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«AZA 7» 
I 553/00 Ca 
 
 
 
 
III. Kammer 
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer; Gerichtsschreiberin Hofer 
 
 
 
Urteil vom 15. Februar 2001 
 
in Sachen 
IV-Stelle Schaffhausen, Oberstadt 9, Schaffhausen, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
F.________, 1941, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Urs Späti, Stadthausgasse 16, Schaffhausen, 
 
und 
Obergericht des Kantons Schaffhausen, Schaffhausen 
 
 
 
A.- Der 1941 geborene F.________ leidet seit rund 30 Jahren an linksseitigen Hüftschmerzen, weswegen er im Januar 1987 operiert und sich am 12. Dezember 1997 einer Hüft-TP-Implantation unterziehen musste. Hinzu kamen lumbale Rückenschmerzen und ab September 1998 Beschwerden im rechten Knie. Die seit 1963 ausgeübte Tätigkeit als Lagermitarbeiter in der D.________ AG, nahm der Versicherte nach der zweiten Hüftoperation nicht mehr auf. Seither geht er keiner Erwerbstätigkeit mehr nach. 
Nachdem sich F.________ am 22. Juli 1998 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet hatte, zog die IV-Stelle Schaffhausen die Berichte des Dr. med. H.________ vom 25. November 1998 und 3. März 1999 und des Dr. med. W.________ aus der Zeit von März 1979 bis April 1989 bei und holte die Auskünfte der ehemaligen Arbeitgeberfirma vom 27. Juli 1998 ein. Mit Vorbescheid vom 16. April 1999 eröffnete sie dem Versicherten, dass sie ihm bei einem Invaliditätsgrad von 61,87 % mit Wirkung ab 1. Juli 1998 eine halbe Invalidenrente ausrichten werde. Auf Grund der dagegen erhobenen Einwände beauftragte die IVStelle die Rheuma- und Rehabilitationsklinik X.________ mit einem medizinischen Gutachten, das am 8. Oktober 1999 erging. Gestützt darauf sprach sie F.________ mit Verfügung vom 8. Februar 2000 rückwirkend ab 1. Juli 1998 eine halbe Invalidenrente zu. 
 
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Obergericht des Kantons Schaffhausen mit Entscheid vom 18. August 2000 in dem Sinne gut, dass die Verfügung vom 8. Februar 2000 aufgehoben und die Sache an die IV-Stelle zurückgewiesen wurde, damit diese ergänzende Abklärungen im Sinne der Erwägungen vornehme und über den Anspruch neu verfüge. 
 
C.- Die IV-Stelle führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben. 
F.________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, während sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht vernehmen lässt. 
 
D.- Im Nachgang zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat F.________ einen Bericht des Dr. med. H.________ vom 22. November 2000 einreichen lassen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts stellt der Rückweisungsentscheid einer kantonalen Rekursinstanz eine im Sinne von Art. 128 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OG und Art. 5 VwVG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidgenössische Versicherungsgericht anfechtbare Endverfügung dar. Anfechtbar ist grundsätzlich nur das Dispositiv, nicht aber die Begründung eines Entscheides. Verweist indessen das Dispositiv eines Rückweisungsentscheides ausdrücklich auf die Erwägungen, werden diese zu dessen Bestandteil und haben, soweit sie zum Streitgegenstand gehören, an der formellen Rechtskraft teil. Dementsprechend sind die Motive, auf die das Dispositiv verweist, für die Behörde, an die die Sache zurückgewiesen wird, bei Nichtanfechtung verbindlich. Beziehen sich diese Erwägungen auf den Streitgegenstand, ist somit auch deren Anfechtbarkeit zu bejahen (BGE 120 V 237 Erw. 1a mit Hinweis). 
 
2.- Das kantonale Gericht hat den Invaliditätsbegriff (Art. 4 Abs. 1 IVG) sowie die gesetzlichen Bestimmungen über die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. Richtig sind auch die Ausführungen über die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG), über die dabei den ärztlichen Stellungnahmen zur Arbeitsfähigkeit zukommende Bedeutung (BGE 125 V 261 Erw. 4, 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1) und über die beweismässigen Anforderungen (BGE 122 V 160 Erw. 1c). 
 
3.- Die Vorinstanz begründet ihren Rückweisungsentscheid im Wesentlichen damit, die bei den Akten liegenden ärztlichen Stellungnahmen seien bezüglich der Arbeitsfähigkeit widersprüchlich. Während die Ärzte der Rheuma- und Rehabilitationsklinik X.________ und Dr. med. H.________ von der Zumutbarkeit leichter Arbeiten ausgingen, verneine Dr. med. W.________ in seinem Bericht vom 31. März 2000 wegen Verschlechterung des Gesundheitszustandes jegliche Einsatzmöglichkeit. Angaben zu leidensangepassten Arbeitsleistungen fehlten in sämtlichen medizinischen Berichten. Mit Blick auf die Kniebeschwerden stelle sich insbesondere die Frage, ob sitzende, stehende oder gehende Tätigkeiten möglich seien. Zudem würden mit einer bloss pauschalen Bezeichnung zumutbarer Tätigkeitsfelder die strukturellen Arbeitsmarktverhältnisse für einen älteren Versicherten nicht dargetan. Vorschläge von tatsächlich existierenden Arbeitsgelegenheiten in der näheren Region seien in den Akten nicht vorhanden. Auch wenn die IV-Stelle den Beschwerdegegner altersbedingt weder umschule noch anderen beruflichen Massnahmen zuführe, obliege ihr die Aufgabe, ihm konkrete berufliche Arbeitsstellen aufzuzeigen. 
 
4.- a) Unbestrittenermassen nicht mehr möglich ist dem Beschwerdegegner eine Tätigkeit als Lagermitarbeiter mit schwerer Arbeit. Gemäss Gutachten der Rheuma- und Rehabilitationsklinik X.________ vom 8. Oktober 1999 ist ihm hingegen eine leichte Arbeit mit wechselnder Belastung und ohne monotone Arbeiten im Rahmen von 4 Stunden täglich zumutbar; angesichts seines Alters, der mangelnden Berufsbildung und der rund zweijährigen Arbeitslosigkeit wurde eine Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess indessen als unrealistisch bezeichnet. Im selben Sinne äusserte sich Dr. med. H.________ (Bericht vom 25. November 1998 mit Ergänzung vom 3. März 1999). Wie die IV-Stelle mit Recht einwendet, ist der Bericht des Dr. med. W.________ vom 31. März 2000, der sich auf eine "Kontrolle" vom 17. März 2000 stützt, nicht geeignet, die Schlüssigkeit dieser Einschätzung in Frage zu stellen. Dr. med. W.________ vermag nicht objektiv zu erklären, warum der Beschwerdegegner auf Grund seiner physischen Verfassung nicht mehr in der Lage sein sollte, zumindest teilzeitlich einer wechselbelastenden leichten Erwerbsarbeit nachzugehen. Vielmehr übernimmt er ohne weiteres die Schilderungen des Beschwerdegegners, ohne diese umsichtig zu würdigen, und stellt auf ein aktuelles Beschwerdebild ab, das er unmittelbar zur Grundlage seiner Stellungnahme macht. Auch ist nicht nachvollziehbar, was mit der Feststellung gemeint ist, eine Verschlimmerung im Verlauf des letzten Jahres sei durchaus erklärbar, weshalb ab sofort in jeder zumutbaren Tätigkeit ein Invaliditätsgrad von über 66 2/3 % bescheinigt werden könne. Ausser einem leichten Erguss am rechten Knie erwähnt er keine Befunde, welche nicht bereits von den Gutachtern erhoben worden wären. Seit wann dieser Erguss aufgetreten ist und welche Schlüsse mit Bezug auf die Arbeitsfähigkeit daraus zu ziehen sind, gibt der Orthopäde nicht an. Was die von ihm nicht näher spezifizierte Dolenz am Knie betrifft, wurde eine Druckdolenz auch von den Gutachtern beschrieben, jedoch als nicht exquisit bezeichnet. Dr. med. W.________ macht denn auch nicht geltend, die Gutachter hätten einen Befund übersehen oder den medizinischen Sachverhalt nicht zuverlässig genug erhoben. Demgegenüber sind die Schlussfolgerungen der Gutachter einleuchtend und nachvollziehbar, weshalb darauf abgestellt werden kann. Die Knieproblematik haben sie nicht nur in der Diagnose, sondern auch in der Beurteilung mit berücksichtigt. Liegt somit eine schlüssige ärztliche Beurteilung zur zumutbaren Arbeitsfähigkeit vor, besteht in dieser Hinsicht kein Abklärungsbedarf mehr. 
Kommt dem Bericht des Dr. med. W.________ - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - zum Vornherein kein Beweiswert zu, ist nicht weiter zu prüfen, ob das kantonale Gericht das rechtliche Gehör verletzt hat, indem es diesen der IV-Stelle nur zur Kenntnisnahme und nicht zur Stellungnahme zugestellt hat. 
 
b) Es obliegt grundsätzlich der Verwaltung, konkrete Arbeitsmöglichkeiten zu bezeichnen, welche auf Grund der ärztlichen Angaben und unter Berücksichtigung der übrigen Fähigkeiten des Versicherten in Frage kommen (BGE 107 V 20 Erw. 2b). Dabei dürfen jedoch nicht übermässige Anforderungen an die Konkretisierung von Arbeitsgelegenheiten und Verdienstaussichten gestellt werden. Die Sachverhaltsabklärung hat nur so weit zu gehen, dass im Einzelfall eine zuverlässige Ermittlung des Invaliditätsgrades gewährleistet ist (AHI 1998 S. 290 Erw. 3b). Männliche Hilfsarbeiter, die vor Eintritt der Behinderung manuell tätig waren - und ebenso gelernte Arbeiter, die wegen der Behinderung ihren angestammten manuellen Beruf nicht mehr ausüben können -, werden in der Regel für Handlanger- und andere körperliche Arbeiten eingestellt. Der diesen Versicherten offenstehende Arbeitsmarkt ist allerdings nicht ausschliesslich auf solche Tätigkeiten beschränkt. In Industrie und Gewerbe werden Arbeiten, welche physische Kraft erfordern, in zunehmendem Masse durch Maschinen verrichtet, während den körperlich weniger belastenden Bedienungs- und Überwachungsfunktionen eine stetig wachsende Bedeutung zukommt; auch in diesen Bereichen stehen somit männlichen Hilfsarbeitern Stellen offen, ebenso im Dienstleistungssektor (ZAK 1991 S. 320 Erw. 3b). Ein Versicherter, der bei gutem Willen noch im Stande wäre, einer körperlich leichten Erwerbstätigkeit nachzugehen, gilt daher - auch wenn er keine Arbeit findet - nicht als vollständig invalid. Kann er wegen mangelnder Bildung nicht eingegliedert werden, hat nicht die Invalidenversicherung dafür einzustehen (ZAK 1980 S. 281 Erw. 2). Nimmt der Versicherte nach Eintritt des Gesundheitsschadens keine oder jedenfalls keine ihm an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit auf, können nach der Rechtsprechung für die Festlegung des Invalideneinkommens sogenannte Tabellenlöhne beigezogen werden (BGE 126 V 76 Erw. 3b/bb). 
 
c) Diesen Anforderungen hat die IV-Stelle entsprochen, indem sie gestützt auf die ärztliche Zumutbarkeitsbeurteilung davon ausging, dem Beschwerdegegner stehe nach wie vor der Arbeitsmarkt leichter Hilfsarbeiten offen. Das Invalideneinkommen hat sie sodann auf Grund der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) des Jahres 1996 berechnet, wobei sie vom niedrigsten Anforderungsniveau ausging und davon einen Abzug von 10 % vornahm, um den besonderen persönlichen und beruflichen Merkmalen Rechnung zu tragen (vgl. dazu BGE 126 V 75). 
 
5.- An diesem Ergebnis vermag der vom Beschwerdegegner im letztinstanzlichen Verfahren eingereichte Bericht des Dr. med. H.________ vom 22. November 2000 nichts zu ändern, weil er nichts beiträgt zur Feststellung des Sachverhaltes, wie er sich bis zum Verfügungserlass verwirklicht hat, welcher Zeitpunkt rechtsprechungsgemäss die Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildet (BGE 121 V 366 Erw. 1b). Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob dieses neue Beweismittel überhaupt berücksichtigt werden kann, nachdem es nach Ablauf der Beschwerdefrist, und ohne dass ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet wurde, aufgelegt worden ist (BGE 109 Ib 249 Erw. 3c; ferner nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 10. Oktober 1997, 2A.616/1996). 
 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird 
der Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhau- 
sen vom 18. August 2000 aufgehoben. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des 
Kantons Schaffhausen und dem Bundesamt für Sozialver- 
sicherung zugestellt. 
Luzern, 15. Februar 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
 
 
 
Die Gerichtsschreiberin: