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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_787/2017  
 
 
Urteil vom 16. August 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Meyer, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiberin Dormann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________, 
2. B.A.________, 
beide vertreten durch die Rechtsanwälte Prof. Dr. Isabelle Häner und Dr. Ivo Hungerbühler, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin, 
 
 C.A.________, vertreten durch den Kindes- und Erwachsenenschutzdienst. 
 
Gegenstand 
Ergänzungsleistung zur AHV/IV, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 27. Juni 2017 (VBE.2017.34). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Vor seinem Tod im Juni 2006 errichtete der Vater von A.A.________, C.A.________ und B.A.________ ein sogenanntes "Behindertentestament" nach deutschem Recht (öffentliche Urkunde vom... 2006). Damit setzte er C.A.________ für dessen Erbteil lediglich als Vorerbe und dessen Geschwister als Nacherben ein. Zudem ordnete er an, dass C.A.________ aus dessen Erbteil nur auf Sozialleistungen nicht anrechenbare Zuwendungen zu bestimmten Anlässen oder für bestimmte Zwecke (wie z.B. Taschengeld, Geburtstagsgeschenke, Ferienreisen) zukommen sollen. A.A.________ bestimmte er zur Dauertestamentsvollstreckerin.  
 
A.b. C.A.________ lebt in einem Heim und bezieht seit 1. August 2007 Ergänzungsleistungen zu einer Invalidenrente (Verfügungen der Ausgleichskasse des Kantons Aargau vom 9. Juli 2009, 9. September 2010, 26. Januar und 16. Februar 2011, 8. Juni 2012, 17. Mai 2013, 13. Juni 2016 und 3. Januar 2017). Bei der Anspruchsberechnung berücksichtigte die Ausgleichskasse jeweils auch das gesamte vom Vater ererbte Vermögen des C.A.________.  
 
Auf die Einsprache gegen die Verfügung vom 13. Juni 2016 trat die Ausgleichskasse nicht ein (Einspracheentscheid vom 29. November 2016). 
 
B.   
C.A.________ liess mit der dagegen erhobenen Beschwerde beantragen, die Ergänzungsleistungen seien rückwirkend ab August 2007 unter Ausschluss des vom Vater geerbten Vermögens (in der Höhe von "aktuell" Fr. 194'693.66) neu zu berechnen. Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies das Rechtsmittel ab, soweit es darauf eintrat, und bestätigte die Verfügung vom 13. Juni 2016 (Entscheid vom 27. Juni 2017). 
 
C.   
Nachdem C.A.________ die Anfechtungsfrist unbenutzt verstreichen liess, führen A.A.________ und B.A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit folgenden Anträgen: Es sei die Nichtigkeit der Verfügungen ab dem Jahr 2007, des Einspracheentscheids vom 29. November 2016 und des vorinstanzlichen Entscheids vom 27. Juni 2017 festzustellen. Eventualiter sei der Entscheid vom 27. Juni 2017 aufzuheben und die Sache an die Ausgleichskasse, subeventualiter an das kantonale Gericht, zurückzuweisen zur Gewährung des rechtlichen Gehörs resp. (subsubeventualiter) zur Neuberechnung der Ergänzungsleistungen ab 2014. 
 
C.A.________, die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung, ebenso - unter Hinweis auf die fragliche Beschwerdelegitimation - das kantonale Gericht. A.A.________ und B.A.________ lassen eine weitere Eingabe einreichen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 V 42 E. 1 S. 44 mit Hinweisen; Urteil 9C_827/2017 vom 7. Mai 2018 E. 1, zur Publikation vorgesehen). Immerhin muss die Beschwerde (auch) bezüglich der Prozessvoraussetzungen, soweit diese - wie hier - nicht ohne Weiteres ersichtlich sind, hinreichend begründet werden (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 134 II 120 E. 1 S. 121; SVR 2009 UV Nr. 48 S. 170; 8C_760/2008 E. 3.1). 
 
2.  
 
2.1. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer (a) vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, (b) durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist und (c) ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (Art. 89 Abs. 1 BGG).  
 
Im Interesse einer anderen Person ein Rechtsmittel zu ergreifen, erfordert ein - wie auch immer geartetes - besonderes eigenes Berührtsein (BGE 137 III 67 E. 3.5 S. 74). Der Dritte muss ein selbstständiges, eigenes Rechtsschutzinteresse an der Beschwerdeführung haben, was voraussetzt, dass ihm aus dem streitigen Verwaltungsakt ein unmittelbarer Nachteil erwächst; bloss mittelbare, faktische Interessen an dessen Aufhebung oder Änderung reichen nicht aus (BGE 138 V 292 E. 4 S. 296; SVR 2010 BVG Nr. 22 S. 86, 9C_918/2009 E. 4.3.1 mit Hinweisen). 
 
2.2. Die Beschwerdeführer machen geltend, der Erbteil des C.A.________ dürfe nur zu bestimmten Zwecken, aber nicht zur Finanzierung der Lebenshaltung und des Heimaufenthalts verwendet werden. Der Versicherte habe keine Verfügungsgewalt über dieses Vermögen. Dennoch sei es - zu Unrecht - bei den Berechnungen des Ergänzungsleistungsanspruchs (vgl. Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG [SR 831.30]) berücksichtigt worden. Die testamentarisch festgehaltenen Rechte und Pflichten als Nacherben resp. als Dauertestamentsvollstreckerin würden durch den angefochtenen Entscheid nach dem Aufbrauchen des Vermögens hinfällig. Somit seien sie beide unmittelbar und persönlich von den Verfügungen der Ausgleichskasse und dem Entscheid vom 27. Juni 2017 betroffen und in ihren schutzwürdigen Interessen berührt und deshalb zur Beschwerde (pro Verfügungsadressat) legitimiert.  
 
2.3.  
 
2.3.1. Gegenstand der Verfügungen der Ausgleichskasse und des Entscheids vom 27. Juni 2017 bildete einzig der Anspruch des Versicherten auf (jährliche) Ergänzungsleistungen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer sind sie von diesem Rechtsverhältnis nicht direkt betroffen: Auch wenn die Höhe der Ergänzungsleistungen möglicherweise zu niedrig festgelegt wurde, wird dadurch weder dem Versicherten das geerbte Vermögen entzogen noch über dessen tatsächliche Verwendung entschieden. Aus der Stellung als Nacherben resp. Dauertestamentsvollstreckerin lässt sich somit in Bezug auf den Ergänzungsleistungsanspruch keine Beschwerdebefugnis ableiten. Soweit die Beschwerdeführer (im eigenen Interesse) Fragen nach der Verfügungsgewalt über das interessierende Vermögen und nach dessen zulässiger Verwendung aufwerfen, sind diese gegebenenfalls auf zivilrechtlichem Weg zu klären.  
 
2.3.2. Das Bundesgericht schloss in BGE 138 V 292 E. 4.3 S. 297 f. aus dem Umstand, dass die mündige Tochter - für die Anspruch auf eine Kinderrente bestand - berechtigt war, ihren Vater zum Bezug von Ergänzungsleistungen anzumelden (Art. 20 Abs. 1 ELV [SR 831.301] i.V.m. Art. 67 Abs. 1 AHVV [SR 831.101]), unmittelbar auf ihre Legitimation (vgl. Art. 59 ATSG) zur Einsprache resp. zur Beschwerde gegen den entsprechenden Einspracheentscheid. Aus dem gleichen Grund (Anmeldeberechtigung) bejahte es in E. 3.2 des Urteils 9C_301/2016 vom 25. Januar 2017 die Beschwerdelegitimation des Ehegatten der Versicherten.  
 
Die Situation der Geschwister des Leistungsansprechers ist nicht mit jener der Kinder oder des Ehegatten zu vergleichen: Das Vorhandensein von (erwachsenen) Geschwistern ist weder invalidenversicherungs- noch ergänzungsleistungsrechtlich von Bedeutung; ausserdem gibt es keine zivilrechtliche Unterhalts- oder Unterstützungspflicht unter Geschwistern (vgl. Art. 328 ZGB). Die Beschwerdeführer berufen sich denn auch für ihre Beschwerdelegitimation mit keinem Wort auf die Anmeldebefugnis der in Art. 67 Abs. 1 AHVV ebenfalls genannten Geschwister, weshalb sich diesbezügliche Weiterungen erübrigen (E. 1). 
 
2.4. Nach dem Gesagten brauchen die weiteren Eintretensvoraussetzungen nicht geprüft zu werden, weshalb insbesondere die Fragen zum Anfechtungsgegenstand (vgl. Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG; BGE 125 V 413 E. 1 S. 414 f.) und zur Fristwahrung (vgl. Art. 100 Abs. 1 i.V.m. 112 Abs. 1 BGG) offenbleiben können. Die Beschwerde ist unzulässig.  
 
3.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend haben die Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftung zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 500.- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftung auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, C.A.________, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 16. August 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Meyer 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann