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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.667/2005 /gij 
 
Urteil vom 15. Februar 2006 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Aeschlimann, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Thönen. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat Guido Ehrler, 
 
gegen 
 
Y.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Advokat Dr. Markus Schülin, 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, Postfach, 4001 Basel, 
Strafgericht Basel-Stadt, Rekurskammer, Schützenmattstrasse 20, 4003 Basel. 
 
Gegenstand 
Verfahrenseinstellung, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid 
des Strafgerichts Basel-Stadt, Rekurskammer, vom 30. August 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 29. Juli 2002 eröffnete die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt ein Strafverfahren gegen Y.________ (geb. 1957) wegen Verdachts auf Pornografie, Ausnützung der Notlage und später Delikte gegen die Freiheit. Ihr wurde vorgeworfen, die genannten Delikte gegenüber drei thailändischen Frauen, darunter X.________ (geb. 1975), begangen zu haben. Diese arbeiteten im Restaurant A.________ unter Y.________ und hatten Strafanzeige erstattet. 
 
Mit Beschluss vom 29. November 2002 stellte die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren mangels Beweisen ein. Sie führte aus, Y.________ habe Frau X.________ zu keiner Zeit zu Handlungen gezwungen. Diese sei mit dem Ziel des Gelderwerbs freiwillig in die Schweiz eingereist und habe von Frau Y.________ ein Darlehen von rund Fr. 17'000.-- erhalten, womit sie in Thailand ein Haus gebaut habe. Daher habe sie sich bemühen müssen, die Schulden zurückzuzahlen. 
 
Den dagegen gerichteten Rekurs von X.________ und einer weiteren Thailänderin wies die Rekurskammer des Strafgerichts Basel-Stadt am 30. August 2005 ab. 
B. 
X.________ führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den Entscheid der Rekurskammer aufzuheben und die Sache an die Staatsanwaltschaft zur Durchführung der Ermittlungen zurückzuweisen. 
C. 
Y.________ beantragt in der Vernehmlassung, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventualiter sie abzuweisen. Staatsanwaltschaft und Rekurskammer haben auf eine Stellungnahme verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das angefochtene Urteil ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid im Sinn von Art. 86 Abs. 1 OG, gegen den die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung steht (Art. 84 Abs. 2 OG). Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin steht gegen den Entscheid der Rekurskammer kein kantonales Rechtsmittel offen (Urteile des Appellationsgerichts Basel-Stadt vom 18. April 2000 in BJM 2001 S. 204 ff. und vom 13. Februar 2003 in BJM 2004 S. 214 ff.; Urteil des Bundesgerichts 1P.603/2004 vom 19. Januar 2005). 
1.2 Die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde setzt die persönliche Betroffenheit der Beschwerdeführerin in eigenen rechtlich geschützten Positionen voraus (Art. 88 OG). 
 
Nach der Praxis des Bundesgerichts ist der durch eine angeblich strafbare Handlung Geschädigte grundsätzlich nicht legitimiert, gegen die Einstellung eines Strafverfahrens oder gegen ein freisprechendes Urteil staatsrechtliche Beschwerde zu erheben. Der Geschädigte hat an der Verfolgung und Bestrafung des Täters nur ein tatsächliches oder mittelbares Interesse im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 88 OG. Der Strafanspruch, um den es im Strafverfahren geht, steht ausschliesslich dem Staat zu, und zwar unabhängig davon, ob der Geschädigte als Privatstrafkläger auftritt oder die eingeklagte Handlung auf seinen Antrag hin verfolgt wird. Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst ist der Geschädigte aber befugt, mit staatsrechtlicher Beschwerde die Verletzung von Verfahrensrechten geltend zu machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das nach Art. 88 OG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls nicht aus einer Berechtigung in der Sache, sondern aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Ist der Beschwerdeführer in diesem Sinne nach kantonalem Recht Partei, kann er die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht oder unmittelbar aufgrund der Bundesverfassung oder von Art. 6 EMRK zustehen (BGE 131 I 455 E. 1.2.1 S. 458 f.). 
1.3 Etwas anderes gilt für das Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG; SR 312.5). Opfer gemäss OHG ist, wer durch eine Straftat in seiner körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Art. 2 Abs. 1 OHG). Das Opfer kann den Entscheid eines Gerichts verlangen, wenn das Verfahren eingestellt wird (Art. 8 Abs. 1 lit. b OHG), und diesen unter bestimmten Voraussetzungen anfechten: Das Opfer verfügt über die gleichen Rechtsmittel wie der Beschuldigte, wenn es sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit der Entscheid seine Zivilansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann (Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG). Diese Bestimmung geht als "lex specialis" Art. 88 OG vor. Die Legitimation des Opfers zur staatsrechtlichen Beschwerde ist insoweit auf materiellrechtliche Fragen erweitert. 
Die Beschwerdeführerin wurde nach ihren Angaben in der sexuellen Integrität verletzt und könnte daher (mutmassliches) Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG sein. Die Rekurskammer des Strafgerichts ist eine richterliche Behörde mit der notwendigen Unabhängigkeit, womit der angefochtene Entscheid den Anforderungen von Art. 8 Abs. 1 lit. b OHG genügt (BGE 131 IV 183 E. 3.2.1 S. 188; 130 IV 90 E. 3.2 S. 94 f.). Ob eine Anfechtung nach Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG offen steht, hängt allerdings vom Vorliegen von Zivilansprüchen ab. Dabei hat das Opfer darzulegen, aus welchen Gründen und inwiefern sich der angefochtene Entscheid auf welche Zivilforderung auswirken kann. Unterlässt es dies, ist nach der Rechtsprechung zum gleichlautenden Art. 270 lit. e Ziff. 1 BStP (strafrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde) auf die Beschwerde gleichwohl einzutreten, sofern sich der Sachlage und insbesondere der Art des in Frage kommenden Delikts unmittelbar und ohne Zweifel entnehmen lässt, welche Zivilforderung das Opfer geltend machen könnte, und auch klar ersichtlich ist, inwiefern der angefochtene Entscheid sich negativ auf diese Forderungen auswirken kann (BGE 131 IV 195 E. 1.1.1 S. 196 f.). 
 
Die Beschwerdeführerin nennt als Zivilforderung eine Genugtuung; sie schreibt nicht, aus welchen Gründen und inwiefern sich der angefochtene Entscheid darauf auswirken kann. Es ist jedoch ohne Weiteres ersichtlich, dass eine Verletzung der sexuellen Integrität eine Genugtuungsforderung begründen könnte, auf die sich die im angefochtenen Beschluss bestätigte Verfahrenseinstellung negativ auswirken würde. 
 
Daher ist die Beschwerdeführerin zur Anfechtung nach Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG befugt. 
2. 
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Gegen die Beschwerdegegnerin und ihren Ehemann sei ein weiteres Verfahren geführt worden, offenbar auf Antrag des Kantonalen Amtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit KIGA vom 9. Mai 2003 (nachfolgend: KIGA-Verfahren). Dies habe die Rekurskammer nicht berücksichtigt. 
2.1 Nach Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf rechtliches Gehör. Dieses Mitwirkungsrecht umfasst alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann. Dazu gehört insbesondere das Recht, erhebliche Beweise beizubringen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern. Diesem Mitwirkungsrecht entspricht die Pflicht der Behörde, die Argumente und Verfahrensanträge der Partei entgegenzunehmen und zu prüfen sowie die ihr rechtzeitig und formrichtig angebotenen Beweismittel abzunehmen (BGE 131 I 153 E. 3 S. 157; 117 Ia 262 E. 4b S. 268 f. mit Hinweisen; Hauser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Auflage, Basel 2005, § 55 Rz. 7 ff.). 
2.2 Die Beschwerdeführerin hat im kantonalen Rekursverfahren den Antrag gestellt, die Akten des KIGA-Verfahrens beizuziehen. 
 
Diesen Antrag hat die Rekurskammer nicht behandelt. Sie führt zum KIGA-Verfahren lediglich Folgendes aus: Das KIGA habe am 9. Mai 2003 gegen die Beschwerdegegnerin und ihren Ehemann wegen mehrfacher Urkundenfälschung, evtl. mehrfacher Fälschung von Ausweisen sowie mehrfacher Zuwiderhandlungen gegen andere fremdenpolizeiliche Vorschriften gemäss Art. 23 Abs. 6 ANAG Strafantrag gestellt. In diesem Verfahren habe der Strafgerichtspräsident von Basel-Stadt die Angeschuldigten mit nicht rechtskräftigem Urteil vom 19. April 2005 mit einer Busse von je Fr. 14'000.-- bestraft (angefochtener Entscheid S. 3 Ziff. 6). Soweit die Rekurrentinnen - offenbar gestützt auf Ermittlungen des KIGA - den Verdacht auf neue Straftaten begründeten, sei auf den Rekurs nicht einzutreten (angefochtener Entscheid, S. 5 Ziff. I.2). 
 
In der Rekursbegründung vom 5. August 2003 (Ziff.7) führt die Beschwerdeführerin jedoch die KIGA-Strafanzeige ausdrücklich im Zusammenhang mit den behaupteten sexuellen Handlungen an. Sie habe sich in einer erheblichen finanziellen Drucksituation befunden und sei durch die Umstände des Arbeitsverhältnisses in ihrem Selbstbestimmungsrecht beeinträchtigt gewesen. Daraus ist ersichtlich, dass sich das Gesuch um Beizug der Akten des KIGA-Verfahrens auch auf den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens - den Verdacht auf Sexualdelikte - bezieht. Indem die Rekurskammer diesen Beweisantrag nicht behandelte, verletzte sie das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin. 
2.3 Gegen den Beizug der Akten des KIGA-Verfahrens wendet die Beschwerdegegnerin ein, sie stünden in keinem Zusammenhang mit dem Verdacht der Ausnützung der Notlage, sondern ausschliesslich mit dem Verdacht auf Urkundendelikte und Verstoss gegen GAV-Mindestlohnvorschriften. 
 
Im KIGA-Verfahren sind offenbar die Einreise-, Arbeits- und Wohnbedingungen der betroffenen thailändischen Frauen abgeklärt worden. Diese Umstände eignen sich, um eine allfällige Notlage bzw. Abhängigkeit infolge eines Arbeitsverhältnisses im Sinne von Art. 193 Abs. 1 StGB oder Art. 195 StGB zu beurteilen. Die Tatsache, dass die Akten in einem separaten Verfahren mit anderem Tatverdacht erhoben wurden, steht einer Beweiseignung für das vorliegende Verfahren nicht entgegen. 
2.4 Die zuständige Behörde wird die Akten des durch den Strafantrag des KIGA vom 9. Mai 2003 eingeleiteten Verfahrens auf entsprechende Indizien für eine Notlage bzw. Abhängigkeit durchzusehen haben. Die in diesem Urteil verwendete Kurzbezeichnung "KIGA-Verfahren" darf nicht dahin ausgelegt werden, dass nur die vom KIGA erhobenen Akten beizuziehen sind; es sind die gesamten, auch von anderen Instanzen erhobenen Akten dieses Verfahrens zu berücksichtigen. 
2.5 Damit werden die Anträge der Parteien hinfällig, das Bundesgericht habe die Akten des KIGA-Verfahrens beizuziehen. 
3. 
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV), indem die Staatsanwaltschaft wichtige Zeugen nicht einvernommen habe. 
3.1 Gemäss Art. 9 BV hat jede Person Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür behandelt zu werden. Nach der Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene kantonale Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 131 I 467 E. 3.1 S. 473 f. mit Hinweisen). 
Nach § 22 Abs. 1 StPO/BS haben die Strafbehörden zur Feststellung der materiellen Wahrheit die Beweisaufnahme von Amtes wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel auszudehnen, welche zur Beurteilung der Tat und des Täters von Bedeutung sein können. Sie haben den entlastenden und belastenden Umständen mit gleicher Sorgfalt nachzugehen. 
3.2 Die Beschwerdeführerin rügt, dass ein gewisser C.________ nicht einvernommen wurde. Die Beschwerdegegnerin habe sie veranlasst, mit C.________ während rund drei Monaten insgesamt ca. sechsmal orale bzw. manuelle sexuelle Handlungen vorzunehmen. 
 
Aus dem angefochtenen Entscheid geht nicht hervor, wieso die Staatsanwaltschaft auf die Befragung von C.________ verzichtet hat. Die Rekurskammer führt lediglich aus, die Beschwerdegegnerin sei nicht zu diesen Belastungen befragt worden (angefochtener Entscheid S. 6 Ziff. 2). 
3.3 C.________ hat nach der Darstellung der Beschwerdeführerin sexuelle Handlungen beansprucht. Er weist daher eine (mutmassliche) unmittelbare Tatnähe auf und kann über erhebliche Tatsachen aussagen. Unter diesen Umständen gebietet die Pflicht zur Wahrheitsfindung eine Einvernahme. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb auf die Einvernahme von C.________ hätte verzichtet werden können. Überdies handelt die Staatsanwaltschaft widersprüchlich, wenn sie einerseits auf die Erhebung von Beweisen verzichtet, andererseits das Verfahren mangels Beweisen einstellt. 
 
Es liegt eine offensichtliche Verletzung der Ermittlungspflicht vor. Unter diesen Umständen ist die Bestätigung der Verfahrenseinstellung im angefochtenen Entscheid offensichtlich unhaltbar und verletzt damit das Willkürverbot. Die Beschwerde ist in diesem Punkt begründet. 
3.4 Die Beschwerdeführerin bringt vor, es sei willkürlich, dass die Staatsanwaltschaft verschiedene weitere Personen nicht einvernommen hat. Sie verweist auf die Akten des parallel geführten sogenannten KIGA-Verfahrens. Nach dem Gesagten ist es Sache der kantonalen Behörde, diese Akten beizuziehen und die Erheblichkeit des Beweisantrages zu prüfen (E. 2). 
4. 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Rekurskammer habe ihre Aussagen willkürlich gewürdigt. 
4.1 Anlässlich der Einvernahme vom 6. August 2002 (mit Übersetzer) sagte die Beschwerdeführerin aus, sie habe in Thailand erfahren, dass die Beschwerdegegnerin für ihr Restaurant Arbeiterinnen suche. Sie und zwei weitere Frauen seien am 8. Februar 2001 in die Schweiz geflogen. Die Beschwerdegegnerin habe sie am Flughafen Basel abgeholt und die Flugkosten übernommen. Sie hätten ihr ihre Pässe abgeben müssen und eine Wohnung an der B.________strasse bezogen. 
 
Nachdem die Beschwerdegegnerin sie bereits einmal zur Verabreichung einer Massage für Fr. 200.-- vermittelt habe, bei dem die Beschwerdeführerin den Geschlechtsverkehr abgelehnt habe, habe die Beschwerdegegnerin ein Zusammentreffen mit C.________, wohnhaft an der B.________strasse, organisiert. Ihn habe die Beschwerdeführerin während eines Zeitraums von drei Monaten schätzungsweise insgesamt sechsmal manuell oder oral befriedigt. C.________ sei jeweils während ihrer Arbeitszeit im Restaurant erschienen. Die Beschwerdeführerin sagte weiter aus, sie habe nicht mit C.________ mitgehen wollen, aber die Beschwerdegegnerin habe ihr gesagt, dass sie doch schnell gehen solle. C.________ habe ihr jeweils Fr. 100.-- oder 200.-- gegeben, die sie dann der Beschwerdegegnerin "zurück geben" musste. 
 
Auf die Frage, ob sie zu den sexuellen Handlungen genötigt oder gezwungen worden sei, antwortete die Beschwerdeführerin: "Ich kann das ganz schwer definieren. Ich habe einfach kein Geld und schulde Frau Y.________ so viel Geld. Ich musste ja einfach irgendwann Geld haben, um das zurück bezahlen zu können. Frau Y.________ hat mir einfach gesagt, dass ich ihr das Geld schulden würde, und dass ich das doch machen solle, weil es Geld geben würde. Sie hat mich aber dazu nicht gezwungen" (Einvernahmeprotokoll S. 8). 
4.2 Die Rekurskammer gibt im angefochtenen Entscheid (S. 6) diese Aussage wie folgt wieder: Die Beschwerdeführerin habe in die sexuellen Handlungen mit C.________ "vor allem eingewilligt, um Geld zu verdienen. Gezwungen worden dazu sei sie nicht" (Ziff. 1). Die Beschwerdeführerin habe "den Sachverhalt, wonach ihr gegenüber Zwang ausgeübt worden sei, nicht bestätigt" (Ziff. 2). 
4.3 Diese Darstellung trifft nicht zu. Wohl sagte die Beschwerdeführerin, sie sei nicht gezwungen worden. Gleichzeitig sagte sie aber, sie könne das ganz schwer definieren. Und etwas früher: "C.________ kam jeweils ins Restaurant. Frau Y.________ kam dann mich jeweils holen und sagte, dass ich zu C.________ nach Hause gehen solle. Ich wollte dies aber nicht, und fragte Frau Y.________, ob das sein müsse. Sie sagte dann zu mir, dass ich doch schnell gehen solle, diese zehn oder zwanzig Minuten seien ja nicht schlimm, es gehe ja um Geld" (Einvernahmeprotokoll Seite 7). 
 
Bei unbefangener Betrachtung ist daraus zu folgern, dass die Beschwerdeführerin mehrdeutige, ja widersprüchliche Aussagen macht: "ich wollte dies nicht" (S. 7) gegenüber "sie hat mich nicht dazu gezwungen" (S. 8). Dass ihre Antworten nicht eindeutig sind, belegt auch die Aussage, sie könne ganz schwer definieren, ob sie zu den sexuellen Handlungen genötigt oder gezwungen worden sei (S. 8). 
 
Im angefochtenen Entscheid wurden mehrdeutige Aussagen so dargestellt, als wären sie eindeutig, statt darauf hinzuweisen, dass sie nicht kohärent sind. Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, eine eigene Würdigung der Aussagen eines mutmasslichen Sexualopfers vorzunehmen. Es genügt festzustellen, dass die Wiedergabe der Beschwerdeführerin im angefochtenen Entscheid mit der tatsächlichen Situation gemäss Einvernahmeprotokoll nicht übereinstimmt. Ob dieser Fehler derart schwer ist, dass ein "klarer" Widerspruch im Sinne der Rechtsprechung zum Willkürverbot (E. 2.1) vorliegt, kann offen bleiben, da die Beschwerde so oder anders gutzuheissen ist. 
5. 
Das Bundesgericht hat geprüft, ob die Beschwerdeführerin in verfassungsmässigen Rechten verletzt ist (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG). Nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist der strafrechtliche Vorwurf gegen die Beschwerdegegnerin. Im Sinne einer Klarstellung rechtfertigt sich der Hinweis, dass sie unter dem Schutz der Unschuldsvermutung steht (Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK). 
6. 
Die Beschwerde ist gutzuheissen, und der angefochtene Entscheid ist aufzuheben. 
 
Dem unterliegenden Kanton Basel-Stadt sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 2 OG). Hingegen hat er die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2 OG). Ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird mit der Gutheissung der Beschwerde gegenstandslos. 
Die Beschwerdegegnerin unterliegt mit ihren Anträgen. Nach dem auch für die Verteilung der Verfahrenskosten geltenden Verursacherprinzip (Art. 156 Abs. 6, Art. 159 Abs. 5 OG) muss sie aber nicht für die Mängel des Rekursentscheids bzw. der Strafuntersuchung einstehen. Daher sind ihr weder Kosten noch Entschädigungen aufzuerlegen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Strafgerichts Basel-Stadt, Rekurskammer, vom 30. August 2005 aufgehoben. 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
3. 
Der Kanton Basel-Stadt hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt und dem Strafgericht Basel-Stadt, Rekurskammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 15. Februar 2006 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: