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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 78/03 
 
Urteil vom 15. Juli 2003 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Kernen; Gerichtsschreiberin Kopp Käch 
 
Parteien 
Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn, Untere Sternengasse 2, 4500 Solothurn, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
T.________, 1965, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn 
 
(Entscheid vom 17. Februar 2003) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die 1965 geborene T.________ absolvierte ihre Berufsbildung nach dem Besuch der Primarschule in der Landwirtschaft im Land X.________. Sie ist Mutter von vier Kindern (Jahrgänge 1986, 1988, 1990 und 1994). Ab 8. August 2000 bis 28. Juli 2001 war sie im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung bei der Firma Y.________ tätig, wobei das Arbeitsverhältnis mangels Arbeit in der Firma aufgelöst worden war. Ab 1. August 2001 stellte T.________ Antrag auf Arbeitslosenentschädigung. Sie gab an, sie sei bereit und in der Lage, vollzeitlich zu arbeiten und reichte eine Hüteplatzbescheinigung vom 2. August 2001 ein. Mit Schreiben vom 2. und 4. September 2002 wies das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) T.________ an, sich beim Restaurant F.________ resp. beim Restaurant L.________ als Küchengehilfin/Officehilfsmitarbeiterin zu bewerben. Da sich T.________ auf beide Zuweisungen hin nicht gemeldet hatte, stellte das Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) des Kantons Solothurn die Versicherte mit Verfügung vom 8. November 2002 wegen Nichtbefolgens von Weisungen des RAV für 31 Tage ab 10. September 2002 in der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosenentschädigung ein. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 17. Februar 2003 gut und hob die Verfügung des AWA vom 8. November 2002 auf. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das AWA die Aufhebung des Entscheids des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 17. Februar 2003 und die Erhöhung der Einstelltage auf 40. 
 
T.________ schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosenentschädigung bei Nichtbefolgung von Weisungen des Arbeitsamtes, namentlich bei Nichtannahme einer zugewiesenen zumutbaren Arbeit (Art. 30 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit Art. 16 und 17 AVIG) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. Richtig sind auch die Ausführungen zur Frage der Zumutbarkeit der zugewiesenen Arbeit. 
 
Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 8. November 2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b). 
2. 
Aus den Akten ersichtlich und unbestritten ist, dass sich die Beschwerdegegnerin auf die Zuweisungen des RAV vom 2. und 4. September 2002 hin nicht gemeldet hatte. Streitig und zu prüfen ist die deswegen verfügte Einstellung in der Anspruchsberechtigung. 
2.1 Im Antrag auf Arbeitslosenentschädigung gab die Beschwerdegegnerin an, sie sei bereit und in der Lage vollzeitlich zu arbeiten. Gemäss Hüteplatzbescheinigung vom 2. August 2001 verfügte sie über eine Betreuungsmöglichkeit für die Kinder von Montag bis Freitag jeweils am Vormittag und am Nachmittag. Bei den zugewiesenen Tätigkeiten als Küchengehilfin/Officehilfsmitarbeiterin hätte die Versicherte im Restaurant F.________ von 09.00 Uhr bis 14.30 Uhr und von 18.00 Uhr bis ca. 21.30 Uhr, im Restaurant L.________ von 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 18.00 Uhr bis 23.00 Uhr arbeiten müssen. In den Meldungen über das Ergebnis der Bewerbung vom 5. September 2002 führte die Beschwerdegegnerin als Begründung für die Nichtbewerbung aus, die Arbeitszeiten hätten ihr nicht gepasst, da ihr Mann in drei Schichten arbeite und abends niemand für ihre Kinder sorgen könne. Sie bitte daher darum, ihr eine Arbeit im Tagesbetrieb zu suchen. In den eingeforderten Rechtfertigungen vom 13. September 2002 wiederholte die Versicherte ihr Anliegen. 
2.2 In seiner Verfügung vom 8. November 2002 führte das AWA aus, die Rechtfertigung der Versicherten könne nicht berücksichtigt werden. Sie habe sich nicht einmal erkundigt, ob vielleicht eine Arbeitszeitänderung in Frage gekommen wäre. Gemäss Rücksprache mit dem Restaurant F.________ wäre eventuell eine Verschiebung von 30 Minuten möglich gewesen. Zudem habe es die Beschwerdegegnerin bis zum heutigen Zeitpunkt nicht geschafft, eine geeignete, ihren Wünschen entsprechende Stelle zu finden. Durch ihr Verhalten habe sie eine mögliche Anstellung vereitelt und eine längere Arbeitslosigkeit auf sich genommen. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergänzt das AWA die Argumentation dahingehend, dass der Versicherten als ungelernter Hilfskraft prinzipiell auch im Gastgewerbe eine Stelle zugewiesen werden könne. Die persönlichen Verhältnisse der Versicherten seien nicht derart, dass ihr eine Zuweisung zur Schichtarbeit in einer Gaststätte nicht zugemutet werden könne, sei es doch offensichtlich, dass ihr Mann bloss jede dritte Woche die Kinder abends nicht hüten könne. Das AWA hielt zudem am Vorwurf fest, dass sich die Versicherte nicht nach einer Arbeitszeitänderung oder nach der Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung erkundigt habe. Mit dem Unterlassen einer telefonischen Kontaktierung habe sie klar zum Ausdruck gebracht, dass sie an einer zumutbaren Beschäftigung im Gastgewerbe nicht interessiert gewesen sei. Die verfügten 31 Einstelltage seien dem schweren Verschulden zufolge zweimaliger Ablehnung einer zugewiesenen Stelle nicht angemessen, weshalb das Sanktionsmass auf 40 Einstelltage zu erhöhen sei. 
2.3 Die Beschwerdegegnerin wies von Anfang an darauf hin, dass sie gegenüber der zuständigen Personalberaterin beim RAV wiederholt auf ihre Lebenssituation (Mutter von vier Kindern und Ehefrau eines Mannes mit Schichtarbeit) hingewiesen und gesagt habe, dass sie mangels Kinderbetreuung nicht in der Lage sei, abends zu arbeiten. Auf alle andern zugewiesenen Stellen habe sie sich immer beworben. Mit 12 Bewerbungen pro Monat könne ihr nicht vorgeworfen werden, sie hätte sich nicht um eine Anstellung bemüht. Eine Rückfrage bezüglich der Arbeitszeiten habe ihr sinnlos erschienen, da ein Gastbetrieb, der abends geöffnet habe, eine Küchenhilfe auch den ganzen Abend über beschäftige. 
3. 
Wie im vorinstanzlichen Entscheid dargelegt, ist die Frage der Zumutbarkeit einer zugewiesenen Arbeit angesichts des identischen Begriffs nach Art. 16 AVIG zu beurteilen. Unzumutbare Arbeit darf die arbeitslose Person ohne versicherungsrechtlich nachteilige Folgen ablehnen. Nach Art. 16 Abs. 2 lit. c AVIG ist eine Arbeit unzumutbar, wenn sie dem Alter, den persönlichen Verhältnissen oder dem Gesundheitszustand der versicherten Person nicht angemessen ist. Zu den persönlichen Verhältnissen gehören u.a. der Zivilstand und die Zahl der zu betreuenden Kinder (vgl. Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz 241 und 703). Mit dem kantonalen Gericht sind die Arbeitszeiten der zugewiesenen Tätigkeiten der Beschwerdegegnerin in Anbetracht ihrer Betreuungspflichten gegenüber den vier Kindern und der Schichtarbeit ihres Ehemannes als nicht zumutbar zu qualifizieren. Wie die Beschwerdegegnerin selber ausführt, kann von ihr nicht verlangt werden, dass sie ihre Kinder am Abend allein lässt, zumal sie unter der Woche ganztägig eine gesicherte Betreuung nachgewiesen hat. Ihr kann sodann - wie die Vorinstanz ebenfalls zutreffend ausführt - nicht vorgehalten werden, sich nicht nach einer Möglichkeit der Arbeitszeitänderung oder Arbeitszeitreduktion erkundigt zu haben, waren doch die jeweiligen Arbeitszeiten sowie der Umstand des Vollpensums auf der Zuweisung bereits erwähnt und grössere Abweichungen in Anbetracht der Stellen nicht zu erwarten. Auf die entsprechenden Erwägungen des vorinstanzlichen Entscheides kann verwiesen werden. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, der Öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 15. Juli 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: