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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6A.65/2005 /bie 
 
Urteil vom 13. Januar 2006 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Bundesrichter Zünd, 
Gerichtsschreiber Weissenberger. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Grimmer, 
 
gegen 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 
1. Abteilung, 1. Kammer, Postfach, 8090 Zurich. 
 
Gegenstand 
Entzug des Führerausweises, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 
1. Abteilung, 1. Kammer, vom 7. September 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ überschritt am 17. März 2004 um ca. 07.30 Uhr auf der Autobahn A1 mit seinem Personenwagen die infolge einer Baustelle auf 80 km/h signalisierte Höchstgeschwindigkeit um 34 km/h (nach Abzug der technisch bedingten Sicherheitsmarge). 
B. 
Mit Verfügung vom 4. Oktober 2004 entzog ihm die Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich den Führerausweis für die Dauer eines Monats. Der Regierungsrat des Kantons Zürich wies den von X.________ dagegen erhobenen Rekurs am 25. Mai 2005 ab. X.________ führte Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, welches sie am 7. September 2005 abwies. 
C. 
X.________ reicht gegen den zuletzt genannten Entscheid eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht ein. Er beantragt, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben, auf einen Führerausweisentzug zu verzichten und stattdessen eine Verwarnung auszusprechen. 
 
Das Verwaltungsgericht ersucht um Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. 
 
Das Bundesgericht in Erwägung: 
1. 
Letztinstanzliche kantonale Entscheide über den Führerausweisentzug unterliegen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht (Art. 24 Abs. 2 SVG). Der Beschwerdeführer ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich legitimiert (Art. 98 lit. g und Art. 103 lit. a OG in Verbindung mit Art. 24 Abs. 5 SVG). Auf die fristgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten. 
2. 
Die Bestimmungen über die Warnungsmassnahmen (Verwarnung und Führerausweisentzug zu Warnzwecken) sind mit Bundesgesetz vom 14. Dezember 2001, in Kraft seit dem 1. Januar 2005, revidiert worden (AS 2002 2767 und AS 2004 2849). Gemäss Ziffer 1 der Schlussbestimmungen der Änderung vom 14. Dezember 2001 (AS 2002 2767 und AS 2004 2849, 5053) wird nach den Vorschriften dieser Änderung beurteilt, wer nach ihrem Inkrafttreten eine leichte, mittelschwere oder schwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften begeht. Der Beschwerdeführer hat die Verkehrsregelverletzung, die zum Entzug seines Führerausweises geführt hat, im Jahre 2004 begangen. Es findet damit das damals geltende Recht Anwendung. 
3. 
Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, es sei willkürlich und verletze den Anspruch auf rechtliches Gehör, ohne Berücksichtigung und Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls Administrativmassnahmen anzuordnen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts sei verfassungswidrig. Zudem habe die Vorinstanz die günstigen Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnisse nicht gewürdigt. Diese Einwände sind unbehelflich. 
3.1 Gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG a.F. kann der Führerausweis entzogen werden, wenn der Führer Verkehrsregeln verletzt und dadurch den Verkehr gefährdet oder andere belästigt hat (Satz 1). In leichten Fällen kann eine Verwarnung ausgesprochen werden (Satz 2). Nach Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG a.F. muss der Führerausweis entzogen werden, wenn der Führer den Verkehr in schwerer Weise gefährdet hat. 
 
Das Gesetz unterscheidet somit: 
- den besonders leichten Fall (Art. 16 Abs. 2 Satz 2 a.F. SVG; 
keine Administrativmassnahme), 
- den leichten Fall (Art. 16 Abs. 2 Satz 2 SVG a.F.), 
- den mittelschweren Fall (Art. 16 Abs. 2 Satz 1 SVG a.F.), 
- den schweren Fall (Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG a.F.). 
3.1.1 Nach der Rechtsprechung kann auf die Anordnung des Führerausweisentzugs grundsätzlich nur verzichtet werden, wenn der Fall leicht im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 SVG a.F. ist. Die Schwere der Verkehrsgefährdung ist nur insoweit von Bedeutung, als sie auch verschuldensmässig relevant ist (BGE 125 II 561 E. 2b; 126 II 202 E. 1a). Bei einem mittelschweren Fall kommt ein Verzicht auf den Führerausweisentzug lediglich in Betracht, sofern besondere Umstände vorliegen, wie sie in BGE 118 Ib 229 gegeben waren (vgl. auch BGE 123 II 106 E. 2b S. 111). 
 
 
Gemäss dem bis 31. Dezember 2004 geltenden Art. 31 der Verkehrszulassungsverordnung (VZV; SR 741.51) kann der Lernfahr- oder Führerausweis entzogen werden, wenn der Führer Verkehrsregeln schuldhaft verletzt und dadurch entweder den Verkehr gefährdet oder andere gefährdet hat (Abs. 1). Die Verwarnung ist an Stelle des fakultativen Ausweisentzugs möglich. Nur eine Verwarnung kann verfügt werden, wenn die Voraussetzungen für den fakultativen Entzug nach Abs. 1 der Norm erfüllt sind, der Fall aber unter Berücksichtigung des Verschuldens und des Leumundes als Motorfahrzeugführer als leicht erscheint (Abs. 2). 
 
Der leichte Fall im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 SVG a.F. setzt somit kumulativ ein leichtes Verschulden und einen guten automobilistischen Leumund des fehlbaren Fahrzeuglenkers voraus. Fehlt es an einem leichten Verschulden, fällt die Annahme eines leichten Falles ausser Betracht, auch wenn der automobilistische Leumund ungetrübt ist. Nur besondere Umstände, wie z.B. die Anwendung von Art. 66bis StGB (BGE 118 Ib 229), können gegebenenfalls auch bei einem mittelschweren Fall zum Verzicht auf den Ausweisentzug führen (BGE 126 II 202 E. 1b S. 205). Umgekehrt scheidet ein leichter Fall bei einem wesentlich getrübten automobilistischen Leumund aus, selbst wenn das Tatverschulden leicht ist. 
3.1.2 Die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn um mehr als 30 km/h aber weniger als 35 km/h stellt nach der Rechtsprechung bei günstigen Umständen (günstige Verkehrsverhältnisse und guter automobilistischer Leumund) einen mittelschweren Fall im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Satz 1 SVG a.F. dar. Besondere Umstände (vgl. BGE 118 Ib 229) vorbehalten, führt dies zwingend zu einem Führerausweisentzug für die Dauer von mindestens einem Monat. Sind die Umstände hingegen ungünstig oder liegt eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 35 km/h oder mehr vor, ist der Führerausweis gestützt auf Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG a.F. ungeachtet der konkreten Umstände zu entziehen (BGE 123 II 106 E. 2c und d mit Hinweis; vgl. auch BGE 128 II 131 E. 2a). 
3.2 Der Beschwerdeführer hat die signalisierte Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn um 34 km/h überschritten. Wegen einer Baustelle war der Streckenabschnitt auf eine Spur reduziert. Ein Fahrzeuglenker, der wie der Beschwerdeführer eine Autobahnbaustelle mit derart übersetzter Geschwindigkeit befährt, bringt sich selbst ungeachtet der Strassen- und Sichtverhältnisse sowie des Verkehrsaufkommens in Gefahr, die Herrschaft über sein Fahrzeug zu verlieren oder bei einem überraschenden Verkehrshindernis nicht rechtzeitig anhalten zu können. Dies begründet eine stark erhöhte abstrakte Gefährdung auch der anderen Verkehrsteilnehmer. Ausgehend von der Höhe der Gefahr, der vorsätzlich begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung knapp unterhalb der Grenze von 35 km/h hat die Vorinstanz zutreffend ein schweres Verschulden und einen schweren Fall im Sinne von Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG a.F. bejaht. Der ausgesprochene Führerausweisentzug für die gesetzlich vorgesehene minimale Dauer von einem Monat verletzt kein Bundesrecht. 
3.3 Die Vorinstanz hat durch die Anwendung der dargelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers nicht verletzt und ist auch nicht in Willkür verfallen. Sie hat die Einwände des Beschwerdeführers geprüft und im Urteil begründet, weshalb es sie verwarf. Das Abstellen auf die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung für die Qualifikation eines Falls als leicht, mittelschwer oder schwer ist für die Behörden einfach zu handhaben, ermöglicht die Bewältigung dieses Massenphänomens sowie gewährleistet in hohem Mass Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit. Der Schematismus ist verfassungsrechtlich unbedenklich, sofern besondere Umstände berücksichtigt werden können und die Art und Dauer der ausgesprochenen Massnahmen verschuldensgerecht sind. Das ist hier der Fall. 
4. 
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). Mit dem Entscheid in der Sache ist das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, sowie dem Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 13. Januar 2006 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: