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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1B_211/2008 /fun 
 
Urteil vom 13. August 2008 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aeschlimann, Fonjallaz, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat 
Dr. Jean-Louis von Planta, 
 
gegen 
 
Strafgericht des Kantons Basel-Stadt, Haftrichter, Schützenmattstrasse 20, 4003 Basel. 
 
Gegenstand 
Haftentlassungsgesuch, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 18. Juli 2008 
des Appellationsgerichtspräsidenten des Kantons 
Basel-Stadt. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt führt eine Strafuntersuchung gegen X.________ wegen mehrfacher Vergewaltigung und Drohung sowie Betruges. Mit Verfügung vom 27. Juni 2008 versetzte der Haftrichter des Strafgerichtes Basel-Stadt den Angeschuldigten in Untersuchungshaft. Eine vom Inhaftierten dagegen erhobene Beschwerde wies der Appellationsgerichtspräsident des Kantons Basel-Stadt am 18. Juli 2008 ab. 
 
B. 
Gegen den Entscheid des Appellationsgerichtspräsidenten gelangte X.________ mit Beschwerde vom 28. Juli 2008 an das Bundesgericht. Er beantragt zur Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die sofortige Haftentlassung. 
 
Der Haftrichter des Strafgerichtes hat am 31. Juli 2008 auf eine Vernehmlassung verzichtet; der Appellationsgerichtspräsident nahm gleichentags im ablehnenden Sinne Stellung. Der Beschwerdeführer replizierte am 7. (Posteingang: 11.) August 2008. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Eintretenserfordernisse von Art. 78 ff. BGG (vgl. BGE 133 I 270 E. 1.1 S. 272 f. mit Hinweisen) geben hier zu keinen Bemerkungen Anlass. 
 
2. 
Nach baselstädtischem Strafprozessrecht darf Untersuchungshaft angeordnet bzw. fortgesetzt werden, falls die angeschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens (oder einer wiederholten Tätlichkeit) dringend verdächtig ist und überdies konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines besonderen Haftgrundes (insbesondere für Fluchtgefahr) gegeben sind (§ 69 StPO/BS). 
 
3. 
Der Beschwerdeführer bestreitet zunächst den allgemeinen Haftgrund des dringenden Tatverdachtes. Er rügt in diesem Zusammenhang die Verletzung von diversen verfassungsmässigen Individualrechten, insbesondere der persönlichen Freiheit. 
 
3.1 Im Gegensatz zum erkennenden Sachrichter hat das Bundesgericht bei der Überprüfung des allgemeinen Haftgrundes des dringenden Tatverdachtes keine erschöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Beweisergebnisse vorzunehmen. Macht ein Inhaftierter geltend, er befinde sich ohne ausreichenden Tatverdacht in strafprozessualer Haft, ist vielmehr zu prüfen, ob aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse genügend konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat und eine Beteiligung des Beschwerdeführers an dieser Tat vorliegen, die Justizbehörden somit das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften. Im Haftprüfungsverfahren genügt dabei der Nachweis von konkreten Verdachtsmomenten, wonach das inkriminierte Verhalten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die fraglichen Tatbestandsmerkmale erfüllen könnte (vgl. BGE 116 Ia 143 E. 3c S. 146). Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen lässt dabei nur wenig Raum für ausgedehnte Beweismassnahmen. Zur Frage des dringenden Tatverdachtes bzw. zur Schuldfrage hat der Haftrichter weder ein eigentliches Beweisverfahren durchzuführen, noch dem erkennenden Strafrichter vorzugreifen. Vorbehalten bleibt allenfalls die Abnahme eines liquiden Alibibeweises (vgl. BGE 124 I 208 E. 3 S. 210 mit Hinweisen). 
 
Bei Beschwerden, die gestützt auf das Recht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2, Art. 31 BV) wegen der Ablehnung eines Haftentlassungsgesuches erhoben werden, prüft das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffes die Auslegung und Anwendung des kantonalen Prozessrechtes frei. Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch BGE 132 I 21 E. 3.2.3 S. 24 mit Hinweisen). 
 
3.2 Im angefochtenen Entscheid (E. 3.2-3.7, S. 3-5) wird ausführlich dargelegt, auf welche vorläufigen Untersuchungsergebnisse sich der Vorwurf der mehrfachen Vergewaltigung und Drohung sowie des Betruges stützt. Es kann diesbezüglich auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden. 
 
Der Beschwerdeführer räumt ein, dass die kantonalen Instanzen den Verdacht der mehrfachen Vergewaltigung und Drohung auf diverse Aussagen des mutmasslichen Opfers und dessen Psychotherapeutin stützen. Zum einen wirft er den kantonalen Gerichten vor, sie setzten sich mit den bisherigen Beweisergebnissen nicht kritisch auseinander. Zum anderen beanstandet er, dass die Gerichte bei der Prüfung der Glaubwürdigkeit der Aussagen in seine eigene "Bewertung" bzw. in seine Bestreitungen "eingegriffen" hätten. Seine Einwände sind unbehelflich und gehen teilweise an den Erwägungen des angefochtenen Entscheides vorbei. So macht er geltend, er habe sich im angeblichen Tatzeitraum "nur gerade vier Mal für eine kurze Dauer" in der Schweiz aufgehalten. An dieser Stelle übersieht er, dass ihm im angefochtenen Entscheid (E. 3.4, S. 4) ausdrücklich vorgeworfen wird, die Geschädigte (insgesamt mehr als zehn Mal) nicht nur in Basel, sondern auch in Paris vergewaltigt zu haben. Darüber hinaus wird im angefochtenen Entscheid (E. 3.2-3.4, S. 3, und E. 3.7, S. 5) auch der Tatverdacht des Betruges begründet. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den betreffenden Erwägungen inhaltlich nicht auseinander. Seiner beiläufig geäusserten Ansicht, ein Betrugsvorwurf vermöge Untersuchungshaft "bereits in Anbetracht der Verhältnismässigkeit" nicht zu rechtfertigen, kann nicht gefolgt werden (vgl. Art. § 69 StPO/BS i.V.m. Art. 146 Abs. 1 StGB). 
 
Die Erwägungen des angefochtenen Entscheides halten vor den verfassungsmässigen Individualrechten stand. Die Einwände des Beschwerdeführers vermögen den dringenden Anfangstatverdacht von Verbrechen oder Vergehen im Sinne von § 69 StPO/BS nicht zu entkräften. 
 
4. 
Der Beschwerdeführer wendet sich auch gegen die Annahme von Fluchtgefahr, die er als "völlig willkürlich" bezeichnet. Auch in diesem Zusammenhang ruft er diverse verfassungsmässige Individualrechte als verletzt an. 
 
4.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes braucht es für die Annahme von Fluchtgefahr eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich der Angeschuldigte, wenn er in Freiheit wäre, der Strafverfolgung und dem Vollzug der Strafe durch Flucht entziehen würde. Die Schwere der drohenden Strafe darf als ein Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden. Sie genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen. Vielmehr müssen die konkreten Umstände des betreffenden Falles, insbesondere die gesamten Lebensverhältnisse des Angeschuldigten, in Betracht gezogen werden (BGE 125 I 60 E. 3a S. 62; 117 Ia 69 E. 4a S. 70, je mit Hinweisen). So ist es zulässig, die familiären und sozialen Bindungen des Häftlings, dessen berufliche Situation und Schulden sowie Kontakte ins Ausland und Ähnliches mitzuberücksichtigen. Auch bei einer befürchteten Ausreise in ein Land, das den Angeschuldigten grundsätzlich an die Schweiz ausliefern bzw. stellvertretend verfolgen könnte, ist die Annahme von Fluchtgefahr nicht ausgeschlossen (BGE 123 I 31 E. 3d S. 36 f.). 
 
4.2 Den besonderen Haftgrund der Fluchtgefahr begründet die Vorinstanz ebenfalls ausführlich und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtes (vgl. angefochtener Entscheid, E. 4, S. 5). In den betreffenden Erwägungen ist keine Verfassungswidrigkeit zu erkennen. Der Beschwerdeführer setzt sich mit ihnen nur bruchstückhaft auseinander. Seine Behauptung, die Vorinstanz habe bei ihm "per se" Fluchtgefahr angenommen, weil er "im Ausland wohnhaft" sei, findet im angefochtenen Entscheid keine Stütze. Der Beschwerdeführer stellt sich zwar auf den Standpunkt, es könne im Falle seiner "Heimreise" nach Frankreich "Rechtshilfe erwartet werden"; er setzt sich aber mit der Erwägung der Vorinstanz nicht auseinander, dass Frankreich keine eigenen Staatsangehörigen ausliefert. Darüber hinaus stünde hier (nach der oben dargelegten Bundesgerichtspraxis) auch die Möglichkeit von Rechtshilfe der Annahme von Fluchtgefahr (bzw. von haftrelevanten Verfahrenserschwerungen) grundsätzlich nicht entgegen. 
 
Die Vorbringen des Beschwerdeführers vermögen nichts daran zu ändern, dass die kantonalen Behörden ausreichend konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr darlegen. Von der geltend gemachten Willkür kann keine Rede sein. Es kann offen bleiben, ob neben Fluchtgefahr noch weitere besondere Haftgründe zusätzlich erfüllt wären. 
 
Verfassungskonform ist auch die Ansicht der kantonalen Instanzen, dass der Fluchtgefahr mit blossen Ersatzmassnahmen für Haft (i.S.v. § 74 StPO/BS) im aktuellen Verfahrensstadium nicht ausreichend begegnet werden könnte. 
 
5. 
Schliesslich beanstandet der Beschwerdeführer die bisherige Haftdauer als unverhältnismässig. 
 
Die Rüge erweist sich als offensichtlich unbegründet. Der Beschwerdeführer befindet sich seit anderthalb Monaten in Haft. Es wird ihm mehrfache Vergewaltigung und Drohung sowie Betrug vorgeworfen. Die bisherige Haftdauer ist noch nicht in konkrete Nähe der freiheitsentziehenden Sanktion gerückt, die ihm im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung droht. Selbst wenn (im Hinblick auf eine allfällige Verurteilung) auch die Möglichkeit eines bedingten oder teilbedingten Strafvollzuges noch nicht völlig ausgeschlossen werden kann, führt dies in Fällen wie dem vorliegenden nicht zur Annahme von Überhaft (vgl. BGE 133 I 270 E. 3.4.2 S. 281 f. mit Hinweisen). Ebenso wenig sind aus den Akten schwerwiegende prozessuale Versäumnisse der Untersuchungsbehörde ersichtlich, welche eine sofortige Haftentlassung des Beschwerdeführers rechtfertigen würden. 
 
6. 
Der Beschwerdeführer beantragt beiläufig eine Haftentschädigung bzw. "Genugtuung von Fr. 300.-- pro Hafttag". Weder bildet eine Haftentschädigung Gegenstand des angefochtenen Entscheides, noch bestünde materiell ein erkennbarer Anlass für die Zusprechung einer solchen. Auf das Rechtsbegehren ist nicht einzutreten. 
 
7. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
Der Beschwerdeführer beantragt die unentgeltliche Prozessführung und Rechtsverbeiständung. Zwar drängen sich gewisse Zweifel am Erfordernis der Nichtaussichtslosigkeit der Beschwerde auf (vgl. Art. 64 Abs. 1 BGG). Die gesetzlichen Voraussetzungen können hier jedoch noch als erfüllt betrachtet werden. Dem Gesuch ist somit zu entsprechen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten werden kann. 
 
2. 
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt: 
 
2.1 Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
2.2 Advokat Jean-Louis von Planta wird als unentgeltlicher Rechtsvertreter ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit einem Honorar von Fr. 1'500.-- entschädigt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie dem Strafgericht und dem Appellationsgerichtspräsidenten des Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 13. August 2008 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Féraud Forster