Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4P.15/2007 /len 
 
Abgabe an Dritte nur in anonymisierter Form 
 
Urteil vom 13. März 2007 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, 
Gerichtsschreiber Mazan. 
 
Parteien 
X.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urban Bieri, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Rechtsanwältin Regula Zimmermann, 
Obergericht des Kantons Luzern, 
I. Kammer als Appellationsinstanz. 
 
Gegenstand 
Art. 9 und 29 Abs. 1 und 2 BV (Zivilprozess), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, vom 13. November 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Y.________ (Beschwerdegegnerin) arbeitete seit 1982 als Teilzeitangestellte bei der X.________ AG (Beschwerdeführerin), für welche sie die Administration und Büroarbeiten erledigte. Geschäftsführer der Beschwerdeführerin war der Ehemann der Beschwerdegegnerin, an welcher er auch als Aktionär beteiligt war und als deren Verwaltungsratspräsident er bis zum 5. September 2003 wirkte. Am 11. Oktober 2003 kündigte die Beschwerdeführerin sowohl das Arbeitsverhältnis mit der Beschwerdegegnerin als auch jenes mit deren Ehemann fristlos. 
B. 
Am 11. Februar 2004 klagte die Beschwerdegegnerin vor dem Arbeitsgericht des Kantons Luzern gegen die Beschwerdeführerin auf Zahlung von Fr. 29'239.60 brutto, bzw. Fr. 27'066.-- netto nebst Zins. Das angerufene Gericht schützte die Klage am 24. Mai 2005 im Umfang von Fr. 24'388.50. Es kam zum Schluss, die fristlose Entlassung vom 11. Oktober 2003 sei nicht gerechtfertigt gewesen, und die eingeklagten Ansprüche seien im erwähnten Umfang ausgewiesen. Gleich entschied das Obergericht des Kantons Luzern am 13. November 2006 auf Appellation der Beschwerdeführerin. 
C. 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 19. Januar 2007 beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 13. November 2006 aufzuheben. 
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. 
Das Obergericht des Kantons Luzern beantragt, auf die staatsrechtliche Beschwerde sei nicht einzutreten; eventuell sei die Beschwerde abzuweisen. 
D. 
In der gleichen Sache gelangt die Beschwerdeführerin auch mit Berufung ans Bundesgericht. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006, 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach dem OG (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
2. 
Werden in der gleichen Streitsache staatsrechtliche Beschwerde und Berufung erhoben, so ist in der Regel zuerst über die staatsrechtliche Beschwerde zu befinden, und der Entscheid über die Berufung wird ausgesetzt (Art. 57 Abs. 5 OG). Im vorliegenden Fall besteht kein Anlass, anders zu verfahren. 
3. 
3.1 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG hat die Beschwerdeschrift eine kurz gefasste Darlegung darüber zu enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt werden. Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f., 130 I 26 E. 2.1 S. 31, 129 I 113 E. 2.1 S. 120). Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f. mit Hinweisen). 
3.2 Auf die vorliegende Beschwerde ist von vornherein nur so weit einzutreten, als sie diesen Anforderungen gerecht wird. Das ist auf weiten Strecken nicht der Fall. Namentlich bleibt allgemeine Kritik am angefochtenen Urteil, aus welcher die Beschwerdeführerin keine Verfassungsverletzung ableitet, ausser Acht. Das gilt insbesondere, soweit die Beschwerdeführerin ausführt, sie habe ihre Appellation ausschliesslich auf neue Tatsachen gestützt, weshalb ihr das Obergericht zu Unrecht vorwerfe, sich mit dem erstinstanzlichen Urteil nicht auseinandergesetzt zu haben. Ferner ist auf die Beschwerde nicht einzutreten, soweit die Beschwerdeführerin die Nichtberücksichtigung ihrer Eingabe vom 8. September 2006 als überspitzt formalistisch und willkürlich rügt. Diesbezüglich setzt sie sich nicht mit der Begründung des Obergerichtes auseinander, die neu aufgelegten Belege seien nicht sofort, sondern erst nach längerer Zeit eingereicht worden. 
 
4. 
Vor Obergericht hat die Beschwerdeführerin die fristlose Entlassung auf eine neue Grundlage gestellt und angegeben, die Beschwerdegegnerin und ihr Ehemann hätten bestimmte Kundenzahlungen privat vereinnahmt, was strafrechtlich relevant sei. Die Beschwerdegegnerin bestritt dies und führte an, die betreffenden Sachverhalte lägen Jahre zurück, und die Beschwerdegegnerin habe nach Instruktionen der Beschwerdeführerin und nicht in eigener Verantwortung gehandelt. Das Obergericht liess die vorgetragenen neuen Sachverhalte mit den dazugehörenden Beweisanträgen im Sinne nachgeschobener Gründe für die fristlose Entlassung zu, kam aber dennoch zum Ergebnis, die fristlose Kündigung sei nicht gerechtfertigt gewesen. Es erwog, die Beschwerdegegnerin sei im Gegensatz zu ihrem Ehemann weder Geschäftsführerin noch Mitglied des Verwaltungsrates der Beschwerdeführerin gewesen. Ihre Tätigkeit habe sich auf administrative und kaufmännische Belange konzentriert und beschränkt. In ihrem Tätigkeitsbereich habe sie Vorgaben auszuführen gehabt. Die behaupteten Verfehlungen richteten sich hauptsächlich an den Ehemann der Beschwerdegegnerin. Diese könne zwar daran mitgewirkt haben, sei es als Gehilfin oder als Mittäterin. Die arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis des Ehemannes entlaste sie nicht von vornherein, zumal die Beschwerdeführerin gemeinschaftliches Handeln geltend mache und der Beschwerdegegnerin Missbrauch ihrer beruflichen Stellung als alleinige mit der Administration betraute Mitarbeiterin vorwerfe. Da sich die Beschwerdeführerin über die Arbeitsabläufe und die Zusammenarbeit zwischen der Beschwerdegegnerin und deren Ehemann sowie über die Kompetenzen der Beschwerdegegnerin ausschweige, seien ihre Ausführungen in Bezug auf die konkrete Rolle der Beschwerdegegnerin "vage" geblieben und damit nicht hinreichend substanziiert worden. Aus diesem Grunde sah das Obergericht von weiteren Beweiserhebungen ab. 
5. 
5.1 Gegen diese Begründung wendet die Beschwerdeführerin in erster Linie ein, sie habe in der Appellationsbegründung dargelegt, dass Kundenzahlungen auf Konti des Ehemannes der Beschwerdegegnerin, auf gemeinsame Konti der Eheleute, aber auch auf Konti, welche ausschliesslich auf die Beschwerdegegnerin lauteten, geflossen seien. Das sei auch unbestritten geblieben. Entsprechend habe sie "die Edition namentlich auch der Konti der [Beschwerdegegnerin] bei der WIR-Bank Basel sowie des Postkontos" verlangt. Das Konto bei der WIR-Bank habe allein auf die Beschwerdegegnerin gelautet, das Postkonto auf die Beschwerdegegnerin und ihren Ehemann. 
5.2 Sinngemäss beanstandet die Beschwerdeführerin damit die Auffassung des Obergerichtes, bei ihren Vorbringen habe es sich um "vage" Ausführungen gehandelt, mit denen ihr Standpunkt nicht hinreichend substanziiert dargetan worden sei. Nach der Rechtsprechung beurteilt sich nach Bundesrecht, wie weit die anspruchsbegründenden Tatsachen oder Bestreitungen inhaltlich zu substanziieren sind, damit sie unter die massgeblichen Bestimmungen des materiellen Rechts subsumiert werden können (BGE 127 III 365 E. 2b S. 368, 123 III 183 E. 3e S. 188, 108 II 337 E. 2b-d S. 339 f.). Soweit die Beschwerdeführerin die vom Obergericht vertretene Auffassung beanstandet, ihre Vorbringen seien nicht hinreichend substanziiert worden, rügt sie die Anwendung von Bundesrecht. Dafür steht die Berufung zur Verfügung (Art. 43 Abs. 1 OG). Die staatsrechtliche Beschwerde ist nicht gegeben (Art. 84 Abs. 2 OG). 
6. 
6.1 Weiter wirft die Beschwerdeführerin dem Obergericht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verlangt insbesondere, dass die Gerichte die rechtserheblichen Vorbringen der Parteien anhören und bei der Entscheidfindung berücksichtigen (BGE 124 I 241 E. 2 S. 242). Damit sich die Parteien ein Bild über die Erwägungen des Gerichts machen können, ist sein Entscheid zu begründen. Die Begründung muss kurz die Überlegungen nennen, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die sich sein Entscheid stützt. Nicht erforderlich ist hingegen, dass sich der Entscheid mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinander setzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Es genügt, wenn der Entscheid gegebenenfalls sachgerecht angefochten werden kann (BGE 129 I 232 E. 3.2 S. 236, 126 I 97 E. 2b S. 102 f., je mit Hinweisen). Zudem verleiht der aus Art. 29 Abs. 2 BV fliessende Anspruch auf rechtliches Gehör der betroffenen Partei das Recht, in einem Verfahren, welches in ihre Rechtsstellung eingreift, mit rechtzeitig und formgültig angebotenen Beweisanträgen gehört zu werden, soweit diese nicht offensichtlich beweisuntauglich sind (BGE 131 I 153 E. 3 S. 157, 127 I 54 E. 2b S. 56, 124 I 241 E. 2 S. 242, je mit Hinweisen). 
6.2 Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, man hätte zumindest erwarten können, dass das Obergericht darlegt, weshalb die behaupteten Einzahlungen von Kundengeldern auf Privatkonti der Arbeitnehmerin eine fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht zu begründen vermögen, kann darin eine Rüge der Gehörsverletzung mangels hinreichender Begründung zu verstehen sein. Die Beschwerdeführerin dringt damit aber nicht durch, denn dem angefochtenen Urteil ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass es die Beschwerdeführerin unterlassen hat, Ausführungen zum Tatbeitrag der Beschwerdegegnerin zu machen. Fehlten aber Behauptungen, die auf ein strafrechtlich relevantes Verhalten der Beschwerdegegnerin schliessen lassen, konnten Beweiserhebungen (Edition von Bank- bzw. Postunterlagen und der Beizug von Strafakten) entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ohne Verletzung des Gehörsanspruchs unterbleiben. Von einer Verfassungsverletzung kann auch insoweit keine Rede sein. 
7. 
Insgesamt erweist sich die staatsrechtliche Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Liegt der Streitwert - wie im vorliegenden Fall - unter Fr. 30'000.--, so sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 343 Abs. 3 OR). Hingegen hat die Beschwerdeführerin der Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung zu entrichten (BGE 115 II 30 E. 5c S. 42 mit Hinweis). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 13. März 2007 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: