhalt und die reformatorischen Vorbringen in der Beschwerde (S. 16 ff.), welche allesamt nicht liquid bzw. umstritten sind und den Rahmen eines Rechtsöffnungsverfahrens bei weitem sprengen, detailliert Beweis geführt werden kann. 
 
5. 
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer wird somit kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 12'000.-- zu entschädigen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 12. Dezember 2008 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Raselli Möckli