Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
8C_482/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 19. August 2015  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiber Grunder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
 vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Daniel P. Candrian, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Unfallbegriff; unfallähnliche Körperschädigung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 13. Mai 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ arbeitet seit Januar 1989 bei der B.________ AG und ist damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 14. März 2014 verspürte der Versicherte beim Heben einer schweren Bohrkernkiste einen akuten Schmerz in der rechten Schulter (vgl. Bagatell-Unfallmeldung UVG vom 8. April 2014 bzw. Schadenmeldung UVG vom 17. April 2014 der B.________ AG). Ein Arthro-MRI (magnetic resonance imaging) zeigte eine Ruptur der Supraspinatussehne sowie eine Partialruptur der Infraspinatussehne (Bericht der Zentrum C.________ AG, vom 28. März 2014). Am 6. Mai 2014 wurde im Spital D.________, unter anderem eine "Double ROW-Rekonstruktion der Supra- und Infraspinatussehne" durchgeführt (Bericht vom 7. Mai 2014). Dr. med. E.________, FMH für Allgemeinmedizin, gab im Bericht vom 14. Mai 2014 eine voraussichtlich acht bis zehn Wochen nach der Operation bestehende vollständige Arbeitsunfähigkeit an. Nach weiteren Abklärungen lehnte die SUVA mit Verfügung vom 20. August 2014 ihre Leistungspflicht ab, weil weder ein Unfall noch eine unfallähnliche Körperschädigung vorliege. Dieses Ergebnis bestätigte sie auf Einsprache hin mit Entscheid vom 10. November 2014. 
 
B.   
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit Entscheid vom 13. Mai 2015 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde lässt A.________ beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die SUVA zu verpflichten, die Leistungen gemäss UVG zu erbringen; eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zwecks Durchführung des im kantonalen Verfahren beantragten Beweisverfahrens. 
 
Das Bundesgericht führt keinen Schriftenwechsel durch. 
 
Erwägungen:  
 
 
1.  
 
1.1. Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Verletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). Diese Ausnahmeregelung kommt im Streit, ob für ein Unfallereignis Versicherungsdeckung besteht, ungeachtet dessen, dass von der Beurteilung der Streitfrage auch Ansprüche auf Geldleistungen der obligatorischen Unfallversicherung abhängen können, nicht zur Anwendung, weshalb das Bundesgericht die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen nur im Rahmen von Art. 105 Abs. 1 und 2 (in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1) BGG überprüft (BGE 135 V 412).  
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz hat die Rechtsgrundlagen bezüglich des Unfallbegriffs (Art. 4 ATSG) bzw. zur Leistungspflicht der Unfallversicherung bei Unfällen (Art. 6 Abs. 1 UVG) und bei unfallähnlichen Körperschädigungen (Art. 6 Abs. 2 UVG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 UVV), insbesondere die Rechtsprechung zum Merkmal des (ungewöhnlichen) äusseren Faktors im Allgemeinen (BGE 129 V 402 E. 2.1 S. 404; 118 V 283 ff. E. 2) und zum Erfordernis der besonders sinnfälligen Umstände bei Schädigungen, die sich auf das Körperinnere beschränken (BGE 99 V 138 E. 1), richtig dargelegt. Entsprechendes gilt hinsichtlich der vorinstanzlichen Erwägungen zur rechtsprechungsgemässen Bejahung eines (ungewöhnlichen) äusseren Faktors bei Vorliegen einer unkoordinierten Bewegung - d.h. einer Störung der körperlichen Bewegung durch etwas "Programmwidriges" wie Stolpern, Ausgleiten, Anstossen oder ein reflexartiges Abwehren eines Sturzes etc. (BGE 130 V 117 E. 2.1 S. 118; 129 V 466 E. 2.2 S. 467 und E. 4 S. 468 ff. mit Hinweisen; RKUV 2000 Nr. U 368 S. 100, U 335/98 E. 2d mit Hinweisen) - oder eines mit Blick auf die Konstitution und die berufliche oder ausserberufliche Gewöhnung des Versicherten ausserordentlichen Kraftaufwands (einer sinnfälligen Überanstrengung) beim Heben oder Verschieben einer Last (BGE 116 V 139 Erw. 3b mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.  
 
2.2. Zu wiederholen ist, dass das Gericht auf denjenigen Sachverhalt abzustellen hat, den es von allen möglichen Geschehensabläufen als den wahrscheinlichsten würdigt (BGE 121 V 45 E. 2a S. 47 mit Hinweis). Zu beachten ist die Beweismaxime, wonach die sogenannten spontanen "Aussagen der ersten Stunde" in der Regel unbefangener und zuverlässiger sind als spätere Schilderungen des Ereignisses, die bewusst oder unbewusst von Überlegungen versicherungsrechtlicher oder anderer Art beeinflusst sein können. Wenn die versicherte Person ihre Darstellung im Lauf der Zeit verändert, kommt den Angaben, die sie kurz nach dem geltend gemachten Unfall geäussert hat, meistens grösseres Gewicht zu als jenen, die sie nach einer Ablehnungsverfügung des Versicherers gemacht hat (BGE 121 V 45 E. 2b S. 47 mit Hinweisen). Dabei handelt es sich nicht um eine förmliche Beweisregel, sondern lediglich um eine im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu berücksichtigende Entscheidungshilfe; sie kann zudem nur dann zur Anwendung gelangen, wenn von zusätzlichen Beweismassnahmen keine neuen Erkenntnisse mehr zu erwarten sind (Urteil 8C_827/2007 vom 22. September 2009 E. 5).  
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht hat nach umfassender Darstellung der Akten festgestellt, dass sich die Schmerzen gemäss den kohärenten, schriftlich festgehaltenen und unterschriebenen Aussagen des Versicherten vom 5. Mai sowie 4. Juli 2014 "sofort beim Aufheben" bemerkbar machten, bzw. sie traten plötzlich auf, "nachdem [der Versicherte] ... zusammen mit einem Kollegen die Kiste auf die Ladefläche des Busses gehoben hatte." Im Gegensatz dazu machte er erstmals im Einspracheverfahren geltend, er habe auf abschüssigem, vom Regen feuchten Grasboden stehend die Bohrkernkiste zunächst allein angehoben, sei ausgerutscht und habe dabei einen stechenden Schmerz verspürt, worauf er die Last sofort fallengelassen habe. Die Vorinstanz hat dazu einlässlich dargelegt, weshalb zur Beurteilung des (ungewöhnlichen) äusseren Faktors auf die Angaben des Versicherten vom 5. Mai und 4. Juli 2014 abzustellen und daher das Vorliegen eines Unfalles bzw. einer unfallähnlichen Körperschädigung im Rechtssinne zu verneinen war.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer räumt ein, dass Prozessthema allein die Frage bildet, ob er beim geltend gemachten Ereignis vom 14. März 2014 ausgerutscht oder ausgeglitten sei. Er macht im Wesentlichen geltend, er habe bereits mit der Einsprachebegründung den mitarbeitenden Kollegen als Zeugen des Unfalles benannt, der jedoch weder im Verwaltungs- noch im kantonalen Gerichtsverfahren angehört worden sei. Dazu sei zumindest die Vorinstanz verpflichtet gewesen, nachdem er dieser eine den in der Einsprachebegründung geschilderten Sachverhalt bestätigende schriftliche Auskunft abgegeben habe. Überhaupt übersehe das kantonale Gericht, dass die Befragung des Versicherten nicht in der ersten Stunde, sondern fast zwei Monate nach dem fraglichen Ereignis durchgeführt worden sei; bei einer derart späten Befragung komme rechtsprechungsgemäss der Beweiskraft der Aussage der ersten Stunde nur noch untergeordnete Bedeutung zu.  
 
3.3. Der Beschwerdeführer übersieht mit seinen Einwänden, dass weder der am 17. März 2014 wegen der Schulterschmerzen rechts aufgesuchte Dr. med. E.________ (Bericht vom 14. Mai 2014) noch die Arbeitgeberin (Unfallmeldeformulare vom 8. und 17. April 2014) ein Ausrutschen oder Ausgleiten erwähnten. Etwas anderes ist auch den Protokollen der SUVA vom 5. Mai und 4. Juli 2014 nicht zu entnehmen. Sein Vorbringen, er sei erstmals im Einspracheverfahren anwaltlich vertreten worden und habe daher seine Rechtsansprüche davor nicht angemessen geltend machen können, verdeutlicht eindrücklich, dass der - im Übrigen erst in der Einsprachergänzung - neu geltend gemachte Unfallhergang nunmehr auf Überlegungen versicherungsrechtlicher Art beruhte. Der vorliegende Sachverhalt ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht mit demjenigen vergleichbar, der dem von ihm mehrfach angerufenen Urteil 8C_50/2012 vom 1. März 2012 E. 5.5 zugrunde lag. Danach präzisierte die versicherte Person auf Nachfrage der Unfallversicherung hin vor Erlass der Ablehnungsverfügung den Sachverhalt in einem zugestellten Fragebogen, was sie im Einspracheverfahren bestätigte. Jedenfalls bildet auch dieses Urteil keinen Grund, die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung als unrichtig oder unvollständig zu beurteilen. Das kantonale Gericht hat daher zu Recht in antizipierender Beweiswürdigung darauf verzichtet, den angerufenen Zeugen zum Ereignis vom 14. März 2014 persönlich zu befragen.  
 
3.4. Insgesamt betrachtet ist mit der Vorinstanz ausgewiesen, dass der Beschwerdeführer am 14. März 2014 weder einen Unfall noch eine unfallähnliche Körperschädigung im Rechtssinne erlitt.  
 
4.   
Der unterliegende Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens als unterliegende Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 19. August 2015 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Leuzinger 
 
Der Gerichtsschreiber: Grunder