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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_724/2022  
 
 
Urteil vom 16. Dezember 2022  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Muschietti. 
Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiber Clément. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Gültigkeit der Einsprache (Strafbefehl [SVG-Widerhandlungen]); Anspruch auf ein unabhängiges Gericht etc., 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 11. Mai 2022 (2N 22 57/ 2U 22 23). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ wurde mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft 1 Luzern vom 3. Dezember 2021 des vorsätzlichen Führens eines Personenwagens mit Lernfahrausweis ohne die vorgeschriebene Begleitperson, des vorsätzlichen Durchführens einer Lernfahrt ohne Anbringen der L-Tafel mit einem Personenwagen und des fahrlässigen Führens und Inverkehrhaltens eines Personenwagens in nicht vorschriftsgemässem Zustand schuldig gesprochen. Er wurde mit einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 30.--, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren, und einer Busse von Fr. 220.--, Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage, bestraft. 
Der Strafbefehl wurde A.________ am 9. Dezember 2021 eingeschrieben zugestellt und zur Abholung bis am 10. Dezember 2021 hinterlegt. A.________ holte den Brief innert der angesetzten Frist nicht ab. Am 18. Dezember 2021 wurde dieser mit dem Vermerk "Nicht abgeholt" an die Staatsanwaltschaft zurückgesandt. Am 10. Februar 2022 erhob der Beschuldigte Einsprache gegen den Strafbefehl. 
Die Staatsanwaltschaft teilte A.________ am 16. Februar 2022 mit, dass seine Einsprache vom 10. Februar 2022 verspätet sei, und räumte ihm eine Frist von 10 Tagen ein, um diese zurückzuziehen, ansonsten die Akten unter Kostenfolgen mit einem Antrag auf Feststellung der Ungültigkeit der Einsprache an das Gericht überwiesen würden. 
 
B.  
Das Bezirksgericht Luzern erklärte die Einsprache des Beschuldigten mit Verfügung vom 12. April 2022 für ungültig, trat nicht auf diese ein und hielt fest, dass der Strafbefehl vom 3. Dezember 2021 rechtskräftig sei. Das Gesuch um Anordnung einer amtlichen Verteidigung wurde abgewiesen und A.________ zur Bezahlung der Verfahrenskosten von insgesamt Fr. 1'250.-- verpflichtet. 
Auf die dagegen erhobene Beschwerde trat das Kantonsgericht des Kantons Luzern mit Verfügung vom 11. Mai 2022 nicht ein, wies das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege kostenfrei ab und auferlegte A.________ eine Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren von Fr. 200.--. 
 
C.  
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt sinngemäss, seine Einsprache sei für gültig zu erklären und ihm sei Zugang zu einem unparteiischen Gericht zu gewähren. Zudem beantragt er eine mündliche Verhandlung und die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Die ursprüngliche Beschwerdeschrift vom 1. Juni 2022 war in englischer Sprache abgefasst. Auf Aufforderung hin wurde am 4. Juni 2022 innert laufender Frist eine Beschwerde in deutscher Sprache nachgereicht. 
A.________ tätigte zudem am 30. November 2022 (Posteingang) eine weitere Eingabe betreffend ein anderes Strafverfahren gegen ihn. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Eine Beschwerde an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des angefochtenen Entscheids in einer Amtssprache einzureichen (Art. 54 und Art. 100 Abs. 1 BGG). Der vorinstanzliche Entscheid vom 11. Mai 2022 wurde der Post am 13. Mai 2022 zum Versand übergeben. Die Beschwerde in Strafsachen vom 4. Juni 2022 erfolgte somit fristgerecht. Die Eingabe des Beschwerdeführers vom 30. November 2022, mit welcher dieser auszugsweise die Kopie eines Strafbefehls der Staatsanwaltschaft 1 Luzern vom 3. November 2022 gegen sich wegen mehrfacher übler Nachrede einreichte, mit welchem die Probezeit des Strafbefehls der Staatsanwaltschaft 1 Luzern vom 3. Dezember 2021 (siehe Sachverhalt lit. A oben) von zwei Jahren um ein Jahr auf drei Jahre verlängert wurde, erfolgte damit verspätet. Weiterungen dazu erübrigen sich. 
 
2.  
Anfechtungsobjekt der vorliegenden Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht ist ausschliesslich die Verfügung des Kantonsgerichts des Kantons Luzern vom 11. Mai 2022 als letztinstanzliches kantonales Urteil (vgl. Art. 80 Abs. 1 BGG). Soweit sich der Beschwerdeführer nicht auf dieses Urteil bezieht, kann von vornherein nicht auf seine Beschwerde eingetreten werden. Dies trifft namentlich dort zu, wo er sich direkt gegen den Strafbefehl (namentlich Beschwerde S. 8 ff.), die Verfügung der Erstinstanz (etwa Beschwerde S. 4 Rz. 11) oder gegen Auskünfte des Strassenverkehrsamts Luzern (Beschwerde S. 21 ff.) wendet. 
 
3.  
 
3.1. In der Beschwerde an das Bundesgericht ist gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG in gedrängter Form unter Bezugnahme auf den angefochtenen Entscheid darzulegen, inwiefern dieser Recht verletzt. Die Begründung muss sachbezogen sein und erkennen lassen, dass und weshalb nach Auffassung des Beschwerdeführers Recht im Sinne von Art. 95 BGG verletzt ist (BGE 143 I 377 E. 1.2; 142 I 99 E. 1.7.1; 140 III 86 E. 2). Die beschwerdeführende Partei kann in der Beschwerdeschrift nicht bloss erneut die Rechtsstandpunkte bekräftigen, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, sondern hat mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz anzusetzen (BGE 140 III 115 E. 2). Für die Rüge der Verletzung von Grundrechten, einschliesslich der Anfechtung des Sachverhalts wegen Willkür (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG), gelten qualifizierte Rügeanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen oder rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Es darf auch von Laien erwartet werden, auf die vorinstanzliche Begründung konkret einzugehen (Urteile 6B_879/2021 vom 5. Oktober 2022 E. 5.1; 6B_1046/2021 vom 2. August 2022 E. 2.2.1; 6B_728/2021 vom 6. Oktober 2021 E. 1.3; je mit Hinweisen).  
 
3.2. Der Beschwerdeführer setzt sich mit der vorinstanzlichen Begründung nicht ansatzweise auseinander. Vielmehr trägt er, wie vor einer kantonalen Berufungsinstanz, seine eigene Sicht der Dinge vor und übt sich in ausschweifender Kritik an Umständen, die bereits im vorinstanzliche Urteil nicht Verfahrensgegenstand waren. Dies gilt namentlich für seine grundsätzliche Kritik am schweizerischen System der Anerkennung von ausländischen Führerausweisen (Beschwerde S. 17 ff.) und seiner negativen Erfahrungen im Zusammenhang mit der Fahrprüfung, die "achtlos" vom Experten abgebrochen worden sei, bzw. seinen diesbezüglichen Kontaktaufnahmen mit dem UVEK und dem Bundesrat (Beschwerde S. 20 Rz. 11 ff.; vgl. auch die Ausführungen unter dem Titel: "Gründe, warum die Beschwerdeführerin [sic] die Nase voll hat vom Fahrprozess", Beschwerde S. 21 ff. Rz. 1 ff.). Das vorinstanzliche Urteil behandelt ausführlich die Gültigkeit der Einsprache des Beschwerdeführers gegen den Strafbefehl vom 3. Dezember 2021. Zu diesen Erwägungen der Vorinstanz äussert sich der Beschwerdeführer in seiner weitschweifigen Beschwerdeschrift, welche etwa eine einleitende Liste von Begriffsdefinitionen (Beschwerde S. 1 f. Rz. 1-12) sowie diverse Verweise auf eine amerikanische Fernsehshow mit Minutenangaben (Beschwerde S. 6 f. Rz. 17 ff.) enthält, nicht. Was der Beschwerdeführer schliesslich zur Gerichtsbarkeit ausführt, wobei es ihm hauptsächlich um die "Beschlagnahme" seines indischen Führerscheins geht, bezieht sich ebenfalls nicht auf die vorinstanzliche Begründung, zumal er, nach eigenen Angaben, gegen diese in einem separaten "Klageverfahren" rekurriert (Beschwerde S. 16 Rz. 2).  
Die Beschwerde genügt damit den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht. Im Übrigen ist keine Verletzung von Bundes- oder Völkerrecht ersichtlich. Namentlich ist eine Diskriminierung des Beschwerdeführers nicht im Ansatz erkennbar. Es kann im Weiteren auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz im angefochtenen Urteil verwiesen werden (vgl. Art. 109 Abs. 3 BGG), die sich in den Erwägungen 3.2 und 3.3 zu den Anforderungen an eine Laienbeschwerde und die Unbegründetheit der Vorbringen des Beschwerdeführers äussert. Er zeige in seiner Beschwerde an die Vorinstanz nicht auf, inwiefern der Inhalt der angefochtenen Verfügung falsch sein soll und, namentlich mit Blick auf die Zustellfiktion, weshalb er angesichts der im Vorfeld der Zustellung des Strafbefehls erfolgten polizeilichen Einvernahme zu der Sache nicht jederzeit mit einer solchen habe rechnen müssen. In der Erwägung 3.4 legt die Vorinstanz zudem zutreffend dar, dass die - auch vor Bundesgericht erneut beanstandete - einmalige Zustellung des Strafbefehls mit eingeschriebener Post in Übereinstimmung mit der StPO ist. Mit Blick auf die beantragte Durchführung einer mündlichen Hauptverhandlung gilt es schliesslich festzuhalten, dass die Vorinstanz hierzu nicht verpflichtet war (siehe nur Urteil 6B_1066/2021 vom 27. Januar 2022 E. 1.3 und 1.4 mit Hinweisen). Soweit er sich mit diesem Antrag auf das bundesgerichtliche Verfahren bezieht, gilt es festzuhalten, dass in diesem eine Parteiverhandlung nur ausnahmsweise vorgesehen ist (vgl. Art. 57 BGG), wofür vorliegend nicht ansatzweise Anlass besteht. 
 
4.  
Die Beschwerde ist im Verfahren gemäss Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang sind die bundesgerichtlichen Verfahrenskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist zufolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Im Übrigen übersteigen die im Gesuch genannten liquiden Vermögenswerte von rund Fr. 82'000.-- einen angemessenen Notgroschen um ein Vielfaches, zumal der Beschwerdeführer nicht aufzeigt, dass dieses vorsorgerechtlich oder sonstwie verbindlich und unwiderruflich an einen Zweck gebunden wären. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. Dezember 2022 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Clément