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[AZA 0/2] 
6S.11/2002/pai 
 
KASSATIONSHOF 
************************* 
 
Sitzung vom 20. März 2002 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Schubarth, Präsident des Kassationshofes, 
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger und Gerichtsschreiber 
Weissenberger. 
 
_________ 
 
In Sachen 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Dieter Huber, Tramstrasse 77, Zürich, 
 
gegen 
Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, 
 
betreffend 
Art. 90 Ziff. 2 SVG (grobe Verletzung von Verkehrsregeln); (eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 30. November 2001), hat sich ergeben: 
 
 
A.- X.________ lenkte seinen Personenwagen am 23. Dezember 1999 gegen 05.00 Uhr auf der J15 in Richtung Thayngen. Bei der Ausfahrt Bibern/Hofen missachtete er beim Linksabbiegen das Vortrittsrecht eines von Thayngen her entgegenkommenden Fahrzeuglenkers, worauf es zu einer heftigen Kollision zwischen beiden Fahrzeugen kam. Beim Unfall erlitten beide Lenker Verletzungen. 
 
 
B.- Mit Strafbefehl des Verkehrsstrafamtes des Kantons Schaffhausen vom 21. März 2000 wurde X.________ der groben Verletzung von Verkehrsregeln schuldig gesprochen und zu 14 Tagen Gefängnis bedingt sowie einer Busse von Fr. 1'500.-- verurteilt. 
 
Auf Einsprache hin verurteilte die Einzelrichterin in Strafsachen des Kantonsgerichts Schaffhausen X.________ am 28. Juni 2000 wegen grober Verletzung von Verkehrsregeln zu 14 Tagen Gefängnis, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 1'500.--. 
 
Eine dagegen erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen am 3. November 2000 ab und bestätigte das Urteil des Kantonsgerichts im Schuld- und Strafpunkt. 
 
Das Bundesgericht hiess am 4. Juli 2001 eine staatsrechtliche Beschwerde von X.________ teilweise gut und erklärte die parallel erhobene Nichtigkeitsbeschwerde für gegenstandslos. 
C.- Mit Urteil vom 30. November 2001 hiess das Obergericht des Kantons Schaffhausen die Berufung von X.________ teilweise gut. Es sprach ihn der groben Verletzung von Verkehrsregeln nach Art. 90 Ziff. 2 SVG schuldig und verurteilte ihn in Anwendung von Art. 63 und 66bis StGB zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 10 Tagen und einer Busse von Fr. 1'500.--. 
 
D.- X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 30. November 2001 vollumfänglich aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zur Verurteilung nach Art. 90 Ziff. 1 SVG in Verbindung mit Art. 36 Abs. 3 SVG sowie Art. 14 Abs. 1 Satz 1 VRV und zur entsprechenden Neubeurteilung zurückzuweisen. 
 
Das Obergericht verzichtet unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil auf eine Stellungnahme. 
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen ersucht um Abweisung der Beschwerde. 
 
Das Bundesgericht hat mit Urteil vom heutigen Tag eine parallel eingereichte staatsrechtliche Beschwerde abgewiesen, soweit es darauf eingetreten ist. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen ist kassatorischer Natur (Art. 277ter Abs. 1 BStP). Soweit der Beschwerdeführer mehr als die Aufhebung des angefochtenen Urteils verlangt, ist er damit nicht zu hören. 
b) Der Kassationshof ist im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde an die tatsächlichen Feststellungen der letzten kantonalen Instanz gebunden. 
Soweit der Beschwerdeführer von einem anderen Sachverhalt als die Vorinstanz ausgeht oder diesen ergänzt, kann auf seine Vorbringen nicht eingetreten werden (Art. 269 Abs. 1, Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP; BGE 122 IV 71 E. 2). 
 
2.- Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Verurteilung wegen grober Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG
 
a) Die Vorinstanz hält für das Bundesgericht verbindlich fest, dass der Beschwerdeführer am 23. Dezember 1999 um 05.00 Uhr bei Dunkelheit auf der J15 in Richtung Thayngen fuhr, bei der Ausfahrt Bibern/Hofen nach links abbog und dabei das Vortrittsrecht des mit rund 80 km/h aus Richtung Thayngen kommenden Y.________ missachtete. Sie führt dazu aus, der Beschwerdeführer habe damit "wichtige Verkehrsvorschriften in gravierender Weise verletzt" und einen anderen Verkehrsteilnehmer konkret gefährdet. Der objektive Tatbestand der groben Verletzung von Verkehrsregeln gemäss Art. 90 Ziff. 2 SVG sei erfüllt (angefochtenes Urteil, S. 4 f.). Näherer Prüfung bedürfe einzig der subjektive Tatbestand. 
 
Die Vorinstanz erwägt dazu, der Beschwerdeführer kenne die fragliche Strecke, da er sie täglich auf dem Weg zur Arbeit befahre. Ihm sei auch bekannt, dass die Höchstgeschwindigkeit auf dem Streckenabschnitt 80 km/h betrage. 
Die Abzweigung Richtung Bibern/Hofen befinde sich in einer langgezogenen Rechtskurve. Die Sicht auf die aus Richtung Thayngen entgegenkommenden Fahrzeuge sei selbst am Tage eingeschränkt, weshalb das Abbiegen in die Verzweigung Bibern/Hofen eine hohe Aufmerksamkeit erfordere. Das gelte umso mehr bei Dunkelheit. Der Abbiegende habe seine Aufmerksamkeit ungeteilt auf den vortrittsberechtigten Gegenverkehr zu richten. Der Beschwerdeführer habe sich zu sehr auf die aus der Abzweigung Bibern/Hofen aus Richtung der Zementfabrik in die J15 einbiegenden Fahrzeuge konzentriert; diese seien für ihn jedoch unbeachtlich gewesen, da sie seine Fahrspur nicht hätten kreuzen können (angefochtenes Urteil, S. 6). 
 
Zur Ermittlung des Grades der Unaufmerksamkeit des Beschwerdeführers setzt sich die Vorinstanz mit dessen verschiedenen Aussagen zum Unfallhergang auseinander. Nach dem Polizeirapport vom 23. Dezember 1999 soll sich der Beschwerdeführer wie folgt zum Unfallhergang geäussert haben: 
"Ich kam also wie gesagt an die erwähnte Verzweigung und stellte den linken Blinker. Es kamen vor allem sehr viele Fahrzeuge aus der Richtung Zementwerk die Strasse hinunter. 
Ich habe nach rechts geschaut und sah zwei Fahrzeuge kommen. 
Ich liess diese passieren, schaute nochmals hoch in Richtung Zementwerk und fuhr dann über die Gegenfahrbahn, als es plötzlich zur Kollision mit dem von rechts kommenden Fahrzeug kam. Ich kann mir nicht erklären, wieso ich den Wagen übersehen habe. Vermutlich habe ich mich zu stark auf die Fahrzeuge konzentriert, welche aus der Richtung Zementwerk kamen" (kt. act. 18). Am 14. März 2000 sagte der Beschwerdeführer gegenüber dem Polizeirichter aus, er habe vor dem Linksabbiegen angehalten und etwa drei Fahrzeuge vorbeifahren lassen. Erst dann sei er angefahren. Das entgegenkommende Fahrzeug habe er aus für ihn unerklärlichen Gründen übersehen (kt. act. 40 f.). Anlässlich der Hauptverhandlung vom 28. Juni 2000 erklärte der Beschwerdeführer, er habe an der Verzweigung zwei oder drei entgegenkommende Fahrzeuge vorbeifahren lassen. Er vermute, dass ihm diese kurz vor der Einspurstrecke entgegengekommen seien. Es seien damals auch Autos von der Zementfabrik her gekommen. Er schaue aus Gewohnheit zu Fahrzeugen, die von der Zementfabrik herkämen, denn es handle sich dabei vor allem um Arbeitskollegen (angefochtenes Urteil, S. 7; kt. act. 89 ff.). 
 
Die Vorinstanz wertet diese Aussagen dahingehend, dass nicht feststehe, ob der Beschwerdeführer am Ende der Einspurstrecke sein Fahrzeug tatsächlich angehalten und vor dem Anfahren etwa drei Fahrzeuge habe vorbeifahren lassen. 
Es sei ebenso gut möglich, dass er sein Fahrzeug auf der Einspurstrecke zwar verlangsamt aber vor dem Abbiegen nicht vollständig angehalten habe. Selbst wenn man von der für ihn günstigeren ersten Variante ausgehe, habe er dem entgegenkommenden Verkehr nicht die auf Grund der unübersichtlichen Strecke und der Geschwindigkeit der entgegenkommenden Fahrzeuge angemessene Aufmerksamkeit geschenkt. Der Beschwerdeführer könne sich auch nicht entlastend darauf berufen, er habe sich auf die zwei bis drei vor ihm fahrenden Fahrzeuge konzentrieren müssen und sei deshalb für einen kurzen Augenblick unaufmerksam gewesen. Gerade weil offensichtlich Gegenverkehr geherrscht habe, hätte er vor dem Anfahren besonders darauf achten müssen, dass den ersten zwei bis drei Fahrzeugen nicht weitere folgten. Er hätte sich nicht allein auf die vorbeifahrenden Fahrzeuge konzentrieren und anschliessend einfach losfahren dürfen. Vielmehr sei er verpflichtet gewesen, zuvor die gesamte Gegenfahrbahn zu überblicken und sich zu vergewissern, dass ihm kein weiteres Fahrzeug entgegenkam. Gemäss der ergänzten Fotodokumentation hätte der Beschwerdeführer den Geschädigten aus einer Distanz von rund 185 m erstmals herannahen sehen können. Zwar seien die Fotos bei Tageslicht erstellt worden, doch hätten an beiden am Unfall beteiligten Fahrzeugen die Abblendlichter gebrannt, weshalb der Beschwerdeführer das herannahende Fahrzeug bei pflichtgemässer Sorgfalt auch in der damals herrschenden Dunkelheit aus der erwähnten Distanz hätte sehen müssen. Bei der auf der fraglichen Strecke erlaubten Geschwindigkeit von 80 km/h habe es 8,32 s gedauert, bis der Geschädigte die Strecke von 185 m bis zum Standort des Beschwerdeführers zurückgelegt habe. Dieser habe somit ausreichend Zeit gehabt, den Unfallgegner rechtzeitig wahrzunehmen. Die Akten ergäben keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Geschädigte mit übersetzter Geschwindigkeit gefahren sei. Doch selbst wenn dieser mit 100 km/h unterwegs gewesen wäre, hätte es 6,66 s gebraucht, um die 185 m zurückzulegen. Auch eine solche Zeitspanne hätte genügt, damit der Beschwerdeführer das herannahende Fahrzeug rechtzeitig hätte erblicken können. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer den Geschädigten während der ganzen 8,32 s bzw. 6,66 s nicht wahrgenommen habe, zeige, dass er dem Gegenverkehr nicht die den Umständen angemessene Beachtung geschenkt habe. Er habe daher "diejenige Sorgfalt ausser Acht gelassen, die jedem verständigen Menschen in der gleichen Lage und unter den gleichen Umständen als beachtlich hätte einleuchten müssen". Sein verkehrswidriges Verhalten wiege schwer und sei als rücksichtslos zu werten, womit auch der subjektive Tatbestand der groben Verletzung von Verkehrsregeln i.S. von Art. 90 Ziff. 2 SVG erfüllt sei (angefochtenes Urteil, S. 7 - 9). 
b) Fehlt im Original 
 
3.- a) Nach Art. 90 Ziff. 2 SVG wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Der Tatbestand ist objektiv erfüllt, wenn der Täter eine wichtige Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise missachtet und die Verkehrssicherheit ernstlich gefährdet. Eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG ist bereits beim Vorliegen einer erhöhten abstrakten Gefährdung gegeben (BGE 123 IV 88 E. 3a; 123 II 106 E. 2a, je mit Hinweisen). 
 
Subjektiv erfordert der Tatbestand ein rücksichtsloses oder sonst schwerwiegend verkehrswidriges Verhalten, d.h. ein schweres Verschulden, bei fahrlässigem Handeln mindestens grobe Fahrlässigkeit (BGE 118 IV 84 E. 2a mit Hinweisen). 
Dies ist immer zu bejahen, wenn der Täter sich der allgemeinen Gefährlichkeit seiner verkehrswidrigen Fahrweise bewusst ist. Grobe Fahrlässigkeit kann aber auch vorliegen, wenn der Täter die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer pflichtwidrig gar nicht in Betracht zieht, also unbewusst fahrlässig handelt. In solchen Fällen bedarf jedoch die Annahme grober Fahrlässigkeit einer sorgfältigen Prüfung (BGE 106 IV 49 f. mit Hinweisen). Sie wird nur zu bejahen sein, wenn das Nichtbedenken der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ebenfalls auf Rücksichtslosigkeit beruht und daher besonders vorwerfbar ist (BGE 118 IV 285 E. 4 mit Hinweisen). 
Mit dem Begriff der "Rücksichtslosigkeit" wird eine besondere Gleichgültigkeit bzw. ein bedenken- oder gewissenloses Verhalten gegenüber fremden Rechtsgütern umschrieben, das nicht nur im bewussten "Sich-hinwegsetzen", sondern auch im blossen (momentanen) Nichtbedenken der Gefährdung fremder Interessen liegen kann (unveröffentlichter Entscheid des Bundesgerichts vom 11. April 1994 E. 2b [6S. 56/1994]). In Fällen unbewusster Fahrlässigkeit darf nicht einfach aus dem objektiven Tatbestand auf die Erfüllung des subjektiven geschlossen werden. Vielmehr ist auf Grund der gesamten Umstände zu ermitteln, ob das Übersehen eines Signals oder einer Gefahrensituation auf Rücksichtslosigkeit beruht oder nicht. Je schwerer die Verkehrsregelverletzung objektiv wiegt, desto eher wird die Rücksichtslosigkeit zu bejahen sein, sofern nicht besondere Gegenindizien vorliegen. 
 
b) Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer gemäss Art. 90 Ziff. 2 i.V.m. Art. 36 Abs. 3 und Art. 34 Abs. 3 SVG sowie Art. 14 Abs. 1 VRV verurteilt. Nach Art. 34 Abs. 3 SVG hat der Fahrzeuglenker, der seine Fahrtrichtung ändern will, wie insbesondere zum Abbiegen, auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen. Gemäss Art. 36 Abs. 3 SVG ist vor dem Abbiegen nach links den entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen. Diese Vortrittsregel wird durch Art. 14 Abs. 1 VRV konkretisiert, wonach der Vortrittsbelastete den Vortrittsberechtigten in seiner Fahrt nicht behindern darf und mit Blick darauf seine Geschwindigkeit frühzeitig zu mässigen und wenn nötig vor Beginn der Verzweigung zu halten hat. 
 
Im zu beurteilenden Fall ist nicht zweifelhaft, und es wird vom Beschwerdeführer im Übrigen auch nicht in Frage gestellt, dass dieser die genannten wichtigen Verkehrsvorschriften in objektiv schwerer Weise missachtet und die Verkehrssicherheit ernstlich gefährdet hat. Zu prüfen bleibt mithin nur, ob ihm subjektiv ein rücksichtsloses oder sonst schwerwiegend verkehrswidriges, mindestens grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist. 
 
c) aa) Im Zusammenhang mit Art. 90 Ziff. 2 SVG hat das Bundesgericht Fälle unbewusster Fahrlässigkeit vor allem bei der Verletzung von Lichtsignalen zu beurteilen gehabt. 
 
In BGE 118 IV 285 verneinte das Bundesgericht eine grobe Fahrlässigkeit, weil der fehlbare Automobilist infolge Unaufmerksamkeit das seit 7,6 s auf rot gewechselte Lichtsignal übersah und diese Pflichtwidrigkeit in Anbetracht der Übersichtlichkeit der spitzwinkligen Einmündung einer einzigen Fahrbahn von links und der ausgesprochen ruhigen Verkehrslage nicht besonders schwer wog. Das Bundesgericht gelangte zu dieser Beurteilung trotz Annahme einer objektiv schweren Verkehrsregelverletzung und insbesondere auch einer erhöhten abstrakten Gefährdung, weil bei der Beurteilung des Verschuldens nicht nur das Ausmass des verschuldeten Erfolges, sondern auch die Art und Weise der Herbeiführung dieses Erfolges, die Willensrichtung, mit der der Täter gehandelt hat, und dessen Beweggründe zu berücksichtigen sind. Das Mass des Verschuldens variiert dabei je nach Schwere des deliktischen Erfolges sowie den unterschiedlich gravierenden Modalitäten der Tatbegehung (BGE 117 IV 113 f.). Auch bei der unbewussten Fahrlässigkeit kann es daher entscheidend sein, weshalb der Täter die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gar nicht in Betracht zog. Nicht jede Unaufmerksamkeit, die wegen der Schwere des Erfolges - hier der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer - objektiv als gravierende Verletzung der Vorsichtspflicht zu betrachten ist, wiegt auch subjektiv schwer. 
 
Das Bundesgericht verneinte sodann grobe Fahrlässigkeit im Falle eines Automobilisten, der bei Gegenlicht eine seit 4,4 s auf rot stehende Verkehrsregelungsanlage übersah, weil das Versehen auf Grund der auf dem fraglichen Strassenabschnitt aufeinander folgenden Lichtsignalanlagen, deren Phasensteuerung nicht immer koordiniert und durchgehend gleich anzeigten, als nachvollziehbar bewertet wurde (unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 6. Juni 1994 [6S. 228/1994]). 
 
Hingegen hat das Bundesgericht grobe Fahrlässigkeit in einem Fall unbewusster Missachtung einer seit mehr als 5,4 s auf rot stehenden Ampel bejaht, weil die fehlbare Automobilistin auf Grund des Verkehrsaufkommens beim Zufahren auf die Kreuzung besonders aufmerksam hätte sein müssen. Sie wurde nicht wie im publizierten Entscheid durch die ruhige Verkehrslage dazu verleitet, in ihrer Aufmerksamkeit nachzulassen. Sie liess sich im Gegenteil durch einen Mann ablenken, der in der aus ihrer Sicht rechts liegenden frischen Wiese mit seinem Hund trainierte. Ihr Verhalten wertete das Bundesgericht auch in subjektiver Hinsicht als schwerwiegend pflichtwidrig (unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 25. Juni 1993 [6S. 156/1993]). 
Abgesehen von diesen Fällen hat das Bundesgericht auch bei der Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse (unveröffentlichter Entscheid des Bundesgerichts vom 16. Februar 1994 [6S. 735/1993]) sowie beim Überholen durch blindes "Anhängen" (BGE 118 IV 285 E. 4) unbewusste grobe Fahrlässigkeit i.S. von Art. 90 Ziff. 2 SVG bejaht. 
 
 
bb) Die Missachtung eines Rotlichtes lässt sich nicht ohne Weiteres mit Fällen wie dem hier zu beurteilenden gleichsetzen. Rotes Licht bedeutet zwingend "Halt" (Art. 68 Abs. 1 SSV), selbst wenn eine Weiterfahrt keine anderen Vekehrsteilnehmer behindern würde. Demgegenüber überlässt es das Gesetz der Einschätzung des Vortrittsbelasteten, ob und wann er sein Abbiegemanöver ohne Behinderung entgegenkommender Verkehrsteilnehmer einleiten kann (Art. 36 Abs. 3 SVG). Dieser unterschiedliche Charakter der Normen ist bei der Beurteilung der subjektiven Schwere des Regelverstosses zu berücksichtigen. 
 
d) So sehr den allgemeinen Erwägungen der Vorinstanz, vornehmlich zu den Anforderungen an die Aufmerksamkeit beim Linksabbiegen, zuzustimmen ist, erweist sich ihre Einschätzung des Verschuldens als zu streng. 
 
aa) Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz fuhr der Beschwerdeführer am 23. Dezember 1999 um 05.00 Uhr bei Dunkelheit auf der J15 in Richtung Thayngen. Bei der Ausfahrt Bibern/Hofen wollte er nach links abbiegen und hielt deshalb vorschriftsgemäss an, um zwei bis drei entgegenkommenden Fahrzeugen den Vortritt zu lassen. In dieser Zeit liess er sich von Fahrzeugen ablenken, die aus dem Abzweiger in die J15 einbogen, welche aber seine Fahrbahn nicht kreuzen konnten. Das wusste der Beschwerdeführer, welcher die fragliche Strecke täglich auf dem Weg zur Arbeit befuhr (angefochtenes Urteil, S. 8 f.). 
Nach der Vorbeifahrt von zwei bis drei entgegenkommenden Fahrzeugen fuhr der Beschwerdeführer an, ohne sich nochmals nach rechts zu vergewissern, ob auf diese weitere folgten. 
 
Er fuhr auf der Gegenfahrbahn frontal in das mit 80 km/h fahrende Fahrzeug des Unfallgegners (angefochtenes Urteil, S. 8). Die Vorinstanz begründet die von ihr bejahte subjektive Rücksichtslosigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers im Wesentlichen damit, dass dieser das herannahende Fahrzeug erstmals 8,32 s vor dem Zusammenstoss hätte herannahen sehen können. Wenn sie diese 8,32 s mit der Dauer der Unaufmerksamkeit des Beschwerdeführers gleichsetzt, verkennt sie jedoch, dass dieser nicht verpflichtet war, seine Aufmerksamkeit ungeteilt und andauernd auf den Gegenverkehr zu richten. Der Beschwerdeführer durfte auch diejenigen Fahrzeuge im Auge behalten, die aus seiner Sicht von links aus dem Abzweiger in die J15 einbogen und dafür nahe an ihm vorbeifahren mussten. Denn jeder Verkehrsteilnehmer ist verpflichtet, nicht nur seine Fahrspur, sondern das gesamte Verkehrsgeschehen im Umkreis des Fahrzeuges aufmerksam zu verfolgen. Es bleibt zwar der Vorwurf, dass der Beschwerdeführer vor dem Anfahren seine Aufmerksamkeit nicht erneut auf den entgegenkommenden Verkehr und die von ihm 185 m weit überblickbare Gegenfahrbahn richtete. Insofern dauerte seine Unaufmerksamkeit nur wenig länger als die zwischen dem Anfahren und dem Zusammenstoss liegende Zeitspanne. Das Versagen des Beschwerdeführers war verhältnismässig kurz. 
Die Unaufmerksamkeit muss als momentan bezeichnet werden. 
Sie wiegt namentlich auch angesichts der eher ruhigen Verkehrslage im Zeitpunkt des Unfalls nicht besonders schwer. Von einem rücksichtslosen Verhalten kann jedenfalls nicht gesprochen werden. Eine grobe Fahrlässigkeit ist zu verneinen. 
bb) Fehlt im Original 
 
4.- Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist deshalb gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben und ist dem Beschwerdeführer eine Entschädigung aus der Bundesgerichtskasse zuzusprechen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 30. November 2001 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.- Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.- Dem Beschwerdeführer wird für das Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- aus der Bundesgerichtskasse zugesprochen. 
 
4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 20. März 2002 
 
Im Namen des Kassationshofes 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: