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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 7} 
I 700/06 
 
Urteil vom 15. Juni 2007 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard, 
Gerichtsschreiber Lanz. 
 
Parteien 
W.________, 1972, Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Simon Krauter, 
Dorfstrasse 21, 8356 Ettenhausen, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld, Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau vom 3. Juli 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1972 geborene W.________, gelernter Werkzeugmaschinist, ist seit Anfang 1995 als Fräser in der Firma X.________ AG angestellt. Zudem führt er seit 1998 als Landwirt einen eigenen Betrieb. Am 22. Mai 2001 zog er sich bei einem Arbeitsunfall eine schwere Schnittverletzung am rechten Fuss zu. Im Juni 2002 meldete er sich unter Hinweis auf persistierende Beschwerden aus dieser Verletzung für Hilfsmittel und eine Invalidenrente bei der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle des Kantons Thurgau sprach ihm Berufsberatung zu. Hingegen verneinte sie nach Abklärungen zum medizinischen und zum erwerblichen Sachverhalt mit Verfügung vom 22. Oktober 2004 eine Rentenberechtigung mangels eines anspruchsbegründenden Invaliditätsgrades. Daran hielt die Verwaltung mit Einspracheentscheid vom 4. Januar 2006 fest. 
B. 
Die von W.________ hiegegen erhobene Beschwerde mit dem Antrag, es sei eine Viertelsrente zuzusprechen, wies die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau ab (Entscheid vom 3. Juli 2006). 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt W.________ sein vorinstanzliches Rechtsbegehren erneuern. 
Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, ohne sich weiter zur Sache zu äussern. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
1.1 Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Der angefochtene Entscheid ist indessen vorher ergangen, weshalb sich das Verfahren noch nach dem Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 (OG) richtet (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395). 
1.2 Da die Verwaltungsgerichtsbeschwerde am 1. Juli 2006 noch nicht hängig war, sind hingegen die auf diesen Zeitpunkt in Kraft getretenen, für Streitigkeiten um Leistungen der Invalidenversicherung geltenden Anpassungen von Art. 132 und Art. 134 OG anwendbar (Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395). Geprüft wird daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 Abs. 2 OG, in Kraft gestanden ab 1. Juli 2006, in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). Zudem ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG in der ab 1. Juli 2006 gültig gewesenen Fassung). 
2. 
Im angefochtenen Entscheid sind die Bestimmungen über die Begriffe Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG) und Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) sowie über die Voraussetzungen und den Umfang des Anspruchs auf eine Rente der Invalidenversicherung (Art. 28 Abs. 1 [in den vor und ab 2004 geltenden Fassungen]) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Erwägungen über die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen mittels der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG), durch Prozentvergleich (BGE 114 V 310 E. 3a S. 313 mit Hinweisen) und nach dem ausserordentlichen Bemessungsverfahren (erwerblich gewichteter Betätigungsvergleich; BGE 128 V 29 E. 1 S. 30 f. mit Hinweisen) sowie über die Aufgabe des Arztes bei der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 256 E. 4 S. 261; vgl. auch BGE 132 V 93 E. 4 S. 99 f., je mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen. 
3. 
3.1 
3.1.1 Gemäss den für das Bundesgericht verbindlichen (E. 1.2 hievor) und auch nicht umstrittenen Feststellungen im angefochtenen Entscheid hätte der Versicherte im Jahr 2003 ohne gesundheitliche Beeinträchtigung als angestellter Fräser Fr. 72'660.- und zusätzlich aus dem selber geführten Landwirtschaftsbetrieb Fr. 7242.- verdient. Dies ergibt - vorläufig - ein hypothetisches Einkommen ohne Invalidität (Valideneinkommen) von Fr. 79'902.-. 
3.1.2 Das kantonale Gericht hat weiter erwogen, gemäss dem landwirtschaftlichen Abklärungsbericht vom 28. September 2004 habe die Ehefrau des Versicherten wegen dessen gesundheitlicher Beeinträchtigung ihre eigene Erwerbstätigkeit als Angestellte beim Unternehmen Y._________ aufgegeben, um im Landwirtschaftsbetrieb des Versicherten mithelfen zu können. Die Abklärungsperson habe mit dieser Begründung das dadurch weggefallene Erwerbseinkommen der Ehefrau von jährlich Fr. 22'000.- zum Valideneinkommen des Beschwerdeführers hinzugerechnet, welches sich damit auf Fr. 101'902.- erhöht habe. Dabei sei indessen ausser Acht gelassen worden, dass in der Zwischenzeit zwei Kinder (Jahrgang 2002 und 2003) hinzugekommen und zu betreuen seien. Die Ehefrau habe denn auch selber ausgesagt, dass sie die Stelle beim Unternehmen Y.________ aufgegeben habe, um im Betrieb des Ehemannes mithelfen, zu den Kindern schauen und den Haushalt besorgen zu können. Ob der weggefallene Lohn der Ehefrau dennoch vollumfänglich dem Valideneinkommen des Beschwerdeführers zuzurechnen sei, könne aber offen bleiben, da sich auch bejahendenfalls kein Rentenanspruch ergebe. 
3.2 Beim trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung zumutbarerweise noch erzielbaren Erwerbseinkommen (Invalideneinkommen) rechnete die Vorinstanz zunächst Fr. 4271.- aus dem Landwirtschaftsbetrieb an. Sodann zählte sie den im Jahr 2003 tatsächlich erzielten Lohn als angestellter Fräser von Fr. 60'427.- hinzu. Dabei äusserte sie insofern einen Vorbehalt, als sie festhielt, die Differenz zu dem beim Valideneinkommen berücksichtigten Verdienst aus der Fräser-Tätigkeit von Fr. 72'660.- sei aufgrund der medizinischen Akten nicht ohne weiteres als invaliditätsbedingt zu betrachten. 
Die Gegenüberstellung des Invalideneinkommens von demnach gesamthaft Fr. 64'698.- (Fr. 60'427.- als angestellter Fräser und Fr. 4271.-) mit dem Valideneinkommen von - einschliesslich des weggefallenen Lohns der Ehefrau - Fr. 101'902.- führt zu einem Invaliditätsgrad, der mit 36,5 % unter den für eine Invalidenrente mindestens vorausgesetzten 40 % (Art. 28 Abs. 1 IVG) liegt. Das kantonale Gericht liess unter Hinweis auf dieses Ergebnis die Frage, ob gegebenenfalls auch die Aufgabe des Landwirtschaftsbetriebes und eine anderweitige Eingliederung vorzuziehen wäre, offen. 
3.3 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird eingewendet, eine Aufgabe des Landwirtschaftsbetrieb wäre unzumutbar. Sodann habe die Vorinstanz beim Invalideneinkommen zu Unrecht Einnahmen aus der Landwirtschaft angerechnet. Tatsächlich könne der Versicherte aber aus seinem Betrieb keine Nettoeinkünfte mehr erzielen, werde der gesundheitsbedingte Aufwand für eine Aushilfe und für landwirtschaftliche Maschinen mitberücksichtigt. Das Invalideneinkommen beschränke sich demnach auf den Lohn als Fräser von Fr. 60'427.-. Im Vergleich mit dem Valideneinkommen von Fr. 101'902.- ergebe sich ein rentenbegründender Invaliditätsgrad von gerundet 41 %. 
4. 
Streitig und zu prüfen ist, ob der für eine Invalidenrente mindestens erforderliche Invaliditätsgrad von 40 % erreicht ist. 
Dabei steht aufgrund des angefochtenen Entscheides fest, dass der Versicherte aus dem Landwirtschaftsbetrieb seit dessen Übernahme im Jahr 1998, soweit überhaupt, nur geringe Erwerbseinkommen erzielt hat, welche bei weitem nicht existenzsichernd waren und durch den Lohn aus der zusätzlich ausgeübten unselbstständigen Erwerbstätigkeit um ein Vielfaches übertroffen wurden. Sodann ergibt sich nach Eintritt des Gesundheitsschadens ein positives Betriebsergebnis nur dann, wenn der Wegfall des eigenen Erwerbseinkommens der Ehefrau und die geltend gemachten Kosten für eine darüber hinaus erforderliche Aushilfe ausgabenseitig nicht einberechnet werden. 
Invalidenversicherungsrechtlich ist nun aber von einer versicherten Person im Rahmen der Schadenminderungspflicht zu erwarten, dass sie eine auch nicht annähernd existenzsichernde selbstständige Erwerbstätigkeit aufgibt, wenn sich dadurch ein rentenausschliessendes Einkommen aus einer anderen, zumutbaren Tätigkeit erreichen lässt. Dies ist selbst dann zumutbar, wenn - wie hier geltend gemacht wird - die versicherte Person bei einer Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit zu gewärtigen hat, getätigter Investitionen verlustig zu gehen. Denn es ist nicht Aufgabe der Invalidenversicherung, die Aufrechterhaltung eines - aus invaliditätsfremden Gründen - nicht einträglichen Gewerbes sicherzustellen. 
Wird nach diesen Grundsätzen vorgegangen, beläuft sich das Invalideneinkommen ohne Landwirtschaftsbetrieb auf Fr. 60'427.-. Sodann ist der Einkommenswegfall der Ehefrau von Fr. 22'000.- beim Valideneinkommen nicht anzurechnen, womit dieses Fr. 79'902.- beträgt. Die Gegenüberstellung der Vergleichseinkommen führt zu einem Invaliditätsgrad von (gerundet) 24 %, womit klar kein Rentenanspruch besteht. Es muss daher nicht weiter darauf eingegangen werden, ob dem Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht im Sinne des erwähnten Vorbehaltes der Vorinstanz (E. 3.2 hievor) auch eine Erhöhung des Erwerbseinkommens aus der unselbstständigen Tätigkeit zumutbar wäre, was einen noch niedrigeren Invaliditätsgrad zur Folge hätte. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau, der Ausgleichskasse Grosshandel + Transithandel, Reinach, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt. 
Luzern, 15. Juni 2007 
 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: