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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1C_620/2018  
 
 
Urteil vom 14. Mai 2019  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Fonjallaz, Muschietti, 
Gerichtsschreiber Stohner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Gemeinde Altendorf, 
handelnd durch den Gemeinderat Altendorf, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Michel, 
 
gegen  
 
Flurgenossenschaft Bleikenweg, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Beeler, 
 
Tiefbauamt des Kantons Schwyz, 
Regierungsrat des Kantons Schwyz. 
 
Gegenstand 
Verkehrsanordnung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz, 
Kammer III, vom 21. September 2018 (III 2018 34). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Im Amtsblatt des Kantons Schwyz Nr. 48 vom 2. Dezember 2016 (S. 2765) wurde gestützt auf den Beschluss des Gemeinderats Altendorf vom 8. August 2016, genehmigt vom Tiefbauamt des Kantons Schwyz am 25. November 2016, folgende Verkehrsanordnung auf dem Bleikenweg und der Vorderbergstrasse publiziert und öffentlich aufgelegt: 
a) "Verbot für Motorwagen, Motorräder und Motorfahrräder" (SSV-Signal 2.14) mit dem Zusatztext "Zubringerdienst gestattet" auf dem Bleikenweg nach dem öffentlichen Parkplatz beim Bräggerhof (Koordinate 706 507/224 855) sowie auf der Vorderbergstrasse ab dem Blattmannshof nach dem Abzweiger Giger-Allmeind (Koordinate 706 725/225 368). 
 
Hinweis: Diese Signalisationen ersetzen die vorhandenen privatrechtlichen Verbote. 
 
b) [...]. 
Gegen diese Verkehrsanordnung erhob die Flurgenossenschaft Bleikenweg mit Eingabe vom 22. Dezember 2016 Beschwerde an den Regierungsrat des Kantons Schwyz. Sie beantragte in der Hauptsache, die im kantonalen Amtsblatt Nr. 48 vom 2. Dezember 2016 (S. 2765) publizierte Verkehrsanordnung in Altendorf sei in lit. a) betreffend den Bleikenweg aufzuheben. 
Mit Beschluss vom 23. Januar 2018 wies der Regierungsrat die Beschwerde im Sinne der Erwägungen ab. 
Diesen Beschluss focht die Flurgenossenschaft Bleikenweg mit Beschwerde vom 20. Februar 2018 beim Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz an. Sie führte zusammenfassend aus, in der Sache gehe es ihr darum, den Bleikenweg wie bisher von Fahrrädern bzw. E-Bikes freizuhalten. Der Bleikenweg sei eine Privatstrasse und befinde sich im Eigentum eines Teils der Mitglieder der Flurgenossenschaft. Auf private Strassen sei das kantonale Strassengesetz nicht anwendbar. Selbst wenn es anwendbar wäre, wäre die Flurgenossenschaft als Strassenträgerin für Verkehrsanordnungen zuständig. Der Bleikenweg sei nicht der Allgemeinheit gewidmet worden. 
Mit Entscheid vom 21. September 2018 hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerde gut und hob den angefochtenen Beschluss des Regierungsrats und somit die im Amtsblatt Nr. 48 vom 2. Dezember 2016 (S. 2765) publizierte Verkehrsanordnung betreffend den Bleikenweg im Sinne der Erwägungen auf. 
 
B.   
Gegen diesen Entscheid führt die Gemeinde Altendorf mit Eingabe vom 23. November 2018 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragt, den angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 21. September 2018 aufzuheben und den Beschluss des Regierungsrats vom 23. Januar 2018 zu bestätigen; eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. 
Das kantonale Tiefbauamt, der Regierungsrat und die Vorinstanz verzichten auf Vernehmlassungen. Die Flurgenossenschaft Bleikenweg beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden sollte. Das Bundesamt für Strassen ASTRA hat eine Stellungnahme eingereicht, ohne Anträge zu stellen. 
Die Verfahrensbeteiligten halten in weiteren Eingaben an ihrem Standpunkt und an ihren Anträgen fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) Endentscheid (Art. 90 BGG) in einer Verwaltungssache und damit in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG. Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG besteht nicht, womit die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegeben ist.  
Fraglich ist, ob die Beschwerdeführerin zur Beschwerdeführung befugt ist. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG muss die Beschwerdeführerin die Beschwerde hinreichend begründen. Sie muss - soweit das nicht offensichtlich ist - insbesondere darlegen, dass die gesetzlichen Legitimationsvoraussetzungen erfüllt sind. Andernfalls genügt sie ihrer Begründungspflicht nicht und ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (BGE 134 II 120 E. 1 S. 121; 133 II 400 E. 2 S. 404). 
Die Beschwerdeführerin beruft sich primär auf Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG und rügt eine Verletzung ihrer Autonomie. Subsidiär stützt sie ihre Beschwerdeberechtigung auf Art. 89 Abs. 1 BGG
 
1.2.  
 
1.2.1. Nach Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG ist eine Gemeinde zur Beschwerde befugt, soweit sie die Verletzung von Garantien rügt, die ihr von der Kantons- oder der Bundesverfassung eingeräumt werden.  
 
1.2.2. Die Vorinstanz hat in ihrer Entscheidbegründung vorab auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung verwiesen (angefochtener Entscheid E. 2.4) :  
Grundvoraussetzung für die Widmung einer Sache zum Gemeingebrauch ist demnach die Verfügungsmacht des Gemeinwesens. Eine Strassenparzelle im Privateigentum ist grundsätzlich für den privaten und nicht für den öffentlichen Gebrauch bestimmt. Das Gemeinwesen darf sie nur dann und nur soweit durch hoheitliche Anordnungen als öffentliche Verkehrsfläche behandeln, als es die dafür erforderliche Verfügungsmacht (z.B. in der Form eines dinglichen Rechts) erlangt hat. Mangels eines dinglichen Rechts oder einer unmittelbar wirkenden öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkung bedarf es des Einverständnisses des privaten Eigentümers. Dessen Zustimmung zur Widmung kann auch formlos sein. Ein blosses Dulden der allgemeinen Benützung genügt aber nicht (Urteil 5A_348/2012 vom 15. August 2012 E. 4.3.2 mit Hinweisen). 
Im zu beurteilenden Fall hat die Vorinstanz (mangels eines dinglichen Rechts oder einer unmittelbar wirkenden öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkung) geprüft, ob von einer formlosen Widmung des Bleikenwegs zum Gemeingebrauch und insbesondere von der konkludenten Zustimmung der Flurgenossenschaft ausgegangen werden kann (angefochtener Entscheid E. 2.6). 
Die Vorinstanz hat erwogen, die Beschwerdeführerin selbst habe die Widmung zum Gemeingebrauch ausschliesslich mit dem sog. Wegrodel begründet (angefochtener Entscheid E. 4.1.2), der Bleikenweg sei indes im kommunalen Wegrodel unbestrittenermassen nicht verzeichnet (angefochtener Entscheid E. 2.1.3). Insgesamt sei es sehr fraglich, ob aufgrund der durch die Akten erstellten Sachlage auf eine formlose Widmung des Bleikenwegs zum Allgemeingebrauch bzw. einen diesbezüglichen Willen der Beschwerdeführerin geschlossen werden könne (angefochtener Entscheid E. 4.5). Zudem habe die Beschwerdegegnerin mit der Anordnung eines privatrechtlichen Fahrverbots ihren Willen bekundet, an der Qualifikation des Bleikenwegs als Privatstrasse festzuhalten (angefochtener Entscheid E. 5.3.5). Zusammenfassend fehle es an hinreichend konkreten Umständen, welche in Anwendung des gebotenen objektivierten Massstabs eindeutig auf ein konkludentes Einverständnis der Beschwerdegegnerin zu einer Widmung des Bleikenwegs zum Gemeingebrauch hindeuteten (angefochtener Entscheid E. 5.5). Nachdem es sich beim Bleikenweg nach wie vor um eine Privatstrasse handle, sei der Anordnung eines öffentlich-rechtlichen Fahrverbots gestützt auf Art. 3 Abs. 4 SVG (SR 741.01) der Boden entzogen. Das SVG ordne nur den Verkehr auf öffentlichen Strassen. Gleiches gelte für das kantonale Strassengesetz (angefochtener Entscheid E. 5.7). 
 
1.2.3. Die Beschwerdeführerin behauptet, wie dargelegt, der angefochtene Entscheid verletze sie in ihrer Gemeindeautonomie (Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG).  
Beim Bleikenweg handelt es sich unbestrittenermassen um eine Privatstrasse im Eigentum (eines Teils der Mitglieder) der Beschwerdegegnerin. Ist zu entscheiden, ob die Gemeinde (Beschwerdeführerin), auf ihr eine Signalisation anbringen darf, welche die Benützung in weiterem Umfang zulässt als die Eigentümerin (Beschwerdegegnerin) will, muss zunächst geprüft werden, inwiefern die Privatstrasse dem Gemeingebrauch offen steht. Dies ist eine Frage der Widmung der Privatstrasse, welche das kantonale Recht regelt, wobei die Zustimmung des privaten Eigentümers zur Widmung auch formlos erfolgen kann. Die Vorinstanz hat die bundesgerichtliche Rechtsprechung (Urteil 5A_348/2012 vom 15. August 2012 E. 4.3.2) insoweit zutreffend wiedergegeben (E. 1.2.2 hiervor). 
Die Beschwerdeführerin geht in ihrer Beschwerde im Rahmen ihrer Ausführungen zur Legitimation (S. 4 und 5) nicht auf die vorinstanzlichen Erwägungen und die bundesgerichtliche Rechtsprechung ein. Sie legt nicht dar, inwiefern ihr im Zusammenhang mit der Widmung von Privatstrassen zum Gemeingebrauch Autonomie zukommen soll. Dies ist auch nicht ersichtlich, zumal im angefochtenen Entscheid nicht von einer Rechtsanwendung im Autonomiebereich die Rede ist. Demnach liegt auch keine Verletzung eines geschützten Autonomiebereichs auf der Hand. Auf die Autonomiebeschwerde ist deshalb mangels rechtsgenüglicher Substanziierung einer Autonomieverletzung nicht einzutreten. 
 
1.3.  
 
1.3.1. Nach Art. 89 Abs. 1 BGG, auf welchen sich die Beschwerdeführerin subsidiär beruft, ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat.  
 
1.3.2. Die Regelung von Art. 89 Abs. 1 BGG ist in erster Linie auf Privatpersonen zugeschnitten, doch kann sich auch das Gemeinwesen darauf stützen, falls es durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie ein Privater oder aber in spezifischer, schutzwürdiger Weise in der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe betroffen wird, namentlich wenn einem Entscheid präjudizielle Bedeutung für die öffentliche Aufgabenerfüllung zukommt. Die Beschwerdebefugnis zur Durchsetzung hoheitlicher Anliegen setzt eine erhebliche Betroffenheit in wichtigen öffentlichen Interessen voraus. Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung begründet keine Beschwerdebefugnis im Sinne dieser Regelung. Gestützt auf die allgemeine Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG sind Gemeinwesen nur restriktiv zur Beschwerdeführung zuzulassen (BGE 141 II 161 E. 2.1 S. 164 mit Hinweisen).  
 
1.3.3. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Entscheid nicht gleich oder ähnlich wie eine Privatperson betroffen, was von ihr auch nicht behauptet wird.  
Die Beschwerdeführerin ist zwar (privates) Mitglied der Flurgenossenschaft. In dieser Eigenschaft ist sie aber nicht befugt, der Beschwerdegegnerin Verkehrsanordnungen aufzuerlegen oder solche vor dem Bundesgericht geltend zu machen. Als Trägerin hoheitlicher Gewalt im Gemeindegebiet ist die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Entscheid, der die Widmung der Privatstrasse zum Gemeingebrauch und damit die Kompetenz der Gemeinde zur Öffnung der Strasse für den Fahrradverkehr durch Anbringen einer entsprechenden Signalisation verneint, nicht qualifiziert in der Wahrnehmung ihrer hoheitlichen Aufgaben betroffen. Es geht nicht um eine Regelung mit wichtigen Auswirkungen auf die kommunale Erschliessungssituation (vgl. auch angefochtener Entscheid E. 4.3.2), sondern um den Spezialfall einer punktuellen Öffnung einer Privatstrasse für bestimmte Strassenbenützer. 
Die Beschwerdeführerin kann deshalb nicht gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG als beschwerdeberechtigt gelten. 
 
2.   
Auf die Beschwerde ist damit mangels Legitimation bzw. Erfüllung der diesbezüglichen Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nicht einzutreten. 
Die Beschwerdeführerin vertritt keine Vermögensinteressen; es sind deshalb keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Hingegen hat die Beschwerdeführerin der obsiegenden Beschwerdegegnerin eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Tiefbauamt des Kantons Schwyz, dem Regierungsrat des Kantons Schwyz, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. Mai 2019 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Stohner