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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 7} 
I 575/06 
 
Urteil vom 15. Juni 2007 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Lustenberger, Seiler, 
Gerichtsschreiber Traub. 
 
Parteien 
J.________, 1962, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dominique Chopard, Werdstrasse 36, 8004 Zürich, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. April 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
J.________ meldete sich am 26. Februar 2003 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich klärte den erwerblichen und medizinischen Sachverhalt ab, errechnete einen Invaliditätsgrad von 23 Prozent und lehnte demgemäss den Rentenanspruch ab (Einspracheentscheid vom 17. September 2003). Der Versicherte erhob Beschwerde beim kantonalen Sozialversicherungsgericht, welches die Sache zur Ergänzung des medizinischen Tatbestands an die Verwaltung zurückwies (Entscheid vom 4. Dezember 2003). Die IV-Stelle korrigierte den Invaliditätsgrad gestützt auf den ergänzten Sachverhalt auf 32 Prozent (mit Einspracheentscheid vom 29. November 2005 bestätigte Verfügung vom 12. August 2005). 
B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die gegen den Einspracheentscheid vom 29. November 2005 erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 28. April 2006). 
C. 
J.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Rechtsbegehren, es sei ihm, unter Aufhebung von vorinstanzlichem und Einspracheentscheid, eine Invalidenrente auf der Grundlage eines Invaliditätsgrades von mindestens 60 Prozent zuzusprechen. Ausserdem ersucht er um Bewilligung der unentgeltlichen Verbeiständung. 
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf Vernehmlassung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395). 
1.2 Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Nach Art. 132 Abs. 1 OG in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG (in Kraft seit 1. Juli 2006) kann das Bundesgericht in Verfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen in Abweichung von den Art. 104 und 105 OG auch die Unangemessenheit der angefochtenen Verfügung beurteilen und ist an die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts nicht gebunden. Gemäss Art. 132 Abs. 2 OG gelten diese Abweichungen nicht, wenn der angefochtene Entscheid Leistungen der Invalidenversicherung betrifft. Nach Ziff. II lit. c des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 ist indessen auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung beim Bundesgericht hängigen Beschwerden bisheriges Recht anwendbar. Da die hier zu beurteilende Beschwerde am 1. Juli 2006 beim (damaligen) Eidgenössischen Versicherungsgericht hängig war, richtet sich dessen Kognition noch nach der bis Ende Juni 2006 gültigen Fassung von Art. 132 OG, welche dem neuen Abs. 1 entspricht. 
2. 
Gegenstand des Verfahrens bildet vornehmlich die Frage nach der richtigen Bemessung des hypothetischen Einkommens ohne Gesundheitsschaden (Valideneinkommen). Auf die umfassenden und zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz hinsichtlich der übrigen Parameter der Invaliditätsbemessung (Art. 16 ATSG) wird verwiesen. Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden ist auch der - vorinstanzlich auf 10 Prozent veranschlagte - Abzug vom statistisch ermittelten Invalideneinkommen (BGE 126 V 75), in dessen Rahmen die gesundheitlichen Einschränkungen (Beschwerden im Bereich der linken Leiste und des linken Rückfusses) nicht überaus stark ins Gewicht fallen. 
2.1 Für die Bemessung des Valideneinkommens ist entscheidend, was die versicherte Person im massgebenden Zeitpunkt des Rentenbeginns (vgl. BGE 129 V 222; 128 V 174) nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunde tatsächlich verdienen würde. Die Ermittlung des Valideneinkommens muss so konkret wie möglich erfolgen. Da die bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden erfahrungsgemäss fortgesetzt würde, ist in der Regel vom letzten vor Eintritt der Gesundheitsschädigung erzielten Einkommen auszugehen. Dieses ist, wenn nötig, der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung anzupassen (RKUV 2006 Nr. U 568 S. 66 E. 2, U 87/05). 
2.2 Die Verwaltung ist von einem Valideneinkommen von Fr. 60'338.- ausgegangen. Das kantonale Gericht hat darauf hingewiesen, der ehemalige Arbeitgeber habe hinsichtlich des im Jahr 2003 bei guter Gesundheit erzielbaren Jahreslohns im angestammten Beruf widersprüchliche Angaben gemacht; der IV-Stelle habe er ein Einkommen von Fr. 59'800.- gemeldet, der SUVA hingegen ein solches über Fr. 60'450.-. Die Vorinstanz hat den Durchschnittswert von Fr. 60'125.- mit dem Valideneinkommen gleichgesetzt. 
2.3 Im Vergleich des vorinstanzlich ermittelten Valideneinkommens von Fr. 60'125.- mit dem Invalideneinkommen von Fr. 36'418.- ergibt sich ein Invaliditätsgrad von 39,429 Prozent. Ein solches rechnerisch exakt ermitteltes Ergebnis ist nach den Regeln der Mathematik auf die nächste ganze Prozentzahl auf- oder abzurunden (BGE 130 V 121). Das kantonale Gericht hat demgemäss einen Invaliditätsgrad von 39 Prozent für massgeblich betrachtet. 
 
Der Beschwerdeführer macht geltend, das kantonalgerichtliche Vorgehen sei, zumal hierzu das rechtliche Gehör nicht gewährt worden sei, angesichts der knapp verfehlten Anspruchsschwelle von 40 Prozent (vgl. Art. 28 Abs. 1 IVG) nicht statthaft. Zu Recht: Stellt man auf die Arbeitgeberangaben zuhanden der IV-Stelle ab, ergibt sich ein Invaliditätsgrad von (abzurundenden) 39,1 Prozent; hingegen beträgt der Invaliditätsgrad (aufzurundende) 39,75 Prozent, sofern die gegenüber der SUVA bekanntgegebenen Daten zutreffen. Im letzteren Fall ist ein Anspruch auf eine Viertelsrente ausgewiesen, im ersteren entfällt ein solcher. Anzumerken bleibt, dass der Arbeitgeber beim Ausfüllen des Arbeitgeberfragebogens zuhanden der IV-Stelle im März 2003 möglicherweise noch vom vorjährigen Lohnansatz ausgegangen ist; dafür spricht der Umstand, dass das gemeldete Gehalt mit demjenigen übereinstimmt, das schon 2002 zur Auszahlung gelangt ist (vgl. Ziff. 12 des Arbeitgeberfragebogens). 
3. 
Unter den gegebenen Umständen konnte nicht davon Umgang genommen werden, den Gründen für die Differenz der gemeldeten Einkommen nachzugehen und die allein zutreffende Angabe als Entscheidungsgrundlage zu verwenden. Dafür ist eine einfache Anfrage beim ehemaligen Arbeitgeber ausreichend, sofern nicht bereits die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Gesichtspunkte im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe allgemeinverbindlich erklärter gesamtarbeitsvertraglicher Lohnanpassungen den - allenfalls vermeintlichen - Widerspruch zu bereinigen vermögen. Die Sache ist an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie das Erforderliche vorkehre und anschliessend neu verfüge. 
4. 
Es geht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen, weshalb von der Auferlegung von Gerichtskosten abzusehen ist (Art. 134 OG; vgl. vorn E. 1.2). Dem Prozessausgang entsprechend steht dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ist damit gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. April 2006 und der Einspracheentscheid der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 29. November 2005 werden aufgehoben. Die Sache wird an die IV-Stelle zurückgewiesen, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Rentenanspruch neu verfüge. Im Übrigen wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- zu bezahlen. 
4. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Ausgleichskasse des Schweizerischen Gewerbes, Bern, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt. 
Luzern, 15. Juni 2007 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: