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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_246/2018  
 
 
Urteil vom 16. August 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Meyer, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Alexandra Meichssner, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau 
vom 1. Februar 2018 (VBE.2017.466). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ meldete sich im Oktober 2011 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen (u.a Gutachten Dr. med. B.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 18. März 2013 und BEGAZ Begutachtungszentrum BL vom 21. Juni 2016) sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Aargau mit Verfügung vom 26. April 2017 eine vom 1. April 2012 bis 31. März 2014 befristete halbe Rente zu. 
 
B.   
Die Beschwerde des A.________ wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 1. Februar 2018 ab, wobei es die Verfügung vom 26. April 2017 dahingehend abänderte, "dass das Leistungsgesuch (...) auf Ausrichtung einer Invalidenrente abgewiesen wird". 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________ zur Hauptsache, der Entscheid vom 1. Februar 2018 und die Verfügung vom 26. April 2017 seien aufzuheben, und das kantonale Versicherungsgericht oder die IV-Stelle seien anzuweisen, den rechtserheblichen Sachverhalt durch Anordnung eines neurologischen oder neuropsychiatrischen Gutachtens abzuklären und danach über das Leistungsbegehren neu zu entscheiden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. wegen Verletzung von Bundesrecht erhoben werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig [wie die Beweiswürdigung willkürlich; BGE 142 II 433 E. 4.4 S. 444] ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Unter den zweiten Tatbestand fallen u.a. die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG; BGE 136 V 376 E. 4.1.1 S. 377; 135 V 23 E. 2 S. 25; Urteil 9C_395/2016 vom 25. August 2016 E. 1.2). 
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). In diesem Rahmen prüft es unter Berücksichtigung der Begründungspflicht der Parteien (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG sowie   Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254) frei, ob ein medizinisches Gutachten Beweiswert hat, d.h. den diesbezüglichen Anforderungen genügt (vgl. dazu BGE 134 V 231   E. 5.1 S. 232; Urteil 9C_203/2018 vom 23. Juli 2018 E. 1 mit Hinweis). 
 
2.   
Streitgegenstand ist der von der Vorinstanz in Abänderung der Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 26. April 2017 nach Art. 61 lit. d ATSG verneinte Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Rente der Invalidenversicherung. 
 
3.   
Das kantonale Versicherungsgericht hat den von der Beschwerdegegnerin eingeholten Gutachten des Dr. med. B.________ vom 18. März 2013 und des BEGAZ vom 21. Juni 2016 grundsätzlich Beweiswert zuerkannt. Gestützt darauf und auf die übrigen Akten ist es zum Ergebnis gelangt, es habe aus psychiatrischer Sicht in der angestammten Tätigkeit nie eine längerdauernde Arbeitsunfähigkeit von mehr als 20 % bestanden, was zu keinem rentenbegründenden Invaliditätsgrad von mindestens 40 % (Art. 28 Abs. 2 IVG) führe. Ebenso fehle es an der Anspruchsvoraussetzung nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG
 
4.   
Der Beschwerdeführer rügt in erster Linie, die Feststellungen der Vorinstanz zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit beruhten auf einem aus neurologischer und neuropsychiatrischer Sicht ungenügend abgeklärten Sachverhalt, was Bundesrecht verletze (vgl. E. 1). Die beiden Administrativgutachten vom 18. März 2013 und 21. Juni 2016 seien nicht beweiskräftig; darauf könne nicht abgestellt werden. Seine Vorbringen sind indessen nicht stichhaltig: 
 
4.1. Wie die Vorinstanz in E. 4.3.2 ihres Entscheids zutreffend erkannt hat, vermögen abweichende Beurteilungen behandelnder Ärzte grundsätzlich nicht ein Gutachten nach Art. 44 ATSG in Frage zu stellen und Anlass zu weiteren Abklärungen zu geben. Vorbehalten bleiben Fälle, in denen sie wichtige Aspekte benennen, die im Rahmen der Begutachtung unerkannt oder ungewürdigt geblieben sind (Urteile 8C_29/2018 vom 6. Juli 2018 E. 3.2.2 und 9C_91/2018 vom 7. Juni 2018 E. 4.2.1 mit Hinweisen). Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor:  
 
4.1.1. Dr. med. B.________ erwähnte am Schluss seines Gutachtens vom vom 18. März 2013, worauf der Beschwerdeführer hinweist, dass der Explorand eine bevorstehende neurologische Untersuchung angegeben habe. Auch wenn aufgrund seiner Abklärungen eine somatische Ursache der geklagten Beschwerden nicht erwiesen sei, sollte doch, um gänzlich sicher zu sein, ein Bericht angefordert und gestützt darauf entschieden werden, ob zusätzlich eine fachärztliche neurologische Begutachtung erforderlich sei. Im Bericht des Spitals C.________, Klinik für Neurologie, vom 26. März 2013 über die ambulante Untersuchung vom 12. des Monats, den die Beschwerdegegnerin daraufhin einholte, wurde u.a. festgehalten, bei Morbus Wilson seien psychische Auffälligkeiten wie z.B. Persönlichkeitsstörungen, kognitive Störungen, Verhaltensstörungen, Depressionen und Psychosen beschrieben, sodass "DD eine hirnorganische Genese zu erwägen ist". In der Folge wurden keine diesbezüglichen Abklärungen durchgeführt.  
 
4.1.2. Die Begutachtung durch das BEGAZ im Mai und Juni 2016 erfolgte aus internistischer, oto-rhino-laryngologischer und psychiatrischer Sicht. Gemäss Aktenauszug lagen den Experten sowohl das Gutachten des Dr. med. B.________ vom 18. März 2013, als auch der Bericht des Spitals C.________, Klinik für Neurologie, vom 26. März 2013 vor. Es ist davon auszugehen, dass namentlich der psychiatrische Experte zusätzlich eine neurologische Abklärung veranlasst oder zumindest vorgeschlagen hätte, wenn er dies in diagnostischer Hinsicht und für die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit als unabdingbar erachtete. Dazu war er aus fachlicher Sicht jedenfalls ebenso kompetent wie der Hepatologe Prof. Dr. med. D.________, welcher in seinem nach Verfügungserlass verfassten Bericht vom 28. November 2017 zuhanden des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers festhielt, die neuropsychiatrischen Symptome würden weiter bestehen und mit einer Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit sei nicht zu rechnen. Im Übrigen bestreitet der Beschwerdeführer nicht die Feststellung des Psychiaters des BEGAZ, wonach es sich bei der von der Klinik E.________ diagnostizierten kombinierten Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F61.0) nicht um eine organisch bedingte Störung handelt, ebenso nicht, dass Hinweise für eine organische Persönlichkeitsstörung aufgrund der Untersuchungsbefunde nicht vorgelegen hätten.  
 
4.2. Weiter befand sich zwar kein Bericht über den zweiten stationären Aufenthalt in der Klinik E.________ im Zeitraum von Juli bis August 2013 bei den dem BEGAZ vorgelegten Akten, jedoch der von der Beschwerdegegnerin eingeholte Arztbericht der Klinik vom 13. November 2013. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, dass die im Rahmen der beiden Hospitalisationen gewonnenen Erkenntnisse in Bezug auf den Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit darin nicht ihren Niederschlag gefunden hätten. Sodann ist nicht ersichtlich und es wird auch nicht dargelegt, inwiefern der Umstand von Bedeutung sein soll, dass der Bericht des Prof. D.________ vom 29. Oktober 2015 im Aktenauszug des BEGAZ-Gutachtens mit dem Datum vom 13. November 2015 aufgeführt wurde. Schliesslich war es nicht in erster Linie Sache des psychiatrischen Experten, sich dazu zu äussern, inwieweit die intermittierend auftretenden Schmerzen im Bereich von Abdomen, Kopf und Kiefer sich durch körperliche Störungen erklären liessen.  
 
4.3. Die Beschwerde ist unbegründet.  
 
5.   
Ausgangsgemäss wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und der Pensionskasse der BASF Gruppe Schweiz, Basel, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 16. August 2018 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Meyer 
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler