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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_640/2017  
 
 
Urteil vom 19. Januar 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
 A.________, vertreten durch Advokat Andreas Fischer, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 14. Juni 2017 (UV.2017.7). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren 1960, war seit 1. Januar 1990 beim Unternehmen B.________ als Rohrnetzmonteur angestellt und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (nachfolgend: Suva) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 5. Mai 2016 bremste er seinen Wagen ab, um eine Fussgängerin die Strasse überqueren zu lassen, worauf ein anderes Auto auf seines auffuhr; es wurden Polizei und Krankenwagen aufgeboten, A.________ begab sich jedoch gemäss Unfallmeldung selbständig in seine Wohnung und suchte infolge mittlerweile aufgetretener Schmerzen am 9. Mai 2016 einen Arzt auf. Am 18. Mai 2016 diagnostizierte Dr. med. C.________, Radiologie D.________, eine grössere transtendinöse Ruptur der ventralen Supraspinatussehne. Die Suva erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Nach anfänglich voller Arbeitsunfähigkeit nahm A.________ am 6. Juni 2016 seine Arbeit zu 50 % auf. Wegen persistierender Schmerzen erfolgten weitere Abklärungen. Gestützt auf den Bericht des Dr. med. E.________, Klinik F.________, Radiologie, Klinik für Orthopädie und Chirurgie, vom 12. Juni 2016 diagnostizierte Dr. med. G.________, Facharzt für orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, am 13. Juni 2016 eine vollständige Ruptur der Supraspinatussehne und large Bizepssehne Schulter rechts. Gemäss Telefon vom 13. Juni 2016 informierte die Suva A.________, die Unfallkausalität der Operation werde geprüft. Am 16. Juni 2016 teilte sie der Klinik F.________ schriftlich mit, sie könne im Moment noch nicht Stellung nehmen zum geplanten Eintritt vom 4. Juli 2016. Am 4. Juli 2016 liess A.________ durch Dr. med. G.________ den Eingriff vornehmen. Mit Verfügung vom 8. Juli 2016 lehnte die Suva die Übernahme der Operation vom 4. Juli 2016 sowie weiterer Kosten ab dem Operationsdatum ab. Auf Einsprache von A.________ und seiner Krankenkasse hin bestätigte sie dies mit Einspracheentscheid vom 4. Januar 2017. 
 
B.   
Mit Entscheid vom 14. Juni 2017 hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt die dagegen von A.________ eingereichte Beschwerde gut, hob den Einspracheentscheid vom 4. Januar 2017 auf und verpflichtete die Suva zur Erbringung weiterer Leistungen. 
 
C.   
Die Suva führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und der Einspracheentscheid vom 4. Januar 2017 zu bestätigen. Eventualiter sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die Sache zur Einholung eines Gerichtsgutachtens an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die Vorinstanz beantragt die Abweisung der Beschwerde. A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.   
Streitig ist, ob die Vorinstanz zu Recht die Erbringung von Leistungen über den 4. Juli 2016 hinaus, d.h. in Zusammenhang mit der Rotatorenmanschettenruptur, anordnete. 
 
3.   
Die Vorinstanz hat die massgebenden Bestimmungen und Grundsätze über das anwendbare Recht (BGE 141 V 657 E. 3.5.1 S. 661; Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des UVG vom 25. September 2015, AS 2016 4375, 4387) und die Leistungsvoraussetzung des natürlichen Kausalzusammenhangs (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für die allgemeinen beweisrechtlichen Anforderungen an einen ärztlichen Bericht (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352), speziell bei versicherungsinternen Ärzten (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 469). Darauf wird verwiesen. 
 
4.   
Die Vorinstanz hat die massgebenden Berichte in ihrer Erwägung 3.2 zutreffend wiedergegeben. Dabei handelt es sich namentlich um das Attest des Dr. med. H.________, Facharzt für Allgemeine Medizin, vom 9. Mai 2016, den Bericht des Dr. med. I.________, Facharzt für Innere Medizin, vom 13. Mai 2016, des Dr. med. C.________ vom 18. Mai 2016, des Dr. med. E.________ vom 12. Juni 2016 und des Dr. med. G.________ vom 13. Juni 2016, vom 4. Juli 2016 und vom 19. Juli 2016. Dasselbe gilt für die Berichte des Dr. med. J.________, Facharzt für Chirurgie, Kreisarzt, Suva, vom 4. Juli 2016 und vom 21. Juli 2016, des Dr. med. K.________, Facharzt für Chirurgie, Kreisarzt, Suva, vom 28. September 2016 sowie die biomechanische Kurzbeurteilung vom 22. August 2016 durch PD Dr. sc. techn. L.________, Dr. sc. techn. M.________ und Frau Dr. med. N.________, Fachärztin für Rechtsmedizin, Gutachterstelle O.________. 
Anzufügen bleibt, dass Dr. med. H.________ im Bericht vom 16. Juni 2016 zur Erstbehandlung vom 9. Mai 2016 festhielt, der Versicherte habe nach dem Unfall zunehmende Schmerzen in der rechten Schulter verspürt; er diagnostizierte eine Kontusion der rechten Schulter mit Zeichen der Irritation der Rotatorenmanschette und führte die Beschwerden auf den Unfall vom 5. Mai 2016 zurück. Ebenso hatte der Versicherte bereits anlässlich der polizeilichen Befragung am Unfalltag angegeben, er verspüre Schmerzen in der rechten Schulter und werde bei deren Persistenz seinen Arzt aufsuchen. 
 
5.  
 
5.1. Unter den beteiligten Ärzten besteht Einigkeit, dass die diagnostizierten Schäden am Labrum sowie die Partialläsion der Infraspinatussehne und die AC-Gelenksarthrose nicht unfallbedingt sind resp. sich bei weiteren Untersuchungen die Läsion der Subscapularissehne nicht bestätigte (vgl. Bericht des Dr. med. G.________ vom 19. Juli 2016). Strittig ist jedoch die Unfallkausalität der Ruptur der Supraspinatussehne.  
 
5.2. Die Äusserung des Vertrauensarztes der Krankenkasse vom 11. August 2016 ist unbeachtlich, da weder dessen Name noch fachliche Qualifikation ersichtlich sind.  
 
5.3. Entgegen den Ausführungen des Kreisarztes J.________ fand die Erstbehandlung nicht erst am 13. Mai 2016 bei Dr. med. I.________, sondern bereits am 9. Mai 2016 bei Dr. med. H.________ statt, der zunehmende Schmerzen in der rechten Schulter festhielt und diese in Zusammenhang mit der Rotatorenmanschette stellte ("contusione spalla destra con segni di importante irritazione della cuffia dei rotatori"). Auch gab der Versicherte am Unfalltag gegenüber dem ihn befragenden Polizisten entsprechende Schmerzen an. Insofern vermag das Argument dieses Kreisarztes, es seien zwischen Unfall und Erstbehandlung "annähernd zwei Wochen" verstrichen, nicht zu verfangen. Kreisarzt K.________ argumentiert ebenfalls mit der zeitlichen Verzögerung, auch wenn er die Angaben des Dr. med. H.________ berücksichtigt. Allerdings führt er noch weitere Kriterien an, welche eine Unfallkausalität ausschliessen würden. So ist nach seiner Ansicht der Unfallhergang nicht geeignet, eine Ruptur der Rotatorenmanschette zu verursachen. Ebenso sprächen die radiologischen Befunde eher für eine degenerative Ursache (fehlender Gelenkerguss resp. fehlende Blutung, fehlender Sehnenstumpf sowie vorliegende Retraktion, die mehrere Wochen zur Ausbildung benötige).  
 
5.4. Soweit die Vorinstanz auf die Einschätzung des behandelnden Dr. med. G.________ abstellt, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Einwände des Kreisarztes K.________ erwecken Zweifel an der Beurteilung durch Dr. med. G.________. Zudem läuft die Argumentation des Dr. med. G.________ teilweise auf einen unzulässigen "post hoc ergo propter hoc"-Schluss hinaus (im Sinne von "nach dem Unfall, also wegen des Unfalls"; BGE 119 V 335 E. 2b/bb S. 341; SVR 2008 UV Nr. 11 S. 34 E. 4.2.3, U 290/06; vgl. auch Urteil 8C_260/2016 vom 13. Juli 2016 E. 5.2). Auch stehen seine Aussagen über den konkreten Unfallmechanismus im Gegensatz zu jenen der Experten der Gutachterstelle O.________ und es ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, dass der Versicherte beim Unfallhergang eine derart grosse Krafteinwirkung auf die rechte Schulter erfuhr, wie sie Dr. med. G.________ voraussetzt. Weiter führt die Suva vor Bundesgericht zu Recht an, die Einschätzung des Kreisarztes K.________ sei in Kenntnis der gesamten Akten erfolgt; dies trifft auf diejenige des Dr. med. G.________ - soweit ersichtlich - nicht zu. Ebenfalls zu Recht weist die Suva darauf hin, dass im Streitfall eine direkte Leistungszusprechung gestützt auf die Angaben behandelnder Ärzte kaum je in Frage kommt (BGE 135 V 465 E. 4.5 S. 470).  
 
5.5. Da sowohl Bedenken bezüglich der Einschätzung durch die Kreisärzte als auch durch den behandelnden Arzt, Dr. med. G.________, bestehen, genügen deren Berichte nicht als Grundlage zur Prüfung des Leistungsanspruchs. Immerhin vermag Dr. med. G.________ seinerseits Zweifel an den versicherungsinternen Beurteilungen zu wecken, weshalb Verwaltung und Vorinstanz nach der Rechtsprechung (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 469) gehalten gewesen wären, ein externes Gutachten zu dieser Frage in Auftrag zu geben. Die Sache ist deshalb zur Einholung eines externen Gutachtens und zu neuer Beurteilung an die Suva zurückzuweisen.  
 
6.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Versicherte hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Suva hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
  
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 14. Juni 2017 und der Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) vom 4. Januar 2017 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die Suva zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 19. Januar 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold