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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1C_291/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 16. Oktober 2015  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Kneubühler, 
Gerichtsschreiberin Pedretti. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Walter Locher, 
 
gegen  
 
Verein Neuapostolische Kirche Schweiz, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Ursula Schmid, 
 
Politische Gemeinde St. Gallen, vertreten durch den Stadtrat, 9001 St. Gallen, 
Baudepartement des Kantons St. Gallen, Lämmlisbrunnenstrasse 54, 9001 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Baubewilligung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 28. April 2015 des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der Verein Neuapostolische Kirche Schweiz ist Eigentümer der Parzelle Nr. xxx, Grundbuchkreis St. Fiden, in St. Gallen. Dieses Grundstück ist der Wohn-Gewerbe-Zone WG4a zugewiesen und befindet sich im Perimeter des Baulinienplans "Rorschacher Strasse" vom 27. August 1975. 
 
B.   
Am 3. Juni 2013 reichte der Verein Neuapostolische Kirche ein Baugesuch für den Abbruch des bestehenden Gebäudes und den Neubau einer Kirche auf der Parzelle Nr. xxx ein. Dagegen erhob A.________ als Nachbar am 21. Juni 2013 während des Anzeige- und Auflageverfahrens Einsprache. Im Nachgang zur Sitzung der Baubewilligungskommission und einer Einigungsverhandlung wurde das Bauvorhaben überarbeitet und sodann öffentlich aufgelegt. Mit Beschluss vom 6. Dezember 2013 trat die Baubewilligungskommission der Stadt St. Gallen auf die Einsprache von A.________ nicht ein, eventuell wies sie sie ab, und erteilte die Baubewilligung unter Berücksichtigung des Korrekturgesuchs vom 11. November 2013. 
 
C.   
Den gegen diesen Entscheid erhobenen Rekurs von A.________ wies das Baudepartement des Kantons St. Gallen am 25. April 2014 ab, soweit es darauf eintrat. Auch das Verwaltungsgericht wies seine Beschwerde mit Entscheid vom 28. April 2015 ab. 
 
D.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 1. Juni 2015 beantragt A.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 28. April 2015 sei aufzuheben und die Baubewilligung sei zu verweigern. 
 
 Der Verein Neuapostolische Kirche Schweiz (Beschwerdegegner) schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Baudepartement und das Verwaltungsgericht beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen. Die Politische Gemeinde St. Gallen hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
 Der Beschwerdeführer hält in der Replik an seinen Anträgen fest. 
Mit Präsidialverfügung vom 30. Juni 2015 hat der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG ist nicht gegeben. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Parzelle Nr. yyy, die nur durch die Brauerstrasse vom Baugrundstück getrennt ist. Da bei einer ungenügenden Erschliessung die Baubewilligung als Ganzes verweigert würde (vgl. Urteil 1C_590/2013 vom 26. November 2014 E. 9.2), besteht der praktische Nutzen an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids für den Beschwerdeführer darin, dass das Bauvorhaben nicht verwirklicht werden könnte, wenn er mit seinen Rügen durchdringen würde (vgl. Urteil 1C_236/2010 vom 16. Juli 2010 mit Hinweisen). Er ist mithin zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten können Rechtsverletzungen im Sinne von Art. 95 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Allerdings prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Dies setzt voraus, dass sich der Beschwerdeführer wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzt. Bezüglich der Verletzung von verfassungsmässigen Rechten - einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht - gilt eine qualifizierte Rügepflicht: Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176 mit Hinweisen).  
 
1.2.1. Der Beschwerdeführer beanstandet zwar, dass mit dem geplanten Neubau die Sicherstellung des Strassenraumes verunmöglicht und die Baulinie für das nächste Jahrhundert zementiert werde; indes widerspricht er der vorinstanzlichen Erwägung, wonach das Bauvorhaben die Baulinie entlang der Rorschacher Strasse respektiere, nicht. Insoweit ist nicht ersichtlich, worin eine Rechtsverletzung nach Art. 95 BGG zu erblicken ist. Eine solche besteht insbesondere nicht schon deshalb, weil das Bauprojekt möglicherweise einer zukünftigen, allfällig verbreiterten Baulinie zuwiderlaufe. Dass die Vorinstanz in diesem Zusammenhang Art. 89 BGG verletze, indem sie befand, der Beschwerde lägen sachfremde und somit nicht schützenswerte Interessen zugrunde, geht fehl, hat sie doch die Legitimation des Beschwerdeführers bejaht (vgl. E. 1 des angefochtenen Entscheids) und somit diese in Beachtung des Grundsatzes der Verfahrenseinheit mindestens im gleichen Umfang gewährleistet wie vor Bundesgericht (Art. 111 Abs. 1 BGG). Überdies setzt sich die Beschwerde nicht mit der Begründung im angefochtenen Entscheid auseinander: So wird weder in rechtsgenüglicher Weise dargetan, inwiefern eine spätere, nur in Ausnahmesituationen zulässige akzessorische Überprüfung eines Nutzungsplans im Baubewilligungsverfahren (vgl. BGE 131 II 103 E. 2.4.1 S. 110 mit Hinweisen) vorliegend gegeben sein soll, noch weshalb der Beschwerdeführer dazu überhaupt berechtigt sein sollte, obwohl sein Grundstück von der Baulinie nicht betroffen ist und diese für ihn keine Nutzungsbeschränkung zur Folge hat (vgl. BGE 127 I 103 E. 6b S. 106; 44 E. 2d S. 47; 120 Ia 227 E. 2d S. 233 f.). Mithin wird im Wesentlichen appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geübt, indem die eigene Sicht der Dinge dargestellt wird, ohne sich substanziiert mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinanderzusetzen. Auf die Beschwerde ist insoweit nicht einzutreten.  
 
1.2.2. Gleiches gilt soweit der Beschwerdeführer pauschal auf seine Ausführungen vor den Vorinstanzen verweist: Damit vermag er den Begründungsanforderungen nicht zu genügen (vgl. BGE 134 I 303 E. 1.3 S. 306 mit Hinweisen). Ausserdem macht er einen Verstoss gegen kantonales Recht geltend, ohne darzutun, inwiefern der angefochtene Entscheid geradezu willkürlich sein soll. Auch deshalb ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (vgl. Urteil 2C_516/2013 vom 4. Februar 2014 E. 3.2 mit Hinweisen).  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 22 und Art. 19 RPG (SR 700), weil das Baugrundstück nicht hinreichend erschlossen sei. Art. 22 RPG knüpft die Erteilung einer Baubewilligung an die Voraussetzungen, dass die Bauten und Anlagen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen und das Land erschlossen ist (Abs. 2 lit. a und b). Für die Erschliessung von Land verlangt Art. 19 Abs. 1 RPG (wie auch Art. 49 Abs. 2 des kantonalen Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht [BauG/SG; sGS 731.1]) unter anderem eine für die betreffende Nutzung hinreichende Zufahrt. Nach der Rechtsprechung hat sich die Zufahrt nach den baulichen Möglichkeiten auszurichten, die gemäss den anwendbaren Zonenvorschriften auf dem betreffenden Terrain zulässig sind (BGE 121 I 65 E. 3a S. 68; 116 Ib 159 E. 6b S. 166). Eine hinreichende Zufahrt besteht, wenn die Zugänglichkeit sowohl für die Benützer der Bauten als auch für Fahrzeuge der öffentlichen Dienste (Feuerwehr, Krankenwagen, Kehrichtabfuhr, Elektrizitäts- und Wasserwerke etc.) sichergestellt ist (vgl. Urteil 1C_375/2011 vom 28. Dezember 2011 E. 3.3.3 mit Hinweisen). Sie muss die örtlichen Verhältnisse berücksichtigen und die Verkehrssicherheit aller Benützer, insbesondere der Fussgänger gewährleisten (Urteile 1C_36/2010 vom 18. Februar 2011 E. 4.1; 1C_221/2007 vom 3. März 2008 E. 7.2; 1P.115/1992 vom 6. Mai 1993 E. 4, in: ZBl 95/1994 S. 89). Bei der Beurteilung dieser Fragen kommt den kantonalen und kommunalen Behörden ein erheblicher Spielraum zu (BGE 121 I 65 E. 3a S. 68).  
 
2.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, es bestehe keine hinreichende Zufahrt, da für die erwarteten 300 Kirchenbesucher nur gerade 16 Abstellplätze zur Verfügung stünden. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass Parkplätze als Einrichtungen für den ruhenden Verkehr grundsätzlich nicht zu den notwendigen Erschliessungselementen nach Art. 19 Abs. 1 RPG zu zählen sind (vgl. WALDMANN/HÄNNI, Kommentar zum Raumplanungsgesetz, 2006, N. 18 zu Art. 19 RPG). Es ist primär Sache des kantonalen Rechts, gestützt auf Art. 22 Abs. 3 RPG das Bereitstellen einer genügenden Zahl von Parkplätzen als "übrige Voraussetzung" für das Erteilen einer Baubewilligung vorzuschreiben (vgl. ANDRÉ JOMINI, in: Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung, 2010, N. 28 zu Art. 19 RPG).  
 
 Nach der unbestritten Erwägung der Vorinstanz schreibt die Politische Gemeinde St. Gallen keine Pflichtparkplätze vor (vgl. E. 6 des angefochtenen Entscheids; Art. 72 Abs. 1 BauG/SG). Die Vorinstanz hat sich im angefochtenen Entscheid die Auffassung des Baudepartements zu eigen gemacht, wonach trotz der Zusammenführung zweier städtischer Kirchgemeinden nicht mit mehr Kirchenbesuchern zu rechnen sei und bisher keine Probleme mit Suchverkehr oder wildem Parkieren aufgetreten seien. Die gegenteiligen Erklärungen des Beschwerdeführers lassen diese tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht als willkürlich erscheinen; sie sind für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 2 BGG). Folglich kann aus dem Umstand, dass im Vergleich zur Besucheranzahl bloss relativ wenige Parkplätze zur Verfügung gestellt werden, nicht abgeleitet werden, das Baugrundstück sei ungenügend erschlossen. 
 
2.3. Hinsichtlich der Verkehrssicherheit für die Kirchenbesucher ist den Ausführungen der Vorinstanz zuzustimmen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bietet das Bauvorhaben im Aussenbereich genügend Platz für die Besucher, so dass ein Zusammenstoss mit anderen Verkehrsteilnehmern vermieden werden kann. Allen Haupteingängen ist entweder ein Vorplatz oder ein Vorlandstreifen vorgelagert, den die Besucher auf ihrem Weg zur oder von der Kirche benützen können. Der Besucherstrom dürfte wohl vor oder im Anschluss an einen Gottesdienst am grössten sein. Dieser kann auf der Seite der Rorschacher Strasse problemlos über den Vorlandstreifen auf das Trottoir abfliessen, wobei sich in angemessener Distanz zum geplanten Neubau zwei Fussgängerstreifen befinden. Auf der Seite der Brauerstrasse trifft zwar zu, dass kein Trottoir entlang des Baugrundstücks vorhanden ist; indes trägt der Umstand, dass auf der Strasse eine Maximalgeschwindigkeit von 30 km/h signalisiert ist, zur Verkehrssicherheit bei. Dabei darf davon ausgegangen werden, dass diese Verkehrsregel von den Motorfahrzeugführern eingehalten wird (vgl. Urteil 1P.375/2003 vom 30. September 2003 E. 3.2). Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, inwiefern diese Erschliessung den bundesrechtlichen Anforderungen nicht genügen soll.  
 
3.   
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer für das Gerichtsverfahren kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG) und er hat dem privaten Beschwerdegegner eine angemessene Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten werden im Umfang von Fr. 2'000.-- dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Politischen Gemeinde St. Gallen, dem Baudepartement und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. Oktober 2015 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Die Gerichtsschreiberin: Pedretti