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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_37/2023  
 
 
Urteil vom 16. Februar 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichter Hartmann, 
Gerichtsschreiber Beriger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Lea Hungerbühler, 
und diese substituiert durch 
C.________, 
 
gegen  
 
Amt für Migration und Integration Kanton Aargau, 
Sektion Asyl und Rückkehr, 
Bahnhofstrasse 88, 5001 Aarau. 
 
Gegenstand 
Ausschaffungshaft gestützt auf Art. 76 AIG
Haftentlassung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts 
des Kantons Aargau vom 5. Januar 2023 
(WPR.2022.93 / zb). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1983) ist russischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 13. April 2022 in die Schweiz ein. Gleichentags stellte er im Bundesasylzentrum der Region Ostschweiz ein Gesuch um Gewährung des Schutzstatus "S". Das Staatssekretariat für Migration (SEM) wies dieses am 29. Juli 2022 ab und hielt A.________ an, das Land zu verlassen. Das Bundesverwaltungsgericht wies die von ihm hiergegen erhobene Beschwerde am 25. Oktober 2022 ab (Urteil des BVGer E-3828/2022).  
 
A.b. Am 27. Oktober 2022 wurde A.________ in seiner Asylunterkunft angehalten und in Ausschaffungshaft genommen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau (nachfolgend: Verwaltungsgericht) prüfte und bestätigte diese am 28. Oktober 2022 bis zum 26. Januar 2023. A.________ ersuchte gleichentags um Asyl.  
 
B.  
Auf ein erstes Haftentlassungsgesuch von A.________ trat das Verwaltungsgericht am 22. November 2022 nicht ein. Am 12. Dezember 2022 verlegte das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau (nachfolgend: Migrationsamt) A.________ per 3. Januar 2023 vom Ausschaffungszentrum U.________ in das Zentrum B.________. Am 22. Dezember 2022 ersuchte A.________ erneut erfolglos darum, aus der Ausschaffungshaft entlassen zu werden. Das Verwaltungsgericht hat das Haftentlassungsgesuch mit Urteil vom 5. Januar 2023 abgewiesen. 
 
C.  
A.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 5. Januar 2023 insoweit aufzuheben, als sein Haftentlassungsgesuch sowie sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen wurden, er in Ausschaffungshaft belassen worden ist und ihm keine Parteikosten ersetzt wurden; er sei unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Weiter sei die Widerrechtlichkeit der Haftbedingungen im Ausschaffungszentrum U.________ während seiner Haft vom 27. Oktober 2022 bis zum 6. Januar 2023 festzustellen. Eventuell sei generell auf die Rechtswidrigkeit seiner Festhaltung zu erkennen. Allenfalls sei die Sache zur erneuten Abklärung und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersucht A.________ um unentgeltliche Rechtspflege und Beiordnung seiner Rechtsvertreterin als unentgeltliche Rechtsbeiständin. Nötigenfalls sei im Ausschaffungsgefängnis U.________ ein Augenschein vorzunehmen. 
Die Präsidentin der Abteilung sah am 24. Januar 2023 davon ab, A.________ vorsorglich aus der Ausschaffungshaft zu entlassen. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau und das Migrationsamt beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Das SEM hat am 3. Februar 2023 den von ihm angeforderten Amtsbericht eingereicht. Der Beschwerdeführer hat am 7. Februar 2023 in Kenntnis der Vernehmlassungen und des Amtsberichts an seinen Anträgen und Ausführungen festgehalten. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid betreffend Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (BGE 147 II 49 E. 1 mit Hinweisen) : Wegen des mit der Anordnung ausländerrechtlicher Administrativhaft verbundenen schweren Eingriffs in die persönliche Freiheit erscheint die Haft nicht als bloss untergeordnete Vollzugsmassnahme zur Wegweisung, weshalb der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht entgegensteht (BGE 147 II 49 E. 1.1).  
 
1.2. Das Bundesgericht tritt - trotz Haftentlassung oder eines Verlängerungsentscheids, welcher den ursprünglich angefochtenen Haftentscheid ablöst (vgl. BGE 139 I 206 E. 1.2.1-1.2.3) - auf Beschwerden gegen die Genehmigung der ausländerrechtlichen Festhaltung durch den Haftrichter bzw. einen entsprechenden kantonalen Rechtsmittelentscheid ein, wenn der Betroffene rechtsgenügend begründet (vgl. Art. 42 BGG) und in vertretbarer Weise ("griefs défendables") die Verletzung von Art. 5 EMRK rügt (BGE 147 II 49 E. 1.2.1; vgl. Urteil 2C_781/2022 vom 8. November 2022 E. 1.2, je mit Hinweisen).  
 
1.3. Die Beschwerde genügt diesen Anforderungen mit Ausnahme des Antrags auf Aufhebung von Ziff. 2 des Dispositivs des vorinstanzlichen Urteils (Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege vor der Vorinstanz), weil dieser in der Beschwerde nicht weiter begründet wird (Art. 42 BGG). Da im Übrigen unter Vorbehalt der E. 4 (siehe dort zu den Haftbedingungen) auch alle weiteren Sachurteilsvoraussetzungen (vgl. Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG) gegeben sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 73 mit Hinweisen). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen im angefochtenen Entscheid aufzuzeigen, dass und allenfalls inwiefern solche verletzt worden sind (BGE 142 II 369 E. 2.1).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Von den tatsächlichen Grundlagen ihres Urteils weicht es nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.2 mit Hinweisen). Offensichtlich unrichtig heisst willkürlich (Art. 9 BV; BGE 141 IV 317 E. 5.4 mit Hinweisen). Entsprechende Mängel sind in der Beschwerdeschrift klar und detailliert aufzuzeigen (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.2; 144 V 50 E. 4.2). Soweit die vorliegende Eingabe diesen Anforderungen nicht genügt und sich in appellatorischer Kritik erschöpft, wird im Folgenden darauf nicht weiter eingegangen (vgl. BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 139 II 404 E. 10.1, je mit Hinweisen).  
 
3.  
Umstritten ist, ob die Voraussetzungen der Ausschaffungshaft erfüllt sind. 
 
3.1.  
 
3.1.1. Voraussetzungen für die Ausschaffungshaft bilden ein (1) erstinstanzlicher - nicht notwendigerweise rechtskräftiger - Weg- oder Ausweisungsentscheid bzw. eine strafrechtliche Landesverweisung, (2) die Absehbarkeit des Vollzugs des entsprechenden Entscheids und (3) das Vorliegen eines Haftgrunds (Art. 76 Abs. 1 AIG). Die zuständige Behörde ist gehalten, (4) die im Hinblick auf den Wegweisungsvollzug notwendigen Schritte umgehend einzuleiten und voranzutreiben (Beschleunigungsgebot; Art. 76 Abs. 4 AIG). Die Haft muss (5) verhältnismässig und zweckbezogen auf die Sicherung des Vollzugs der Weg-, Aus- oder Landesverweisung gerichtet sein. Es ist jeweils aufgrund sämtlicher Umstände im Einzelfall zu klären, ob sie (noch) geeignet, erforderlich und zumutbar erscheint (Urteil 2C_765/2022 vom 13. Oktober 2022 E. 2.1, zur Publikation vorgesehen, mit Hinweisen).  
 
3.1.2. Die Ausschaffungshaft soll den Vollzug der Entfernungsmassnahme sicherstellen und muss ernsthaft geeignet sein, diesen Zweck zu erreichen, was nicht (mehr) der Fall ist, wenn die Weg- oder Ausweisung bzw. die Landesverweisung trotz der behördlichen Bemühungen nicht in einem dem konkreten Fall angemessenen Zeitraum vollzogen werden kann. Die Festhaltung hat, weil unverhältnismässig, dann als unzulässig zu gelten, wenn triftige Gründe für solche Verzögerungen sprechen oder praktisch feststeht, dass sich der Vollzug kaum innert vernünftiger Frist wird realisieren lassen. Nur falls keine oder bloss eine höchst unwahrscheinliche, rein theoretische Möglichkeit besteht, die Wegweisung zu vollziehen, ist die Haft zu beenden, nicht indessen bei einer ernsthaften, wenn auch allenfalls (noch) geringen Aussicht hierauf (BGE 147 II 49 E. 2.2.3; Urteil 2C_765/2022 vom 13. Oktober 2022 E. 3.1, zur Publikation vorgesehen, je mit Hinweisen). Unter Vorbehalt einer Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch die betroffene Person ist die Frage nach der Durchführbarkeit des Wegweisungsvollzugs nicht notwendigerweise im Hinblick auf die maximal mögliche Haftdauer, sondern vielmehr auf einen den gesamten Umständen des konkreten Falls angemessenen Zeitraum hin zu beurteilen (Art. 80 Abs. 6 lit. a AIG, vgl. BGE 147 II 49 E. 2.2.3; Urteil 2C_765/2022 vom 13. Oktober 2022 E. 3.1, zur Publikation vorgesehen, je mit Hinweisen).  
 
3.2. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in Art. 76 Abs. 4 AIG und Art. 29 BV (vgl. hierzu Urteil 2C_438/2022 vom 23. November 2022 E. 3.2.1 mit Hinweisen) rügt, kann ihm nicht gefolgt werden: Sein zweites Haftentlassungsgesuch ging bei der Vorinstanz am 23. Dezember 2022 ein und sie hat darüber am 5. Januar 2023 aufgrund einer mündlichen Verhandlung entschieden. Damit wurde die gesetzliche Behandlungsfrist von 8 Arbeitstagen eingehalten (vgl. Art. 80 Abs. 5 AIG). Die Zeit für die Zustellung der begründeten Ausfertigung des Urteils (19. Januar 2023) erscheint noch nicht derart lange, dass eine Verletzung des Beschleunigungsgebots bejaht werden müsste.  
 
3.3. Nach Auffassung des Beschwerdeführers steht das hängige Asylverfahren der Absehbarkeit des Wegweisungsvollzugs entgegen.  
 
3.3.1. Gemäss Art. 42 AsylG (SR 142.31) darf sich jeder, der in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt hat, bis zum Abschluss des Verfahrens im Land aufhalten. Nach der Rechtsprechung ist die Fortsetzung der Ausschaffungshaft gestützt auf Art. 76 AIG während eines hängigen Asylverfahrens zulässig, wenn das Asylgesuch während der Ausschaffungshaft gestellt wird und damit gerechnet werden kann, dass das Asylverfahren in absehbarer Zeit abgeschlossen und die Ausschaffung vollzogen werden kann (vgl. BGE 140 II 409 E. 2.3.3; Urteile 2C_233/2022 vom 12. April 2022 E. 4.3.1; 2C_955/2020 vom 10. Dezember 2020 E. 4.2.1; je mit Hinweisen). Dies gilt auch, wenn die Ausschaffungshaft zum Zeitpunkt der Einreichung des Asylgesuchs bereits angeordnet, aber noch nicht richterlich überprüft worden ist (Urteil 2C_233/2022 vom 12. April 2022 E. 4.3.1 mit Hinweisen). Bei der Beurteilung der Absehbarkeit des Abschlusses des Asylverfahrens muss sowohl die Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens als auch jene eines allfälligen Beschwerdeverfahrens berücksichtigt werden (vgl. hierzu eingehend Urteil 2C_233/2022 vom 12. April 2022 E. 4.3.2 mit Hinweisen).  
 
3.3.2. Die Absehbarkeit des Abschlusses des Asylverfahrens ist - wie von der Vorinstanz angenommen - gegeben: Vor der Haftverlängerung haben sich die kantonalen Behörden erkundigt, wann mit dem Asylentscheid des SEM gerechnet werden kann (Akten des Migrationsamts, S. 300 f.; Art. 105 Abs. 2 BGG). Das SEM hat, wie angekündigt, am 11. Januar 2023 über das Asylgesuch entschieden, was zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Entscheids allerdings noch nicht bekannt war. Das Bundesverwaltungsgericht wird über die vom Beschwerdeführer in Aussicht gestellte Beschwerde gegen den Entscheid des SEM je nach Verfahrensart innerhalb von 20 bzw. 30 Tagen zu entscheiden haben (Art. 109 Abs. 1 und 2 AsylG). Weil die zuständige Behörde über die Aufenthaltsberechtigung der inhaftierten ausländischen Person ohne Verzug befinden muss (Art. 75 Abs. 2 AIG), ist davon auszugehen, dass das nachträglich provozierte Asylverfahren relativ rasch abgeschlossen und die Wegweisung hernach vollzogen werden kann (vgl. THOMAS HUGI YAR, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 3. Aufl. 2022, § 12 Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, Rz. 12.198). Der Beschwerdeführer bringt nichts vor und es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Fristen nicht eingehalten werden könnten. Seine allgemeinen Hinweise auf die Überlastung des Asylwesens wegen des Ukraine-Konflikts genügen hierfür nicht.  
 
3.3.3. Der Vollzug der Wegweisung nach Russland ist zudem auch absehbar:  
Gemäss Amtsbericht des SEM ist die Rückführung nach Russland derzeit möglich. Die Behandlungsdauer für Rückübernahme-Anträge nach Russland beträgt 4 bis 6 Monate. Der Antrag auf Rückübernahme des Beschwerdeführers ist vom SEM am 18. Januar 2023 an die russische Botschaft in Moskau zur Weiterleitung an die russischen Behörden übergeben worden und es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antrag durch die russischen Behörden nicht zeitgerecht an die Hand genommen würde. Zwischen Russland und der Schweiz besteht ein Rückübernahmeabkommen (Abkommen vom 21. September 2009 zwischen dem Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Regierung der Russischen Föderation über die Rückübernahme; SR 0.142.116.659). Im Jahr 2022 wurden gemäss Amtsbericht des SEM zwei Personen nach Russland zurückgeführt. Der Wegweisungsvollzug kann somit voraussichtlich innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angemessenen Frist und der maximal zulässigen Haftdauer für die Ausschaffungshaft (Art. 79 Abs. 2 lit. a und b AIG) erfolgen. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer es in der Hand, seine Festhaltung zu verkürzen, indem er den Behörden seinen Pass aushändigt (vgl. nachstehende E. 3.5.2 [Haftgrund]). 
 
3.4. Dem Wegweisungsvollzug nach Russland steht auch der Krieg in der Ukraine nicht entgegen:  
 
3.4.1. Der Haftrichter hat zu prüfen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, um den Wegweisungsvollzug durch eine administrative Festhaltung sicherstellen zu können. Ob Gründe gegen die Wegweisung als solche sprechen, hat er - besondere Umstände vorbehalten - nicht zu prüfen (BGE 128 II 193 E. 2.2; Urteil 2C_278/2021 vom 27. Juli 2021 E. 3.2.2, je mit Hinweisen). Eine Überprüfung der Rechtmässigkeit der Wegweisung bzw. der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs (Art. 80 Abs. 6 lit. a AIG) setzt voraus, dass in konkreter Weise und auf den Einzelfall bezogene Unzumutbarkeits- oder Unzulässigkeitsgründe bestehen, die den Vollzug der Wegweisung offensichtlich als widerrechtlich erscheinen lassen. In solchen Fällen hat der Haftrichter die Haftgenehmigung zu verweigern, da der Vollzug einer in diesem Sinne nicht (mehr) rechtmässigen Anordnung nicht mit einem ausländerrechtlichen Freiheitsentzug sichergestellt werden darf (Art. 80 Abs. 6 lit. a AIG; vgl. BGE 128 II 193 E. 2.2; Urteil 2C_278/2021 vom 27. Juli 2021 E. 3.2.2, je mit Hinweisen).  
 
3.4.2. Anders als vom Beschwerdeführer vorgebracht, hat die Vorinstanz mit der Überprüfung der Rechtmässigkeit der Wegweisung bzw. der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs aufgrund von Art. 80 Abs. 6 lit. a AIG den Asylentscheid nicht vorweggenommen und dabei nicht willkürlich (vgl. vorstehende E. 2.2) gehandelt. Der Wegweisungsvollzug nach Russland ist - wie dargelegt (vgl. vorstehende E. 3.3.3) - gemäss Amtsbericht des SEM möglich. Es gibt derzeit zwar keine direkten Flüge von der Schweiz aus in die Heimat des Beschwerdeführers, allerdings ist die Ausschaffung über Belgrad für alle Vollzugsstufen und über Istanbul und Dubai je nach Vollzugsstufe möglich (vgl. allgemein zur Möglichkeit der Rückführung über Drittstaaten Urteil 2A.548/1999 vom 17. November 1999 E. 2; HUGI YAR, a.a.O., Rz. 12.123). Das Bundesverwaltungsgericht geht in seiner asylrechtlichen Rechtsprechung davon aus, dass auch unter Berücksichtigung der aktuellen Kriegssituation zwischen Russland und der Ukraine in Russland nicht von einer Situation allgemeiner Gewalt im Sinne von Art. 83 Abs. 4 AIG auszugehen ist, aufgrund welcher eine Rückkehr generell als unzumutbar zu gelten hätte (Urteil des BVGer E-3715/2022 vom 20. Oktober 2022 E. 7.3.1). Im Fall von politisch Oppositionellen muss ein relevantes Profil nachgewiesen werden (vgl. Urteil des BVGer E-3715/2022 vom 20. Oktober 2022 E. 7.3.2). Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil E-3828/2022 vom 25. Oktober 2022 zum Begehren auf vorübergehenden Schutz des Beschwerdeführers ausgeführt, dass dieser seine anti-russische politische Haltung nicht öffentlich gelebt habe (E. 6.3.1). Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Umstände und Ereignisse in Tschetschenien vor 2005 (Beteiligung an einer Rebellenbewegung) würden fast zwei Jahrzehnte zurückliegen, weshalb sie im heutigen Zeitpunkt gegen ihn persönlich gerichtete Verfolgungsmassnahmen nicht als überwiegend wahrscheinlich erscheinen liessen (E. 6.3.3). Der Beschwerdeführer legt - entgegen seiner Begründungspflicht (vgl. vorstehende E. 2) - nicht einzelfallbezogen dar, dass und inwiefern der Vollzug seiner Wegweisung in anderer Weise offensichtlich unzumutbar oder unzulässig wäre.  
 
3.5. Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen eines Haftgrunds. Auch dies zu Unrecht:  
 
3.5.1. Anders als von der Vorinstanz angenommen, kann dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen werden, dass er sein Asylgesuch erst während der Ausschaffungshaft gestellt hat. Er hat bei seiner Einreise zunächst um Gewährung des vorübergehenden Schutzes ersucht und konnte nicht wissen, dass sich dieser Status nur auf Personen mit einer gültigen Aufenthaltsbewilligung in der Ukraine bezieht (vgl. Ziff. I der Allgemeinverfügung vom 11. März 2022 zur Gewährung des vorübergehenden Schutzes im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine; BBI 2022 586). Zudem ging das Bundesverwaltungsgericht in seinem den Beschwerdeführer betreffenden Urteil davon aus, dass nach Ablehnung seines Gesuchs um Gewährung des vorübergehenden Schutzes nicht automatisch ein Asylverfahren als eingeleitet zu gelten hätte, sondern er ausdrücklich (noch) ein entsprechendes Gesuch stellen müsste (Urteil des BVGer E-3828/2022 vom 25. Oktober 2022 E. 5.3). Der Haftgrund nach Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 AIG i.V.m. Art. 75 Abs. 1 lit. f AIG (in unbegründeter Weise erst nachträglich gestelltes Asylgesuch) ist demnach nicht erfüllt.  
 
3.5.2. Gemäss Art. 76 Abs. 1 lit. b AIG kann die zuständige Behörde nach Eröffnung eines erstinstanzlichen Weg- oder Ausweisungsentscheids die betroffene Person jedoch zur Sicherstellung des Vollzugs auch in Haft nehmen, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass sie sich der Ausschaffung entziehen will, insbesondere weil sie ihrer Mitwirkungspflicht nach Art. 90 AIG oder Art. 8 Abs. 1 lit. a oder Abs. 4 AsylG nicht nachkommt (Ziff. 3), oder wenn ihr bisheriges Verhalten darauf schliessen lässt, dass sie sich behördlichen Anordnungen widersetzt (Ziff. 4). Die beiden Haftgründe werden in der Praxis zum Haftgrund der "Untertauchensgefahr" zusammengefasst (Urteil 2C_233/2022 vom 12. April 2022 E. 4.1 mit Hinweisen). Eine solche liegt regelmässig dann vor, wenn die ausländische Person bereits einmal untergetaucht ist, durch erkennbar unglaubwürdige und widersprüchliche Angaben die Vollziehungsbemühungen zu erschweren versucht oder sonst klar zu erkennen gibt, dass sie nicht in ihren Heimatstaat zurückzukehren bereit ist (BGE 140 II 1 E. 5.4; 130 II 56 E. 3.1; Urteil 2C_233/2022 vom 12. April 2022 E. 4.1, je mit Hinweisen). Eine Untertauchensgefahr liegt auch vor, wenn der Betroffene der Mitwirkungspflicht bei der Papierbeschaffung nicht nachkommt (BGE 130 II 377 E. 3.2.2 mit Hinweisen).  
Bei der Anhörung bzw. Verhandlung vom 27. und 28. Oktober 2022 wollte der Beschwerdeführer den Aufbewahrungsort seines russischen Reisepasses nicht nennen; an der Verhandlung vom 5. Januar 2023 erklärte er, jemanden mit der Vernichtung seines russischen Passes beauftragt zu haben (vorinstanzliches Urteil E. 4.1). Der Beschwerdeführer verletzte damit seine Mitwirkungspflichten; im Übrigen rechtfertigt bereits eine gewisse Passivität bei der Beschaffung der Reisepapiere, die Ausschaffungshaft anzuordnen (vgl. BGE 130 II 377; Urteil 2C_442/2020 vom 24. Juni 2020 E. 3.2.1, je mit Hinweisen). Mit der in Aussicht gestellten Zerstörung seines Reisepasses setzt der Beschwerdeführer ein klares Zeichen, dass er sich behördlichen Anordnungen im Zusammenhang mit der Ausschaffung widersetzt. Das Asylverfahren, das vorliegend vermutlich noch in absehbarer Zeit abgeschlossen werden kann (vgl. vorstehende E. 3.3.2), ändert hieran nichts und entbindet den Beschwerdeführer nicht von seiner diesbezüglichen Mitwirkungspflicht (vgl. Art. 8 Abs. 1 lit. b AsylG). Dass der Beschwerdeführer sich im Übrigen kooperativ gezeigt haben soll (z.B. Einreichung der ukrainischen Aufenthaltsbewilligung, freiwillige Rückgabe der Rückkehrhilfe), stellt gestützt auf sein weiteres Verhalten (Zerstörung des Reisedokuments) den Haftgrund der Untertauchensgefahr ebenfalls nicht infrage. Gestützt auf dieses ist nicht ersichtlich, welche mildere Massnahme als die Ausschaffungshaft geeignet wäre, sicherzustellen, dass er sich den Behörden zu gegebener Zeit für den Vollzug der Wegweisung zur Verfügung halten wird (vgl. Urteile 2C_216/2022 vom 1. April 2022 E. 3.1; 2C_312/2018 vom 11. Mai 2018 E. 3.3.4). Sollte es tatsächlich zu Verzögerungen im Asylverfahren kommen, hätten die kantonalen Behörden diesem Umstand in ihren künftigen Entscheiden Rechnung zu tragen (vgl. BGE 124 II 1 E. 3 mit Hinweisen). 
 
3.6. Auch soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass anstelle der Ausschaffungshaft (Art. 76 AIG) die Vorbereitungshaft (Art. 75 AIG) hätte angeordnet werden sollen, kann ihm nicht gefolgt werden: Im Zeitpunkt der Anordnung der Ausschaffungshaft lag ein rechtskräftiger Wegweisungsentscheid des SEM im Zusammenhang mit der Gewährung vorübergehenden Schutzes vor, da das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen hatte (vgl. Urteil des BVGer E-3828/2022 vom 25. Oktober 2022). Dass der Beschwerdeführer nach der Anordnung der Haft ein Asylgesuch gestellt hat, ist ihm zwar nicht vorzuwerfen (vgl. vorstehende E. 3.5.1), ändert aber nichts daran, dass der Hafttitel nach der Rechtsprechung (vgl. vorstehende E. 3.3.1) nicht angepasst werden muss, wenn das Asylverfahren - wie vorliegend zu erwarten - in absehbarer Zeit abgeschlossen werden kann. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass kein Wegweisungsentscheid vorliegt, was nicht der Fall ist, wären im Übrigen auch die Voraussetzungen der Vorbereitungshaft nach Art. 75 AIG (vgl. zu diesen Urteil 2C_844/2020 vom 30. Oktober 2020 E. 4 f.) gegeben.  
 
4.  
Schliesslich beanstandet der Beschwerdeführer die Haftbedingungen im Ausschaffungszentrum U.________. 
 
4.1. Das Bundesgericht stellt bei seiner Beurteilung - wie bereits dargelegt - grundsätzlich auf den Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids ab. Es prüft die Haftbedingungen nur, falls sie vor der letzten kantonalen Instanz - zumindest implizit - als ungenügend und bundesrechtswidrig gerügt worden sind (Urteil 2C_280/2021 vom 22. April 2021 E. 2.5.1 mit Hinweisen). Seine Aufgabe ist die Rechtsauslegung und -anwendung, nicht die erstinstanzliche Feststellung des Sachverhalts (vgl. BGE 142 II 243 E. 2.4; Urteile 2C_280/2021 vom 22. April 2021 E. 2.5.1; 2C_662/2022 vom 8. September 2022 E. 2.3.3, je mit Hinweisen). Neue Vorbringen sind deshalb mit einem Haftentlassungsgesuch oder bei einer allfälligen Haftverlängerung geltend zu machen (BGE 125 II 217 E. 3a; Urteil 2C_280/2021 vom 22. April 2021 E.2.5.1, je mit Hinweisen).  
 
4.2. Die Vorinstanz hat angesichts der Verlegung des Beschwerdeführers ins Zentrum B.________ am 6. Januar 2023 und des Umstands, dass das Ausschaffungszentrum U.________ ab Ende 2022 nur noch für kurzfristige Inhaftierungen genutzt wird, ein schutzwürdiges Interesse des Beschwerdeführers an der Feststellung der Widerrechtlichkeit der Haftbedingungen verneint (vorinstanzliches Urteil E. 5.1.2). Die Vorinstanz weist den Antrag nach dem Wortlaut zwar ab (vgl. vorinstanzliches Urteil E. 5.1.2 Abs. 3 in fine), der Sache nach handelt es sich jedoch um ein Nichteintreten. Das Bundesgericht kann daher lediglich beurteilen, ob das Verwaltungsgericht zu Recht nicht auf den Feststellungsantrag betreffend die Haftbedingungen im Ausschaffungszentrum U.________ eingetreten ist (vgl. BGE 135 II 38 E. 1.2 mit Hinweisen). Betreffend die Haftbedingungen im Ausschaffungszentrum U.________ bestehen keine Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz und es ist nicht am Bundesgericht, die tatsächlichen Grundlagen diesbezüglich erst noch zu erstellen (vgl. Urteil 2C_662/2022 vom 8. September 2022 E. 2.3.3). Soweit der Beschwerdeführer daher Anträge stellt, die über eine reine Rückweisung hinausgehen (Feststellung der Widerrechtlichkeit der Haftbedingungen, Durchführung eines Augenscheins), ist darauf nicht einzutreten.  
 
4.3. Das Nichteintreten der Vorinstanz auf den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers ist nicht zu beanstanden, weshalb sich eine Rückweisung nicht rechtfertigt: Der Beschwerdeführer befindet sich inzwischen im Zentrum B.________ und hat die Haftbedingungen erst im Rahmen seines zweiten Haftentlassungsgesuchs beanstandet, nachdem bereits die Verlegung nach B.________ angeordnet worden war, obwohl er dazu im Rahmen der Haftüberprüfung oder des ersten Haftentlassungsgesuchs bereits Gelegenheit gehabt hätte (vorinstanzliches Urteil E. 5.1.2). Es ist somit auf sein Verhalten zurückzuführen, dass betreffend Haftbedingungen im Ausschaffungszentrum U.________ keine vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen bestehen. Ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Widerrechtlichkeit der Haftbedingungen im Ausschaffungszentrum U.________ ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich.  
 
5.  
 
5.1. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet. Sie ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.  
 
5.2. Da der Beschwerdeführer bedürftig ist und seine Eingabe nicht als offensichtlich aussichtslos zu gelten hatte, ist seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu entsprechen (Art. 64 BGG). Die Entschädigung wird seiner Anwältin von den geltend gemachten Fr. 3'245.-- (unter Einbezug der replikweise ergänzten Kostennote) im Umfang von Fr. 2'500.-- ausgerichtet (vgl. Art. 10 des Reglements vom 31. März 2006 über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht [SR 173.110.210.3]: Kürzung bis zu einem Drittel bei einer unentgeltlichen Verbeiständung).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
 
2.1. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen:  
 
2.2. Es werden keine Kosten erhoben.  
 
2.3. Dem Beschwerdeführer wird Rechtsanwältin Lea Hungerbühler als unentgeltliche Rechtsbeiständin beigegeben und dieser aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- ausgerichtet.  
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. Februar 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: J. Beriger