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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_289/2018  
 
 
Urteil vom 15. November 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiberin Unseld. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Lücke, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (falsches ärztliches Zeugnis, Falschbeurkundung); Anspruch auf ein unabhängiges Gericht etc.; Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts 
des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, 
vom 27. Februar 2018 (BK 17 436). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ erstattete am 24. Februar 2017 Strafanzeige gegen seinen früheren Hausarzt Dr. med. X.________ wegen falschem ärztlichem Zeugnis und Falschbeurkundung. Er warf diesem vor, am 8. Juli 2014 ein ärztliches Zeugnis ausgestellt zu haben, welches in verschiedener Hinsicht falsch gewesen sei. Wegen des falschen Arztzeugnisses habe er weniger Krankentaggeldzahlungen erhalten. Weiter habe die falsche medizinische Behandlung durch Dr. med. X.________ auch gesundheitliche Folgen für ihn gehabt. Die Regionale Staatsanwaltschaft Oberland nahm das Verfahren mit Verfügung vom 12. Oktober 2017 nicht an die Hand. Das Obergericht des Kantons Bern wies die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 27. Februar 2018 ab. 
 
B.  
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der Beschluss vom 27. Februar 2018 sei aufzuheben, es sei gegen X.________ ein Strafverfahren zu eröffnen und dieser sei angemessen zu bestrafen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. A.________ ersucht um aufschiebende Wirkung und unentgeltliche Rechtspflege. Er stellt zudem ein Ausstandsgesuch gegen die am Beschluss vom 27. Februar 2018 beteiligten Richter und beantragt, die vorliegende Beschwerde mit der bereits hängigen Beschwerde in Strafsachen (Verfahren 1B_517/2017) zu vereinen. Die von der strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts bestimmte Besetzung des Spruchkörpers werde wegen Besorgnis der Befangenheit vollständig abgelehnt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die 2. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern wies das Ausstandsgesuch des Beschwerdeführers gegen die Richter der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Bern am 15. November 2017 ab, soweit es darauf eintrat. Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Beschwerde in Strafsachen wies das Bundesgericht am 13. März 2018 ab (Urteil 1B_517/2017, teilweise publ. in: BGE 144 I 70). Damit ist der Antrag auf Vereinigung des vorliegenden Verfahrens mit dem Verfahren 1B_517/2017 gegenstandslos geworden. 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer lehnt die von der strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts bestimmte Besetzung des Spruchkörpers wegen Verstosses gegen Art. 6 EMRK ab. Er macht dazu im Wesentlichen geltend, die Besetzung des Spruchkörpers im Einzelfall beruhe nicht auf einem gesetzlichen Geschäftsverteilungsplan, sondern liege im Ermessen des Abteilungspräsidenten. Für die EDV-Applikation "CompCour" fehle es an einer gesetzlichen Grundlage.  
 
2.2. Das Bundesgericht hat sich damit bereits in anderen, ebenfalls den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers involvierenden Verfahren befasst (vgl. BGE 144 I 37 E. 2 S. 38 ff.; Urteile 1B_275/2018 vom 28. Juni 2018 E. 3; 6B_63/2018 vom 21. Juni 2018 E. 2.2; 6B_1458/2017 vom 21. Juni 2018 E. 2.1). Es entschied dabei, die Regelung zur Besetzung des Spruchkörpers des Bundesgerichts gemäss Art. 32 BGG und Art. 40 BGerR und die EDV-Applikation "CompCour" seien mit Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK vereinbar. Darauf kann vollumfänglich verwiesen werden. Die erneute Kritik des Beschwerdeführers weckt keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Darlegungen und bietet keinen Anlass, darauf zurückzukommen.  
 
2.3. Der Beschwerdeführer moniert zudem in genereller Weise, die einzelnen Bundesrichter seien nicht unabhängig, da sie vor einer Einflussnahme innerhalb der Judikative, vor einer (faktischen) Amtsenthebung durch Nichtzuteilung bzw. durch nicht vollständige Auslastung, vor parteipolitischem Druck und vor der Drohung einer Nichtwiederwahl etc. nicht hinreichend geschützt seien. Er verweist hierzu auf diverse Zeitungsartikel. Darauf kann nicht eingetreten werden, da der Beschwerdeführer nichts dartut, das im vorliegenden Fall konkret gegen die Unabhängigkeit einzelner Bundesrichter sprechen könnte. Die allgemeinen Befürchtungen des Beschwerdeführers, das System der periodischen Wiederwahl der Bundesrichter liefere diese parteipolitischen Druckversuchen aus, begründet keinen Ausstandsgrund. Das Bundesgericht hat sich auch damit bereits in mehreren Urteilen befasst (vgl. etwa Urteile 6B_1442/2017 vom 24. Oktober 2018 E. 2.2; 6B_63/2018 vom 21. Juni 2018 E. 2.2; 1B_137/2018 vom 4. Juni 2018 E. 4.4).  
 
2.4. Der Beschwerdeführer beanstandet, das Bundesgericht könne nicht selber über die Rechtmässigkeit seiner Zusammensetzung befinden, wie es dies im Urteil 6B_1356/2016 vom 5. Januar 2018 (BGE 144 I 37) getan habe. Es könne einen Verstoss gegen Art. 6 EMRK gar nicht gutheissen, da es damit feststellen müsste, dass es mangels hinreichender gesetzlicher Grundlage EMRK-widrige Urteile fälle.  
Dass das Bundesgericht wie in BGE 144 I 37 über die Zusammensetzung der Spruchkörper und die dafür relevanten Rechtsgrundlagen selber befindet, ist gesetzlich vorgesehen. Der Beschwerdeführer beschränkt sich auf die Feststellung eines systemischen Ungenügens, da eine Gutheissung a priori nicht zu erwarten sei, weil das Bundesgericht damit feststellen müsste, dass es EMRK-widrige Urteile fälle. Damit vermag er keine Verletzung von Art. 6 EMRK zu begründen (vgl. auch dazu bereits Urteile 6B_1442/2017 vom 24. Oktober 2018 E. 3.2; 6B_373/2018 vom 7. September 2018 E. 1). 
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer rügt in materieller Hinsicht eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro duriore". Es bestünden hinreichende Anhaltspunkte, dass das Arztzeugnis vom 8. Juli 2014 objektiv falsch war. Die Vorinstanz verneine zu Unrecht konkrete Hinweise für ein (eventual-) vorsätzliches Handeln von X.________.  
 
3.2. Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Bei den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG geht es in erster Linie um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR, die üblicherweise vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden müssen. Die Privatklägerschaft muss im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderung auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderung es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f. mit Hinweisen).  
 
3.3. Der Beschwerdeführer begründet seine Beschwerdelegitimation in der Sache einzig damit, dass er sich gemäss dem Strafantragsformular als Zivilkläger konstituiert und auch eine Zivilklage anhängig gemacht habe (Beschwerde Ziff. 3 S. 4). Damit vermag er nicht aufzuzeigen, dass und weshalb ihm wegen des beanstandeten Arztzeugnisses Zivilforderungen gegen X.________ zustehen könnten. Der Beschwerdeführer begründet insbesondere nicht, inwiefern die angeblich falschen Angaben im Arztzeugnis vom 8. Juli 2014 u.a. zur Frage der in der Vergangenheit erfolgten Operationen und Spitalaufenthalte überhaupt einen Einfluss auf die Höhe der ihm zustehenden Krankentaggelder gehabt haben könnten. Dies ist auch nicht ohne Weiteres offensichtlich.  
Der Beschwerdeführer machte im Strafantragsformular der Kantonspolizei Bern Schadenersatz von Fr. 600'000.-- und eine Genugtuung von Fr. 50'000.-- geltend. Die Zivilforderungen begründete er anlässlich der polizeilichen Einvernahme damit, sein Gesundheitszustand sei wegen der falschen Behandlung durch X.________ nicht in Ordnung gekommen und habe sich sogar verschlechtert. Mit der Verschleppung der Sache habe sich alles in die Länge gezogen. Die Schadenersatzforderung von Fr. 600'000.-- enthalte seinen Lohn und den Schaden seiner Aktiengesellschaft. Bei der Genugtuung von Fr. 50'000.-- handle es sich um eine Pauschale. Der Beschwerdeführer leitete die Schadenersatzforderung von Fr. 600'000.-- und die Genugtuung von Fr. 50'000.-- demnach aus der angeblich ungenügenden medizinischen Versorgung durch X.________ ab, welche eine Verzögerung der Genesung und eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands zur Folge gehabt habe. Diese Frage bildete indes nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheids und der Beschwerde des Beschwerdeführers. Damit lassen sich die Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG daher nicht begründen. Der Beschwerdeführer beanstandete einzig die Nichtanhandnahme des Strafverfahrens wegen falschem ärztlichem Zeugnis und Falschbeurkundung. Auf die Beschwerde kann in der Sache daher nicht eingetreten werden. 
 
4.  
 
4.1. Die Privatklägerschaft kann mit Beschwerde in Strafsachen ungeachtet der Legitimation in der Sache im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG eine Verletzung ihrer Parteirechte rügen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5; 138 IV 78 E. 1.3 S. 79 f.; 136 IV 29 E. 1.9 S. 40).  
 
4.2. Der Beschwerdeführer rügt auch hinsichtlich der Vorinstanz eine Verletzung von Art. 6 EMRK in seiner Ausprägung als Anspruch auf ein auf Gesetz beruhendes Gericht. Er beanstandet, im Kanton Bern bestehe keine gesetzliche Grundlage für die Besetzung des vorinstanzlichen Spruchkörpers, weshalb er den Spruchkörper in der Besetzung mit den Oberrichtern Schnell, Bratschi und Stucki ablehne.  
Insoweit geht es zwar um eine Rüge formeller Natur. Die Kritik des Beschwerdeführers bildete jedoch bereits Gegenstand des Urteils 1B_517/2017 vom 13. März 2018 E. 4-6 (vgl. oben E. 1). Das Bundesgericht schützte im erwähnten Entscheid den Beschluss der 2. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern. Auf die vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde gegen den Endentscheid erneut vorgetragene Rüge betreffend die Spruchkörperzusammensetzung im vorinstanzlichen Verfahren kann nicht eingetreten werden (vgl. Art. 92 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
5.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem Entscheid in der Sache gegenstandslos. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf das Ausstandsgesuch wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. November 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Unseld