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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_800/2017  
 
 
Urteil vom 17. Juli 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiberin Oswald. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________ GmbH, 
vertreten durch Rechtsanwältin Jeannette Kha, 
Beschwerdegegnerin, 
 
1. B.________ 
2. C.________ 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 31. August 2017 (AB.2016.00047). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ GmbH ist der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich (fortan: Ausgleichskasse), als beitragspflichtige Arbeitgeberin angeschlossen. Nach einer Arbeitgeberkontrolle am 27. Oktober 2015 (Bericht vom 15. Dezember 2015) forderte die Ausgleichskasse mit Nachzahlungsverfügungen vom 18. Dezember 2015 von A.________ GmbH für die Jahre 2010 bis 2014 paritätische Sozialversicherungsbeiträge (AHV/IV/EO sowie Beiträge an die Familienausgleichskasse [FAK]; für die Jahre 2011, 2012 und 2014 zudem ALV-Beiträge; jeweils inkl. Verwaltungskosten) von insgesamt Fr. 25'034.95 (2010), Fr. 19'269.85 (2011), Fr. 16'786.45 (2012), Fr. 13'110.85 (2013) sowie Fr. 12'970.75 (2014) nach, wobei sie unter anderem Beiträge an die berufliche Vorsorge der Arbeitnehmenden B.________ und C.________ (fortan: die Beigeladenen 1 und 2) als massgebenden Lohn erfasste. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 28. Juni 2016 fest. 
 
B.   
Die hiergegen erhobene Beschwerde der A.________ GmbH hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 31. August 2017 teilweise gut. Es hob den Einspracheentscheid vom 28. Juni 2018 insoweit auf, als damit auf den BVG-Beiträgen für die Arbeitnehmer B.________ und C.________ Sozialversicherungsbeiträge sowie Verwaltungskosten erhoben wurden. 
 
C.   
Die Ausgleichskasse führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich sei aufzuheben, und ihr Einspracheentscheid vom 28. Juni 2016 sei zu bestätigen. 
A.________ GmbH sowie die Beigeladenen 1 und 2 beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) schliesst auf deren Gutheissung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Unter Berücksichtigung der Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es indes nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236; zur Publikation vorgesehenes Urteil 9C_649/2017 vom 21. Juni 2018 E. 1.2). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der Streitsache massgeblichen Rechtsgrundlagen (Art. 5 Abs. 4 AHVG, Art. 8 lit. a AHVV) sowie die Rechtsprechung (insbes. BGE 137 V 321 E. 1.2.3 S. 324) zum AHV-pflichtigen Erwerbseinkommen aus unselbständiger Tätigkeit zutreffend dargelegt, worauf verwiesen wird. Richtig sind auch die vorinstanzlichen Ausführungen zur Auslegung von Vorsorgeverträgen (BGE 132 V 149 E. 5 S. 150 f.).  
Zu ergänzen ist, dass sich auch die IV-, EO-, ALV- und FAK-Beiträge gestützt auf das AHV-pflichtige Einkommen bemessen (Art. 3 Abs. 1 IVG; Art. 27 Abs. 2 EOG; Art. 3 Abs. 1 AVIG; Art. 16 Abs. 2 FamZG). 
 
2.2. Das Sozialversicherungsgericht erwog, Art. 2 des Anschlussvertrags vom 16. Juni 2008 zwischen der Arbeitgeberin und der BVG-Sammelstiftung Swiss Life überlasse die Ausgestaltung der Finanzierung der versicherten Leistungen dem Vorsorgereglement. Für die drei Versichertengruppen "allgemeiner Bestand", "Kader" und "Geschäftsleitung" seien je separate Vorsorgereglemente erstellt worden. Gemäss Art. 21 der Vorsorgereglemente für die Versichertengruppen "Kader" und "Geschäftsleitung" seien die Beiträge allein durch die Arbeitgeberin zu finanzieren. Per 1. Januar 2012 seien die Vorsorgereglemente durch allgemein gültige "Basisbestimmungen" mit drei verschiedenen Vorsorgeplänen abgelöst worden. Nach Art. 26 Basisbestimmungen würden die ordentlichen Beiträge durch die Arbeitgeberin und die versicherten Personen finanziert. Ihre Höhe und Zusammensetzung werde in den Vorsorgeplänen geregelt, die integrierenden Bestandteil des Vorsorgereglements bildeten. Für die Versichertengruppen "Kader" und "Geschäftsleitung" sei in den jeweiligen Vorsorgeplänen - im Einzelfall nicht abänderbar - vorgesehen, dass alle Beiträge durch die Arbeitgeberin bezahlt würden. Die streitgegenständlichen Beitragszahlungen seien demnach aufgrund einer zwingenden reglementarischen Bestimmung erfolgt, die ausserdem die Grundsätze der Kollektivität und der Gleichbehandlung (Art. 1c sowie Art. 1f der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVV 2; SR 831.441.1]) wahre. Die Voraussetzungen von Art. 8 lit. a AHVV seien erfüllt, und die strittigen Beiträge an die berufliche Vorsorge gehörten nicht zum massgebenden (AHV-pflichtigen) Lohn.  
 
3.   
Die Beschwerdeführerin rügt, die jeweiligen Vorsorgereglemente enthielten keine objektiven Kriterien, nach denen die Mitarbeiter den drei Versichertenkollektiven zuzuordnen seien. Die verwendeten Bezeichnungen "Kader" und "Geschäftsleitung" seien hierzu jedenfalls nicht genügend konkret. Bestimme im Ergebnis die Arbeitgeberin selber, wer zum "Kader" und wer zur "Geschäftsleitung" gehöre, lägen keine reglementarischen Beiträge im Sinne von Art. 8 lit. a AHVV vor. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts verletze demnach Bundesrecht. 
 
4.  
 
4.1. Strittig ist die Frage, ob es sich bei den (vollumfänglich, vgl. oben E. 2.2) durch die Arbeitgeberin finanzierten Beiträgen an die berufliche Vorsorge der Beigeladenen 1 und 2 um solche "reglementarischer" Natur handelt, die von der AHV-rechtlichen Beitragspflicht befreit sind (Art. 8 lit. a AHVV). Rechtsprechungsgemäss ist dies nur dann der Fall, wenn die Arbeitgeberin jedenfalls nicht ad hoc im Einzelfall über die Freistellung vom beitragspflichtigen massgebenden Lohn befinden kann (grundlegend: BGE 133 V 556 E. 7.4 S. 560 f.; ausserdem BGE 137 V 321 E. 1.2.3 S. 324).  
Dem Grundsatz nach unbestritten ist die (berufsvorsorgerechtliche) Zulässigkeit mehrerer, nach Hierarchiestufe abgegrenzter, Versichertenkollektive innerhalb eines Vorsorgewerks (Art. 1 Abs. 3 BVG i.V.m. Art. 1c Abs. 1 BVV 2; SVR 2016 BVG Nr. 35 S. 142, 9C_644/2014 E. 7.2.2). 
 
4.2. Die vorliegend anwendbaren reglementarischen Grundlagen beschränken sich - ohne nähere Definition der Zugehörigkeitsmerkmale - darauf, die drei Hierarchiestufen "allgemeiner Bestand", "Kader" und "Geschäftsleitung" vorzusehen. Das Fehlen einer reglementarischen Zuordnung bzw. von zum vorneherein reglementarisch definierten Zuordnungskriterien belässt der Arbeitgeberin Spielraum, ad hoc im Einzelfall über die Zugehörigkeit zu einem Versichertenkollektiv - und damit über den Umfang ihrer Beitragspflicht - zu verfügen. Dies bestätigt implizit auch die Beschwerdegegnerin, wenn sie die Zuordnung des Beigeladenen 2 zur Versichertengruppe "Kader" vor Bundesgericht nicht mit dessen hierarchischer Stellung begründet, sondern darauf verweist, dass sie ihn "für die Versichertengruppe Kader angemeldet" habe. Die zu beurteilende Konstellation unterscheidet sich damit nicht massgeblich von der BGE 133 V 556 zugrunde liegenden, in der die Arbeitgeberin zwar reglementarisch verpflichtet war, im Falle vorzeitiger Pensionierung Beiträge zu leisten, jedoch frei darüber befinden konnte, welche Arbeitnehmer in einer konkreten betrieblichen Situation vorzeitig pensioniert und welche weiterbeschäftigt werden sollten (a.a.O. E. 7.6 S. 561 f.). Hier wie dort sind somit die strittigen Beitragszahlungen - aufgrund des der Arbeitgeberin im Einzelfall belassenen Spielraums - nicht "reglementarischer" Natur.  
Daran ändert auch die in der Vernehmlassung abgegebene Erklärung der Beschwerdegegnerin - soweit als neue Tatsachenbehauptung überhaupt zulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG) - nichts, wonach in die Versichertenkollektive "Kader" und "Geschäftsleitung" nur Arbeitnehmer aufgenommen werden könnten, die "auf globaler Ebene im Gesamtkonzern" über eine Kader- oder Geschäftsleitungsposition verfügten, zumal dies aus den anwendbaren Reglementsbestimmungen nicht im Ansatz hervorgeht. 
 
4.3. Nach dem Gesagten sind die strittigen Vorsorgebeiträge nicht von der AHV-rechtlichen Beitragspflicht befreit. Die Beschwerde ist begründet.  
 
5.   
Die Beschwerdegegnerin wird als unterliegende Partei kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
Wer sich als "übriger Beteiligter" im Sinne von Art. 102 Abs. 1 BGG am Verfahren beteiligt hat, gilt an sich nicht als kostenpflichtige Partei (Art. 66 BGG; vgl. etwa in BGE 139 I 2 nicht publizierte E. 8.3). Er ist indes für die Zwecke der Kostenverlegung als solche zu behandeln, wenn er Anträge gestellt hat und für die eigenen Interessen eingetreten ist (vgl. BGE 127 V 107 E. 6b S. 111; Urteil 2C_64/2013 und 2C_65/2013 vom 26. September 2014 E. 4.2.2 mit Hinweisen; HANSJÖRG SEILER, in: Seiler/von Werdt/Güngerich/Oberholzer, Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2. Aufl. 2015, N. 12 zu Art. 66 BGG mit Hinweisen). Dies haben die Beigeladenen 1 und 2 vorliegend nicht getan, erschöpfen sich ihre (gleichlautenden) Vernehmlassungen vom 12. bzw. vom 15. Januar 2018 doch im Verweis auf die Beschwerdeantwort. Ihnen sind deshalb keine Kosten aufzuerlegen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 31. August 2017 wird aufgehoben und der Einspracheentscheid der Ausgleichskasse des Kantons Zürich vom 28. Juni 2016 bestätigt. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 4500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, B.________, C.________, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 17. Juli 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Oswald