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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_119/2014 {T 0/2}  
   
   
 
 
 
Urteil vom 18. Juni 2014  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kernen, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, Parrino, 
Gerichtsschreiber Schmutz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Gesundheits- und Sozialdepartement  
des Kantons Luzern, Dienststelle Gesundheit, Meyerstrasse 20, 6003 Luzern, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Universitätsspital Basel,  
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Krankenversicherung (ausserkantonale Behandlung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 3. Abteilung, vom 22. Januar 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der bei der INTRAS Versicherungen obligatorisch krankenpflegeversicherte B.________ brach am 3. Januar 2007 frühmorgens zu Hause in U._________/LU zusammen. Der Rettungsdienst reanimierte ihn vor Ort und brachte ihn zur weiteren Abklärung und Behandlung in das nächstgelegene Regionalspital Langenthal (nachfolgend: SRO AG). Dort wurde ein akuter Herzinfarkt diagnostiziert und die Indikation zur sofortigen perkutanen transluminalen Angioplastie (Herzkranzgefäss-Erweiterung) gestellt. Die SRO AG nahm solche Eingriffe nicht vor. Aufgrund fehlender Kapazitäten im Inselspital Bern fand eine Verlegung ins Universitätsspital Basel statt. Dort war er bis am 8. Januar 2007 in der Universitätsklinik für Intensivmedizin hospitalisiert. Danach wurde er zur Nachbehandlung ins Spital Sursee verlegt. 
 
Am 11. Januar 2007 stellte die Universitätsklinik Basel ein Gesuch um Kostengutsprache für die notfallmässige Hospitalisation. Diese lehnte die Luzerner Kantonsärztin am gleichen Tag mit der Begründung ab, dass die Behandlung im Kantonsspital Luzern hätte durchgeführt werden können. Mit der gleichen Begründung lehnte sie zwei Wiedererwägungsgesuche ab. Daran hielt das Gesundheits- und Sozialdepartement des Kantons Luzern mit Entscheid vom 27. Juli 2012 fest. 
 
B.   
Das Universitätsspital Basel erhob dagegen Beschwerde mit dem Antrag, der Kanton Luzern sei zur Zahlung von Fr. 47'274.35 zuzüglich 5 % Zins seit dem 17. März 2010 zu verpflichten. Mit Entscheid vom 22. Januar 2014 hiess das Kantonsgericht Luzern die Beschwerde in dem Sinne gut, dass der Entscheid vom 27. Juli 2012 aufgehoben und der Kanton Luzern verpflichtet wurde, für die ausserkantonale Behandlung von B.________ einen Beitrag an das Universitätsspital Basel zu leisten. Die Sache wurde an das Gesundheits- und Sozialdepartement des Kantons Luzern zurückgewiesen, damit es über die Höhe des vom Kanton zu leistenden Kostenbeitrags an die stationäre Behandlung im Universitätsspital Basel neu verfüge. 
 
C.   
Der Kanton Luzern führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben. Es sei festzustellen, dass der Kanton Luzern keinen Beitrag an das Universitätsspital Basel für die ausserkantonale Behandlung von B.________ zu leisten habe. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. 
Die Vorinstanz und das Universitätsspital Basel beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Beim angefochtenen vorinstanzlichen Entscheid handelt es sich aufgrund der dispositivmässigen Verpflichtung des Kantons Luzern zur Bezifferung der Zahlung und zu neuer Verfügung um einen Rückweisungsentscheid und damit um einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG. Die in solchen Fällen für eine selbstständige Anfechtung erforderliche Voraussetzung des nicht wieder gutzumachenden Nachteils im Sinne von lit. a der genannten Bestimmung ist erfüllt, da der Beschwerdeführer gezwungen würde, entgegen seiner Rechtsauffassung eine neue Verfügung zu erlassen (BGE 133 V 477 E. 5.2 S. 483; Urteil 8C_79/2010 vom 24. September 2010 E. 2, nicht publ. in: BGE 136 V 346; Urteil 8C_682/2007 vom 30. Juli 2008 E. 1, nicht publ. in: BGE 134 V 392). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten. 
 
2.   
Die Kostenübernahme bei stationärer Behandlung im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ist in Art. 41 KVG geregelt. Vorliegend ist die Norm noch anwendbar in der Formulierung vor Inkrafttreten der Neufassung gemäss Ziff. I des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 2007 (Spitalfinanzierung) auf den 1. Januar 2009 (AS 2008 2049 2057; BBl 2004 5551) : Der Versicherer muss die Kosten höchstens nach dem Tarif übernehmen, der im Wohnkanton der versicherten Person gilt (Abs. 1 dritter Satz). Beanspruchen Versicherte aus medizinischen Gründen einen anderen Leistungserbringer, so richtet sich die Kostenübernahme nach dem Tarif, der für diesen Leistungserbringer gilt (Abs. 2). Medizinische Gründe liegen bei einem Notfall vor oder wenn die erforderlichen Leistungen im Wohnkanton oder in einem auf der Spitalliste des Wohnkantons nach Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe e KVG aufgeführten ausserkantonalen Spital nicht angeboten werden (Abs. 2 lit. b). Beansprucht die versicherte Person aus medizinischen Gründen die Dienste eines ausserhalb ihres Wohnkantons befindlichen öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals, so übernimmt der Wohnkanton die Differenz zwischen den in Rechnung gestellten Kosten und den Tarifen des betreffenden Spitals für Einwohner und Einwohnerinnen des Kantons (Abs. 3 erster Satz; Ausgleichs- oder Differenzzahlungspflicht: BGE 130 V 218, 123 V 290 und 310). In diesem Fall gilt das Rückgriffsrecht nach Artikel 72 ATSG sinngemäss für den Wohnkanton. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten (Abs. 3 zweiter und dritter Satz). 
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer weist darauf hin, das Luzerner Kantonsspital wäre in der fraglichen Nacht ohne Weiteres in der Lage gewesen, die notwendige Behandlung zu erbringen. Die Flugdistanz ab Langenthal sei nach Luzern und Basel identisch. Auch der Umstand von zeitraubenden Abklärungen könne kein Argument für die Unangemessenheit einer Verlegung in den Kanton Luzern sein, da solche auch mit dem Universitätsspital Basel nötig gewesen seien.  
 
3.2. Der Beschwerdegegner erklärt, es sei ihm nicht möglich, zu überprüfen, ob die erforderliche Behandlung auch im Kantonsspital Luzern hätte erbracht werden können. Dies sei im vorliegenden Fall jedoch nicht relevant, da ein Spital sich auf die Einschätzung der überweisenden Stelle müsse verlassen können. Auch könne er bei Einlieferung eines ausserkantonalen Patienten nicht überprüfen, ob die Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung des Patienten korrekt wahrgenommen worden sei oder nicht. In Basel würde sie aber sowieso zu spät erfolgen und wäre ohne Relevanz. Der Patient sei erst am 8. Januar 2007 zur Verlegung fähig gewesen.  
 
3.3. Die Vorinstanz hält in der Vernehmlassung fest, es gehe vorliegend um eine Forderung des Universitätsspitals Basel gegen den Kanton Luzern, welche mit Verfügung des kantonalen Gesundheits- und Sozialdepartements abgewiesen worden sei. Das Regionalspital Langenthal sei nicht am Recht gelegen, weshalb nicht darüber habe befunden werden müssen, ob dieses richtig oder falsch gehandelt habe, als es den Patienten nach Basel überwies. Das Universitätsspital Basel habe den Patienten als Notfall eingeliefert bekommen und als Notfall behandelt, weshalb im konkreten Fall die Rechtsbeziehung zwischen dem Universitätsspital Basel und dem Wohnkanton des Patienten zu beurteilen sei.  
 
4.   
Streitig und zu prüfen ist allein, ob im Verhältnis der am Recht stehenden Parteien ein Notfall anzunehmen ist, was bejahendenfalls die Leistungspflicht des Beschwerdeführers gegenüber dem Beschwerdegegner begründet. Nach Auskunft der SRO AG vom 26. September 2012 wurde der Patient mit der Diagnose eines akuten Herzinfarktes wegen Kapazitätsengpässen im angestammten Zentrumsspital (Inselspital Bern) mit der REGA ins nächstgelegene Universitätsspital verlegt. Ein Grund für die Verlegung an eine Universitätsklinik soll die mögliche Notwendigkeit eines notfallmässigen herzchirurgischen Eingriffs gewesen sein. Ob dies der Fall war, ist vorliegend nicht von Relevanz. Denn es geht alleine um das Rechtsverhältnis zwischen der Universitätsklinik Basel und dem Wohnsitzkanton Luzern des notfallmässig ausserkantonal Behandelten. Bei einem Sachverhalt wie dem hier zu beurteilenden muss sich das Spital auf die Einschätzung der überweisenden Stelle verlassen können. Beansprucht demnach die versicherte Person aus medizinischen Gründen die Dienste eines ausserhalb ihres Wohnkantons befindlichen öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals, so übernimmt der Wohnkanton die Differenz zwischen den in Rechnung gestellten Kosten und den Tarifen des betreffenden Spitals für Kantonseinwohner. In diesem Fall gilt das Rückgriffsrecht nach Artikel 72 ATSG sinngemäss für den Wohnkanton. Der Bundesrat hat von seiner Befugnis nach Art. 41 Abs. 3 letzter Satz KVG zur Regelung der Einzelheiten keinen Gebrauch gemacht ( EUGSTER, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum KVG, N. 29 zu Art. 41 aKVG; BGE 130 V 215 E. 1.1.2 S. 218). Der Wohnsitzkanton Luzern hat darum gemäss Art. 41 Abs. 3 aKVG seine Leistung zu erbringen. Es ist dann an ihm, allenfalls gegenüber einem Dritten Regress zu nehmen. Da der Eventualantrag auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung nicht begründet wird, ist er nicht zu prüfen. 
 
5.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 65 Abs. 4 lit. a i.V. mit Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 18. Juni 2014 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kernen 
 
Der Gerichtsschreiber: Schmutz