Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_364/2021  
 
 
Urteil vom 17. November 2021  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Graubünden, Ringstrasse 10, 7000 Chur, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin MLaw Sabrina Brunner Seres, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung 
(Einstellung in der Anspruchsberechtigung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 12. Januar 2021 (S 20 7). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1973 geborene A.________ schloss am 27. Juni 1991 die Lehre als zahnmedizinische Assistentin EFZ ab. Von 1995 bis 2001 arbeitete sie in diesem Beruf. Am 4. März 2005 schloss sie die zweijährige Ausbildung zur Prophylaxeassistentin ab. Von 2003 bis 2009 und zwischen 2011 und 2019 war sie in diesen Beruf tätig. Am 11. September 2019 meldete sie sich beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) Chur zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung ab 16. September 2019 an. Mit Schreiben vom 24. September 2019 wies das RAV die Versicherte an, sich bis 25. September 2019 bei Dr. med. dent. B.________ als Dentalassistentin bei einem Beschäftigungsgrad von 100 % zu bewerben. Gemäss Rückmeldung der Letzteren vom 22. Oktober 2019 habe sich die Versicherte bei ihr am 30. September 2019 beworben. Sie habe sich indessen für die offerierte Stelle nicht interessiert, da sie zu 100 % als Prophylaxeassistentin arbeiten wolle. Nach Einholung einer Stellungnahme der Versicherten vom 4. November 2019 stellte das Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (nachfolgend Amt) sie für 37 Tage in der Anspruchsberechtigung ein, da sie ungerechtfertigt eine zugewiesene Stelle faktisch abgelehnt habe. Hieran hielt das Amt mit Einspracheentscheid vom 19. Dezember 2019 fest. 
 
B.  
Die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden gut. Es stellte fest, sie habe Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung für die 37 Einstelltage (Urteil vom 12. Januar 2021). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt das Amt die Aufhebung des kantonalen Entscheides und sinngemäss dessen Bestätigung. 
 
A.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Subeventuell sei die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung angemessen zu reduzieren. 
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) beantragt die Gutheissung der Beschwerde und Rückweisung der Sache zur Beurteilung der übrigen Vorbringen (Verletzung von Art. 16 Abs. 2 lit. d und i AVIG; Dauer der Einstellung) an die Vorinstanz. 
 
Mit Eingabe vom 2. September 2021 hält die Versicherte an ihren Rechtsbegehren fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
Streitig ist, ob die vorinstanzliche Aufhebung der Einstellung der Beschwerdegegnerin in der Anspruchsberechtigung bundesrechtskonform ist. 
 
2.1. Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen und die Rechtsprechung betreffend die Pflichten der versicherten Person, insbesondere zur Stellensuche (Art. 17 Abs. 1 AVIG; BGE 139 V 524 E. 2.1.3, 133 V 89 E. 6.1.1), und die Unzumutbarkeit einer Arbeit, wenn sie nicht angemessen auf die Fähigkeiten oder auf die bisherige Tätigkeit der versicherten Person Rücksicht nimmt (Art. 16 Abs. 2 lit. b AVIG), richtig dargelegt. Gleiches gilt bezüglich der Einstellung der versicherten Person in der Anspruchsberechtigung bei Nichtbefolgen von Weisungen des Arbeitsamtes ohne entschuldbaren Grund (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG) und des massgebenden Beweisgrads der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 146 V 51 E. 5.1). Richtig wiedergegeben hat die Vorinstanz auch die Weisung des SECO in AVIG-Praxis ALE Rz. B286. Darauf wird verwiesen.  
 
2.2. Zu ergänzen ist, dass mit der Bezugnahme auf die Fähigkeiten im Sinne von Art. 16 Abs. 2 lit. b AVIG vor allem eine Überforderung der versicherten Person in Bezug auf ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse verhindert werden soll, wohingegen eine Unterbeanspruchung keine Unzumutbarkeit begründet. Die gesetzliche Forderung nach einer angemessenen Rücksichtnahme auf die bisherige Tätigkeit zielt darauf ab, dass berufliche Qualifikationen nicht verloren gehen oder gemindert werden (SVR 2005 ALV Nr. 7 S. 22, C 165/03 E. 2.1; Urteil C 65/06 vom 27. April 2006 E. 3.3; vgl. auch BGE 139 I 218 E. 4.4). Sie zielt auch darauf hin, dass die versicherte Person in der Lage sein muss, die angebotene Arbeit sachgerecht ausführen zu können, weil sich der Arbeitgeber andernfalls getäuscht sehen und das Arbeitsverhältnis wieder auflösen könnte. Die Arbeit darf das Fähigkeits- und Fertigkeitsniveau der versicherten Person unterbeanspruchen, sie darf sie aber nicht überfordern. Ein hohes Fähigkeitsniveau erweitert die Möglichkeiten der Vermittlung von zumutbarer Arbeit (Urteil C 130/03 vom 6. Februar 2004 E. 2.3).  
 
3.  
Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, die Beschwerdegegnerin sei nach der zweijährigen, 2005 abgeschlossenen Ausbildung zur Prophylaxeassistentin zwischen 2003 und 2009 und seit 2011 nur noch als solche tätig gewesen. Diese Tätigkeit sei vergleichbar mit derjenigen einer Dentalhygienikerin, unterscheide sich aber sehr stark von jener einer Dentalassistentin bzw. zahnmedizinischen Assistentin. Die der Beschwerdegegnerin vom RAV zugewiesene Stelle als Dentalassistentin bei Dr. med. B.________ habe nicht angemessen Rücksicht auf ihre bisherige Tätigkeit als Prophylaxeassistentin genommen, weshalb sie gemäss Art. 16 Abs. 2 lit. b AVIG unzumutbar gewesen sei. Die Beschwerdegegnerin habe es nachvollziehbar vorgezogen, sich auf Stellen in ihrem bisherigen Berufszweig als Dentalhygienikerin/Prophylaxeassistentin zu bewerben. Angesichts dessen, dass sie bereits im September und Oktober 2019 Bewerbungsgespräche in Praxen in Chur geführt habe und ihr von ihrem ehemaligen Arbeitgeber eine Anstellung zu 80 % ab Frühjahr 2020 in Aussicht gestellt worden sei, sei davon auszugehen, dass in ihrem Berufszweig kein Stellenmangel bestanden habe. Die der Beschwerdegegnerin vom RAV zugewiesene Stelle als Dentalassistentin sei somit - insbesondere in der zweiten Woche bzw. im ersten Monat ihrer Arbeitslosigkeit - von der Annahmepflicht ausgenommen gewesen. Folglich sei die Stelle für sie unzumutbar gewesen, weshalb die Einstellung in der Anspruchsberechtigung unrechtmässig sei. 
 
4.  
Soweit sich die Parteien vor Bundesgericht erstmals auf die im Internet frei zugänglichen Informationen der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft über die Berufe der Dentalassistentin, der Prophylaxeassistentin und der Dentalhygienikerin berufen, ist dies im Lichte von Art. 99 Abs. 1 BGG zulässig (nicht publ. E. 2.3 des Urteils BGE 136 V 395, veröffentlicht in SVR 2011 KV Nr. 5 S. 20; Urteil 8C_446/2019 vom 22. Oktober 2019 E. 5.2.2). 
 
5.  
 
5.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, ein Verlust oder eine Minderung von beruflichen Qualifikationen finde durch den - im Übrigen nur einen Überbrückungscharakter aufweisenden - Einsatz einer Prophylaxeassistentin als Dentalassistentin nicht statt, zumal die Ausbildung zur Prophylaxeassistentin eine Weiterbildungsmöglichkeit bzw. eine Spezialisierung nach der dreijährigen Berufslehre als Dentalassistentin oder der zweijährigen Lehre als zahnmedizinische Assistentin darstelle. Vielmehr werde dadurch immerhin und insbesondere die Aufgabe der zahnhygienischen und -medizinischen Versorgung der Patienten geübt und erhalten. Fraglich seien auch die Ausführungen der Vorinstanz, wonach die Tätigkeit als Prophylaxeassistentin vergleichbar sei mit derjenigen als Dentalhygienikerin, sich jedoch stark von jener als Dentalassistentin unterscheide. Denn auf der Internetseite der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft ( www.sso.ch) werde ausgeführt, eine Prophylaxeassistentin habe die Möglichkeit, teilweise als solche und teilweise als Dentalassistentin zu arbeiten. Der Beruf der Dentalhygienikerin gehöre hingegen in die Kategorie der medizinisch-therapeutischen Berufe und erfordere eine dreijährige Ausbildung, währenddem die Ausbildung zur Prophylaxeassistentin höchstens 18 Monate dauere.  
 
5.2. Die Beschwerdegegnerin vertritt gestützt auf die Auszüge der Beschriebe der Berufe der Dentalassistentin, der Prophylaxeassistentin und der Dentalhygienikerin auf der Homepage der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft, www.sso.ch, die Auffassung der Vorinstanz, wonach die Tätigkeit als Prophylaxeassistentin vergleichbar mit derjenigen einer Dentalhygienikerin sei, sich aber sehr stark von jener einer Dentalassistentin unterscheide.  
 
5.3. Das SECO bringt im Wesentlichen vor, die Beschwerdegegnerin führe die Tätigkeitsfelder der Dentalassistentin, der Prophylaxeassistentin und der Dentalhygienikerin zutreffend aus. Gestützt auf eine Analyse der Ausbildungsbeschreibungen zur Prophylaxeassistentin und zur Dentalhygienikerin, das Reglement über den Einsatz der Dentalhygienikerin HF/des Dentalhygienikers HF sowie die Beschreibung des Berufsalltags einer Prophylaxeassistentin (abrufbar auf der Internetseite der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft, www.sso.ch) kam das SECO jedoch zum Schluss, entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin sei die Tätigkeit einer Prophylaxeassistentin viel enger mit der Tätigkeit einer Dentalassistentin als mit derjenigen einer Dentalhygienikerin verwandt und nehme sehr wohl auf die Fähigkeiten der Beschwerdegegnerin Rücksicht. Es sei eher unwahrscheinlich, dass die der Beschwerdegegnerin vermittelte Stelle als Dentalassistentin "ausserhalb des bisherigen Tätigkeitsfeldes/Berufszweiges" liege  
 
6.  
 
6.1. Die Arbeit als Dentalassistentin liegt zweifellos im bisherigen Tätigkeitsfeld/Berufszweig der Beschwerdegegnerin (vgl. auch AVIG-Praxis ALE B286; E. 7.2.2 hiernach). Denn die von ihr zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Prophylaxeassistentin stellt eine Weiterbildungsmöglichkeit bzw. eine Spezialisierung nach der dreijährigen Berufslehre als Dentalassistentin oder der zweijährigen Lehre als zahnmedizinische Assistentin dar. Zudem hat die Prophylaxeassistentin die Möglichkeit, teilweise als solche und teilweise als Dentalassistentin tätig zu sein.  
 
Dem SECO folgend kann jedenfalls nicht gesagt werden, die Stelle als Dentalassistentin entspreche nicht den Fähigkeiten der Beschwerdegegnerin. Denn sie hat die Ausbildung als Dentalassistentin erfolgreich absolviert und in diesem Beruf von 1995 bis 2001 gearbeitet. Dass sie über ihre Berufslehre hinaus eine Zusatzqualifikation als Prophylaxeassistentin hat und als solche zuletzt von 2011 bis 2019 tätig war, führt unter den gegeben Umständen nicht zur Bejahung des Unzumutbarkeitsgrundes der nicht angemessenen Rücksichtnahme auf ihre Fähigkeiten oder auf ihre bisherige Tätigkeit. Denn ein Verlust oder eine Verminderung der beruflichen Qualifikation findet durch den Einsatz einer Prophylaxeassistentin als Dentalassistentin nicht statt (vgl. E. 2.2 hiervor; siehe auch Urteil C 65/06 vom 27. April 2006 E. 3.3). 
 
6.2. Soweit die Vorinstanz erwog, die Beschwerdegegnerin habe es nachvollziehbar vorgezogen, sich auf Stellen in ihrem bisherigen Berufszweig als Dentalhygienikerin/Prophylaxeassistentin zu bewerben, ist dies insofern offensichtlich unrichtig, als die Beschwerdegegnerin die dreijährige Ausbildung zur Dentalhygienikerin gar nicht absolviert hat.  
 
7.  
Die Beschwerdegegnerin vermag die Darlegungen des Beschwerdeführers und des SECO betreffend die Aufgaben in den Berufen der Dentalassistentin, Prophylaxeassistentin und Dentalhygienikerin nicht zu entkräften. Soweit sie sich diesbezüglich mit Eingabe vom 2. September 2021 auf die Stellungnahme des Dr. med. dent. E.________, Praxis für Zahnmedizin, Dentalhygiene & Kieferorthopädie, D.________, vom 1. September 2021 beruft, ist dies unbehelflich. Denn bei dieser Stellungnahme handelt es sich, da erst nach dem angefochtenen Gerichtsurteil vom 12. Januar 2021 entstanden, um ein unzulässiges echtes Novum (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 139 III 120 E. 3.1.2; Urteil 8C_19/2021 vom 27. April 2021 E. 5). Die darauf basierenden Ausführungen der Beschwerdegegnerin sind somit unbeachtlich. 
 
7.1.  
 
7.1.1. Die Beschwerdegegnerin macht geltend, es sei unzumutbar gewesen, von ihr zu verlangen, dass sie in der ersten Woche ihrer Arbeitslosigkeit und beim ersten Stellenvorschlag des RAV im Rahmen des ersten Beratungsgesprächs eine Anstellung als Dentalassistentin und damit ausserhalb ihrer bisherigen Tätigkeit und ihrer Ausbildung als Prophylaxeassistentin annehme. Dies müsse umso mehr gelten, als in ihrem Tätigkeitsbereich als Prophylaxeassistentin kein Stellenmangel bestanden habe und sie Anfang 2020 Aussicht auf eine Anstellung als Prophylaxeassistentin im Zahnarztzentrum in U.________ und/oder bei Dr. med. dent. E.________ gehabt habe. Damit beruft sich die Beschwerdegegnerin auf BGE 139 V 524 E. 2.1.3 und AVIG-Praxis ALE B286.  
 
7.1.2. Gemäss BGE 139 V 524 E. 2.1.3 dürfen spezielle Berufe mit einem kleinen Stellenangebot nicht von Anfang an vom Versicherungsschutz ausgeschlossen werden. Vielmehr ist auch Arbeitnehmenden mit solchen Berufen bei Eintritt der Arbeitslosigkeit zunächst die Gelegenheit einzuräumen, Tätigkeiten im erlernten Beruf oder in der bisherigen Tätigkeit zu suchen. Bei längerer Dauer der Arbeitslosigkeit besteht innerhalb der Schranken von Art. 16 Abs. 2 lit. b und d AVIG für die Annahme einer ausserberuflichen Tätigkeit indessen eine erhöhte Pflicht. Ab wann und in welchem Ausmass der Verzicht auf ausserberufliche Arbeitsbemühungen arbeitslosen Personen unter dem Gesichtspunkt der Schadenminderungspflicht zum Vorwurf gemacht werden kann, beurteilt sich auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalls, so etwa in Berücksichtigung der auf dem Arbeitsmarkt für die bisherige Tätigkeit vorhandenen Stellenangebote.  
 
Gemäss AVIG-Praxis ALE B286 ist die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die bisherige Tätigkeit der versicherten Person beschränkt. Sie äussert sich dadurch, dass es der versicherten Person bei ihren persönlichen Arbeitsbemühungen grundsätzlich erlaubt ist, sich zunächst in ihrem bisherigen Berufszweig oder Tätigkeitsbereich umzusehen. Voraussetzung ist jedoch, dass in diesem Berufs- oder Tätigkeitsbereich überhaupt Stellenangebote vorhanden sind. Wenn im bisherigen Berufszweig kein Stellenmangel besteht, hat die Rücksichtnahme längere Zeit zu dauern. 
 
7.1.3. Unbesehen davon, ob im Beruf der Prophylaxeassistentin ein kleines Stellenangebot bestand oder nicht, kann die Beschwerdegegnerin weder aus BGE 139 V 524 E. 2.1.3 noch aus AVIG-Praxis ALE B286 etwas zu ihren Gunsten ableiten. Denn die ihr zugewiesene Stelle als Dentalassistentin betraf ihren erlernten Beruf bzw. ihren bisherigen Berufszweig und war ihr damit zumutbar (vgl. E. 6.1 hiervor).  
 
7.2. Die Beschwerdegegnerin wendet weiter ein, seit 20 Jahren habe sie nunmehr als Prophylaxeassistentin und nicht mehr als Dentalassistentin bzw. zahnmedizinische Assistentin gearbeitet. Dieser Einwand ist nicht einschlägig angesichts des Umstands, dass die Ausbildung als Dentalassistentin bzw. als zahnmedizinische Assistentin Grundlage für die Weiterbildung bzw. Spezialisierung zur Prophylaxeassistentin ist. Folglich kann nicht gesagt werden, die Beschwerdegegnerin wäre durch die Tätigkeit als Dentalassistentin überfordert gewesen (vgl. E. 2.2 hiervor). Dies macht sie denn auch nicht geltend.  
 
7.3. Die Beschwerdegegnerin bringt vor, Dr. med. dent. B.________ habe in der Zahnarztbranche einen schlechten Ruf. Sie hätte somit künftig damit zu kämpfen gehabt, in einer solchen Praxis gearbeitet zu haben. Es sei bekannt, dass das Personal in dieser Praxis sehr oft wechsle. Weiter werde dieser Praxis nachgesagt, zahnmedizinisch nicht einwandfrei zu arbeiten. Es würden keine praxisinterne professionelle Dentalhygiene oder Prophylaxesitzungen durch eine Dentalhygienikerin oder Prophylaxeassistentin angeboten, was absolut nicht mehr dem heutigen Standard an eine moderne und professionelle Zahnarztpraxis entspreche. Schliesslich biete Dr. med. dent. B.________ Ohrakupunktur an, was im Rahmen einer professionellen Zahnarztpraxis sehr fragwürdig anmute.  
 
Dass Dr. med. dent. B.________ einen schlechten Ruf hätte, ist nicht belegt. Inwiefern die von der Beschwerdegegnerin weiter beanstandeten Punkte der Arbeitsweise der Zahnärtin ihr späteres berufliches Fortkommen behindert hätten, ist nicht ersichtlich. 
 
8.  
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, indem es die der Beschwerdegegnerin die ihr vom RAV zugewiesene Stelle als Dentalassistentin nach Art. 16 Abs. 2 lit. b AVIG als unzumutbar erachtete. 
 
9.  
Die Vorinstanz hat sich lediglich zur Zumutbarkeit der zugewiesenen Stelle im Sinne von Art. 16 Abs. 2 lit. b AVIG, nicht aber zu den weiteren Einwänden der Beschwerdegegnerin betreffend die Verletzung von Art. 16 Abs. 2 lit. d und i AVIG sowie die Dauer der Einstellung geäussert. Somit ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie diese Punkte beurteile und danach über die Beschwerde neu entscheide. 
 
10.  
Die Rückweisung der Sache an das kantonale Gericht zur erneuten Abklärung (mit noch offenem Ausgang) gilt praxisgemäss für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten als volles Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG (BGE 132 V 215 E. 6.1; Urteil 8C_681/2020 vom 23. Juli 2021 E. 6). Die Gerichtskosten werden daher der unterliegenden Beschwerdegegnerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Amt hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 12. Januar 2021 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 17. November 2021 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar