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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_716/2020  
 
 
Urteil vom 17. Februar 2021  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiberin Schüpfer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Rémy Wyssmann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 15. Oktober 2020 (VSBES.2019.222). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1953 geborene A.________ war als Chauffeur bei der B.________ Taxi und Transport GmbH tätig und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 15. Oktober 2016 wurde das von ihm gelenkte Taxi beim Halt vor einer roten Ampel von hinten von einem Linienbus angefahren. Der Versicherte erlitt eine Distorsion Grad I der Halswirbelsäule (HWS) ohne Hinweise auf Frakturen. Eine am 17. Oktober 2016 im Spital C.________ vorgenommene Magnetresonanz-Untersuchung zeigte darüber hinaus schwere degenerative Veränderungen mit Diskushernien in fast allen Segmenten der Halswirbelsäule. Die Suva richtete Leistungen in Form von Heilbehandlung und Taggeld aus. Mit Verfügung vom 28. November 2017 teilte die Unfallversicherung A.________ mit, die Versicherungsleistungen würden ohne Anspruch auf eine Invalidenrente und/oder eine Integritätsentschädigung per 30. November 2017 eingestellt, da die noch geklagten Beschwerden organisch nicht hinreichend nachweisbar seien und zwischen diesen und dem versicherten Unfall kein adäquater Kausalzusammenhang bestehe. Diese Verfügung erwuchs in Rechtskraft.  
 
A.b. Am 10. November 2017 erlitt A.________ erneut eine Auffahrkollision. Die Ärzte am Kantonsspital D.________ stellten die Diagnose einer HWS-Distorsion Grad II. Die Suva erbrachte wiederum Heilbehandlung und Taggeldleistungen. Sie holte Arztberichte ein und liess den Versicherten an der Rehaklinik E.________ mittels eines ambulanten Assessments abklären. Weiter gab sie bei der Arbeitsgruppe für Unfallmechanik AGU eine biomechanische Kurzbeurteilung in Auftrag (Bericht vom 3. April 2018). Mit Verfügung vom 8. Oktober 2018 stellte die Suva ihre Leistungen mangels natürlichem und adäquatem Kausalzusammenhang zwischen den anhaltenden Beschwerden und dem Unfall vom 10. November 2017 per 31. Oktober 2018 ein. Auf Einsprache hin liess die Unfallversicherung durch die AGU eine technische Unfallanalyse erstellen (Bericht vom 26. November 2018). Nach Vorlage der medizinischen Akten an med. pract. F.________, Facharzt für Chirurgie, von der Abteilung Versicherungsmedizin der Suva (Bericht vom 14. Juni 2019) hielt sie mit Einspracheentscheid vom 20. August 2019 an ihrer Verfügung fest.  
 
B.   
Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn wies die gegen den Einspracheentscheid vom 20. August 2019 erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 15. Oktober 2020). 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei die Sache zur Vornahme weiterer medizinischer Abklärungen, inklusive einer biomechanischen Beurteilung, an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventuell sei ihm eine Rente von mindestens 10 % und eine Integritätsentschädigung von mindestens 5 %, je zuzüglich Verzugszins, auszurichten. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. 
 
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2.   
 
2.1. Streitig ist, ob das kantonale Gericht zu Recht den von der Suva verfügten und mit Einspracheentscheid vom 20. August 2019 bestätigten folgenlosen Fallabschluss schützte.  
 
 
2.2. Im angefochtenen Entscheid sind die massgebenden Bestimmungen und Grundsätze über den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers (Art. 6 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 4 ATSG) vorausgesetzten natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden im Allgemeinen (BGE 142 V 435 E. 1 S. 438; 129 V 177 E. 3.1 und 3.2 S. 181) sowie über die Grundsätze der Adäquanzprüfung nach der sogenannten Schleudertrauma-Praxis (BGE 134 V 109) im Besonderen korrekt dargelegt. Es wird darauf verwiesen.  
 
3.   
 
3.1. In formeller Hinsicht rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil die Vorinstanz mit prozessleitender Verfügung vom 22. Januar 2020 seinen Antrag, med. pract. F.________ sei zu verhalten seine kreisärztliche Beurteilungen vom 21. August 2018 und vom 25. September 2018 zu unterzeichnen, abgewiesen habe.  
 
3.2. Das kantonale Gericht hat überzeugend dargelegt, dass es sich bei den genannten Berichten um kurze interne Aktenbeurteilungen handle, die üblicherweise elektronisch übermittelt werden und daher im Gegensatz zu Gutachten nicht handschriftlich zu unterzeichnen seien. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den vorinstanzlichen Ausführungen nicht auseinander und legt nicht dar, inwiefern diese gegen Bundesrecht verstossen, weshalb darauf verwiesen werden kann. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs erweist sich als unbegründet.  
 
4.   
Das kantonale Gericht hat die Aktenlage umfassend gewürdigt. Mit einlässlicher und überzeugender Begründung, worauf verwiesen wird, (Art. 109 Abs. 3 BGG), hat es zutreffend erkannt, dass im Zeitpunkt der am 8. Oktober 2018 verfügten und mit Einspracheentscheid vom 20. August 2019 bestätigten Terminierung sämtlicher Versicherungsleistungen keine organisch objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen mehr feststellbar waren, welche einen über den 31. Oktober 2018 hinausgehenden weiteren Leistungsanspruch nach UVG vermittelten. Der Unfall habe bloss zu einer vorübergehenden Verschlimmerung des schmerzhaften degenerativen Vorzustandes an der Halswirbelsäule geführt. Im Übrigen stünden allfällige darüber hinaus anhaltende, nicht objektivierbare Gesundheitsstörungen nicht in einem adäquaten Kausalzusammenhang mit dem Unfall vom 10. November 2017. 
 
5.   
Sämtliche Einwendungen des Beschwerdeführers vermögen am angefochtenen Entscheid nichts zu ändern. Was in der Beschwerde gegen die vorinstanzlichen Feststellungen und Schlussfolgerungen vorgebracht wird, lässt diese nicht als unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig erscheinen. Die Rügen erschöpfen sich weitgehend in Wiederholungen des bereits vor dem kantonalen Gericht vorgebrachten, ohne sich mit den Erwägungen und Schlussfolgerungen der Vorinstanz auseinanderzusetzen. Darauf ist nicht weiter einzugehen. 
 
6.   
Insbesondere wird eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) gerügt. Es sei nicht abgeklärt worden, ob sich der Beschwerdeführer beim Unfall vom 10. November 2017 eine strukturelle Verletzung zugezogen habe, oder ob sich vorbestehende Gesundheitsschäden richtungsgebend verschlimmert hätten. 
 
6.1. Die Beschwerdeinstanz hat gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung in der Regel ein Gerichtsgutachten einzuholen, wenn sie im Rahmen der Beweiswürdigung zum Schluss kommt, ein bereits erhobener medizinischer Sachverhalt müsse (insgesamt oder in wesentlichen Teilen) noch gutachterlich geklärt werden oder eine Administrativexpertise sei in einem rechtserheblichen Punkt nicht beweiskräftig (BGE 139 V 99 E. 1.1 S. 100; 137 V 210 E. 4.4.1.4 S. 264). Soweit sich der Beschwerdeführer auf den Untersuchungsgrundsatz und damit auf einen "Anspruch auf ein Gutachten" beruft, kann er nichts für sich ableiten: Einerseits besteht auch im Rahmen der Sachverhaltsabklärung von Amtes wegen nicht von vornherein ein Anspruch auf Anordnung einer Expertise. Anderseits ist nicht ersichtlich, weshalb der vorinstanzliche Verzicht auf weitere Abklärungen in antizipierter Beweiswürdigung gegen Bundesrecht verstossen soll.  
 
6.2. Die Vorinstanz stellte fest, eine über die altersübliche Progression hinausgehende richtungsgebende Verschlimmerung sei weder ausgewiesen noch von ärztlicher Seite geltend gemacht. Sie stützte sich dabei entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht einzig und entscheidend auf die verwaltungsinterne Beurteilung des med. pract. F.________ ab, sondern würdigte und berücksichtigte die gesamte medizinische Aktenlage. Eine Verursachung der Diskushernien an der Halswirbelsäule durch den Unfall ist schon daher ausgeschlossen, weil diese bereits bei der Magnetresonanzuntersuchung im Spital C.________ vom 17. Oktober 2016 und damit mehr als ein Jahr vor dem hier zur Diskussion stehenden Unfall als schwere degenerative Veränderungen diagnostiziert wurden. Dem Bericht des Prof. Dr. med. G.________, orthopädische Chirurgie FMH, vom 16. November 2017 ist sodann zu entnehmen, dass die entsprechenden Veränderungen an der HWS schon auf einem MRI aus dem Jahre 2013 ersichtlich seien. Ausser derjenigen der Hausärztin des Beschwerdeführers, Dr. med. H.________ die in einem Zeugnis vom 5. September 2019 eine durch die Unfälle verursachte Verschlimmerung der Beschwerden postuliert, liegt keine Beurteilung eines behandelnden oder untersuchenden Arztes vor, welche von einer unfallbedingten Verursachung oder Verschlimmerung des Vorzustandes ausgehen würde. Weshalb nicht auf die Hausärztin abgestellt werden kann und deren Ausführungen keine auch nur geringen Zweifel an den weiteren ärztlichen Beurteilungen zu erwecken vermögen, hat das kantonale Gericht überzeugend begründet. Dem ist nichts hinzuzufügen.  
 
6.3. Entgegen dem Beschwerdeführer hat das kantonale Gericht auch den vorinstanzlich eingereichten Arztbericht des Dr. med. I.________, HNO Praxis, vom 21. September 2020, in seine Beurteilung miteinbezogen. Auch diesem ist jedoch in Bezug auf die natürliche Kausalität des festgestellten Tinnitus zum Unfall keine Aussage zu entnehmen. Inwiefern die Berichte des Dr. med. J.________ vom 16. Februar 2017 und des Dr. med. K.________ vom 4. Juli 2017 einen Kausalzusammenhang zwischen den geklagten Beschwerden und dem Unfall vom 10. November 2017 belegen sollen, ist nicht ersichtlich, nachdem diese vor dem versicherten Ereignis erstellt wurden.  
 
6.4. Das kantonale Gericht durfte bei dieser Sachlage in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 144 V 361 E. 6.5 S. 368 f.) und ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes von der Einholung eines medizinischen Gutachtens und einer biomechanischen Beurteilung der technischen Unfallanalyse absehen.  
 
6.5. Zusammenfassend stellte die Vorinstanz zu Recht fest, es liege kein medizinisches Zeugnis vor, welches eine durch den Unfall vom 10. November 2017 bewirkte strukturelle Veränderung zeigen würde. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern dies Bundesrecht verletzt. Die vom kantonalen Gericht vorgenommene Prüfung der Adäquanz nach Massgabe der in BGE 134 V 109 begründeten Rechtsprechung wird letztinstanzlich nicht gerügt, weshalb nicht weiter darauf eingegangen wird. Somit verletzte das kantonale Gericht kein Bundesrecht, indem es erkannte, die Suva habe ihre Leistungen zu Recht auf den 31. Oktober 2018 eingestellt.  
 
7.   
Weiter bringt der Beschwerdeführer vor, sowohl im Einspracheverfahren als auch im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren habe er beantragt, die Suva sei zu verpflichten, eine Vereinbarung betreffend Vorleistungs- und Rückerstattungspflicht gestützt auf das Vorleistungsabkommen zu unterzeichnen. Die Vorinstanz sei darauf nicht eingetreten. 
 
Im angefochtenen Entscheid wurde ausgeführt, dass dieser Antrag nicht Gegenstand des angefochtenen Einspracheentscheides bilde und das Versicherungsgericht für die Beurteilung dieses Antrages auch nicht zuständig sei, weshalb auf das Begehren nicht eingetreten werde. Dem ist nichts hinzuzufügen. Das kantonale Gericht verletzte damit kein Bundesrecht. Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet. 
 
8.   
Die Beschwerde hatte keine Aussicht auf Erfolg, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG als offensichtlich unbegründet (Abs. 2 lit. a), mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den vorinstanzlichen Entscheid (Abs. 3) ohne Durchführung eines Schriftenwechsels (Art. 102 Abs. 1 BGG) erledigt wird. 
 
9.   
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten vom Beschwerdeführer als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, dem Bundesamt für Gesundheit und der Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG, Zürich, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 17. Februar 2021 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer