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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_124/2008 /nip 
 
Urteil vom 17. November 2008 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Parteien 
A.X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Thomas J. Meile, 
 
gegen 
 
1. A.________, 
2. B.________, 
Nr. 1 und 2 vertreten durch Rechtsanwalt E.________, 
3. C.________, vertreten durch Rechtsanwalt Alexander Blöchlinger, 
4. D.________, vertreten durch Rechtsanwalt Remo Cahenzli, 
5. E.________, 
6. F.________, 
7. G.________ AG, vertreten durch Advokat Dr. David Dussy, 
H.________ SA, 
Beschwerdegegner, 
Gemeinde Pontresina, Postfach 79, 7504 Pontresina, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Otmar Bänziger. 
Gegenstand 
Baueinsprache, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 12. Oktober 2007 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 
4. Kammer. 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.X und B.X.________ waren Stockwerkeigentümer am Grundstück Nr. 1709 in Pontresina. Gegenüber, getrennt durch eine Strasse, befinden sich die Grundstücke Nr. 1711 und 1712. Diese Grundstücke wurden mit öffentlicher Urkunde vom 4. September 2006 parzelliert, so dass neu an ihre Stelle sechs Parzellen traten. Am 4. September 2006 wurden für die sechs Grundstücke sechs Baugesuche eingereicht. Bauherren sind A.________ (Grundstück Nr. 2571), C.________ (Grundstück Nr. 2570), D.________ (Grundstück Nr. 2569), E.________ (Grundstück Nr. 2568), F.________ (Grundstück Nr. 2567) und B.________ (Grundstück Nr. 1711). 
 
A.X.________ erhob gegen alle sechs Baugesuche Einsprache. Die Gemeinde Pontresina erteilte die Baubewilligungen und wies die Einsprachen ab. Gegen diese Entscheide erhob A.X.________ mit Schreiben vom 23. März 2007 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Während des Verfahrens vor Verwaltungsgericht verkauften A.X und B.X.________ ihren Stockwerkeigentumsanteil. Die Erwerber bekundeten mit Schreiben vom 7. September 2007 an das Verwaltungsgericht den Willen, als Rechtsnachfolger in den Prozess einzutreten. Das Verwaltungsgericht liess die Fragen der Legitimation und des Parteiwechsels offen, trat auf die Beschwerde von A.X.________ ein und wies sie mit Urteil vom 12. Oktober 2007 ab. 
 
B. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 17. März 2008 beantragt A.X.________ im Wesentlichen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden sei aufzuheben. 
 
Die Gemeinde Pontresina, A.________, C.________, D.________, E.________, B.________ und die G.________ AG beantragen in ihren Vernehmlassungen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Die weiteren Verfahrensbeteiligten liessen sich nicht vernehmen. In seiner Stellungnahme zu den Vernehmlassungen hält der Beschwerdeführer im Wesentlichen an seinen Rechtsauffassungen und Anträgen fest. 
 
Mit Verfügung vom 21. April 2008 hat der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung das Gesuch des Beschwerdeführers um aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde gutgeheissen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid über eine baurechtliche Bewilligung, welcher mit einer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Sinne von Art. 82 ff. BGG angefochten werden kann (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2 S. 251). 
 
1.2 Die Beschwerdegegner bestreiten die Legitimation des Beschwerdeführers. Die Erwerber des Stockwerkeigentumanteils haben bereits im kantonalen Verfahren ihren Eintritt angeboten und tun dies vor Bundesgericht erneut. Es ist deshalb vorab zu klären, ob im kantonalen Verfahren ein Parteiwechsel stattgefunden hat bzw. ob im Verfahren vor Bundesgericht ein Parteiwechsel noch zulässig ist. 
 
Ob, wann und in welcher Form der Erwerber ins Verfahren eintreten kann, bestimmt sich für das kantonale Verfahren nach kantonalem Recht (BGE 105 III 135 E. 3 S. 138 f.; Urteil 5P.60/2007 vom 29. Januar 2008 E. 2.3.1). Da das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden die Fragen der Legitimation und des Parteiwechsels offen liess, aber dennoch auf die Beschwerde von A.X.________ eintrat, ist festzustellen, dass ein Parteiwechsel im kantonalen Verfahren nicht stattgefunden hat. Dass das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit diesem Vorgehen Recht verletzt, insbesondere kantonales Prozessrecht willkürlich angewendet hätte, macht A.X.________ weder in seiner Beschwerdeschrift noch in seiner Replik geltend (vgl. Art. 42 Abs. 1 und 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Es kann deshalb offen gelassen werden, ob eine derartige Rechtsverletzung für seine eigene Legitimation relevant wäre und ob es zulässig wäre, eine entsprechende Rüge erst in der Replik vorzutragen (vgl. BGE 118 Ia 305 E. 1c S. 308 mit Hinweisen). 
 
In einem der Replik beigelegten Schreiben vom 11. Juni 2008 zu Handen des Bundesgerichts erklären die Erwerber erneut ihre Bereitschaft, als Partei in das Verfahren einzutreten. Für das Verfahren vor Bundesgericht beurteilt sich die Frage der Legitimation bzw. des Parteiwechsels nach Bundesrecht. Ein Parteiwechsel ist nicht mehr möglich, da die Veräusserung noch während des kantonalen Verfahrens stattfand (vgl. Art. 71 BGG i.V.m. Art. 17 und 21 Abs. 1 und 2 BZP [SR 273]). 
Ergibt sich somit, dass ein Parteiwechsel im kantonalen Verfahren nicht stattgefunden hat und im Verfahren vor Bundesgericht nicht mehr möglich ist, so ist im Folgenden die Legitimation von A.X.________ zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zu prüfen. 
 
1.3 In seiner Beschwerdeschrift leitet A.X.________ seine Legitimation aus dem Umstand her, dass die Vorinstanz ihn zur Bezahlung von Gerichtskosten und Parteientschädigungen verpflichtet habe. In anderem Zusammenhang verweist er auf die Aussicht von seiner ehemaligen Wohnung ins Val Roseg und das Interesse an einer möglichst langen Freihaltung der benachbarten Grundstücke. Mit dem Verkauf der Wohnung sei seine Legitimation nicht weggefallen, denn er habe sich verpflichtet, die Käufer schadlos zu halten. In seiner Replik fügt er als weiteren Grund für die Bejahung seiner Legitimation an, dass es den Käufern schwer fallen dürfte, ihre eigene Legitimation zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zu begründen, da sie am vorinstanzlichen Verfahren nicht teilgenommen hätten. 
 
Das Beschwerderecht nach Art. 89 Abs. 1 BGG setzt voraus, dass der Beschwerdeführer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder dazu keine Möglichkeit erhalten hat (lit. a). Er muss durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt sein (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung haben (lit. c). Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Situation des Beschwerdeführers durch den Ausgang des Verfahrens beeinflusst werden kann (BGE 133 II 249 E. 1.3.1 S. 252 mit Hinweis). Beschwerdegründe Privater, mit denen ein bloss allgemeines öffentliches Interesse an der richtigen Anwendung des Rechts verfolgt wird, ohne dass dem Beschwerdeführer im Falle des Obsiegens ein praktischer Nutzen entsteht, sind bei der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig. In jedem Fall kann aber der Beschwerdeführer die Verletzung von Parteirechten rügen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung bedeutet (BGE 133 II 249 E. 1.3.2 S. 253 mit Hinweis). 
 
Wie bereits erwähnt, verkauften A.X. und B.X.________ während des vorinstanzlichen Verfahrens ihren Stockwerkeigentumsanteil am Grundstück Nr. 1709. Soweit zulässig, wurde die Rechts- und Sachgewährleistung ausgeschlossen. Gemäss Kaufvertrag haben die Käufer Kenntnis davon, "dass auf dem an die Liegenschaft Nr. 1709 angrenzenden Grundstück eine Überbauung, welche mehrere Wohnhäuser umfasst, projektiert ist". Die Käufer erklärten, dass sie "aus allfälligen baulichen Immissionen, einem eventuellen Entzug von Aussicht, Licht etc. aufgrund des erwähnten Bauvorhabens gegenüber der Verkäuferschaft keinerlei Schadenersatzansprüche, Einwände und dergleichen" geltend machen würden. Im Kaufvertrag wurden auch die Rechte und Pflichten der Parteien im Zusammenhang mit dem damals beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden hängigen Verfahren geregelt. Die Käufer verpflichteten sich, in den Prozess einzutreten und bei negativem Ausgang in Absprache mit A.X.________ Rechtsmittel an das Bundesgericht zu ergreifen. Unter dieser Bedingung verpflichtete sich A.X.________, die Verfahrenskosten zu tragen "und in diesem Sinne die Käufer schadlos zu halten". Im Gegenzug wurden allfällige im Gerichtsverfahren zugesprochene "ausseramtliche Entschädigungen" A.X.________ abgetreten. 
 
Der vorliegende Sachverhalt ist abzugrenzen von BGE 98 Ib 368. In diesem Entscheid bejahte das Bundesgericht im Rahmen einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Legitimation einer Verkäuferin eines Grundstückes, der die Rodungsbewilligung verweigert worden war. Das Bundesgericht ging davon aus, dass im Falle der endgültigen Verweigerung der Rodungsbewilligung der Kaufvertrag wegen Grundlagenirrtums angefochten werden könnte, sei doch anzunehmen, dass Käufer und Verkäufer beim Vertragsabschluss überzeugt gewesen seien, dass das Land überbaut werden dürfe (BGE 98 Ib 368 E. 1 S. 371 f.). Im vorliegenden Fall hat der angefochtene Entscheid jedoch keine derartigen Auswirkungen auf den Kaufvertrag, insbesondere da die Gewährleistung vertraglich ausgeschlossen wurde. Ebensowenig folgt ein aktuelles, schutzwürdiges Interesse aus der vertraglichen Verpflichtung zur Tragung der den Käufern allenfalls auferlegten Verfahrenskosten. Bisher sind keine derartigen Kosten entstanden. 
 
Schliesslich fragt sich, ob dem Argument des Beschwerdeführers zu folgen ist, seine Legitimation in der Sache ergebe sich aus der Verpflichtung zur Tragung von Gerichtskosten und Parteientschädigungen im vorinstanzlichen Verfahren. Eine willkürliche Anwendung der Bestimmungen des kantonalen Prozessrechts über die Kosten- und Entschädigungsfolgen macht er nicht geltend. Die Pflicht zur Tragung von Gerichtskosten und Parteientschädigung vermag die Legitimation in der Sache nicht zu begründen, ansonsten die Bestimmungen von Art. 89 Abs. 1 lit. b und c weitgehend obsolet würden. 
 
2. 
Zusammenfassend folgt, dass A.X.________ kein schutzwürdiges eigenes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids besitzt. Auf seine Beschwerde ist deshalb nicht einzutreten. 
Unter den gegebenen Umständen ist auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat den anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnern eine dem Aufwand entsprechende Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdegegner zum Teil weitgehend identische Vernehmlassungen eingereicht haben. Der Gemeinde Pontresina, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegt hat, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3. 
Der Beschwerdeführer hat A.________ und B.________ insgesamt Fr. 800.--, C.________ und D.________ je Fr. 1'200.-- sowie der G.________ AG Fr. 2'000.-- als Parteientschädigung zu bezahlen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Pontresina und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 17. November 2008 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Féraud Dold