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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6S.335/2002 /kra 
 
Urteil vom 15. Oktober 2003 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger, 
Ersatzrichterin Pont Veuthey, 
Gerichtsschreiber Weissenberger. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Sylvain Maurice Dreifuss, Postfach 5223, 8022 Zürich, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8023 Zürich. 
 
Gegenstand 
Mehrfache Urkundenfälschung, 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, 
vom 12. April 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ und seinem Mitangeklagten wird vorgeworfen, sie hätten im Jahre 1998 gemeinsam mit dem flüchtigen Y.________ versucht, auf diesen als Schuldner ausgestellte Wechsel zugunsten der von ihnen beherrschten Firma Z.________AG von Banken diskontieren zu lassen. Es ging dabei im Anklagesachverhalt I um vier Wechsel über je 10 Millionen US-Dollar und im Anklagesachverhalt II um zwei Wechsel über 20 Millionen US-Dollar. Die Wechsel, insbesondere die darauf enthaltenen Bürgschaftserklärungen der Bank O.________, seien Fälschungen. Die Angeklagten hätten das gewusst bzw. auf Grund der konkreten Umstände mindestens damit gerechnet, namentlich weil sich vor dem Ausfüllen und Unterzeichnen der Wechsel bereits der Text der Bürgschaftserklärung der Bank O.________ darauf befunden habe. Mit Wissen und Willen der Angeklagten seien gefälschte Bestätigungsschreiben, Telexe und als Swiftmeldungen bezeichnete Schriftstücke im Namen der Bank O.________ zur Täuschung der zum Diskont ersuchten Geschäftspartner verwendet worden. Trotz der täuschenden Machenschaften und Falschangaben über die Hintergründe der angeblichen Forderung der Z.________AG und des angeblichen Schuldners Y.________ sei keine Diskontierung erfolgt, da erkannt worden sei, dass die Wechsel gefälscht gewesen seien. 
B. 
Mit Urteil vom 30. August 2001 sprach das Bezirksgericht Zürich X.________ der mehrfachen Urkundenfälschung schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Gefängnisstrafe von sechs Monaten. Vom Vorwurf des mehrfachen Betrugsversuchs sprach das Gericht ihn frei. 
 
Auf Berufungen des Verurteilten und der Staatsanwaltschaft hin bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich das erstinstanzliche Urteil am 12. April 2002. Eine dagegen gerichtete kantonale Nichtigkeitsbeschwerde von X.________ wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 9. Mai 2003 ab, soweit es darauf eintrat. 
C. 
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Hauptantrag, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 12. April 2002 aufzuheben und ihn vollständig freizusprechen. Eventualiter beantragt er, das obergerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung des Anklagepunktes der mehrfachen Urkundenfälschung zurückzuweisen. Das Bundesgericht hat mit Urteil vom heutigen Tag eine parallel eingereichte staatsrechtliche Beschwerde von X.________ abgewiesen, soweit es darauf eingetreten ist. 
 
Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme zur Beschwerde (act. 8). 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist kassatorischer Natur (Art. 277ter Abs. 1 BStP). Soweit der Beschwerdeführer mehr beantragt als das angefochtene Urteil aufzuheben (Beschwerde, S. 2), ist er nicht zu hören. 
1.2 Gemäss Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP muss die Beschwerdeschrift die Begründung der Anträge enthalten. Sie soll darlegen, welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt sind. Ausführungen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des Entscheides richten, neue Tatsachen, Einreden, Bestreitungen und Beweismittel sowie Erörterungen über die Verletzung kantonalen Rechts sind unzulässig. Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass das angefochtene Urteil eidgenössisches Recht verletze; die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ausgeschlossen (Art. 269 BStP). 
 
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seinen Rügen schwergewichtig gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz. Dementsprechend weicht er auch häufig von den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ab. Damit ist er nicht zu hören. Eine bloss mittelbare Verletzung der Bundesverfassung oder der Europäischen Menschenrechtskonvention, wie sie mit Nichtigkeitsbeschwerde hätte vorgebracht werden können (vgl. BGE 119 IV 109 E. 1a), macht der Beschwerdeführer nicht geltend. 
 
Nicht einzutreten ist auch auf einen Grossteil der Vorbringen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit dem subjektiven Tatbestand, da sie sich weitgehend gegen den von der Vorinstanz verbindlich festgestellten Sachverhalt richten (vgl. Beschwerde, S. 17-27). Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft innere Tatsachen und keine Rechtsfragen (BGE 127 IV E. 4; 125 IV 242 E. 3c, mit Hinweisen). 
1.3 Der Beschwerdeführer hat dem Bundesgericht am 11. September 2002 einen Nachtrag zu seiner Nichtigkeitsbeschwerde vom 14. August 2002 zugestellt (act. 7). 
 
Nach Art. 272 Abs. 1 BStP ist die Nichtigkeitsbeschwerde dem Bundesgericht innert 30 Tagen seit Zustellung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids in der in Art. 273 BStP vorgeschriebenen Weise einzureichen. Bei der Frist für die Beschwerdebegründung handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die nicht erstreckt werden kann (Art. 33 Abs. 1 OG). Das vollständige und begründete Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 12. April 2002 wurde dem Beschwerdeführer am 15. Juli 2002 zugestellt. Sein Nachtrag vom 11. September 2002 ist somit verspätet. Darauf ist nicht einzutreten. 
1.4 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Anklageprinzips (Beschwerde, S. 31-37). 
 
Der Anklagegrundsatz dient dem Schutz der Verteidigungsrechte des Angeklagten und konkretisiert insofern das Prinzip der Gehörsgewährung (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 EMRK; BGE 120 IV 348 E. 2b). Nach diesem Grundsatz bestimmt die Anklage das Prozessthema. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens können mithin nur Sachverhalte sein, die dem Angeklagten in der Anklageschrift vorgeworfen werden. Diese muss die Person des Angeklagten sowie die ihm zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise umschreiben, dass die Vorwürfe im objektiven und subjektiven Bereich genügend konkretisiert sind (Umgrenzungsfunktion). An diese Anklage ist das Gericht gebunden. Die Anklage fixiert somit das Verfahrens- und Urteilsthema (Immutabilitätsprinzip). Zum anderen vermittelt sie dem Angeschuldigten die für die Durchführung des Verfahrens und die Verteidigung notwendigen Informationen. Sie dient insofern dem Schutz der Verteidigungsrechte des Angeklagten (Informationsfunktion). Beiden Funktionen kommt gleiches Gewicht zu (BGE 126 I 19 E. 2a; 120 IV 348 E. 2b und c; 116 Ia 455 E. 3a/cc je mit Hinweisen; ferner BGE 103 Ia 6; Hauser/Schweri, Kurzlehrbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 5. Auflage, Basel 2002, § 50 N. 6 f., 8 und 16 ff.). 
Den Einwand, die Vorinstanz habe das Anklageprinzip verletzt, hätte der Beschwerdeführer mit staatsrechtlicher Beschwerde vorbringen müssen. Das gilt auch für die in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen gegen die Beweiswürdigung. Eine mittelbare Verletzung von Bundesrecht wird von ihm sachlich nicht geltend gemacht. Nicht einzutreten ist schliesslich auch auf seinen Einwand, die Anklageschrift sei inhaltlich falsch oder es fänden sich darin nicht belegte Behauptungen (vgl. Beschwerde, S. 33 ff.); Anfechtungsobjekt der vorliegenden Beschwerde ist einzig das Urteil der Vorinstanz. 
2. 
Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von Art. 251 Ziff. 1 und 3 StGB sowie von Art. 18 Abs. 2 StGB geltend. Er bringt im Wesentlichen vor, die fraglichen Wechsel seien von ihm mangels Indossament und auf Grund der vorgängigen Überprüfung durch die Banken noch nicht im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB "gebraucht" worden. Die Schwelle zum Deliktsversuch sei nicht überschritten worden (Beschwerde, S. 23). Ferner seien weder ein Geschädigter noch ein Schädigungsvorsatz gegeben. Schliesslich reichten die Tatumstände für die Bejahung des Vorsatzes nicht aus. 
 
Der Beschwerdeführer hat diese Einwände bereits gegenüber der Vorinstanz vorgebracht. Diese hat sich mit ihnen eingehend auseinander gesetzt und sie überzeugend widerlegt (angefochtenes Urteil, S. 33 ff.). Auf die entsprechenden Erwägungen kann vollumfänglich verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG). Der Schuldspruch wegen mehrfacher Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB verletzt kein Bundesrecht. 
 
Kurz einzugehen ist lediglich auf folgende Punkte: Die Vorinstanz nimmt zutreffend an, wer noch nicht indossierte Wechsel einer Bank einreiche, damit diese sie diskontiere, gebrauche die Wechsel zur Täuschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB, wenn er Kenntnis von ihrer Fälschung habe oder dies zumindest in Kauf nehme (angefochtenes Urteil, S. 33 ff., 50 f.). Die Vorinstanz hat sich damit an die Rechtsprechung des Bundesgerichts gehalten (vgl. BGE 120 IV 121 E. 5c S. 132). Es genügt danach schon, wenn Einsicht in die falsche Urkunde gewährt wird. Daraus ergibt sich folgerichtig, dass ein Indossament oder weitere Voraussetzungen für die Erfüllung des Tatbestandes nicht erforderlich sind (angefochtenes Urteil, S. 50). Mit dem Gebrauch ist der Tatbestand erfüllt. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Wechsel seien ausschliesslich zu ihrer Überprüfung bei den Banken eingereicht worden, entfernt er sich von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, welche dies als notwendigen Schritt für die angestrebte Diskontierung einstuft (angefochtenes Urteil, S. 47). 
 
Ausgehend von den festgestellten Tatumständen, namentlich vom nicht nachvollziehbaren wirtschaftlichen Hintergrund der Transaktion (angefochtenes Urteil, S. 47) sowie weiterer Indizien, hat die Vorinstanz, ohne Bundesrecht zu verletzen, annehmen dürfen, der Beschwerdeführer habe zumindest eventualvorsätzlich falsche Wechsel verwendet und sie jedenfalls mit Eventualabsicht zur Täuschung (dazu BGE 102 IV 191 E. 4) eingesetzt. Auch die Bejahung von Schädigungs- und Vorteilsabsicht durch die Vorinstanz ist nicht zu beanstanden. Die Verwirklichung der Absicht ist nicht erforderlich (BGE 114 IV 126), weshalb unbeachtlich ist, dass vorliegend niemand geschädigt worden sein soll (Beschwerde, S. 16). Der Beschwerdeführer räumt selbst mehr oder weniger direkt ein, die Banken jedenfalls eventualvorsätzlich über die Echtheit der Wechsel getäuscht zu haben, indem er ausführt, zum damaligen Zeitpunkt habe nur "von einer begründeten Verdachtslage bezüglich einer Fälschung und nicht von der Gewissheit ausgegangen werden" können (Beschwerde, S. 20). 
3. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Da seine Begehren von vornherein aussichtslos waren, ist sein Gesuch abzuweisen (Art. 152 Abs. 1 OG). Dementsprechend hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 15. Oktober 2003 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: