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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5D_146/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 17. November 2017  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichter Herrmann, Schöbi, 
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Suter, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Bezirksgericht Aarau, Familiengerichtspräsidium. 
 
Gegenstand 
Unentgeltliche Rechtspflege (Eheschutz), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, vom 30. Juni 2017 (ZSU.2017.138/CW/DG). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ und B.________ befinden sich in Scheidung. Am 15. Mai 2017 reichte A.________ beim Bezirksgericht Aarau eine Klage betreffend Abänderung des vor Einleitung des Scheidungsverfahrens ergangenen Eheschutzentscheides ein. Gleichzeitig stellte er ein Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege. Die Präsidentin des Bezirksgerichts Aarau wies das Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege mit Verfügung vom 22. Mai 2017 mangels genügender Erfolgsaussichten ab. Mit Entscheid vom 30. Juni 2017 wies das Obergericht des Kantons Aargau die von A.________ gegen die Verfügung des Bezirksgerichts erhobene Beschwerde ab und auferlegte diesem die obergerichtliche Entscheidgebühr von Fr. 500.--. 
 
B.   
A.________ (Beschwerdeführer) wendet sich mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 18. August 2017 an das Bundesgericht. Er verlangt, dass ihm für das Verfahren vor dem Bezirksgericht Aarau die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gewährt wird. Der Beschwerdeführer stellt auch für das Verfahren vor dem Bundesgericht ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob die Eintretensvoraussetzungen gegeben sind (BGE 143 III 140 E. 1 S. 143).  
 
1.2. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG) über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege. Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 Bst. a BGG; BGE 129 I 281 E. 1.1 S. 283 f.), so dass die Beschwerde grundsätzlich offen steht. Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1 S. 382; 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.). Bei dieser handelt es sich um die Abänderung eines Eheschutzentscheids im Unterhaltspunkt und damit eine Zivilsache vermögensrechtlicher Natur. Angaben zum Streitwert lassen sich dem vorinstanzlichen Urteil entgegen Art. 112 Abs. 1 Bst. d BGG nicht entnehmen. Der Beschwerdeführer selbst bezeichnet das von ihm eingereichte Rechtsmittel als subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Er scheint mithin der Meinung zu sein, dass im Abänderungsverfahren der Streitwert von Fr. 30'000.-- (Art. 72 Abs. 1 und Art. 74 Abs. 1 Bst. b BGG) nicht erreicht wird. Wie es sich damit verhält, kann offen bleiben. So oder so kommt Art. 98 BGG zur Anwendung, wonach nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann. Entsprechend beschränkt sich der Beschwerdeführer darauf, der Vorinstanz eine Verletzung des in der Verfassung verankerten Rechts auf unentgeltliche Rechtspflege (Art. 29 Abs. 3 BV) vorzuwerfen. Auf die rechtzeitig erfolgte Beschwerde (Art. 100 Abs. 1 BGG) ist einzutreten.  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil jenen Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Will der Beschwerdeführer die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung beanstanden, so muss er in der Beschwerdeschrift mit klar und detailliert erhobenen und soweit möglich belegten Rügen (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246) dartun, inwiefern diese Feststellung offensichtlich unrichtig und damit willkürlich ist und inwiefern die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234; 135 III 127 E. 1.5 S. 129 f.). Zum Sachverhalt gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 17 f. mit Hinweisen). Das Rügeprinzip gilt auch, soweit der Beschwerdeführer wie im vorliegenden Fall die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend macht (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
2.   
Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Als aussichtslos im Sinn von Art. 29 Abs. 3 BV sind Begehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese (BGE 140 V 521 E. 9.1 S. 537; 139 III 475 E. 2.2 S. 476). Über das streitbetroffene Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist gestützt auf eine vorläufige und summarische Prüfung der Prozessaussichten aufgrund der Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung zu entscheiden (BGE 142 III 138 E. 5.1 S. 140 mit Hinweisen). Im Rahmen dieser summarischen Prüfung ist die Behörde nicht gehalten, zeitraubende tatsächliche oder rechtliche Abklärungen zu treffen. Vielmehr kann sie auf die ihr zur Verfügung stehenden Akten abstellen (Urteil 2C_128/2017 und 2C_129/2017 vom 10. Februar 2017 E. 4.1 mit Hinweisen). 
 
3.  
 
3.1. Laut der Vorinstanz macht der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Obergericht geltend, dass sich die Annahme bzw. Prognose des Obergerichts des Kantons Aargau im Eheschutzentscheid, wonach er seinen Arbeitsort mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen könne, nicht bestätigt habe. Ebenso hätten sich die von ihm zu leistenden Krankenkassenprämien erheblich erhöht. Entgegen der Meinung des Bezirksgerichts hätte deshalb laut dem Beschwerdeführer das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nicht schon vor Einholen einer Stellungnahme der Beklagten, Befragung des Gesuchstellers und allenfalls ergänzender abschliessender Beurteilung als aussichtslos bezeichnen werden dürfen.  
Die Vorinstanz fährt fort, mit dieser Begründung zeige der Beschwerdeführer nicht auf, inwiefern das Bezirksgericht das Recht unrichtig angewendet oder den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt habe. Vielmehr halte er einfach an seinen in der Klage aufgestellten Behauptungen fest. Insbesondere habe er die Feststellung der ersten Instanz weder bestritten noch widerlegt, wonach er lediglich versuche, sein Prozessversäumnis im Eheschutzverfahren in einem Abänderungsverfahren nachzuholen. Gleiches gelte in Bezug auf die Feststellung der ersten Instanz, wonach der behauptete neue Bedarf von Fr. 3'099.55 im Verhältnis zum Bedarf von Fr. 2'938.-- gemäss Entscheid des Bezirksgerichts vom 1. März 2016 und des Obergerichts vom 21. Juni 2016 lediglich eine Veränderung von 5 % bedeute, was klarerweise nicht wesentlich sei. Damit genüge die Begründung in der Beschwerde nicht; darauf sei nicht einzutreten. 
 
3.2. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, davon ausgegangen zu sein, dass die Erhöhung der Krankenkassenprämien, die zu einer Änderungsquote von bloss 5 % führt, klarerweise nicht wesentlich sei. Die Erhöhung der Krankenkassenprämien um monatlich Fr. 161.55 entspreche in Relation von Fr. 2'800.00 nicht einer Veränderung von bloss 5 %, sondern von 7,5 %. Ferner halte sie aktenwidrig fest, dass er in seiner Beschwerde nicht begründet habe, weshalb ihm statt Fr. 245.-- neu Berufsauslagen von Fr. 762.-- im Monat anzurechnen seien.  
Auch Veränderungen, die in prozentualer Hinsicht nicht gross seien, könnten wesentlich sein. Zu denken sei namentlich an einen Schuldner, der wie der Beschwerdeführer wegen der geltend gemachten Veränderungen unter seinen existenziellen Bedürfnissen leben müsse und deshalb auf Sozialhilfe angewiesen sei. In der Verfügung des Bezirksgerichts vom 22. Mai 2017 seien veränderte Verhältnisse mit der Begründung verneint worden, die Arbeitswegkosten des Beschwerdeführers seien bereits im Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau vom 21. Juni 2016 thematisiert worden. Diese Beurteilung sei falsch, worauf er bereits im kantonalen Verfahren hingewiesen habe: Die Kosten für die öffentlichen Verkehrsmittel hätten im Eheschutzentscheid auf einer Prognose beruht, die sich nachträglich als nicht realitätsbezogen erwiesen habe. Dies habe er mit der Bestätigung der Arbeitgeberin (Klagebeilage 4) dargelegt. 
 
3.3.  
 
3.3.1. Die Kritik, die der Beschwerdeführer am vorinstanzlichen Entscheid übt, geht an der Sache vorbei. Entgegen dem, was der Beschwerdeführer glauben machen will, hat sich die Vorinstanz gar nicht auf eine Prozessprognose eingelassen, sondern ihm vorgeworfen, sich in seiner kantonalen Beschwerde nicht sachdienlich mit der Argumentation in der Verfügung des Bezirksgerichts auseinandergesetzt zu haben. Entsprechend ist sie im umstrittenen Punkt auf die Beschwerde nicht eingetreten.  
 
3.3.2. Das kantonale Beschwerdeverfahren dient wie das Berufungsverfahren (vgl. BGE 142 III 413 E. 2.2.2 S. 415) der Überprüfung und Korrektur des erstinstanzlichen Entscheids im Lichte konkret dagegen vorgebrachter Beanstandungen. Die konkreten Beanstandungen müssen in der Beschwerde vorgebracht werden, die gemäss Art. 321 Abs. 1 ZPO begründet einzureichen ist, wobei für die Beschwerde mindestens dieselben Begründungsanforderungen gelten, wie für die Berufung (Urteile 5D_65/2014 vom 9. September 2014 E. 5.4.1 und 5A_247/2013 vom 15. Oktober 2013 E. 3.3, je mit Hinweis auf BBl 2006 7221 ff., S. 7378; zuletzt 5A_206/2016 vom 1. Juni 2016 E. 4.2.1 mit Hinweisen). Begründen bedeutet demnach aufzeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid als fehlerhaft erachtet wird. Der Anforderung genügt der Beschwerdeführer im kantonalen Rechtsmittelverfahren nicht, wenn er lediglich auf die vor erster Instanz vorgetragenen Vorbringen verweist, sich mit Hinweisen auf frühere Prozesshandlungen zufrieden gibt oder den angefochtenen Entscheid in allgemeiner Weise kritisiert. Die Begründung muss hinreichend genau und eindeutig sein, um von der Rechtsmittelinstanz mühelos verstanden werden zu können. Dies setzt voraus, dass der Beschwerdeführer im Einzelnen die vorinstanzlichen Erwägungen bezeichnet, die er anficht, und die Aktenstücke nennt, auf denen seine Kritik beruht (BGE 138 III 374 E. 4.3.1 S. 375; 141 III 569 E. 2.3.3 S. 576). Wird die Gültigkeit eines Rechtsmittels insoweit kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung davon abhängig gemacht, dass es eine minimale Begründung enthält, so liegt darin weder eine Verweigerung des Anspruchs auf rechtliches Gehör noch kann darin ein überspitzter Formalismus gesehen werden (BGE 134 II 244 E. 2.4.2 S. 248; Urteil 5A_206/2016 vom 1. Juni 2016 E. 4.2).  
 
3.3.3. Der bereits im kantonalen Verfahren anwaltlich vertretene Beschwerdeführer tut in seiner Beschwerde an das Bundesgericht nicht dar, dass die Vorinstanz die Verfassung (Art. 29 Abs. 3 BV; allenfalls willkürliche Anwendung von Art. 321 Abs. 1 ZPO) verletzt hätte, wenn sie ihm vorwirft, sich im kantonalen Beschwerdeverfahren nicht sachdienlich mit der Argumentation des Bezirksgerichts auseinandergesetzt zu haben. Seine diesbezüglichen Versäumnisse kann der Beschwerdeführer selbstredend im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht mehr korrigieren. Daran ändert auch sein Argument nichts, dass ihm angesichts höherer Krankenkassenprämien und höherer Arbeitswegkosten ein Eingriff ins Existenzminimum drohe.  
 
4.   
Im kantonalen Verfahren machte der Beschwerdeführer zusätzlich geltend, dass die Gerichtspräsidentin wegen ihrer Verfügung in Sachen unentgeltlicher Rechtspflege und Verbeiständung als befangen gelten müsse. Die Vorinstanz hat sich mit diesem Vorwurf befasst und ihn für unbegründet bezeichnet. Vor Bundesgericht tönt der Beschwerdeführer den gleichen Vorwurf wieder an. Den Begründungs- bzw. Rügeanforderungen (E. 1.2) genügt der Beschwerdeführer dabei allerdings nicht. Auf die Beschwerde ist in diesem Punkt daher nicht einzutreten. 
 
5.   
Aufgrund des Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie ist abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens muss der Beschwerdeführer für die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens aufkommen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Gemeinwesen ist keine Entschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das Verfahren vor dem Bundesgericht (Art. 64 Abs. 1 BGG) wird mangels Erfolgsaussichten abgewiesen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bezirksgericht Aarau, Familiengerichtspräsidium, und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. November 2017 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann