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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_607/2024  
 
 
Urteil vom 16. April 2025  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Haag, Präsident, 
Bundesrichter Kneubühler, 
nebenamtlicher Bundesrichter Mecca, 
Gerichtsschreiber Baur. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________, 
vertreten durch Frau B.A.________, 
2. B.A.________, 
Beschwerdeführerinnen, 
 
gegen  
 
Regierungsrat des Kantons Zürich, 
Neumühlequai 10, 8001 Zürich, 
 
Bundeskanzlei, 
Bundeshaus West, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Eidgenössische Volksabstimmung vom 22. September 2024 über die Volksinitiative 
"Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative) " sowie zwei kommunale Volksabstimmungen der Stadt Zürich vom 22. September 2024, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Regierungsrats des Kantons Zürich vom 2. Oktober 2024 (Nr. 1014). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Am 22. September 2024 fand die eidgenössische Volksabstimmung über die Volksinitiative "Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative) " statt. Die Vorlage wurde mit rund 63 % Nein-Stimmen abgelehnt. Am gleichen Tag wurden in der Stadt Zürich die kommunalen Volksabstimmungen über den Gegenvorschlag zur Volksinitiative "Initiative für ein gesundes Stadtklima (Gute-Luft-Initiative) " und den Gegenvorschlag zur Volksinitiative "Initiative für eine zukunftsfähige Mobilität (Zukunfts-Initiative) " durchgeführt. Beide Vorlagen wurden angenommen. 
 
2.  
Im Nachgang zu den genannten Abstimmungen erhoben B.A.________ und deren Tochter A.A.________ mit gemeinsamen Eingaben vom 22. und 23. September 2024 "Abstimmungs- und Stimmrechtsbeschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten" beim Regierungsrat des Kantons Zürich, wobei sie als Beschwerdeführerinnen auch die Wildbienen mit den Familien der Seiden-, Sand-, Furchen- und Schmal-, Sägehorn- und Hosen-, Blattschneider- und Mörtelbienen sowie Echten Bienen, "wohnhaft in der Schweiz", aufführten. Sie beantragten hauptsächlich, A.A.________ und den Wildbienen das Stimmrecht in Umweltangelegenheiten zu gewähren sowie das Ergebnis der Abstimmung über die Biodiversitätsinitiative für ungültig zu erklären und die Abstimmung über diese Initiative unter Einbezug von Kindern und Wildbienen zu wiederholen; zudem stellten sie verschiedene weitere Anträge. 
Der Regierungsrat nahm die Eingaben in erster Linie als Stimmrechts- und Abstimmungsbeschwerde gemäss dem Bundesgesetz vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte (BPR; SR 161.1) von B.A.________ und A.A.________ entgegen. Mit Beschluss vom 2. Oktober 2024 wies er die Stimmrechtsbeschwerde von A.A.________ ab und trat auf jene von B.A.________ nicht ein. Auf die Abstimmungsbeschwerde der beiden trat er nicht ein. In den Erwägungen hielt er weiter fest, soweit sich die Beschwerde auf die beiden kommunalen Abstimmungen der Stadt Zürich beziehe, könne er mangels Zuständigkeit nicht darauf eintreten. Da die beiden Vorlagen angenommen worden seien, sei aber von einer Überweisung an den zuständigen Bezirksrat Zürich abzusehen. 
 
3.  
Mit Eingabe vom 16. Oktober 2024 erheben B.A.________ und A.A.________ beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Beschluss des Regierungsrats vom 2. Oktober 2024, wobei sie als Beschwerdeführerinnen erneut auch die Wildbienen mit den erwähnten Familien, "wohnhaft in der Schweiz", aufführen. Sie beantragen wie vor dem Regierungsrat hauptsächlich, A.A.________ und den Wildbienen das Stimmrecht in Umweltangelegenheiten einzuräumen sowie das Ergebnis der Abstimmung über die Biodiversitätsinitiative für ungültig zu erklären und die Abstimmung über diese Initiative unter Einbezug von Kindern und Wildbienen zu wiederholen; zudem stellen sie verschiedene weitere Anträge. 
Das Bundesgericht hat beim Regierungsrat die in der Sache ergangenen Akten eingeholt. Es verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen. 
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid in der Hauptsache - soweit hier interessierend - Folgendes ausgeführt:  
Die Beschwerdeführerin 1 als in der Stadt Zürich wohnhafte Schweizerin sei aufgrund ihrer Minderjährigkeit nicht stimmberechtigt, weshalb grundsätzlich bereits ihre Legitimation zur Stimmrechtsbeschwerde gemäss BPR zu verneinen wäre. Da sie sich jedoch auf den Standpunkt stelle, sie hätte richtigerweise stimmberechtigt sein müssen, sei auf ihre Beschwerde ausnahmsweise einzutreten. Diese sei indessen abzuweisen. Da die Voraussetzung der Volljährigkeit gemäss Art. 136 BV nicht erfüllt sei, sei der Beschwerdeführerin 1 an der eidgenössischen Volksabstimmung vom 22. September 2024 das Stimmrecht richtigerweise nicht zugestanden worden. Daran ändere ihr Einwand nichts, wonach sie mit Blick auf Umweltanliegen urteilsfähig sei. Einen Anspruch auf Erteilung des Stimmrechts an eine Minderjährige lasse sich ferner weder aus dem Bundesrecht noch aus dem Völkerrecht ableiten. 
Die Beschwerdeführerin 2 sei in der Stadt Zürich und damit im Kanton Zürich wohnhaft sowie volljährig, verfüge aber nicht über das Schweizer Bürgerrecht und sei damit in eidgenössischen Angelegenheiten nicht stimmberechtigt. Dies bestreite sie nicht; ebenso wenig mache sie geltend, ihr sei das Stimmrecht zu Unrecht verweigert worden. Auf ihre Stimmrechtsbeschwerde sei daher aufgrund fehlender Beschwerdelegitimation nicht einzutreten. 
Da die Beschwerdeführerinnen nicht stimmberechtigt seien, seien sie nicht legitimiert, eine Abstimmungsbeschwerde in eidgenössischen Angelegenheiten im Kanton Zürich zu erheben. Auf ihre Abstimmungsbeschwerde könne damit von vornherein nicht eingetreten werden. 
Hinsichtlich der Wildbienen sei festzuhalten, dass Tiere keine Rechtssubjekte seien und deshalb auch keine subjektiven Rechte haben könnten. Wildbienen seien keine Grundrechtsträger und damit vom Schutzbereich der politischen Rechte von vornherein ausgeschlossen. 
 
4.2. Die Beschwerdeführerinnen bringen vor Bundesgericht erneut vor, der Beschwerdeführerin 1 bzw. Kindern und Wildbienen sei das Stimmrecht in Umweltangelegenheiten zu gewähren. Sie vermögen mit ihren Ausführungen indessen nicht aufzuzeigen, dass sich aus dem derzeit geltenden Recht ein entsprechender Anspruch ableiten lässt bzw. die dargelegte vorinstanzliche Beurteilung Bundes-, Völker- oder anderes massgebendes Recht gemäss Art. 95 BGG verletzt. Ihre Kritik am angefochtenen Entscheid ist insoweit vielmehr offensichtlich unbegründet. Dasselbe gilt, soweit sie sonst Kritik am angefochtenen Entscheid üben. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Vorinstanz die Beschwerdeführerin 2 zu Unrecht als Beschwerdeführerin betrachtet, insoweit oder sonst wie den entscheidwesentlichen Sachverhalt offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG festgestellt oder mit ihrer knappen, aber zutreffenden, auf den zulässigen Streitgegenstand beschränkten Begründung ihre Begründungspflicht bzw. den Anspruch auf rechtliches Gehör der Beschwerdeführerinnen verletzt hätte.  
Damit ist die Beschwerde - soweit sie nicht ohnehin über den zulässigen Gegenstand des vorliegenden Verfahrens hinausgeht (wie etwa Antrag 2 [inkl. Eventual- und Subeventualantrag] betreffend Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt, die Eventual- und Subenventualanträge zu den Anträgen 3 und 4 sowie der Subeventualantrag zu Antrag 5) oder die Eintretensvoraussetzungen sonst wie nicht erfüllt sind und daher nicht auf sie einzutreten ist - ohne Einholung von Vernehmlassungen (vgl. Art. 102 Abs. 1 BGG) ohne weitere Begründung (vgl. Art. 109 Abs. 3 BGG) abzuweisen. Das Bundesgericht behält sich im Weiteren vor, inskünftig ähnliche Eingaben formlos abzulegen. 
 
4.3. Bei diesem Ergebnis besteht keine Veranlassung für die Durchführung einer öffentlichen Parteiverhandlung (vgl. Art. 57 i.V.m. Art. 59 Abs. 1 BGG) oder einer öffentlichen Urteilsberatung (vgl. Art. 58 i.V.m. Art. 59 Abs. 1 BGG). Ebenso wenig ergibt sich aus Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK ausnahmsweise ein Anspruch auf Durchführung einer solchen Verhandlung, zumal letztere Bestimmung auf politische Rechte nicht anwendbar ist (vgl. Urteile 1C_315/2018 vom 10. April 2019 E. 3; 1C_470/2018 vom 4. März 2019 E. 1.3). Der Verfahrensantrag der Beschwerdeführerinnen auf Durchführung einer öffentlichen Parteiverhandlung (Antrag 7) bzw. auf Durchführung einer öffentlichen Urteilsberatung (Eventualantrag zu Antrag 7) ist daher abzuweisen. Mit Blick auf das Ergebnis abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist, sind auch die Verfahrensanträge der Beschwerdeführerinnen auf Beizug unabhängiger Sachverständiger in Umweltangelegenheiten zum vorliegenden Verfahren (Antrag 8) sowie auf Durchführung eines Schriftenwechsels, auf Aufführung der Wildbienen und deren Familien im Rubrum und auf "interspezifisch inklusive, speziesismusfreie Sprache" (vgl. Antrag 11).  
 
5.  
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Beschwerdeführerinnen kostenpflichtig, wobei sie solidarisch haften (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist insoweit wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). In Bezug auf die unentgeltliche Rechtsverbeiständung für die beantragte Parteiverhandlung bzw. für die Einreichung einer Replik ist das Gesuch gegenstandslos. Für einen Verzicht auf eine Kostenerhebung besteht keine Veranlassung. Für allfällige Ratenzahlungen haben sich die Beschwerdeführerinnen an den Finanzdienst des Bundesgerichts zu wenden. Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
6.  
Mit Blick auf die Bedenken der Beschwerdeführerinnen sind deren Namen in der im Internet veröffentlichten Fassung des vorliegenden Urteils in Abweichung von der für Verfahren betreffend politische Rechte geltenden Regel ausnahmsweise zu anonymisieren. Damit ist ihr Verfahrensantrag auf Anonymisierung (vgl. Antrag 11) gegenstandslos, soweit darauf einzugehen ist, besteht doch keine Veranlassung für eine weiter gehende Anonymisierung. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege der Beschwerdeführerinnen wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos ist. 
 
3.  
Die weiteren Verfahrensanträge der Beschwerdeführerinnen werden abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist bzw. soweit sie nicht gegenstandslos sind. 
 
4.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen auferlegt, unter solidarischer Haftbarkeit. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Bundeskanzlei und dem Regierungsrat des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. April 2025 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Haag 
 
Der Gerichtsschreiber: Baur