Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_527/2022, 1C_528/2022  
 
 
Urteil vom 17. März 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Merz, 
Gerichtsschreiber Vonlanthen. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1C_527/2022 
Gemeinde Flims, 
Via dil Casti 2, 7017 Flims Dorf, 
vertreten durch Rechtsanwalt Flavio Decurtins, 
Beschwerdeführerin, 
 
1C_528/2022 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Reto Nigg, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. B.________, 
2. C.________, 
3. D.________, 
4. E.________, 
alle vier vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Metzger, 
Beschwerdegegnerschaft. 
 
Gegenstand 
Baueinsprache, 
 
Beschwerden gegen das Urteil des 
Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 
5. Kammer, vom 30. August 2022 (R 21 34). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 6. November 2020 reichte A.________ bei der Gemeinde Flims drei separate Baugesuche für die Erstellung zweier Einfamilienhäuser A und B sowie einer Tiefgarage auf der in der Wohnzone B gelegenen Parzelle Nr. 4462 in der Gemeinde Flims ein. Dagegen erhoben unter anderem B.________ und C.________ sowie D.________ und E.________ Einsprache. Am 17. März 2021 wies die Gemeinde Flims in einem kombinierten Einspracheentscheid sämtliche Einsprachen ab und erteilte die verlangten Baubewilligungen. 
 
B.  
B.________ und C.________ sowie D.________ und E.________ fochten die Baubewilligungen und den Einspracheentscheid vom 17. März 2021 beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden an. Mit Urteil vom 30. August 2022 hiess das Gericht die Beschwerden gut und hob den Einspracheentscheid sowie die Baubewilligungen für die zwei Einfamilienhäuser A und B sowie die Tiefgarage auf. 
 
C.  
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts gelangen A.________ (Verfahren 1C_528/2022) sowie die Gemeinde Flims (Verfahren 1C_527/2022) am 3. Oktober 2022 mit separaten Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragen übereinstimmend die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und die Rückweisung der Angelegenheit zu neuem Entscheid an das Verwaltungsgericht. 
B.________ und C.________ sowie D.________ und E.________ beantragen, die Beschwerden abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Das Verwaltungsgericht schliesst unter Hinweis auf das angefochtene Urteil auf Abweisung der Beschwerden. A.________ und die Gemeinde Flims unterstützen im jeweils anderen Verfahren die Beschwerdeanträge. Sie haben zudem im Verfahren 1C_528/2022 je eine weitere Eingabe eingereicht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die beiden Beschwerden richten sich gegen dasselbe Urteil und es stellen sich im Wesentlichen dieselben Rechtsfragen. Demnach rechtfertigt es sich, die Verfahren zu vereinigen und die Beschwerden in einem einzigen Urteil zu behandeln (vgl. Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP). 
 
2.  
 
2.1. Mit dem angefochtenen Urteil hat die Vorinstanz als letzte kantonale Instanz die Baubewilligungen für das Bauvorhaben des Beschwerdeführers aufgehoben. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 83, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG).  
 
2.2. Als Baugesuchsteller und Grundeigentümer bzw. Bauherr, der am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat, ist der Beschwerdeführer nach Art. 89 Abs. 1 BGG grundsätzlich zur Beschwerde berechtigt. Die Beschwerdegegnerschaft bringt jedoch vor, er habe unterdessen ein neues Baugesuch für die Überbauung der Parzelle Nr. 4462 eingereicht, sodass es ihm an einem aktuellen Interesse an der Beurteilung seiner Beschwerde fehle. Der Beschwerdeführer bestätigt, in der Zwischenzeit ein Baugesuch für ein alternatives Projekt eingereicht zu haben, erklärt in der Stellungnahme vom 31. Januar 2023 aber explizit, nach wie vor an der Ausführung des von der Gemeinde Flims bewilligten Projekts festzuhalten. Damit lässt der Umstand, dass er ein neues Baugesuch eingereicht hat, die Berechtigung zur Anfechtung des vorinstanzlichen Urteils nicht dahinfallen (vgl. Urteile 1C_113/2021 vom 1. September 2022 E. 1.2; 1C_380/2017 vom 17. Juli 2018 E. 1.1).  
 
2.3. Gemäss Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG sind Gemeinden zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung gewährt. Die Beschwerdeführerin beruft sich unter anderem auf die Gemeindeautonomie (Art. 50 Abs. 1 BV und Art. 65 Abs. 1 KV/GR [SR 131.226]). Sie ist insoweit zur Beschwerde befugt. Dafür genügt es, dass sie - was hier zutrifft - in ihrer Eigenschaft als Trägerin hoheitlicher Gewalt berührt ist. Ob ihr die beanspruchte Autonomie tatsächlich zukommt, ist keine Frage des Eintretens, sondern der materiellen Beurteilung (BGE 146 I 36 E. 1.4; 140 I 90 E. 1.1; je mit Hinweisen).  
 
2.4. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerden einzutreten.  
 
3.  
 
3.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid verletze Bundesrecht, Völkerrecht oder kantonale verfassungsmässige Rechte (Art. 95 lit. a, b und c BGG). Die Verletzung des übrigen kantonalen Rechts kann, abgesehen von den hier nicht relevanten Ausnahmen gemäss Art. 95 lit. d und e BGG, vor Bundesgericht nicht gerügt werden. Zulässig ist jedoch die Rüge, die Anwendung dieses Rechts führe zu einer Verletzung von Bundesrecht, namentlich des Willkürverbots gemäss Art. 9 BV (BGE 146 I 11 E. 3.1.3 mit Hinweis).  
 
3.2. Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht prüft es aber nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern die angerufenen Rechte verletzt worden sein sollen; wird eine solche Rüge nicht vorgebracht, kann das Bundesgericht eine Beschwerde selbst dann nicht gutheissen, wenn eine Grundrechtsverletzung tatsächlich vorliegt (BGE 142 II 369 E. 2.1; BGE 141 I 36 E. 1.3).  
 
3.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich (BGE 137 I 58 E. 4.1.2) ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht prüft die Rüge der offensichtlich unrichtigen Feststellung des Sachverhalts nur, soweit sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet worden ist (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2 mit Hinweisen).  
 
4.  
Die Beschwerdeführenden rügen eine Verletzung des Willkürverbots und der Gemeindeautonomie. 
 
4.1. Im Zentrum steht dabei die Auslegung und Anwendung von Art. 40 Abs. 1 des Baugesetzes der Gemeinde Flims vom 18. Januar 2011 (BG), der wie folgt lautet:  
Der in der betreffenden Zone vorgeschriebene Grenzabstand ist um 1/5 der Mehrlänge, höchstens aber um 5.00 m zu vergrössern, wenn die Seite eines Gebäudes in den Wohnzonen A und B länger als 15.00 m und in der Wohnzone C, Hotelzone und Kernzone ll länger als 20.00 m ist. 
 
Unbestritten ist, dass das vom Beschwerdeführer in der Wohnzone B geplante Einfamilienhaus A eine Gebäudelänge, von West nach Ost verlaufend, von 16 m und eine Gebäudebreite, von Nord nach Süd verlaufend, von 10 m aufweist. Ebenfalls anerkannt ist, dass das Gebäude zur Grundstücksgrenze im Norden einen Abstand von 5.2 m (zonengemässer Grenzabstand von 5 m plus Mehrlängenzuschlag von 0.2 m), zu derjenigen im Osten von 5 m (zonengemässer Grenzabstand ohne Mehrlängenzuschlag) einhält; die Abstände zu den Grundstücken im Westen und Süden sind im vorliegenden Verfahren nicht von Belang, da sie auch in Berücksichtigung eines Mehrlängenzuschlags bei Weitem eingehalten werden. 
Uneinigkeit besteht jedoch darüber, auf welchen Gebäudeseiten und zu welchen Grundstücksgrenzen ein Mehrlängenzuschlag gemäss Art. 40 Abs. 1 BG bei Vorliegen einer Mehrlänge nur auf einzelnen Gebäudeseiten einzuhalten ist. Während die Beschwerdeführerin im Baubewilligungsentscheid aufgrund der an der nördlichen Gebäudeseite des Einfamilienhauses A vorliegenden Mehrlänge einzig von dieser Gebäudeseite aus und zur nördlichen Grundstücksgrenze hin einen Mehrlängenzuschlag verlangte, erachtete die Vorinstanz im angefochtenen Urteil einen Mehrlängenzuschlag auch von der östlichen Gebäudeseite zur östlich gelegenen Grundstücksgrenze als erforderlich. Die Vorinstanz erwog im angefochtenen Urteil konkret, dass in Art. 40 Abs. 1 BG zwar nichts darüber gesagt werde, gegenüber welchen Nachbargrundstücken der Mehrlängenzuschlag einzuhalten sei, diese Frage jedoch von Art. 75 Abs. 1 des Raumplanungsgesetzes für den Kanton Graubünden vom 6. Dezember 2004 (KRG/GR; BR 801.100) beantwortet werde, welcher vorschreibe, neue Gebäude, die das massgebende Terrain überragten, müssten gegenüber jedem Grundstück einen Grenzabstand [...] einhalten. Mit anderen Worten ist gemäss Vorinstanz bei Vorliegen einer Mehrlänge auf einer Gebäudeseite ein Mehrlängenzuschlag nach Art. 40 Abs. 1 BG stets von allen Gebäudeseiten aus und gegenüber sämtlichen Grundstücksgrenzen einzuhalten.  
 
4.2. Die Beschwerdeführenden erachten den von der Vorinstanz vorgenommenen Analogieschluss mit Art. 75 Abs. 1 KRG/GR als willkürlich. Hierzu halten sie fest, Art. 75 Abs. 1 KRG/GR schreibe nicht vor, ein Gebäude habe gegenüber jedem Nachbargrundstück den gleichen Grenzabstand einzuhalten. Es dürfe unbestritten sein, dass das kommunale Recht für verschiedene Gebäudeseiten verschieden grosse Grenzabstände vorsehen könne (z.B. einen grossen Grenzabstand für die Hauptfassade und einen kleinen Grenzabstand für eine Nebenfassade). Zudem sei offensichtlich, dass sich der zwingende Regelungsgehalt von Art. 75 Abs. 1 KRG/GR lediglich auf den Mindestabstand von 2.5 m beziehe. Von diesem Mindestabstand auf sämtliche Bauabstände zu schliessen, erweise sich als sachfremd und willkürlich. Art. 75 Abs. 1 KRG/GR beziehe sich nicht auf die Frage des Mehrlängenzuschlages, das kantonale Recht sehe selber gar keinen solchen vor. Des Weiteren stellen die Beschwerdeführenden auf den Wortlaut von Art. 40 Abs. 1 BG ab, wonach der "Grenzabstand" im Singular formuliert sei. Daraus könne geschlossen werden, dass der Mehrlängenzuschlag nur auf einer Gebäudeseite - nämlich auf derjenigen, auf welcher die Mehrlänge auftritt - einzuhalten sei. Dies habe auch die Vorinstanz in ihrem Entscheid PVG 1971 Nr. 20 genau so entschieden. Aus diesem Entscheid gehe überdies der Sinn und Zweck des Mehrlängenzuschlages hervor. Danach soll dieser die Nachbarschaft vor dem bedrückenden Anblick einer nahe an der Grenze stehenden, ungewöhnlich langen Fassade bewahren und sie vor weiteren damit verbundenen Nachteilen wie z.B. Aussichts-, Sonnen- und Lichtentzug schützen. Die Vorinstanz setze sich mit dem angefochtenen Urteil insofern auch ohne Grund und weitere Begründung über ihre bisherige Rechtsprechung hinweg. Schliesslich erweise sich auch das Ergebnis der qualifiziert falschen Begründung als willkürlich, da nicht ersichtlich sei, warum die Nachbarschaft auf der Stirnseite eines Gebäudes durch einen um den Mehrlängenzuschlag vergrösserten Grenzabstand zu schützen wäre.  
Die Beschwerdeführenden weisen ferner darauf hin, dass bereits im Beschwerdeverfahren vor der Vorinstanz eingehend und nachvollziehbar dargelegt worden sei, warum die Beschwerdeführerin den Mehrlängenzuschlag nur bei derjenigen Fassade zur Anwendung bringe, bei welcher die Mehrlänge tatsächlich auftrete. Ausserdem habe die Beschwerdeführerin aufgezeigt, dass diese Handhabung ihrer gängigen Praxis entspreche und sich mit der Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe vom 22. September 2005 (IVHB) sowie der Praxis weiterer Gemeinden und Kantone decke. 
 
4.3. Nach der Praxis des Bundesgerichts ist ein Entscheid willkürlich, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 148 II 106 E. 4.6.1; 146 II 111 E. 5.1.1; 145 II 32 E. 5.1; 144 I 170 E. 7.3; je mit Hinweisen).  
 
4.3.1. Art. 75 KRG/GR bestimmt für die Grenzabstände in Abs. 1 Folgendes: "Bei der Erstellung von Gebäuden, die das massgebende Terrain überragen, ist gegenüber jedem Nachbargrundstück ein Grenzabstand von 2.5 m einzuhalten, sofern das Baugesetz der Gemeinde nicht grössere Grenzabstände vorschreibt." Die Beschwerdeführenden weisen zu Recht darauf hin, dass es sich beim Grenzabstand von 2.5 m um eine kantonale Mindestvorgabe handelt. Dieser minimale Grenzabstand gilt nur, wenn in den kommunalen Baugesetzen keine oder keine grösseren Abstände festgelegt wurden (vgl. Botschaft der Regierung an den Grossen Rat betreffend die Revision des Raumplanungsgesetzes, Heft Nr. 3/2004-2005, S. 346 f.). Dieselbe Konzeption sehen die Übergangsbestimmungen zum kantonalen Raumplanungsgesetz vor, die in Art. 107 Abs. 2 KRG/GR bestimmen, dass zwar unmittelbar anwendbare Bestimmungen des Gesetzes, wie namentlich Art. 75 KRG/GR, abweichenden kommunalen Vorschriften vorgehen, dies jedoch nur, soweit das Gesetz keine ergänzenden oder abweichenden kommunalen Vorschriften zulässt, wie dies bei Art. 75 Abs. 1 KRG/GR der Fall ist.  
In der Gemeinde Flims gilt für die Wohnzone B ein Grenzabstand von 5 m (Art. 26 BG). Zusätzlich sieht der vorliegend umstrittene Art. 40 Abs. 1 BG vor, dass der in der betreffenden Zone vorgeschriebene Grenzabstand um 1/5 der Mehrlänge zu vergrössern ist, wenn die Seite eines Gebäudes länger als 15.00 m ist. Sowohl mit der Festlegung eines Grenzabstandes von 5 m als auch der Einführung einer Regelung betreffend Mehrlängenzuschlag hat die Beschwerdeführerin somit Gebrauch von der mit Art. 75 Abs. 1 Teilsatz 2 KRG/GR erteilten Kompetenz gemacht und grössere Grenzabstände als 2.5 m zu jedem Nachbargrundstück in ihrem Baugesetz vorgesehen. Die Grenzabstände inklusive Mehrlängenzuschlag beurteilen sich demnach ausschliesslich nach dem kommunalen Baugesetz. Inwieweit die Frage, gegenüber welchen Nachbargrundstücken ein Mehrlängenzuschlag gemäss Art. 40 Abs. 1 BG einzuhalten ist, dennoch von Art. 75 Abs. 1 KRG/GR beantwortet werden sollte, wird von der Vorinstanz in keiner Weise begründet und erschiesst sich nicht. Art. 75 Abs. 1 KRG/GR besagt nicht mehr, als dass ein minimaler Grenzabstand von 2.5 m einzuhalten ist und dieser Grenzabstand - wenn er denn mangels Vorliegen einer kommunalen Regelung mit grösseren Grenzabständen zur Anwendung gelangt - gegenüber jedem Nachbargrundstück gilt. Dass der Grenzabstand gemäss dem Wortlaut dieser Bestimmung gegenüber jedem Grundstück einzuhalten ist, bezieht sich somit offenkundig nur auf den minimalen Grenzabstand von 2.5 m, welcher im vorliegenden Fall unbestrittenermassen eingehalten ist. Zum Mehrlängenzuschlag enthält Art. 75 Abs. 1 KRG/GR hingegen keinerlei Vorgaben oder Präzisierungen. Das vorinstanzliche Urteil erweist sich somit in seiner Begründung als offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich. 
 
4.3.2. Der Wortlaut von Art. 40 Abs. 1 BG ist zwar nicht eindeutig; der darin im Singular erwähnte "Grenzabstand" könnte sich einerseits auf die Gebäudeseite mit Mehrlänge beziehen, andererseits aber auch den Grenzabstand für das gesamte Gebäude betreffen und sich somit auf alle Grundstücksgrenzen auswirken. Für letztgenannte Auslegung bestehen nebst dem offenen Wortlaut jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Solche werden zudem weder von der Vorinstanz noch von der Beschwerdegegnerschaft überzeugend vorgebracht. Die von den Beschwerdeführenden eingereichten Wegleitungen anderer Kantone und die Erläuterungen zur Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (IVHB) sind - auch wenn sie für die Beschwerdeführerin nicht unmittelbar anwendbar sind - als klarer Hinweis dafür zu werten, dass die Beschränkung der Anwendung eines Mehrlängenzuschlags auf die Gebäudeseiten mit Mehrlänge in der Praxis verbreitet ist und als sachgemäss beurteilt werden kann. Gegenteilige Anwendungsfälle, in denen sich ein Mehrlängenzuschlag automatisch auf alle Gebäudeseiten und Grundstücksgrenzen auswirken würde, wurden demgegenüber keine aufgezeigt. Die von den Beschwerdeführenden vertretene Auslegung wird zudem gestützt durch ein älteres Urteil der Vorinstanz, gemäss dem ein Mehrlängenzuschlag die Nachbarschaft vor dem bedrückenden Anblick einer nahe an der Grenze stehenden, ungewöhnlich langen Fassade bewahren und sie vor weiteren damit verbunden Nachteilen, wie z.B. Aussichts-, Sonnen- und Lichtentzug schützen soll (PVG 1971 Nr. 20, E. 3). In der Tat besteht bei Vorliegen einer Mehrlänge auf einzelnen Gebäudeseiten keineswegs automatisch ein Schutzbedürfnis aller umliegenden Nachbarinnen und Nachbarn für die Anwendung eines Mehrlängenzuschlags zu ihrem Grundstück hin. Je nach Position eines Gebäudes auf einer Parzelle ist zwar denkbar, dass mehrere Nachbargrundstücke einer Gebäudeseite mit Mehrlänge ausgesetzt sind und daher ein Interesse an einer grösseren Entfernung des Gebäudes haben, beispielsweise wenn die Gebäudeseiten nicht parallel zu den Grundstücksgrenzen verlaufen. In keiner Weise ersichtlich ist jedoch, inwieweit die Nachbarinnen und Nachbarn, welche einer Gebäudeseite mit Mehrlänge abgewandt sind, durch einen vergrösserten Grenzabstand geschützt werden sollten.  
Damit erweist sich das angefochtene Urteil auch im Ergebnis als willkürlich. Es ist im Hinblick auf Sinn und Zweck des Mehrlängenzuschlags offensichtlich unhaltbar, gestützt auf Art. 40 Abs. 1 BG bei Vorliegen einer Mehrlänge nur auf einzelnen Gebäudeseiten systematisch einen Mehrlängenzuschlag für jede Gebäudeseite und gegenüber sämtlichen umliegenden Grundstücksgrenzen zu verlangen. Dies zeigt sich gerade im vorliegenden Fall, in dem das östliche Nachbargrundstück parallel zur östlichen Gebäudeseite verläuft und durch die längere nördliche Gebäudeseite keine Beeinträchtigung erfährt. Genauso wenig vermag sich ein grösserer Grenzabstand zum östlichen Grundstück hin für die im Norden gelegene Beschwerdegegnerschaft vorteilhaft auszuwirken. Aus deren Perspektive würde sich die längere nördliche Gebäudeseite des Einfamilienhauses A dadurch lediglich seitlich verschieben. 
 
4.3.3. Die Vorinstanz ist somit in Willkür verfallen, indem sie die Baubewilligung mit der Begründung aufgehoben hat, das Einfamilienhaus A weise angesichts der an der nördlichen Gebäudeseite vorliegenden Mehrlänge auf der Ostseite mit 5 m (zonengemässer Grenzabstand ohne Mehrlängenzuschlag) einen zu geringen Grenzabstand auf. Die Willkürrügen der Beschwerdeführenden erweisen sich damit als begründet. Auf die Rügen und Vorbringen der Beschwerdeführenden betreffend Verletzung der Gemeindeautonomie ist deshalb nicht weiter einzugehen.  
 
5.  
Die Beschwerden sind somit gutzuheissen und das angefochtene Urteil ist aufzuheben. Die Sache ist zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG). Diese wird sich - soweit erforderlich - mit jenen Rügen der Beschwerdegegnerschaft (als Beschwerdeführende im vorinstanzlichen Verfahren) auseinandersetzen zu haben, die sie in ihrem Urteil aufgrund der Gutheissung der Beschwerde offen gelassen hat. Sie wird zudem über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens neu entscheiden müssen. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens gelten die Beschwerdeführenden als obsiegend (vgl. BGE 141 V 281 E. 11.1 mit Hinweis). Die Gerichtskosten sind daher der Beschwerdegegnerschaft aufzuerlegen, wobei diese solidarisch haftet (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Sie hat dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer zudem, ebenfalls unter solidarischer Haftung, für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 und 4 BGG). Der Beschwerdeführerin als Gemeinde steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Verfahren 1C_527/20022 und 1C_528/2022 werden vereinigt. 
 
2.  
Die Beschwerden werden gutgeheissen. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 30. August 2022 wird aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden unter solidarischer Haftbarkeit der Beschwerdegegnerschaft auferlegt. 
 
4.  
Die Beschwerdegegnerschaft hat dem Beschwerdeführer im Verfahren 1C_528/2022 für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Flims und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. März 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Vonlanthen