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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
5A_350/2021  
 
 
Urteil vom 17. Mai 2021  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Marazzi, 
Bundesrichter von Werdt, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Alexander Rabian, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch 
Rechtsanwältin Annegret Lautenbach-Koch, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Vorsorgliche Massnahmen (Ehescheidung), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 6. April 2021 (LY210007-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
Die rubrizierten Parteien stehen sich vor dem Bezirksgericht Meilen in einem Ehescheidungsverfahren gegenüber. 
Im Rahmen vorsorglicher Massnahmen erteilte das Bezirksgericht dem Vater mit Entscheid vom 9. Februar 2021 gestützt auf Art. 307 Abs. 3 ZGB die Weisung, jegliche Äusserungen, welche seine Vaterschaft gegenüber dem Kind C.________ (geb. 2008) in Frage stellen könnten, zu unterlassen, und verpflichtete ihn zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von Fr. 3'266.-- bzw. Fr. 3'226.-- für C.________. In der Rechtsmittelbelehrung hielt das Bezirksgericht fest, es könne Berufung innert 30 Tagen erhoben werden und die gesetzlichen Fristenstillstände würden nicht gelten (Art. 145 Abs. 2 ZPO). 
Gegen den am 10. Februar 2021 zugestellten Entscheid erhob der anwaltlich vertretene Vater am 12. März 2021 Berufung. Mit Beschluss vom 6. April 2021 trat das Obergericht des Kantons Zürich darauf nicht ein mit der Begründung, bei vorsorglichen Massnahmen betrage die Berufungsfrist bloss 10 Tage. 
Gegen diesen Beschluss hat der Vater am 5. Mai 2021 beim Bundesgericht eine Beschwerde eingereicht. Ferner verlangt er die aufschiebende Wirkung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Entscheid betreffend eine vorsorgliche Massnahme. Somit steht die Beschwerde in Zivilsachen offen (Art. 72 Abs. 1 und Art. 75 Abs. 1 BGG), aber es kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG), wofür das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
Das Obergericht hat erwogen, die Rechtsmittelfrist sei zwar in der Rechtsmittelbelehrung falsch angegeben worden, da sie gemäss Art. 314 Abs. 1 ZPO bei vorsorglichen Massnahmen nur 10 Tage betrage, und aus einer falschen Rechtsmittelbelehrung dürften dem Rechtssuchenden an sich keine Nachteile erwachsen. Indes könne sich nicht auf den Vertrauensschutz berufen, wer den Fehler gekannt habe oder hätte erkennen müssen. Dies sei bei anwaltlicher Vertretung der Fall, wenn die richtige Rechtsmittelfrist aus dem Gesetz ersichtlich sei. Zudem habe das Bezirksgericht vorliegend auf den nicht zur Anwendung gelangenden Fristenstillstand hingewiesen. Von Anwälten werde eine Grobkontrolle der Rechtsmittelbelehrung verlangt. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer ruft verschiedene verfassungsmässige Rechte als verletzt an. 
Im Zusammenhang mit der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) und der Meinungsäusserungsfreiheit (Art. 16 Abs. 1 BV) bezieht sich der Beschwerdeführer aber nicht auf die Frage des Vertrauensschutzes, sondern auf sein angeblich unrechtmässig eingeschränktes Recht zu behaupten, C.________ sei nicht sein Kind. Dies steht ausserhalb des Anfechtungsgegenstandes (Folgen einer falschen Rechtsmittelbelehrung), weshalb darauf nicht näher einzugehen ist. 
Sodann ist im Zusammenhang mit der Frage, welche Folgen eine falsche Rechtsmittelbelehrung hat, keine Verletzung des Anspruches auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) oder der Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) ersichtlich, denn grundsätzlich stand der Rechtsweg offen und hätte sich der Beschwerdeführer bei rechtzeitiger Einreichung der Berufung oberinstanzlich Gehör verschaffen können. 
Vielmehr geht es um den - übrigens in Art. 49 BGG für oberinstanzliche Entscheide ausdrücklich festgehaltenen - Grundsatz, wonach den Parteien aus einer falschen Rechtsmittelbelehrung kein Nachteil erwachsen darf, und damit um das Vertrauensprinzip, welches sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ableitet (Art. 52 ZPO; Art. 5 Abs. 3 BV; BGE 134 I 199 E. 1.3.1 S. 202; 138 I 49 E. 8.3.2 S. 53 f.). In der Beschwerde wird dies denn auch zutreffend festgehalten. 
 
4.  
Inhaltlich gehen aber die Ausführungen an der Sache vorbei: Zum einen macht der Beschwerdeführer geltend, als Laie habe er die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung nicht erkennen können und er müsse sich Fehlleistungen seines Rechtsvertreters nicht anrechnen lassen; indes werden alle Vorkehrungen, aber auch Unterlassungen des Anwaltes aufgrund des Vertretungsverhältnisses seinem Mandanten zugerechnet (zu eng begrenzten Ausnahmen im Bereich der notwendigen Verteidigung bei Strafsachen siehe BGE 143 I 284; zu den vorliegend relevanten Pflichten des Anwaltes siehe im Einzelnen E. 5). Zum anderen will er zwischen wieder gutzumachenden und nicht wieder gutzumachenden Nachteilen unterscheiden, wobei zu den Ersteren die kompensierbare Festsetzung von zu hohen Unterhaltszahlungen und zu den Letzteren insbesondere die Weisung gehören soll, wonach er seine Vaterschaft gegenüber dem Kind nicht in Abrede stellen dürfe; eine solche Unterscheidung trifft die Rechtsprechung (vgl. dazu im Einzelnen E. 5) aber nicht und im Übrigen zielt der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen auf die angeblich verletzte Meinungsäusserungsfreiheit, welche wie gesagt in keinem Kontext mit der Frage des Vertrauensschutzes steht. 
 
5.  
Rechtsprechungsgemäss kann nur diejenige Partei den sich aus der Rechtsmittelbelehrung ergebenden Vertrauensschutz für sich in Anspruch nehmen, welche die Unrichtigkeit auch bei gebührender Aufmerksamkeit nicht hat erkennen können. Dabei vermag nur grobe prozessuale Unsorgfalt der betroffenen Partei oder ihres Anwaltes eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung aufzuwiegen. Von einem Rechtsanwalt wird jedoch erwartet, dass er eine Grobkontrolle der Rechtsmittelbelehrung durch Konsultierung der anwendbaren Verfahrensbestimmungen vornimmt, wobei er nicht auch noch die einschlägige Rechtsprechung oder Literatur nachschlagen muss. Ergibt sich jedoch die Fehlerhaftigkeit schon aus dem Wortlaut des Gesetzes, so wird die Sorgfaltswidrigkeit des Anwaltes als grob angesehen und es besteht mithin kein Vertrauensschutz (zur betreffenden ständigen Rechtsprechung vgl. BGE 124 I 255 E. 1a/aa S. 258; 134 I 199 E. 1.3.1 S. 202 f.; 135 III 374 E. 1.2.2.1 S. 376; 138 I 49 E. 8.3.2 S. 54; zuletzt Urteile 2C_1004/2017 vom 29. Mai 2018 E. 4.2; 5A_137/2020 vom 23. Juni 2020 E. 2.3). 
 
6.  
Es geht um eine vorsorgliche Massnahme, welche im summarischen Verfahren entschieden wird (generell Art. 248 lit. d ZPO sowie spezifisch Art. 276 Abs. 1 i.V.m. Art. 271 ZPO). Dass hier die Berufungsfrist bloss 10 und nicht wie im ordentlichen Verfahren 30 Tage beträgt, ergibt sich nicht nur unmittelbar aus dem Gesetz (vgl. Art. 314 Abs. 1 ZPO), sondern es gehört auch zum anwaltlichen Basiswissen, dass unabhängig vom zu ergreifenden Rechtsmittel, d.h. Berufung oder Beschwerde, bei vorsorglichen Massnahmen stets die kurze Rechtsmittelfrist von 10 Tagen gilt (vgl. Art. 314 Abs. 1 bzw. Art. 321 Abs. 2 ZPO). Vor diesem Hintergrund hätte einem Anwalt klar sein müssen, dass die Rechtsmittelbelehrung falsch ist. Dass etwas nicht stimmen konnte, ging im vorliegenden Fall im Übrigen aus der Rechtsmittelbelehrung selbst hervor, weil auf den fehlenden Fristenstillstand gemäss Art. 145 Abs. 2 ZPO hingewiesen wurde und es ebenfalls zum anwaltlichen Basiswissen gehört, dass dies vorsorgliche Massnahmen betrifft. Insofern hätte, selbst wenn ein Anwalt die Rechtsmittelfrist bei vorsorglichen Massnahmen nicht auswendig kennt, jedenfalls Anlass bestanden, kurz ins Gesetz zu schauen. Ausgehend vom Gesagten ist die Sorgfaltspflichtsverletzung des Anwaltes als grob zu werten und dies aufgrund des Vertretungsverhältnisses dem Mandanten zuzurechnen. 
 
7.  
Mit dem sofortigen Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
8.  
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. Mai 2021 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli