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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1C_289/2020  
 
 
Urteil vom 15. März 2021  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiber Gelzer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Einwohnergemeinde Lutzenberg, 
Gitzbüchel 192, 9426 Lutzenberg, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Titus Marty, 
 
gegen  
 
A.________ AG, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Werner Rechsteiner, 
 
Departement Bau und Volkswirtschaft 
des Kantons Appenzell Ausserrhoden, 
Kasernenstrasse 17A, 9102 Herisau. 
 
Gegenstand 
Baubewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts 
des Kantons Appenzell Ausserrhoden, 4. Abteilung, 
vom 21. April 2020 (O4V 19 44). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die B.________ GmbH ist Eigentümerin des im Weiler Haufen gelegenen Grundstücks Nr. 333 der Gemeinde Lutzenberg (nachstehend: Baugrundstück). Es mit einem Wohnhaus und einer Garage überbaut und wurde der Wohn- und Gewerbezone WG 2.4 zugeteilt. Zudem liegt es im Perimeter der Ortsbildschutzzone des kommunalen Schutzzonenplans. Auf der südwestlich daran angrenzenden Parzelle Nr. 33 befindet sich ein denkmalgeschütztes Wohnhaus. 
 
B.   
Mit Eingabe vom 27. April 2018 reichte die A.________ AG (nachstehend: Bauherrin) beim Bausekretariat der Gemeinde Lutzenberg das Gesuch ein, auf der Bauparzelle den Abbruch des Wohnhauses und der Garage sowie den Neubau eines 30 m langen und 14,45 m breiten Mehrfamilienhauses mit sieben Wohnungen samt Tiefgarage sowie einem Unterstand zu bewilligen. 
In Gutheissung der dagegen von Nachbarn erhobenen Einsprachen wies die Baubewilligungskommission Lutzenberg (nachstehend: BBK) das Baugesuch nach der Durchführung eines Augenscheins und einer Einigungsverhandlung mit Entscheid vom 29. November 2018 ab. 
Diesen Entscheid hob das Departement Bau und Volkswirtschaft (DBV) des Kantons Appenzell Ausserrhoden in Gutheissung eines Rekurses der Bauherrin mit Entscheid vom 17. September 2019 auf und wies die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die BBK zurück. 
Die Einwohnergemeinde Lutzenberg focht diesen Entscheid mit Beschwerde an, die das Obergericht Appenzell Ausserrhoden mit Urteil vom 21. April 2020 abwies. 
 
C.   
Die Einwohnergemeinde Lutzenberg erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts vom 21. April 2020 und den mit diesem bestätigten Rekursentscheid des DBV vom 17. September 2019 aufzuheben. 
Das Obergericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Bauherrin (Beschwerdegegnerin) schliesst auf Abweisung der Beschwerde. 
Die Beschwerdeführerin hält in ihrer Replik an ihren Beschwerdeanträgen fest. Das Obergericht erneuert in seiner Duplik die in der Beschwerdeantwort gestellten Anträge. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob eine bei ihm eingereichte Beschwerde zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 141 III 395 E. 2.1 mit Hinweisen).  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten steht auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung (Art. 82 ff. BGG; BGE 133 II 409 E. 1.1 S. 411). Die Beschwerdeführerin wird durch den angefochtenen Entscheid in ihrer hoheitlichen Stellung berührt und ist daher befugt, eine Verletzung ihrer Autonomie gemäss Art. 50 Abs. 1 BV zu rügen (Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG; BGE 146 I 36 E. 1.4 S. 40 mit Hinweisen). 
Das angefochtene Urteil bestätigt die vom DBV angeordnete Rückweisung der Sache an die beschwerdeführende Gemeinde zu neuem Entscheid und ist daher als Zwischenentscheid zu qualifizieren, der direkt beim Bundesgericht angefochten werden kann, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirkt (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) Ein solcher Nachteil ist gemäss der zutreffenden Annahme der Vorinstanz zu bejahen, weil die Beschwerdeführerin durch den Rückweisungsentscheid gezwungen würde, den von ihr als falsch erachteten materiellrechtlichen Vorgaben für die Erteilung einer Baubewilligung Folge zu leisten (BGE 133 II 409 E. 1.2 S. 412; vgl. auch BGE 140 V 282 E. 4.2. S. 285 f.). 
Die Beschwerdeführerin stellt gemäss ihrem formellen Begehren keinen reformatorischen Antrag, wie in der Sache zu entscheiden sei. Aus der Begründung ihrer Beschwerde ergibt sich jedoch, dass sie die Bestätigung ihres Bauabschlags vom 29. November 2018 anstrebt, weshalb ein Antrag in der Sache vorliegt (BGE 133 II 409 E. 1.4 S. 414 f. mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 1C_348/2017 vom 21. Februar 2018 E. 1.1). 
Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Das vorliegend anwendbare Baureglement der Gemeinde Lutzenberg aus dem Jahr 2009 enthält folgende Regelungen:  
Art. 17 Kommunale Ortsbildschutzzone 
1       Die Ortsbildschutzzone bezeichnet die künstlerisch und geschichtlich              besonders wertvollen Ortsbilder, welche in ihrer Erscheinungsform zu              erhalten sind. Das Ortsbild prägende Freiräume, Bäume, Vorgärten usw.              sind zu erhalten, resp. wieder herzustellen. 
2       Neubauten, Umbauten und Renovationen haben sich bezüglich                     Gebäudeform und Stellung, Massstäblichkeit der Baumassen, Fassaden-       und Dachgestaltung sowie Material- und Farbwahl der bestehenden,              wertvollen Bausubstanz anzupassen und sich derart in das Ortsbild              einzufügen, dass eine gute Gesamtwirkung erzielt wird. Ersatzbauten              haben sich im Wesentlichen dem bisherigen Bestand anzupassen, soweit       der Schutz des Ortsbildes nichts anderes erfordert. 
3       Der Abbruch bestehender Bauten oder Bauteile ist nur dann zulässig,              wenn dadurch keine Beeinträchtigung des Gesamtbildes entsteht oder ein       Ersatzbau gesichert ist. 
4        Die Behörde kann Abweichungen von der Regelbauweise gestatten oder       verlangen, soweit dies für den Schutz des Ortsbildes erforderlich ist. 
Art. 22 Gestaltungsanforderungen  
1       Die allgemeinen Gestaltungsanforderungen richten sich nach Art. 112ff              BauG. 
2       Erhöhte Anforderungen an die Gestaltung von Bauten und Anlagen und              deren Umgebung gelten: 
       a)       in der Ortsbildschutzzone; 
       b)              im Sichtbereich von künstlerisch oder geschichtlich wertvollen Stätten,                     Bauten und Bauteilen; 
       c)              bei Bauten und Anlagen die das Orts-, Landschafts- oder Strassenbild                     besonders prägen. 
3        Diese Bauten und Anlagen, inklusive der Umgebungs- und                     Strassenraumgestaltung, haben sich bezüglich ihrer Gesamtwirkung,              insbesondere der Bedachung, Form und Gliederung der Baumassen, der       Wirkung von Materialien und Farbe, der Stellung und Grösse der Bau ten              sowie der Bepflanzung so in die landschaftliche und bauliche Umgebung              einzugliedern, dass eine gute Einpassung in das Orts- und Landschaftsbild       erreicht wird. 
 
2.2. Die BBK führte in ihrem Entscheid vom 29. November 2018 zur Begründung des Bauabschlags zusammengefasst aus, gemäss Art. 17 Abs. 2 Satz 2 BauR hätten sich Ersatzbauten im Wesentlichen dem bisherigen Bestand anzupassen. Eine solche Anpassung liege in mehrfacher Hinsicht nicht vor, weil das geplante Wohnhaus gegenüber dem bestehenden Gebäude eine Mehrlänge von 11,5 m, eine um 2,45 m vergrösserte Breite, eine nahezu doppelt so grosse Grundfläche und ein mehr als doppelt so grosses oberirdisches Gebäudevolumen aufweisen soll. Nach der Rechtsprechung sei zwar die Verweigerung der Baubewilligung allein aufgrund einer Vergrösserung des Bauvolumens um mehr als 10 - 15 % nicht gerechtfertigt, wenn das Bauvorhaben den bestehenden Bauten in der Umgebung angepasst sei und sich damit gemäss Art. 17 Abs. 2 Satz 1 BauR derart ins Ortsbild einfüge, dass eine gute Gesamtwirkung erzielt werde. Dies treffe vorliegend jedoch nicht zu. Alle Bauten im Ortsbildschutzgebiet seien weniger als 30 m lang. Über 20 m lange Gebäude seien kubisch gegliedert. Das geplante, kubisch nicht gegliederte Mehrfamilienhaus weiche daher aufgrund der grossen Gebäudelänge und der massiven Volumenerweiterung erheblich von den bestehenden Bauten im Ortsbildschutzgebiet ab und habe damit in nächster Nähe zum Schutzobjekt auf der Parzelle Nr. 33 und am Rande des Ortsschutzgebiets eine entsprechend dominante Wirkung. Einer guten Einfügung in das geschützte Ortsbild sei neben der grossen Gebäudelänge auch abträglich, dass die südseitige Dachgaube mit Dachbalkon den in der Ortsbildschutzzone vorhandenen kleingliedrigeren Dachgauben nicht entspreche. Zudem weise die Süd- und Nordfassade eine ortsbilduntypische Gestaltung, Gliederung und Befensterung auf. Auf der Nordfassade seien über die ganze Fassadenlänge durchgehende laubenähnliche Balkone geplant, deren Erscheinungsbild keinem im Ortsschutzbild vorkommenden baulichen Gestaltungselement entspreche. Das Bauprojekt genüge daher aufgrund der Volumenerweiterung mit entsprechend grosser Gebäudelänge und aufgrund mehrerer ortsbilduntypischen Bau- und Gestaltungselemente den Anforderungen von Art. 17, 22 und 23 BauR nicht (E. 3 - 7 S. 4 ff.).  
 
2.3. Das DBV führte zur Begründung seines Rückweisungsentscheids sinngemäss aus, die BBK habe geprüft, ob das strittige Bauvorhaben gemäss Art. 17 Abs. 2 Satz 2 BauR im Wesentlichen dem bisherigen Bestand entspreche und habe dies namentlich aufgrund des doppelt so grossen Gebäudevolumens verneint und daher eine Unterschreitung der gemäss der Regelbauweise zulässigen Baumasse verlangt. Nach Art. 17 Abs. 4 BauR könnten jedoch Abweichungen von dieser Bauweise nur verlangt werden, soweit dies für den Schutz des Ortsbildes erforderlich sei. Gemäss der Rechtsprechung dürfe eine Herabsetzung des gemäss der Regelbauweise zulässigen Bauvolumens und die damit verbundene Einschränkung der Eigentumsgarantie nur verlangt werden, wenn die Interessen am Schutz des kommunalen Ortsbilds die Interessen an der Überbauung des Grundstücks nach den Vorgaben der Regelbauweise überwiegen würden. Die BBK habe in ihrem Entscheid vom 29. November 2018 keine solche Interessenabwägung vorgenommen, was einen gravierenden Mangel darstelle. Dieser Entscheid sei daher aufzuheben und die Sache sei zur Vornahme dieser Abwägung und Neubeurteilung an die BBK zurückzuweisen.  
 
2.4. Die Vorinstanz kam zum Ergebnis, das DBV habe die Sache zu Recht zur Neubeurteilung an die BBK zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Vorinstanz zusammengefasst aus, dem kommunalen Gesetzgeber sei es beim Erlass der Ortsbildschutzzone nicht bloss darum gegangen, die Erscheinung bzw. das Ausmass der bestehenden Bauten zu schützen. So ergebe sich aus dem Wortlaut von Art. 17 Abs. 2 Satz 2 BauR keine Pflicht, abgebrochene Altbauten durch Bauten mit bisherigem Gebäudeumfang bzw. -ausmass zu ersetzen. Eine solche Pflicht wäre bei unternutzt überbauten Grundstücken mit dem raumplanerischen Ziel, der Zersiedelung der Landschaft Einhalt zu gebieten, nicht vereinbar. Könne ein Grundstück nach den Regelbauvorschriften in höherem Mass ausgenützt werden, dürfe daher gestützt auf Art. 17 Abs. 2 Satz 2 BauR kein Ersatzbau unter Beibehaltung von Lage und Gebäudeprofil verlangt werden. Art. 17 Abs. 2 Satz 2 BauR schaffe daher keine Pflicht, sondern ein Recht, ein bestehendes Gebäude abzubrechen und an dessen Stelle einen Ersatzbau mit im Wesentlichen identischer Kubatur und Anordnung zu errichten, auch wenn gemäss den Regelbauvorschriften ein Neubau nicht an der gleichen Stelle oder in gleicher Grösse erstellt werden könnte. Diese Bestimmung regle damit die Bestandesgarantie, die nur eingeschränkt werden könne, wenn der Schutz des Ortsbildes dies erfordere. Vorliegend habe die Beschwerdegegnerin keinen Ersatzbau für das bestehende Wohnhaus im Sinne von Art. 17 Abs. 2 Satz 2 BauR, sondern den Neubau eines Mehrfamilienhauses geplant, das soweit ersichtlich die Regelbauvorschriften einhalte und den Anforderungen von Art. 17 Abs. 2 Satz 1 und Art. 22 Abs. 3 BauR zu genügen habe. Diese positiven ästhetischen Generalklauseln sollten sicherstellen, dass Neubauten eine ausreichende Bezugnahme zum baulichen Umfeld aufweisen und das geschützte Ortsbild gut ergänzen. Dabei bilde das Volumen der Altbaute keinen Referenzwert. Bei der Neubeurteilung habe die BBK demnach zu prüfen, ob das Bauvorhaben sich der bestehenden, wertvollen Bausubstanz anpasse und im Zusammenhang mit der baulichen und landschaftlichen Umgebung eine gute Gesamtwirkung erreiche. Sei dies nicht der Fall, könne die BBK nach Art. 17 Abs. 4 BauR eine Abweichung von der Regelbauweise fordern, sofern dies für den Schutz des Ortsbilds erforderlich sei.  
 
2.5. Die Beschwerdeführerin macht geltend, ihr stehe bei der Auslegung des von ihr im Rahmen ihrer Regelungskompetenz in Bausachen erlassenen Art. 17 BauR ein von der Gemeindeautonomie gemäss Art. 50 BV geschützter Ermessensspielraum zu. In diesen Spielraum habe die Vorinstanz in unzulässiger Weise eingegriffen, indem sie die vom DBV angeordnete Rückweisung bestätigt habe, welche die Beschwerdeführerin verpflichte, das strittige Bauvorhaben ohne die in Art. 17 Abs. 2 Satz 2 BauR für Ersatzbauten vorgesehenen Anforderungen zu prüfen. Diese Auslegung verletze das Willkürverbot gemäss Art. 9 BV. Das strittige Bauprojekt solle an Stelle einer abzubrechenden Baute errichtet werden und stelle damit eine Ersatzbaute dar, die sich gemäss dem Wortlaut von Art. 17 Abs. 2 Satz 2 BauR dem bisherigen Bestand anzupassen habe. Die blosse Einräumung eines Rechts wäre so formuliert worden, dass Ersatzbauten in einem dem bisherigen Bestand angepassten Ausmass "zulässig" seien. Daran ändere Art. 17 Abs. 3 BauR nichts, weil er nur die Voraussetzungen der Zulässigkeit eines Abbruchs einer bestehenden Baute regle und einen Verzicht auf einen Ersatzbau zulasse, wenn dadurch keine Beeinträchtigung des Gesamtbildes entstehe. Die in Art. 17 Abs. 2 Satz 1 BauR vorgesehene Verpflichtung zur Anpassung an die bestehende wertvolle Bausubstanz in der Umgebung gelte für alle Neubauten, d.h. auch für Ersatzbauten. Diese müssten zusätzlich den weitergehenden Anforderungen von Art. 17 Abs. 2 Satz 2 BauR genügen. Es würde dem Sinn und Zweck der für die Ortsbildschutzzone geltenden Vorschriften widersprechen, auf Ersatzbauten nur Art. 17 Abs. 2 Satz 1 BauR anzuwenden. Würde Art. 17 Abs. 2 Satz 2 BauR nur die Bestandesgarantie regeln, wäre sie überflüssig, weil sich diese Garantie bundesrechtlich aus der Eigentumsgarantie ergebe und sie kantonalrechtlich umfassend in Art. 94 BauG geregelt sei.  
 
2.6. Art. 50 Abs. 1 BV gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts. Nach der Rechtsprechung sind Gemeinden in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt. Der geschützte Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass oder Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen oder einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung kantonalen oder eidgenössischen Rechts betreffen. Im Einzelnen ergibt sich der Umfang der kommunalen Autonomie aus dem für den entsprechenden Bereich anwendbaren kantonalen Verfassungs- und Gesetzesrecht. Das Bundesgericht prüft frei, ob die kantonale Rechtsmittelinstanz einen in den Anwendungsbereich der Gemeindeautonomie fallenden Beurteilungsspielraum respektiert hat (BGE 145 I 52 E. 3.1 S. 55 f. mit Hinweisen).  
 
2.7. Da die strittige kommunale Regelung in Art. 17 Abs. 2 Satz 2 BauR den Begriff der Ersatzbauten nicht definiert und sie unbestimmte Rechtsbegriffe wie "den Schutz des Ortsbilds" enthält, steht der Gemeinde bei der Anwendung dieser kommunalen Regelung ein durch die Gemeindeautonomie geschützter Ermessensspielraum zu (vgl. BGE 145 I 52 E. 3.6 S. 57 f.). Dieser Spielraum wird gemäss der präzisierten Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht nur überschritten, wenn der kommunale Entscheid sachlich nicht mehr vertretbar und damit willkürlich ist, sondern namentlich auch dann, wenn sich die Gemeinde von unsachlichen, dem Zweck der Regelung fremden Erwägungen leiten lässt oder die Grundsätze der Rechtsgleichheit und Verhältnismässigkeit verletzt (BGE 145 I 52 E. 3.6 S. 57 ff.; Urteil 1C_314/2018 vom 1. April 2019 E. 3.2; je mit Hinweisen).  
 
2.8. Gemäss Art. 17 Abs. 1 BauR bezeichnet die kommunale Ortsbildschutzzone künstlerisch und geschichtlich besonders wertvolle Ortsbilder, welche in ihrer Erscheinungsform zu erhalten sind. Die damit vorgegebene grundsätzliche Zielsetzung der Erhaltung des Erscheinungsbilds der Ortsbildschutzzone gilt nicht absolut, zumal Art. 17 Abs. 2 Satz 1 BauR Neubauten, Umbauten und Renovationen zulässt, welche sich der bestehenden, wertvollen Bausubstanz anpassen und sich derart in das Ortsbild einfügen, dass eine gute Gesamtwirkung erzielt wird. Zudem lässt Art. 17 Abs. 3 BauR den Abbruch bestehender Bauten oder Bauteile zu, wenn dadurch keine Beeinträchtigung des Gesamtbildes entsteht oder ein Ersatzbau gesichert ist. Ersatzbauten haben sich gemäss Art. 17 Abs. 2 Satz BauR im Wesentlichen dem bisherigen Bestand anzupassen, soweit der Schutz des Ortsbildes nichts anderes erfordert. Demnach sind Ersatzbauten, die wesentlich vom bisherigen Bestand abweichen, nur zulässig, wenn die Abweichung zum Schutz des Ortsbildes erforderlich ist. Bezüglich dieser Erforderlichkeit ist gemäss den nachvollziehbaren Erwägungen im Bauabschlag der BBK unter Berücksichtigung der für Neubauten geltenden Einordnungsgrundsätze gemäss Art. 17 Abs. 2 Satz 2 und Art. 22 Abs. 3 BauR zu verlangen, dass sich die Ersatzbaute der bestehenden wertvollen Bausubstanz anpasst und sich derart in das Ortsbild einfügt, dass eine gute Gesamtwirkung erzielt wird.  
 
2.9. Art. 17 Abs. 4 BauR regelt die Frage, unter welchen Voraussetzungen Abweichungen von der Regelbauweise gestattet oder verlangt werden dürfen. Diese Regelung ist vorliegend nicht anwendbar, weil das strittige Mehrfamilienhaus die Bestimmungen über die Regelbauweise einhält. Es soll an der Stelle einer abzubrechenden Baute errichtet werden und stellt daher - entgegen der Meinung der Vorinstanz - gemäss Art. 17 Abs. 3 BauR eine Ersatzbaute dar, welche den Anforderungen gemäss Art. 17 Abs. 2 Satz 2 BauR zu genügen hat. Diese werden insoweit nicht erfüllt, als das geplante Haus unbestrittenermassen wesentlich vom bisherigen Bestand abweicht. Es ist daher nur zulässig, soweit der Schutz des Ortsbilds diese Abweichung erforderlich macht bzw. rechtfertigen kann, was unter Berücksichtigung der allgemeinen Anforderungen an die Gestaltung von Bauten in der Ortsbildschutzzone voraussetzt, dass sich das Haus namentlich bezüglich Fassaden- und Dachgestaltung der bestehenden wertvollen Bausubstanz so anpasst, dass eine gute Gesamtwirkung erzielt wird (vgl. E. 2.8 hievor; Art. 17 Abs. 2 Satz 1 BauR). Diese Anpassung fehlt gemäss Entscheid der BBK vom 29. November 2018 namentlich deshalb, weil die Süd- und Nordfassade eine ortsbilduntypische Gestaltung, Gliederung und Befensterung aufweise und auf der Nordfassade laubenähnliche Balkone geplant seien, die keinem im Ortsschutzbild vorkommenden baulichen Gestaltungselement entsprechen (vgl. E. 2.2 hievor). Die Vorinstanz zeigt nicht auf, inwiefern die BBK diesbezüglich den ihr bei der Beurteilung der lokalen Verhältnisse zustehenden Ermessensspielraum überschritten haben soll, was auch nicht ersichtlich ist. Die BBK durfte daher die Bewilligung des strittigen Mehrfamilienhauses bereits deshalb verweigern, weil es sich hinsichtlich der Fassaden- und Dachgestaltung nicht an die umliegenden Bauten anpasst und es deshalb keine gute Gesamtwirkung erreicht. Demnach verletzte die Vorinstanz die Gemeindeautonomie der Beschwerdeführerin, wenn sie den von der BBK erteilten Bauabschlag aufhob und diese anwies, bezüglich der Anpassung an die bauliche und landschaftliche Umgebung zusätzliche Abklärungen vorzunehmen.  
Dies gilt namentlich bezüglich der von der BBK zusätzlich verneinten Anpassung an die Baumasse, insbesondere die Gebäudelängen, der umliegenden Bauten. Damit kann offenbleiben, ob diesbezüglich eine Anpassung eine Unterschreitung der gemäss der Regelbauweise grundsätzlich zulässigen Baumasse erforderlich machen könnte und ob die damit verbundene Einschränkung der Baufreiheit als Teilaspekt der Eigentumsgarantie durch überwiegende öffentliche Interessen, wie zum Beispiel den Schutz von denkmalgeschützten Bauten oder Gebäudekomplexen, gerechtfertigt werden könnte (vgl. dazu BGE 145 I 52 E. 4.4 und 4.5 S. 63 f.) Dafür spricht im Übrigen, dass die strittige Baute in der Nähe eines denkmalgeschützten Gebäudes und in einer kommunalen Ortsbildschutzzone mit erhöhten Gestaltungsanforderungen errichtet werden sollte (vgl. Urteil 1C_42/2018 vom 8. August 2018 E. 5). 
 
3.   
Nach dem Gesagten ist das angefochtene Urteil in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben und der Bauabschlag der BBK vom 29. November 2018 zu bestätigen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der unterliegenden privaten Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführerin steht keine Parteientschädigung zu, da sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegte (Art. 68 Abs. 3 BGG). Die Sache ist zur Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen des vorinstanzlichen Verfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
 
1.1. In Gutheissung der Beschwerde wird das Urteil des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden vom 21. April 2020 aufgehoben und der Bauabschlag der Baubewilligungskommission Lutzenberg vom 29. November 2018 bestätigt.  
 
1.2. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.  
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Es wird ke ine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Departement Bau und Volkswirtschaft des Kantons Appenzell Ausserrhoden und dem Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. März 2021 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Gelzer