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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6S.597/2001 /pai 
 
Urteil vom 13. Dezember 2002 
Kassationshof 
 
Bundesrichter Schubarth, Präsident, 
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, Kolly, Karlen, 
Gerichtsschreiber Kipfer Fasciati. 
 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Markus Henzer, Vordere Hauptgasse 2, Postfach 1010, 4800 Zofingen, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau. 
 
Urkundenfälschung, 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 1. Strafkammer, vom 8. August 2001. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 25. Juni 2000 meldete sich X.________ unter dem Namen seines Vaters A.______ telefonisch bei der Sperrzentrale der Postfinance und erklärte wahrheitswidrig den Verlust seiner - das heisst seines Vaters - Postomatkarte. Tatsächlich war diese Karte im Besitz seines Vaters. Gleichzeitig gab er an, von Engelberg, dem Wohnsitz seines Vaters, nach Oftringen, seinem eignen Wohnsitz, umgezogen zu sein. In der Folge stellte ihm die Postfinance das Formular für die schriftliche Verlustmeldung betreffend Postomatkarte an seine eigene Wohnadresse zu. Er füllte dieses Formular aus, versah es mit der gefälschten Unterschrift seines Vaters und legte ausserdem eine Adressänderungskarte bei. Die Ersatzkarte für das Konto seines Vaters sandte ihm die Postfinance an seine eigene Wohnadresse zu. In der Folge tätigte er Bargeldbezüge im Umfang von insgesamt Fr. 8'891.85 vom Konto seines Vaters, bis die Karte am 20. Juli 2000 wegen des inzwischen aufgelaufenen Minussaldos von einem Bankomaten eingezogen wurde. A.______ stellte Strafantrag gegen seinen Sohn. 
 
Obwohl X.________ bis am 31. Dezember 1999 die Abgaswartung an seinem Wagen hätte vornehmen lassen müssen, kam er dieser Verpflichtung bis zum 31. Juli 2000 nicht nach. 
B. 
Am 28. November 2000 erhob die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau Anklage gegen X.________ wegen Betrugs beziehungsweise betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage zum Nachteil seines Vaters, wegen Urkundenfälschung sowie Widerhandlung gegen das SVG und beantragte eine Gefängnisstrafe von fünf Monaten, Fr. 200.-- Busse und den Vollzug zweier bedingt ausgesprochener Vorstrafen. 
C. 
Mit Eingabe vom 15. Januar 2001 zog A.______ den Strafantrag gegen seinen Sohn zurück. 
D. 
Am 22. Februar 2001 erklärte das Bezirksgericht Zofingen X.________ der Urkundenfälschung und der Widerhandlung gegen das SVG schuldig und verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von zweieinhalb Monaten und Busse von Fr. 200.--. Ausserdem ordnete es den Vollzug zweier bedingt vollziehbarer Vorstrafen an. 
E. 
Die gegen dieses Urteil von X.________ erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Aargau am 8. August 2001 ab. 
F. 
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz beantragt. Ausserdem sucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nach. 
G. 
Die Staatsanwaltschaft verzichtet unter Hinweis auf die Erwägungen der Vorinstanz auf Vernehmlassung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass die angefochtene Entscheidung eidgenössisches Recht verletze (Art. 269 Abs. 1 BStP). Ausführungen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des Entscheides richten, sowie das Vorbringen neuer Tatsachen sind unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Der Kassationshof ist im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde an den von der kantonalen Behörde festgestellten Sachverhalt gebunden (Art. 277bis Abs. 1 BStP). 
2. 
2.1 Der Beschwerdeführer hatte bereits im kantonalen Berufungsverfahren geltend gemacht, was er auch mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde vorbringt: Dass das Urkundendelikt als mitbestrafte Vortat Teil des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage sei und deshalb nicht separat bestraft werden dürfe. 
 
Die Vorinstanz setzt sich einlässlich mit dieser Argumentation auseinander. Der Tatbestand von Art. 147 StGB falle unter den zweiten Titel des Strafgesetzbuches, welcher dem strafrechtlichen Schutz des Vermögens als Summe aller geldwerten Güter diene. Der Tatbestand der Urkundenfälschung unter dem elften Titel des Strafgesetzbuches schütze das Vertrauen, welches im Rechtsverkehr einer Urkunde als Beweismittel entgegengebracht werde. Aus der Unterschiedlichkeit der Schutzobjekte ergebe sich, dass die Betrugs- und die Urkundentatbestände in echter Konkurrenz stünden; mithin dürfe gegebenenfalls nicht bloss ein Tatbestand zur Anwendung gelangen, wenn ein Täter mit seiner Handlung einen Tatbestand des zweiten und einen Tatbestand des elften Titels verwirklicht habe. Diese Auffassung sei mit der bundesgerichtlichen Praxis konform und werde von einem Teil der Lehre gestützt. 
2.2 Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, seine Verurteilung wegen Urkundenfälschung könne unter den konkreten Umständen nicht rechtmässig sein. Es fehle den von ihm bei der Postfinance eingereichten Dokumenten an der erforderlichen Urkundenqualität. Ferner sei der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen ein Antragsdelikt; sein Vater habe als in casu einziger Geschädigter den Strafantrag gegen ihn zurückgezogen, weshalb in Anwendung von Art. 147 StGB kein Schuldspruch erfolgt sei. Da die Fälschung des Verlustmeldeformulars keine selbständige Bedeutung habe, sondern allein im Hinblick auf und als Vorstufe zu den ab dem Konto des Vaters getätigten Bargeldbezügen relevant sei, könne das Urkundendelikt nicht selbständig strafbar sein, sondern nur als Teil des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage. 
3. 
Soweit der Beschwerdeführer die spezielle Beweisbestimmung und -eignung und damit die Urkundenqualität (Art. 110 Ziff. 5 StGB) der von ihm gefälschten Dokumente verneint, ist die Beschwerde abzuweisen. Vor allem der Umstand, dass die Postfinance neben der telefonischen Verlustmeldung auf einer schriftlichen und unterschriebenen Meldung des Kartenverlusts wie auch der Adressänderung bestanden hat und regelmässig besteht, ist Hinweis auf die von der Verkehrsübung solchen Dokumenten zuerkannte besondere Beweiseignung und Beweisbestimmung. Sie dienen der Postfinance gegebenenfalls als Beweis für die vereinbarte Korrespondenzadresse eines Kontos und für den Auftrag, eine bestimmte Postomatkarte zu sperren und eine neue auszustellen. Auch die Banken verlangen für sämtliche für die Kontoführung und den Kontozugang relevanten Daten schriftliche und unterzeichnete Dokumente. Damit sollen gerade auch Vorgänge wie der hier zu Grunde liegende betrügerische Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage verhindert werden. An der Urkundenqualität der vom Beschwerdeführer gefälschten Dokumente können ernsthafte Zweifel nicht bestehen. 
4. 
Die weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers, die seiner Auffassung nach gegen die Verurteilung wegen Urkundenfälschung sprechen, betreffen direkt oder in analoger Weise dieselbe Frage, welche sich auch hinsichtlich der Konkurrenz zwischen Art. 146 bzw. 147 und Art. 251 StGB stellt. In der Hauptsache steht der Schutzbereich dieser Strafnormen zur Diskussion. Vorab ist zu den Vorbringen im Einzelnen jedoch Folgendes zu bemerken. 
 
Der Beschwerdeführer macht geltend, das Antragsprivileg gemäss Art. 147 Abs. 3 StGB müsse sinngemäss auch für Art. 251 StGB gelten. Mit der ihm vorgeworfenen Urkundenfälschung habe er nichts anderes bezweckt, als die gegen das Vermögen seines Vaters gerichtete Tat vorzubereiten. Wenn der Vater aber seine Bestrafung wegen der effektiv eingetretenen Vermögensschädigung nicht wolle und den Strafantrag zurückziehe, müsse auch die Bestrafung wegen der Vortat unterbleiben. 
4.1 Die analoge Anwendung von Art. 147 Abs. 3 StGB für die Urkundenfälschung wäre zwar insoweit grundsätzlich zulässig, als es sich dabei um eine Analogiebildung zu Gunsten eines Täters handeln würde; sie käme aber nur in Frage, wenn Art. 251 StGB hinsichtlich des Antragsprivilegs lückenhaft wäre. Davon kann, wie unten zu zeigen sein wird, nicht ausgegangen werden. 
4.2 In BGE 119 IV 154 E. 4a/aa S. 160 f. hat sich das Bundesgericht mit der Lehre von der so genannten straflosen Vor- bzw. Nachtat befasst. Stehen mehrere Straftaten so miteinander im Zusammenhang, dass die eine nur als Vorstufe des eigentlichen Angriffs auf das geschützte Rechtsgut oder nur als Ausnützen des durch die andere Straftat Erreichten erscheint, so nehme die herrschende Doktrin unechte Konkurrenz an (mit der Folge, dass bei unterschiedlichen Strafandrohungen jene Tat straflos bzw. mitbestraft sein solle, für die das Gesetz die niedrigere Strafe vorsieht). Das Bundesgericht erwog, dass es die Rechtsfigur der mitbestraften Vor- bzw. Nachtat "weitgehend ablehne". Damit diese Rechtsfigur jedoch überhaupt in Betracht gezogen werden könnte, müssten sich Haupttat und Vortat bzw. Nachtat aber jedenfalls gegen dasselbe Rechtsgut richten. 
4.3 
4.3.1 Verwendet der Täter für einen Betrug gefälschte Urkunden, besteht nach der Praxis des Bundesgerichtes (und nach herrschender Lehre) zwischen Art. 251 und Art. 146 StGB echte Gesetzeskonkurrenz (in der Form von "Realkonkurrenz", BGE 122 I 257 E. 6a S. 263; 105 IV 242 E. 3b S. 247, je mit Hinweisen; s. auch BGE 120 IV 122 E. 5 - 6 S. 129 ff.; 112 IV 19 E. 2f S. 25; vgl. für viele Bernard Corboz, Les infractions en droit suisse, Bern 2002, Bd. II, S. 220 Rz. 188 f.; Oskar A. Germann, Schweizerisches Strafgesetzbuch, 9. Aufl., Zürich 1974, S. 387; Jörg Rehberg/Niklaus Schmid, Strafrecht III, Delikte gegen den Einzelnen, 7. Aufl., Zürich 1997, S. 187; Jörg Rehberg, Strafrecht IV: Delikte gegen die Allgemeinheit, 2. Aufl., Zürich 1996, S. 133 Ziff. 5; Vital Schwander, Das Schweizerische Strafgesetzbuch, 2. Aufl., Zürich 1964, Rz. 704; Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I: Straftaten gegen Individualinteressen, 5. Aufl., Bern 1995, § 15 Rz. 67; Philipp Thormann/Alfred von Overbeck, Das Schweizerische Strafgesetzbuch, Bd. II, Besondere Bestimmungen, Zürich 1941, Art. 251 N. 22; Stefan Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, Art. 251 N. 20). 
 
Unter Berufung auf die Botschaft zum neuen Vermögensstrafrecht wird für Artikel 147 StGB teilweise von unechter Konkurrenz mit Art. 251 StGB ausgegangen (vgl. Trechsel, a.a.O., Art. 251 N. 20; BBl 1991 II 995). Eine vom Betrug abweichende Beantwortung der Konkurrenzfrage für den Tatbestand des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage lässt sich jedoch nicht rechtfertigen, zumal Art. 147 StGB einen Spezialtatbestand des Art. 146 StGB erfasst; beide Tatbestände unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Grundstruktur, ihrer Schutzrichtung und ihrer gesetzessystematischen Einordnung nicht. 
4.3.2 Die Art. 146 StGB (Betrug) und 147 StGB (betrügerischer Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage) sind im Zweiten Titel (Strafbare Handlungen gegen das Vermögen) im Zweiten Buch (Besondere Bestimmungen) des StGB systematisch eingereiht. Art. 251 StGB (Urkundenfälschung) ist eines von mehreren Urkundendelikten im weiteren Sinne, welche den Elften Titel (Urkundenfälschung) bilden. Die Urkundendelikte sind zwischen den Verbrechen und Vergehen gegen den öffentlichen Verkehr (Neunter Titel) bzw. der Fälschung von Geld, amtlichen Wertzeichen, amtlichen Zeichen, Mass und Gewicht (Zehnter Titel) und den Verbrechen und Vergehen gegen den öffentlichen Frieden (Zwölfter Titel) eingereiht. 
 
Art. 147 StGB ist ein Erfolgsdelikt, welches das Vermögen schützt. Bei der Urkundenfälschung handelt es sich hingegen um ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Geschütztes Rechtsgut von Art. 251 StGB ist das besondere Vertrauen, welches im Rechtsverkehr einer Urkunde als Beweismittel entgegengebracht wird bzw. Treu und Glauben im Geschäftsverkehr (BGE 123 IV 61 E. 5a S. 63; 122 IV 332 E. 2a S. 335; 120 IV 122 E. 4c S. 126; 119 Ia 342 E. 2b S. 346; 105 IV 242 E. 3b S. 247 f.; 92 IV 44 E. 2 S. 45, je mit Hinweisen). 
 
Der Tatbestand des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage verlangt beim Täter die Absicht, sich oder einen anderen unrechtmässig zu bereichern sowie als deliktischen Erfolg den Eintritt eines Vermögensschadens beim Opfer. Bei der Urkundenfälschung handelt es sich hingegen um ein abstraktes Gefährdungsdelikt (BGE 119 Ia 342 E. 2b S. 346). Neben der objektiven Tathandlung genügt die Absicht des Fälschers, "jemanden am Vermögen oder an anderen Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen". Die abstrakte Gefährdung, die mit Art. 251 StGB unter Strafe gestellt wird, ist somit nicht auf Vermögensschädigungen (oder auf Schädigungen an anderen Rechtspositionen) beschränkt. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes kann der subjektive Tatbestand der Urkundenfälschung sich auf jede Art eines "unrechtmässigen Vorteils" für den Täter oder einen Dritten beziehen. Es genügt dabei grundsätzlich jede Besserstellung. Die Unrechtmässigkeit des Vorteils verlangt weder Schädigungsabsicht noch eine selbständige Strafbarkeit der Vorteilserlangung (BGE 121 IV 90 E. 2b S. 92 f.; 119 IV 234 E. 2c S. 236-238; 118 IV 254 E. 5 S. 259 f.; 114 IV 126 E. 2c S. 127 in fine, je mit Hinweisen). Ebenso wenig werden die Art der angestrebten Besserstellung oder die Person (bzw. Institution), welcher daraus ein Nachteil erwachsen könnte, vom Gesetz näher bestimmt. 
4.3.3 Den Gesetzesmaterialien lassen sich keine Hinweise entnehmen, wonach der Gesetzgeber (in Widerspruch zur bisherigen Bundesgerichtspraxis) beabsichtigt hätte, Urkundendelikte, die in betrügerischer Absicht erfolgen, fortan allein der Strafdrohung von Art. 146 StGB zu unterstellen. Im Gegenteil wird auch in der Botschaft des Bundesrates zur Revision des Vermögens- und Urkundenstrafrechtes bestätigt, dass zwischen Betrug und Urkundenfälschung grundsätzlich echte Konkurrenz bestehe (vgl. BBl 1991 II 969 ff., S. 1018 f.). 
 
Eine Sonderlösung schlägt der Bundesrat zwar für das Verhältnis von Art. 147 StGB und Art. 251 StGB vor (BBl 1991 II 995); eine solche wäre an sich bereits problematisch (vgl. oben E. 4.3.1). Sie käme jedoch auch nach Auffassung des Bundesrates nur in Frage, wenn sich das Urkundendelikt gegen denselben Geschädigten richten würde wie das Vermögensdelikt. Davon ist in der zu beurteilenden Konstellation aber gerade nicht auszugehen. Zwar schädigte der Beschwerdeführer im Ergebnis das Vermögen des antragsberechtigten Vaters; zum Zeitpunkt der Urkundenfälschung gefährdete der Beschwerdeführer auch das Vermögen der Postfinance. 
4.3.4 Dass nach der Konzeption des Gesetzgebers der Unrechtsgehalt von Art. 251 StGB durch die gleichzeitig erfüllten Vermögensstraftatbestände nicht vollständig abgedeckt wird, manifestiert sich auch an der Tatsache, dass nur Art. 146 Abs. 3 bzw. Art. 147 Abs. 3 StGB als Antragsdelikte ausgestaltet sind. Art. 251 StGB hingegen kennt das Antragsprivileg von Angehörigen und Familiengenossen nicht. Da Art. 251 StGB auch das besondere Vertrauen der Öffentlichkeit in die Gültigkeit von privaten und öffentlichen Beweisurkunden (bzw. Treu und Glauben im Rechtsverkehr) schützt, ist die Strafbarkeit nach Art. 251 StGB (im Gegensatz zu Art. 146 Abs. 3 und Art. 147 Abs. 3 StGB) der prozessualen Disposition der unmittelbar geschädigten Angehörigen oder Familiengenossen entzogen. Hätte der Gesetzgeber die Urkundenfälschung zum Nachteil von Angehörigen oder Familiengenossen durch Art. 146 Abs. 3 bzw. Art. 147 Abs. 3 StGB abschliessend regeln wollen, wäre sie konsequenterweise in Art. 251 StGB ebenfalls als Antragsdelikt auszugestalten gewesen. Dass dies nicht der Fall ist, zeigt, dass neben den direkt (etwa durch ein Vermögensdelikt) betroffenen Angehörigen oder Familiengenossen auch die übrigen Teilnehmer am Rechts- bzw. Geschäftsverkehr durch Art. 251 StGB geschützt werden sollen. Diese Dritten brauchen nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht Opfer eines Vermögensdeliktes zu sein (vgl. BGE 121 IV 90 E. 2b S. 92 f.; 118 IV 254 E. 5 S. 259 f.; 114 IV 126 E. 2c S. 127 in fine, je mit Hinweisen). Es handelt sich bei der Urkundenfälschung wie erwähnt um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das nicht nur den konkret von einem Vermögensdelikt Betroffenen schützt. 
4.3.5 Zwar wird in einem Teil der Literatur die Frage aufgeworfen, ob das jeweilige Vermögensdelikt (Art. 146 bzw. Art. 147 StGB) nicht auch den Unrechtsgehalt der Urkundenfälschung umfasst, sofern diese nach dem Willen des Täters allein der Verwirklichung des Vermögensdeliktes diente (vgl. Martin Schubarth, Kommentar zum Schweizerischen Strafrecht, Besonderer Teil, 2. Band: Art. 137-172 StGB, Art. 148 N. 127; s. ferner Trechsel, a.a.O., Art. 251 N. 20, unter Berufung auf BBl 1991 II 995 [nur bezüglich Art. 147 StGB]; Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II: Straftaten gegen Gemeininteressen, 5. Aufl., Bern 2000, § 36 Rz. 58 [für den Fall der Falschbeurkundung bzw. den Gebrauch einer inhaltlich falschen Urkunde]; noch enger Rehberg, a.a.O. [Strafrecht IV], S. 131 Ziff. 2.3). Auch für diese Auffassung würde allerdings (sinngemäss) vorausgesetzt, dass eine weitergehende Rechtsgütergefährdung durch die unechte bzw. unwahre Urkunde nicht ersichtlich ist. Dies ist vorliegend ebenso wenig erfüllt wie die weitere Voraussetzung, wonach die Strafbarkeit nach einem Tatbestand bei unechter Konkurrenz nur ausscheidet, wenn es zu einer Bestrafung nach dem vorgehenden Tatbestand tatsächlich kommt (BGE 117 IV 477 E. 34a; Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, § 18 Rz. 14 ). 
 
Es entspricht gerade dem Wesen der abstrakten Gefährdungsdelikte, dass nicht zum Vornherein ersichtlich ist, in welcher Weise - d.h. bei welchen Personen und in welchem konkreten Sachzusammenhang - die dem Delikt innewohnende Gefahr sich auswirken kann. Die "abstrakte" Gefahr bzw. das Missbrauchsrisiko wird aber dennoch als derart hoch und schwerwiegend eingeschätzt, dass der Gesetzgeber bereits das gefährdende Verhalten als selbstständig strafbar beurteilt. Dass der ordnungsgemässe Gang des Rechtsverkehrs auch faktisch tangiert wäre, ist daher im Falle der Urkundenfälschung nicht erforderlich. Die Absichten des Fälschers können sich dabei auf einen vom Gesetz nicht näher bestimmten "unrechtmässigen Vorteil" zugunsten des Täters oder eines Dritten richten. Dabei genügt grundsätzlich jede Besserstellung (BGE 121 IV 90 E. 2b S. 92 f.; 119 IV 234 E. 2c S. 236-238; 118 IV 254 E. 5 S. 259 f.; 114 IV 126 E. 2c S. 127 in fine, je mit Hinweisen; s. auch BGE 115 IV 51 E. 7 S. 58). Art. 251 StGB schützt somit eine heterogene Vielzahl von möglicherweise betroffenen Rechtspositionen und Geschäftsverkehrsinteressen, welche im Einzelnen nicht konkretisiert werden müssen und auch regelmässig im Voraus nicht näher konkretisiert werden können (vgl. dazu Corboz, a.a.O., S. 217 f., Rz. 173-183; Stratenwerth, a.a.O, § 36 Rz. 21-24; Adolf Schönke/Horst Schröder/Peter Cramer, Strafgesetzbuch, Kommentar, 26. Aufl., München 2001, § 267 N. 1-1a, 87b, 91-92; Trechsel, a.a.O., Art. 251 N. 15-16). 
4.3.6 Der Gesetzgeber hat die Urkundenfälschung deutlich als abstraktes Gefährdungsdelikt zum Schutze des Rechtsverkehrs konzipiert. Sollte er zur Auffassung gelangen, das jeweilige Vermögensdelikt umfasse auch den Unrechtsgehalt der Urkundenfälschung vollständig, sofern diese nach dem Willen des Täters allein der Verwirklichung des Vermögensdeliktes diente, dann wäre es Sache des Gesetzgebers, das Verhältnis zwischen Urkunden- und Vermögensdelikten entsprechend neu und klar zu regeln. 
4.4 Zusammenfassend ergibt sich, dass Art. 251 StGB ein anderes Rechtsgut schützt als Art. 147 StGB, die beiden Tatbestände mithin in echter Konkurrenz stehen. Der Beschwerdeführer beruft sich deshalb zu Unrecht auf die - vom Bundesgericht ohnehin nicht zugelassene - Rechtsfigur der mitbestraften Vortat und auf die analoge Anwendung des Antragsprivilegs gemäss Art. 147 Abs. 3 StGB. Ausserdem könnte auch bei Annahme unechter Konkurrenz die Bestrafung wegen Urkundenfälschung nur unterbleiben, wenn der Beschwerdeführer wegen des vorrangigen Deliktes tatsächlich bestraft worden wäre. Das angefochtene Urteil verletzt demnach kein Bundesrecht. 
5. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist unter den gegebenen Umständen gutzuheissen. Es sind deshalb keine Kosten zu erheben und der Vertreter des Beschwerdeführers ist für seine Aufwendungen angemessen aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 
3. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
4. 
Dem Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Markus Henzer, wird für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet. 
5. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau und dem Obergericht des Kantons Aargau, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 13. Dezember 2002 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: