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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_622/2017  
 
 
Urteil vom 19. Februar 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Haag, 
Gerichtsschreiber Fellmann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Luzi Stamm, 
 
gegen  
 
Kantonales Amt für Gesundheit und Soziales, 
Regierungsrat des Kantons Schwyz, 
 
B.________. 
 
Gegenstand 
Entbindung von der beruflichen Schweigepflicht, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz, Kammer III, vom 29. Mai 2017 (III 2017 47). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Am 26. Juni 2013 hat die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Ausserschwyz eine Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung für A.________ (geb. 1927) angeordnet und ihr die Handlungsfähigkeit hinsichtlich des Einkommens und der Vermögenswerte entzogen.  
Am 14. Juni 2016 ging bei der KESB Ausserschwyz ein Antrag um Anpassung bzw. Aufhebung der für A.________ bestehenden Massnahmen ein. Daraufhin gab die KESB Ausserschwyz dem Sozialpsychiatrischen Dienst (SPD) D.________ bzw. Dr. med. B.________ den Auftrag, die Urteils- und Handlungsfähigkeit von A.________ abzuklären. 
 
1.2. In der Folge ersuchte Dr. med. B.________ das kantonale Amt für Gesundheit und Soziales um Entbindung von der beruflichen Schweigepflicht gegenüber der KESB Ausserschwyz. Mit Verfügung vom 21. September 2016 entband das Amt für Gesundheit und Soziales Dr. med. B.________ sowie die Fachpersonen der Spitex C.________, die A.________ betreuen, gegenüber der KESB Ausserschwyz von der beruflichen Schweigepflicht.  
Der Regierungsrat wies eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 7. Februar 2017 ab. Ein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Regierungsrats an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz blieb erfolglos (Entscheid vom 29. Mai 2017). 
 
1.3. A.________ gelangt mit Beschwerde vom 10. Juli 2017 an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des Urteils vom 29. Mai 2017.  
Während das Amt für Gesundheit und Soziales keine ergänzenden Bemerkungen einreicht und der Regierungsrat des Kantons Schwyz auf eine Vernehmlassung verzichtet, beantragt das Verwaltungsgericht die Abweisung der Beschwerde, soweit auf sie eingetreten werden kann. Dr. med. B.________ liess sich nicht vernehmen. 
A.________ reicht mit Eingabe vom 10. November 2017 eine Stellungnahme zu den eingeholten Vernehmlassungen ein. 
 
2.  
 
2.1. Die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde richtet sich gegen einen kantonal letztinstanzlichen, verfahrensabschliessenden Entscheid eines oberen Gerichts (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG), gegen den die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (Art. 82 lit. a, Art. 83 BGG). Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, ist durch den Entscheid direkt betroffen und verfügt über ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten. Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, erweist sich das Rechtsmittel jedoch als offensichtlich unbegründet, sodass es im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 109 Abs. 2 lit. a i.V.m. Abs. 3 BGG abzuweisen ist.  
 
2.2. Streitgegenstand bildet die Entbindung von Dr. med. B.________ und von Fachpersonen der Spitex C.________ von der beruflichen Schweigepflicht gegenüber der KESB Ausserschwyz. Die Erlaubnis zur Auskunftserteilung steht im Zusammenhang mit einem Abklärungsauftrag der KESB Ausserschwyz im Hinblick auf die Urteils- und Handlungsfähigkeit der Beschwerdeführerin.  
 
2.2.1. Die Erwachsenenschutzbehörde erforscht den Sachverhalt nach Art. 446 Abs. 1 ZGB von Amtes wegen. Sie kann eine geeignete Person oder Stelle mit Abklärungen beauftragen. Nötigenfalls ordnet sie das Gutachten einer sachverständigen Person an (Art. 446 Abs. 2 ZGB). Die am Verfahren beteiligten Personen und Dritte sind gemäss Art. 448 Abs. 1 ZGB zur Mitwirkung bei der Abklärung des Sachverhalts verpflichtet. Ärztinnen und Ärzte sowie ihre Hilfspersonen sind indes nur dann zur Mitwirkung verpflichtet, wenn die geheimnisberechtigte Person sie dazu ermächtigt hat oder die vorgesetzte Stelle sie auf Gesuch der Erwachsenenschutzbehörde vom Berufsgeheimnis entbunden hat (Art. 448 Abs. 2 ZGB). Gestützt auf Art. 321 Ziff. 2 StGB ebenfalls berechtigt, ein Gesuch um Entbindung vom Berufsgeheimnis zu stellen, sind Ärzte und ihre Hilfspersonen. Ein entsprechendes Gesuch von Gesundheitspersonen schliesst auch § 29 Abs. 2 des Gesundheitsgesetzes des Kantons Schwyz vom 16. Oktober 2002 (GesG, SRSZ 571.110) nicht aus. Für die Aufhebung des Geheimnisschutzes ist in jedem Fall eine Rechtsgüter- und Interessenabwägung vorzunehmen, wobei die Entbindung nur und nur soweit zu bewilligen ist, als dies zur Wahrung überwiegender privater oder öffentlicher Interessen notwendig ist bzw. die Interessen an der Entbindung klar überwiegen (vgl. Urteil 2C_215/2015 vom 16. Juni 2016 E. 5.1, nicht publ. in: BGE 142 II 256).  
 
2.2.2. Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, dass sie Frau Dr. med. B.________, die auch über Kenntnisse aus einem früheren Verfahren verfüge, als Gutachterin ablehne. Der entsprechende Auftrag der KESB Ausserschwyz sei noch nicht in Rechtskraft erwachsen. Entsprechend sei es "stossend, rechtswidrig und willkürlich", die Gutachterin "wahrscheinlich vorsorglich" von der beruflichen Schweigepflicht entbinden zu wollen, obwohl noch nicht klar sei, wer als begutachtende Person in Frage kommt.  
 
2.2.3. Nach der Darstellung der Beschwerdeführerin verfügt Dr. med. B.________ über Informationen zu ihrem Gesundheitszustand, die sie nicht erst im Zusammenhang mit dem nun hängigen Abklärungsverfahren der KESB erlangt hat. Hinzu kommt, dass mit dem angefochtenen Entscheid auch die Fachpersonen der Spitex C.________ von ihrer Verschwiegenheitspflicht entbunden wurden, die A.________ pflegen und betreuen (vgl. angefochtenes Urteil, E. 4.1 und Sachverhalt lit. A im Entscheid des Regierungsrats des Kantons Schwyz vom 7. Februar 2017 [Art. 105 Abs. 2 BGG]). Auch sie verfügen über Kenntnisse zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin, die sie ausserhalb des Abklärungsverfahrens der KESB erwarben. In diesem Umfang erweist sich eine Entbindung vom Berufsgeheimnis als erforderlich, wobei eine Interessenabwägung vorzunehmen ist (vgl. E. 2.2.1 hiervor). Die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin setzt sich im Rahmen ihrer Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG) aber nicht bzw. jedenfalls nicht rechtsgenüglich mit der Interessenabwägung der Vorinstanz auseinander. Diese ist auch nicht mit offensichtlichen Mängeln behaftet, sodass für das Bundesgericht im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 140 III 115 E. 2 S. 116) keine Veranlassung besteht, vom vorinstanzlichen Ergebnis abzuweichen.  
 
2.2.4. Sofern der Abklärungsauftrag an Dr. med. B.________ in Rechtskraft erwächst, wird sie in ihrer Funktion als Sachverständige im Sinne von Art. 446 Abs. 1 ZGB  zusätzlich zu ihren bisherigen Kenntnissen an weitere Informationen über den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin gelangen. Soweit sie in diesem Umfang im Verhältnis zur KESB vom Berufsgeheimnis entbunden werden muss, steht einer Entbindung bereits vor Rechtskraft des Abklärungsauftrags nichts entgegen. Entscheidend ist zunächst, dass die Interessenlage der Beschwerdeführerin in Bezug auf Informationen zu ihrer medizinischen Verfassung, die die sachverständige Person erst im Rahmen gutachterlicher Tätigkeit erlangt, unabhängig davon beurteilt werden kann, ob der Abklärungsauftrag bereits rechtskräftig ist. Für die Interessenabwägung im Zusammenhang mit der Entbindung von der beruflichen Schweigepflicht ist die Rechtskraft des Abklärungsauftrags zu unterstellen, was die Vorinstanz beachtete. Sodann entsteht für die Beschwerdeführerin kein Nachteil, wenn für den Fall der Rechtskraft des Abklärungsauftrags bereits vorgängig über die Entbindung von der beruflichen Schweigepflicht entschieden wird. Tätig wird die sachverständige Person erst gestützt auf den rechtskräftigen Abklärungsauftrag; bevor nicht feststeht, dass sie mit der Erstattung des Gutachtens betraut wird, nimmt sie folglich auch keine geheimnisgeschützten Informationen wahr, die sie an die KESB weitergeben könnte.  
Soweit die Entbindung vom Berufsgeheimnis für eine sachverständige Person notwendig ist, kann der Argumentation der Beschwerdeführerin auch aus einem weiteren Grund nicht gefolgt werden: Der Abklärungsauftrag und die Entbindung vom Berufsgeheimnis bedingen sich in diesem Fall gegenseitig; ebenso gut könnte argumentiert werden, dass ein Gutachten nicht zu verfügen ist, solange noch nicht feststeht, ob die damit zu betrauende Person auch tatsächlich vom Berufsgeheimnis entbunden wird. Es liegt aber auf der Hand, dass die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin das Abklärungsverfahren blockieren und den Zweck des Erwachsenenschutzverfahrens, das Wohl und den Schutz hilfsbedürftiger Personen sicherzustellen sowie die Selbstbestimmung der betroffenen Personen so weit wie möglich zu erhalten und zu fördern (Art. 360 ZGB), vereiteln würde. Folglich ist es nicht zu beanstanden, wenn über die Entbindung von Dr. med. B.________ vom Berufsgeheimnis bereits in einem Zeitpunkt entschieden wurde, in dem der Abklärungsauftrag noch nicht rechtskräftig war. 
 
2.2.5. Materiell äussert sich die Beschwerdeführerin auch im Hinblick auf jene Informationen nicht zur vorinstanzlichen Interessenabwägung, von denen Dr. med. B.________ erst im Zusammenhang mit dem Abklärungsauftrag Kenntnis erhalten wird. Auf die Interessenabwägung ist daher nicht weiter einzugehen, zumal offensichtliche Mängel bei der Feststellung und Gewichtung der verschiedenen Interessen durch die Vorinstanz auch diesbezüglich nicht ersichtlich sind (vgl. E. 2.2.3 hiervor).  
 
3.  
Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde abzuweisen. Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, und dem Eidgenössischen Departement des Innern schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Februar 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Fellmann